Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Aktuelles
Online-Suchabfrage bei Vorkaufsrechten in den Bereichen Naturschutz-
und Wasserrecht für das Land Bremen
Für in dem Land
Bremen belegene Grundstücke besteht ab dem 8. Juni 2020 für alle
Notare deutschlandweit die
Möglichkeit, online abzufragen,
ob für das betreffende Grundstück ein Vorkaufsrecht nach BNatSchG/BremNatSchG oder WHG besteht. Nähere Informationen
finden Sie
hier.
Entscheidung der Woche
WEG §
10 Abs. 6
„Werdender Wohnungseigentümer“ bei Erwerb nach Entstehung der
Wohnungseigentümergemeinschaft
a) Die Anwendung der
Grundsätze über die werdende Wohnungseigentümergemeinschaft
setzt nicht voraus, dass es sich bei dem Ersterwerb von dem
teilenden Eigentümer um einen Bauträgervertrag handelt. Diese
Grundsätze gelten vielmehr unabhängig davon, ob der
Erwerbsvertrag eine Errichtungs-, Herstellungs- oder
Sanierungsverpflichtung umfasst, für jeden Ersterwerb vom
teilenden Eigentümer.
b) Werdender Wohnungseigentümer ist auch derjenige, der nach
Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rechtssinne von
dem teilenden Eigentümer Wohnungseigentum erwirbt und durch
Eintragung einer Auflassungsvormerkung und Übergabe der Wohnung
eine gesicherte Rechtsposition erlangt. Hierbei macht es keinen
Unterschied, ob ein solcher Ersterwerb von dem teilenden
Eigentümer während der eigentlichen Vermarktungsphase oder erst
längere Zeit nach deren Abschluss erfolgt (Fortführung von
Senat, Urteil vom 11. Mai 2012 – V ZR 196/11, BGHZ 193, 219 Rn.
12).
BGH, Urt. v.
14.2.2020 – V ZR 159/19
Erbrecht
BGB
§§ 745 Abs. 2, 2038 Abs. 2
Neuregelungsverlangen der Miterben bzgl. Mietvertrag
1. Ein hinreichendes
Neuregelungsverlangen liegt vor, wenn die Miterben deutlich
machen, dass die alleinige Nutzung zukünftig nicht mehr
hingenommen wird. Dies kann in der Aufforderung zur Zahlung
einer Nutzungsentschädigung liegen.
2. Treten die Erben in den Mietvertrag auf Vermieterseite ein
und ist ein Erbe zugleich Mieter, ist der Mietvertrag durch
Konfusion beendet.
AG Mönchengladbach,
Urt. v. 18.12.2019 – 35 C 97/19
ErbStG §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 6, 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 u. 2; BGB § 2139
Gewährung einer Erbfallkostenpauschale
Der Pauschbetrag
nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 2 ErbStG kann auch dem Nacherben
gewährt werden, der Aufwendungen bei der Abwicklung des Erbfalls getätigt hat. Vor- und Nacherbschaft
stellen zwei voneinander getrennt zu beurteilende
Erbfälle dar. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)
FG Münster, Urt. v.
24.10.2019 – 3 K 3549/17 Erb
Öffentliches Recht
BauGB
§ 34 Abs. 1 S. 1; BauNVO § 23 Abs. 3, 4 u. 5; VwGO § 124 Abs. 2
Nr. 1
Zu den Anforderungen des Einfügens eines Bauvorhabens in die nähere
Umgebung
1. Dass die
Beurteilung der Überschreitung einer hinteren faktischen
Baugrenze im Zusammenhang mit der zunächst erforderlichen
Bestimmung des der maßgeblichen Umgebungsbebauung zu
entnehmenden Rahmens unter Berücksichtigung der auch insoweit
heranzuziehenden Wertung in § 23 Abs. 5 BauNVO und die
anschließende Beurteilung, ob eine solche Überschreitung wegen
eines im Einzelfall feststellbaren Fehlens städtebaulich
bewältigungsbedürftiger Spannungen sich (ausnahmsweise) trotzdem
insoweit in die Eigenart der näheren Umgebung „einfügt“ (§ 34
Abs. 1 Satz 1 BauGB), in aller Regel die Verschaffung eines
eigenen Eindrucks von den konkreten örtlichen Gegebenheiten
voraussetzt und daher von einem Rechtsmittelgericht im
Zulassungsverfahren bis auf Ausnahmefälle selbst nicht
abschließend allein auf Grund der Aktenlage beurteilt werden
kann, rechtfertigt nicht bereits die Annahme, das auf einer
Ortsbesichtigung beruhende Ergebnis der Beurteilung des
Verwaltungsgerichts unterläge ernstlichen Zweifeln hinsichtlich
seiner Richtigkeit.
2. Hat sich das Verwaltungsgericht einen Eindruck von dem
Baugrundstück und seiner Umgebung, insbesondere auch von der
baulichen Situation auf benachbarten Grundstücken, verschafft,
so ist die Zulassung der Berufung nur gerechtfertigt, wenn das
Antragsvorbringen besondere Aspekte des Falles aufzeigt, die
eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit des von
ihm festgestellten Ergebnisses begründen können. Ob die
Einschätzung des Verwaltungsgerichts, was die Beantwortung der
Anforderungen an ein Einfügen des Vorhabens unter dem Aspekt der
überbaubaren Grundstücksfläche angeht, im konkreten Fall im
Ergebnis mit Gewissheit richtig ist, ist nach dem Wortlaut des §
124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine sich in einem Zulassungsverfahren
stellende Frage.
