Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BGB §
1896 Abs. 2 S. 2
Erforderlichkeit einer Betreuung bei fehlender Eignung des
Vorsorgebevollmächtigten
Steht die
Wirksamkeit einer Vorsorgevollmacht fest, kann gleichwohl eine
Betreuung erforderlich sein, wenn der Bevollmächtigte ungeeignet
ist, die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen,
insbesondere weil zu befürchten ist, dass die Wahrnehmung der
Interessen des Betroffenen durch jenen eine konkrete Gefahr für
das Wohl des Betroffenen begründet. Letzteres ist der Fall, wenn
der Bevollmächtigte mangels Befähigung oder wegen erheblicher
Bedenken an seiner Redlichkeit als ungeeignet erscheint (im
Anschluss an Senatsbeschlüsse vom 19. Mai 2021 – XII ZB
518/20 – FamRZ 2021, 1654 und vom 21. April 2021 – XII ZB 164/20
– FamRZ
2021, 1236).
BGH, Beschl. v.
15.6.2022 – XII ZB 85/22
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BGB
§§ 104 Nr. 2, 105 Abs. 2, 138 Abs. 1
Nachweis der Geschäftsunfähigkeit; Sittenwidrigkeit eines
unentgeltlichen Rechtsgeschäfts
1. Zur
substantiierten Darlegung von Geschäftsunfähigkeit nach § 104
Nr. 2, § 105 Abs. 2 BGB genügt der Vortrag konkreter
Anhaltspunkte, aufgrund derer die Möglichkeit der
Geschäftsunfähigkeit nicht von der Hand zu weisen ist.
2. Die Sittenwidrigkeit eines unentgeltlichen Geschäfts gemäß §
138 Abs. 1 BGB kann sich nicht nur aus Motiven des Zuwendenden
ergeben, sondern auch und sogar in erster Linie aus den Motiven
des Zuwendungsempfängers.
BGH, Urt. v.
26.4.2022 – X ZR 3/20
WEG
§§ 4 Abs. 2 S. 2, 5 Abs. 1, 7 Abs. 1 S. 2
Anforderungen an Teilungserklärung im Hinblick auf Bestimmtheitsgrundsatz
Die in einer
notariell beurkundeten Teilungserklärung aufgenommene
Bestimmung: „Sollten die zu Sondereigentum erklärten
Gebäudeteile nicht sondereigentumsfähig sein, so sind sie den
jeweils zugehörigen Sondereigentumseinheiten zur Sondernutzung
zugewiesen und hinsichtlich der Instandhaltungspflichten und
etwaiger Betriebskosten wie Sondereigentum zu behandeln“
verstößt nicht gegen den im Grundbuchrecht geltenden
Bestimmtheitsgrundsatz.
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 25.5.2022 – 3 Wx 59/22
Gesellschaftsrecht
GmbHG
§§ 5a Abs. 5 Hs. 1, 7 Abs. 2 S. 2, 57 Abs. 2 S. 1
Halbaufbringungsgrundsatz auch bei Kapitalerhöhung der UG und
Änderung in GmbH
1. Bei der
Kapitalerhöhung der UG auf das Mindeststammkapital der regulären
GmbH von 25.000 € oder mehr müssen in analoger Anwendung des § 7
Abs. 2 Satz 2 GmbHG auf das Stammkapital insgesamt wenigstens
12.500 € eingezahlt sein.
2. Eine Begünstigung der UG beim Übergang zur regulären GmbH
gegenüber der Neugründung einer regulären GmbH hinsichtlich der
Aufbringung und Erhaltung des Stammkapitals findet nicht statt.
Die Versicherung gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 GmbHG muss sich daher
darauf beziehen, dass die Einlagen auf das neue Stammkapital
bewirkt sind, dass sie im Zeitpunkt der Anmeldung wertmäßig noch
vorhanden sind (Vorbehalt wertmäßiger Deckung) und dass sie in
der Folge nicht an den Einleger zurückgezahlt worden sind.
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 12.5.2022 – 3 Wx 3/22
UmwG
§§ 5 Abs. 1 Nr. 3, 13 Abs. 2, 16 Abs. 3 S. 3 Nr. 1, 29 Abs. 1, 34,
43
Auslegung einer allgemeinen Mehrheitsklausel im Zusammenhang mit
Verschmelzung
1. Da § 13 Abs. 2
UmwG das Zustimmungserfordernis zur Verschmelzung durch eine
Verweisung auf das gesellschaftsvertragliche
Zustimmungserfordernis bei der Abtretung regelt, gelten auch
Einschränkungen und besondere Voraussetzungen des vertraglichen
Sonderrechts für das dadurch begründete gesetzliche Sonderrecht.
Eine Auslegung der Vertragsregel, die die Zustimmung zur
Abtretung regelt, ist sinnerhaltend auf die Zustimmung zur
Verschmelzung zu übertragen.
2. Die Reichweite allgemeiner Mehrheitsklauseln ist nicht dahin
beschränkt, dass nur gewöhnliche Beschlussgegenstände erfasst
werden, nicht aber solche, die die Grundlagen der Gesellschaft
betreffen oder sich auf ungewöhnliche Geschäfte beziehen. Müsste
anhand der Vertragsregeln angenommen werden, die Gesellschafter
wollten Umwandlungen nicht einem Mehrheitsbeschluss unterwerfen,
sondern nur weniger einschneidende Maßnahmen, wie etwa
Satzungsänderungen, dann könnte die Mehrheitsklausel auch nach
Aufgabe des Bestimmtheitsgrundsatzes den Anforderungen des § 43
Abs. 2 Satz 1 UmwG nicht genügen.
3. Ob das Umtauschverhältnis als wirtschaftlich angemessen oder
gar richtig zu beurteilen ist, ist nicht Gegenstand der Prüfung,
ob § 5 Abs. 1 Nr. 3 UmwG eingehalten worden ist.
4. Abweichend vom allgemeinen Beschlussmängelrecht führt es
nicht zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit eines
Verschmelzungsbeschlusses, wenn das Abfindungsangebot komplett
fehlt, zu niedrig bemessen ist oder aus anderen Gründen als
nicht ordnungsgemäß zu beurteilen ist. Solche Mängel sind nicht
mit einer Unwirksamkeitsklage, sondern im Spruchverfahren
geltendzumachen.
OLG Brandenburg,
Beschl. v. 18.5.2022 – 7 AktG 1/22
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