Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
WEG §§
27 Abs. 2 Nr. 2, 43 Nr. 4
Vertretungsbefugnis des Verwalters; Weisungsbefugnis der
Wohnungseigentümer
a) Die gesetzliche
Vertretungsbefugnis des Verwalters für die in einem
Beschlussmängelverfahren beklagten Wohnungseigentümer erstreckt
sich auf den Abschluss eines Prozessvergleichs. Hat der
Verwalter mit der Prozessvertretung einen Rechtsanwalt
beauftragt, kann er diesem eine verbindliche Weisung zum
Abschluss eines Prozessvergleichs erteilen.
b) Vertritt der Verwalter die Wohnungseigentümer in einem gegen
sie gerichteten Beschlussmängelverfahren, können sie ihm im
Rahmen einer Wohnungseigentümerversammlung durch
Mehrheitsbeschluss Weisungen für die Prozessführung erteilen.
Hierzu gehört auch der Abschluss eines Prozessvergleichs.
Abweichende Weisungen einzelner Wohnungseigentümer an den
Verwalter sind unbeachtlich.
c) Von der Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer nicht
umfasst ist hingegen ein Beschluss, der es den
Wohnungseigentümern untersagt, in dem Prozess für sich selbst
aufzutreten und von dem Mehrheitsbeschluss abweichende
Prozesshandlungen vorzunehmen.
d) Die Vertretungsmacht des Verwalters und die Vollmacht des
Rechtsanwalts für einen Wohnungseigentümer enden erst, wenn
dieser dem Gericht die Selbstvertretung und die Kündigung des
Mandatsverhältnisses in einer § 87 Abs. 1 ZPO genügenden Form
mitgeteilt hat.
e) Hat der Verwalter einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der
in einem Beschlussmängelverfahren beklagten Wohnungseigentümer
beauftragt, kann nur er dem Rechtsanwalt Weisungen für die
Prozessführung erteilen und das Mandatsverhältnis beenden,
solange er zur Vertretung der Wohnungseigentümer befugt ist.
BGH, Urt. v.
18.10.2019 – V ZR 286/18
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB §
195
Verwirkung bei Untätigbleiben des Gläubigers
1. Eine kürzere
Verwirkungsdauer als die Regelverjährung erfordert in der Regel
besondere Umstände.
2. Ein Untätigbleiben des Gläubigers bewirkt in der Regel nicht
das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment.
OLG Rostock, Beschl.
v. 7.11.2019 – 3 W 83/19
BGB
§§ 280, 249, 675; WEG § 27
Verkehrssicherungspflicht des WEG-Verwalters
1. Eine
Schadensersatzpflicht des WEG-Verwalters gegenüber einem
Wohnungseigentümer, der eine zum Gemeinschaftseigentum gehörende
Treppenanlage hinabgestürzt ist und sich schwer verletzt hat,
kann aus der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht folgen.
2. Kennt allerdings ein Wohnungseigentümer die von ihm
beanstandete Gefahrenquelle seit vielen Jahren, so ist eine
etwaige Haftung wegen Mitverschuldens ausgeschlossen, § 254 BGB.
AG Moers, Urt. v.
11.7.2019 – 564 C 9/17
Erbrecht
BGB §
2229; FamFG § 69 Abs. 1 S. 3
Bestellung eines ungeeigneten Sachverständigen zur Beurteilung der
Testierfähigkeit
1. Die Beurteilung
der Testierfähigkeit des Erblassers im Verfahren der
freiwilligen Gerichtsbarkeit ist grundsätzlich Fachärzten für
Psychiatrie vorbehalten (ständige Rechtsprechung, im Anschluss
an BayObLG FamRZ 1985, 742).
2. Die Auswahl eines ungeeigneten Sachverständigen stellt
regelmäßig einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, der den
Anspruch der Beteiligten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs
der Beteiligten erheblich beeinträchtigt.
3. Das Beschwerdegericht kann die Entscheidung und das ihr
zugrundeliegende Verfahren aufheben und die Sache zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung an das Ausgangsgericht zurückgeben,
wenn anderenfalls das Beschwerdegericht eine umfangreiche
Beweisaufnahme durchführen müsste.
OLG München, Beschl.
v. 14.1.2020 – 31 Wx 466/19
Öffentliches Recht
KAG
NRW § 8 Abs. 2 S. 1
Voraussetzungen des Beitragstatbestands einer Straßenerneuerung
1. Für die Annahme
eines Erneuerungsbedarfs kommt es nicht darauf an, dass jeder
Quadratmeter der auszubauenden Straße verschlissen ist, sondern
nur darauf, dass die Straße in ihrer Gesamtheit
erneuerungsbedürftig ist.
2. Die Ursache der Verschlissenheit einer ausgebauten Anlage – etwa das Unterlassen einer ordnungsgemäßen Unterhaltung und
Instandsetzung – hat im Rahmen des § 8 Abs. 2 S. 1 KAG NRW
grundsätzlich keine eigenständige Bedeutung, wenn die übliche
Nutzungszeit abgelaufen ist. Steht die Erneuerungsbedürftigkeit
in einem solchen Fall fest, ist es ermessensgerecht, die
nochmalige Herstellung vorzunehmen. Lediglich eine vorzeitige,
also eine vor Ablauf der normalen Nutzungszeit erforderlich
werdende Erneuerung einer Anlage infolge von Baumängeln bei
einer früheren Herstellung rechtfertigt eine Beitragserhebung
nicht.
3. Das Ausbaumotiv – bzw. wer oder was den Anstoß zu dem Ausbau
gegeben hat – hat auf die Beitragsfähigkeit keinen Einfluss.
Erheblich ist dafür allein, dass die Merkmale des § 8 Abs. 2 KAG
NRW objektiv vorliegen.
OVG NRW, Beschl. v.
20.12.2019 – 15 B 1627/19
Steuerrecht
AO § 162 Abs. 1 S. 1; BewG §§ 22, 27, 75, 76 Abs. 1 Nr. 4, 78 S.
2, 79 Abs. 1 u. 2; FGO §§ 76 Abs. 2, 96 Abs. 1 S. 2, 118 Abs. 2
Ermittlung der üblichen Miete
1. Bei der Bewertung
eines Grundstücks ist die übliche Miete für Flächen anzusetzen,
die tatsächlich für Wohnzwecke genutzt werden können. Nicht
entscheidend ist, ob diese Flächen bauordnungsrechtlich allen
Anforderungen an Wohn- oder Aufenthaltsräume genügen.
2. Es ist grundsätzlich unter Würdigung aller Umstände des
Einzelfalls zu entscheiden, ob und inwieweit nicht dem
Bauordnungsrecht genügende Flächen bei der Ermittlung der
üblichen Miete zu berücksichtigen sind.
BFH, Urt. v.
18.9.2019 – II R 15/16
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