3. Hinsichtlich so genannter faktischer rückwärtiger Baugrenzen
ist entsprechend dem Rechtsgedanken des § 23 Abs. 4 Satz 2
BauNVO die vorhandene Bebauungstiefe von der tatsächlichen
Grenze der jeweils als Erschließungsanlage gewählten
öffentlichen Straße aus zu ermitteln, wobei die Bautiefe dem
jeweiligen Straßenverlauf folgt und gegebenenfalls entsprechend
von Straßengrenzen gebildeten Kurven und Winkeln verspringt.
4. Für die Abgrenzung der hinsichtlich jedes der vier in § 34
Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten städtebaulichen Kriterien
gesondert zu bestimmenden maßgeblichen, weil unter dem
jeweiligen Aspekt prägenden Umgebungsbebauung kommt es in aller
Regel auf die konkrete Erschließungsstraße und regelmäßig auch
(nur) auf die Straßenseite an, der das jeweilige Baugrundstück
zugeordnet ist.
5. Bei dem an faktische Gegebenheiten anknüpfenden § 34 Abs. 1
BauGB kommt es auf die Verläufe der katastermäßigen, in der
Örtlichkeit als solche regelmäßig nicht in Erscheinung tretenden
Grundstücks- und Parzellengrenzen grundsätzlich nicht an.
OVG Saarlouis,
Beschl. v. 2.12.2019 – 2 A 5/19
GG
Art. 20 Abs. 3; BauGB §§ 125 Abs. 1 lit. a u. Abs. 3 Nr. 2, 130 Abs.
2, 183e; KAG §§ 20 Abs. 2, 33 S. 1 Nr. 1, 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 36
S. 1, 37, 41, 49 Abs. 6
Beitragsfähige Erschließungsanlagen
1. Grundsätzlich ist
für den Begriff der beitragsfähigen Erschließungsanlage auf eine
natürliche Betrachtungsweise abzustellen. Rechtliche Gründe für
eine Begrenzung der natürlichen Betrachtungsweise bei
Erschließungsanlagen können sich nur aus der Beitragsfreiheit
eines Teilstücks ergeben.
2. Nicht ausreichend für eine von der natürlichen
Betrachtungsweise abweichende Bewertung ist das Angrenzen an
einen Teil, für den trotz Fertigstellung nach Inkrafttreten des
Bundesbaugesetzes keine planerischen Festsetzungen für die
Anbaustraße getroffen wurden und diese auch nicht nach § 125
BauGB entbehrlich sind, da in diesem Fall noch die gesamte
Anlage abgerechnet werden kann. Soll in diesem Fall der
fertiggestellte und von einem Bebauungsplan erfasste Teil
vorzeitig abgerechnet werden, kann dies nur im Rahmen einer
Abschnittsbildung erfolgen.
3. Zu den Voraussetzungen einer „vorhandenen Straße“ im ehemals
württembergischen Landesteil.
4. Ein Gemeinderatsbeschluss, in dem lediglich die (technische
oder endgültige) Herstellung eines Straßenstücks festgestellt
und die Widmung ausgesprochen wird, ist grundsätzlich nicht –
auch nicht konkludent – als Beschluss über die Bildung eines
Abschnitts zu werten (Bestätigung von VGH Bad.-Württ., Urteil
vom 22.05.2003 – 2 S 446/02 – juris).
5. Zu den Grundzügen der Planung von Erschließungsanlagen im
Sinne von § 125 Abs. 3 BauGB zählen vor allem diejenigen
Elemente, die für die Erschließungsfunktion der jeweiligen
Anlage von wesentlicher Bedeutung sind. Dies hängt bei
Anbaustraßen im Einzelnen von Art und Umfang des
Erschließungsgebiets, der sich hieraus ergebenden
Verkehrsbelastung und den topographischen Verhältnissen ab.
Erschließungsstraßen sollen zum einen den Anliegergrundstücken
eine verkehrssichere Anbindung an das übrige Straßennetz bieten.
Zum anderen gehört zur Erschließungsfunktion auch die Aufnahme
des über den reinen Anliegerverkehr hinausgehenden Verkehrs.
Dies setzt eine von Art und Umfang des Verkehrs abhängige
Mindestbreite der Straße oder wenigstens ausreichende
Ausweichmöglichkeiten für Fahrzeuge und Fußgänger voraus.
6. Voraussetzung für einen Mehrkostenverzicht im Falle einer
Planüberschreitung nach § 125 Abs. 3 Nr. 2 BauGB ist eine
konstitutive Entscheidung der Gemeinde, sie werde die Mehrkosten
nicht auf die Beitragspflichtigen abwälzen. Dies bedeutet, dass
es, auch wenn die Erklärung über den Mehrkostenverzicht
konkludent erfolgen kann, bei der erklärenden Gemeinde des
Bewusstseins bedarf, eine entsprechende Erklärung abzugeben.
7. Sind der Gemeinde für vor langer Zeit auf ihre Kosten
durchgeführte Herstellungs- oder Freilegungsarbeiten die
Rechnungen nicht mehr zugänglich oder auffindbar, dann ist die
Gemeinde ausnahmsweise berechtigt, die tatsächlich entstandenen
Kosten auf der Grundlage gesicherter Erfahrungssätze zu
schätzen. Anhaltspunkt hierfür sind die üblichen Preise, die in
der fraglichen Zeit für die Herstellung vergleichbarer
Erschließungsanlagen oder Teileinrichtungen verlangt worden
sind.
VGH
Baden-Würtemberg, Beschl. v. 29.10.2019 – 2 S 465/18
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