Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BeurkG § 4; BNotO § 14 Abs. 2
Amtspflicht;
Kettenkaufvertrag: (keine) sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises
a) Eine große
Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufspreis eines Grundstücks
bei kurz aufeinanderfolgenden Verträgen ist ein Anhaltspunkt für
die Verfolgung unerlaubter oder unredlicher Zwecke, an welcher
der Notar weder durch die Beurkundung noch durch die Abwicklung
der Kaufverträge mitwirken darf (Bestätigung von Senat, Urteil
vom 17. Juli 2014 – III ZR 514/13, WM 2014, 1611 Rn. 32 und BGH,
Beschluss vom 28. Juli 2008 – NotSt (B) 1/08, BeckRS 2008,
17806).
b) Dieser Anhaltspunkt kann jedoch nach Maßgabe der Umstände des
Einzelfalls nicht durchgreifen, insbesondere wenn der
Preisunterschied erklärbar ist.
BGH, Urt. v.
5.12.2019 – III ZR 112/18
Gesellschaftsrecht
BGB
§§ 1030 Abs. 1, 1068 Abs. 2; HGB §§ 106 Abs. 2, 161, 162 Abs. 1
Handelsregister: Nießbrauch an Kommanditanteil nicht
eintragungsfähig
Die Bestellung eines
Nießbrauchs an einem Kommanditanteil kann nicht in das
Handelsregister eingetragen werden (Anschluss an OLG München,
Beschluss vom 08.08.2016 – 31 Wx 204/16 –, NZG 2016, 1064).
OLG Köln, Beschl. v.
7.10.2019 – 18 Wx 18/19
Öffentliches Recht
BauGB
§§ 177, 179; BauO SL 2004 § 13; BauO SL §§ 3, 82 Abs. 1
Duldung des Abrisses eines verwahrlosten Gebäudes
1. Liegen die
tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer
gemeindlichen Duldungsanordnung für den Abriss eines Gebäudes
nach dem § 179 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB wegen städtebaulicher
Missstände im Verständnis von § 177 Abs. 2, 3 Satz 1 BauGB vor,
so kommt es nicht darauf an, was den konkreten Zustand des
Gebäudes verursacht hat und wer – hier nach den Behauptungen des
Eigentümers die Gemeinde im Rahmen einer „Feuerwehrübung“ –
dafür die Verantwortung trägt.
2. Im Fall des Einschreitens der Gemeinde auf dieser Grundlage
kann dahinstehen, ob das Gebäude bereits einen gefahrträchtigen
Zustand erreicht hat, der wegen unzureichender Standsicherheit
ein Tätigwerden der Unteren Bauaufsichtsbehörde auf der
Grundlage des § 82 Abs. 1 LBO gebietet. Aus Sicht der
betroffenen Eigentümer zu vermeiden ist insoweit unter
rechtsstaatlichen Aspekten allerdings eine doppelte oder
gleichzeitige Inanspruchnahme durch beide Behörden.
OVG Saarlouis,
Beschl. v. 23.10.2019 – 2 D 254/19
Steuerrecht
ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 1; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Einkommensteuerschuld des Erblassers als Nachlassverbindlichkeit
1. Die vom Erblasser
herrührenden Steuerschulden, die zum Zeitpunkt des Erbfalls
bereits rechtlich entstanden waren oder die der Erblasser als
Steuerpflichtiger durch die Verwirklichung von
Steuertatbeständen noch begründet hat, sind
Nachlassverbindlichkeiten.
2. Steuerschulden können nicht abgezogen werden, wenn sie keine
wirtschaftliche Belastung darstellen.
3. An der wirtschaftlichen Belastung fehlt es, wenn bei
objektiver Würdigung der Verhältnisse nicht damit gerechnet
werden kann, dass der Steuergläubiger seine Forderung geltend
machen werde.
4. Ändern sich die Verhältnisse nachträglich in der Weise, dass
entgegen der Erwartung zum Todeszeitpunkt mit einer
Geltendmachung der Steuerforderung zu rechnen ist, ist dies ein
Ereignis mit materiell-rechtlicher Rückwirkung, das die Änderung
des Erbschaftsteuerbescheids nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO
ermöglicht.
BFH, Urt. v.
11.7.2019 – II R 36/16
ErbStG § 10 Abs. 5; PfDG EKD § 32 Abs. 3 u. 4
Weitergabe der Erbschaft als Nachlassverbindlichkeit
Ist ein Erbe aus
Gründen, die ausschließlich in seiner Person ihre Ursache haben,
verpflichtet, das Erbe an einen Dritten weiterzuleiten, stellt
diese Verpflichtung keine vom Erwerb abzugsfähige
Nachlassverbindlichkeit i. S. des § 10 Abs. 5 ErbStG dar.
BFH, Urt. v.
11.7.2019 – II R 4/17
Verfahrensrecht
BGB § 8; FamFG §§ 3, 5, 343 Abs. 1
Dauer des Aufenthalts zur Begründung des „gewöhnlichen
Aufenthalts“
Unter dem
„gewöhnlichen Aufenthalt“ ist der tatsächliche Lebensmittelpunkt
einer natürlichen Person zu verstehen, der mittels einer
Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in der Zeit
vor seinem Tod und zum Zeitpunkt des Todes festzustellen ist.
Eine Mindestdauer des Aufenthalts ist nicht erforderlich,
jedenfalls kann auch ein Zeitraum von nur einigen Wochen
ausreichend sein, einen „gewöhnlichen Aufenthalt“ zu begründen.
Dies gilt insbesondere dann, wenn der Ortswechsel dazu dient,
sich in ein Pflegeheim zu begeben und mit einer Rückkehr an den
bisherigen Aufenthaltsort nicht gerechnet wird. Die
Geschäftsfähigkeit eines Erblassers ist im Verfahren der
Zuständigkeitsbestimmung nicht zu klären. § 8 BGB, wonach
derjenige, der geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit
beschränkt ist, ohne den Willen seines gesetzlichen Vertreters
einen Wohnsitz weder begründen noch aufheben kann, ist nicht
(mehr) anwendbar. § 343 FamFG a. F. stellte noch auf den Wohnsitz
ab, die Neufassung der Vorschrift hingegen „nur“ auf den
„gewöhnlichen Aufenthalt“.
OLG Celle, Beschl.
v. 12.9.2019 – 6 AR 1/19
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