Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Aktuelles
Bundesrat billigt Baulandmobilisierungsgesetz und Allgemeine
Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen nach
dem Wohnungseigentumsgesetz (AVA)
Der Bundesrat
hat gegen das sog. Baulandmobilisierungsgesetz keinen Einspruch
erhoben. Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in
Kraft. Die Verkündung im Bundesgesetzblatt steht allerdings noch
aus. Der vollständige Text des Gesetzes kann
hier abgerufen werden.
Voraussetzung für das gem. § 250 BauGB n. F. vorgesehene
Genehmigungserfordernis für die Aufteilung in Wohnungs- oder
Teileigentum ist jedoch, dass die Landesregierung ein Gebiet
durch Verordnung zum „angespannten Wohnungsmarkt“ i. S. d. § 250
Abs. 1 S. 1 BauGB erklärt hat. Vgl. zu den weiteren
Voraussetzungen bereits
hier.
Des Weiteren hat der Bundesrat der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen
nach dem Wohnungseigentumsgesetz (AVA) zugestimmt. Der
vollständige Verordnungstext kann
hier abgerufen werden. Auch
hier steht die Verkündung im Bundesgesetzblatt noch aus. Die
Verordnung enthält detaillierte Regelungen zur Erteilung von
Abgeschlossenheitsbescheinigungen, insb. auch zu den nach
Inkrafttreten des WEMoG erforderlichen Maßangaben im
Aufteilungsplan.
Entscheidung der Woche
BeurkG § 17 Abs. 2a; BNotO § 19 Abs. 1
Notarhaftung; Beweislast bzgl. eines hypothetischen Kausalverlaufs;
Reserveursache
Die bei einem
Verstoß gegen § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG auf den
Vertragsschluss folgenden Maßnahmen des Käufers zur Erfüllung
des Vertrages können sowohl Indiz für den unbedingten Entschluss
zum Erwerb der Immobilie als auch nur Ausdruck nolens volens
geübter Vertragstreue sein.
BGH, Urt. v.
22.4.2021 – III ZR 164/19
Erbrecht
FamFG
§§ 13 Abs. 3 S. 1 u. 2, 15, 352e Abs. 1 S. 3; ZPO § 169 Abs. 3 S. 2
Anforderungen an Ausfertigungen und Abschriften
eines Erbscheins; Anzahl der Ausfertigungen
1. Wie viele
Ausfertigungen eines Erbscheins der Antragsteller erhält,
richtet sich grundsätzlich nach dessen Antrag. Wegen der mit der
Erteilung zahlreicher Ausfertigungen verbundenen Gefahren kann das Rechtsschutzbedürfnis auf die wirklich benötigten Stücke
oder eine überschaubare Zahl beschränkt werden.
2. Die Unterschrift wird durch die abschriftliche Wiedergabe des
Namens des Richters oder Rechtspflegers, der den Erbschein
bewilligt hat, kenntlich gemacht. Herbei genügt es, wenn die Unterschrift oder der Name
maschinenschriftlich wiedergegeben wird.
(Leitsätze der DNotI-Redaktion)
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 18.11.2020 – 3 Wx 200/20
IPR und ausländisches
Recht
BGB § 2361; EGBGB Art. 6; GG Art. 3 Abs. 2 S. 1
Zur geschlechterbezogenen Diskriminierung im ausländischen Erbrecht
1. Eine ausländische
Rechtsvorschrift, wonach im Erbfall männliche Kinder einen
doppelt so hohen Anteil am Nachlass erhalten als weibliche,
verstößt gegen Art. 3 Abs. 2 Satz 1 GG und fällt daher unter die
Vorbehaltsklausel des Art. 6 EGBGB.
2. Der für die Anwendung des Art. 6 EGBGB erforderliche
Inlandsbezug liegt jedenfalls vor, wenn sich die wesentlichen
Nachlasswerte im Inland befinden und (auch) deutsche
Staatsangehörige beteiligt sind.
3. Sofern nicht positiv festgestellt werden kann, dass die
unterschiedliche Erbfolge dem Willen des Erblassers entspricht,
bleibt eine solche Rechtsvorschrift daher nach Art. 6 EGBGB
unangewendet.
4. Ein Erbschein, der aufgrund des Verstoßes gegen den ordre
public nach Art. 6 EGBGB materiell unrichtig ist, ist gemäß §
2361 BGB einzuziehen.
OLG München, Beschl.
v. 8.12.2020 – 31 Wx 248/20
Öffentliches Recht
BGB
§§ 823 Abs. 2, 906 Abs. 1 S. 2 u. 3, 1004 Abs. 1 S. 1; BauGB §§ 34
Abs. 1, 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 3
Unterlassungsanspruch des Nachbarn bei Verletzung nachbarschützender
Vorschriften
a) Das Gebot der
Rücksichtnahme zählt zu den nachbarschützenden Normen des
öffentlichen Baurechts, deren Verletzung einen (quasinegatorischen)
verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch des Nachbarn
gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB analog i. V. m § 823 Abs. 2 BGB
begründen kann.
b) Weist das Verwaltungsgericht die auf die Verpflichtung der
Behörde zur Erteilung einer Baugenehmigung gerichtete Klage mit
der tragenden Begründung ab, dass das Bauvorhaben materiell
baurechtswidrig ist, weil es gegen das Gebot der Rücksichtnahme
verstößt, steht dieser Verstoß für einen nachfolgenden
Zivilprozess unter denselben Beteiligten bzw. Parteien bindend
fest.
BGH, Urt. v.
27.11.2020 – V ZR 121/19
Insolvenzrecht
InsO § 88; ZPO §§ 829 Abs. 2 S. 1 u. Abs. 3, 835
Wirksamkeit eines Pfändungspfandrechts mit Freigabe der gepfändeten
Forderung
Ein mit der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des
Pfändungsschuldners schwebend unwirksam gewordenes
Pfändungspfandrecht lebt dann, wenn der Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss nicht vom zuständigen Vollstreckungsorgan
aufgehoben worden ist, mit der Freigabe der gepfändeten
Forderung oder mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens wieder
auf, ohne dass es einer erneuten Zustellung des Pfändungs- und
Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner bedarf.
BGH, Urt. v.
19.11.2020 – IX ZR 210/19
|