Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI-Online-Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung
rechtskräftig werden oder uns erst mit einiger Verspätung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
BNotO
§§ 14 Abs. 3 S. 2, 18 Abs. 1
Anschein der Parteilichkeit des Notars bei Beurkundung eines
Testaments
a) Aus der
maßgeblichen Sicht eines objektiven, mit den konkreten
Gegebenheiten vertrauten Beobachters kann der böse Schein der
Parteilichkeit entstehen, wenn der Notar aktiv an der
Entscheidungsfindung des Erblassers mitwirkt, dass ein Verein,
in dem der Notar, dessen Ehefrau und deren Kinder selbst
Mitglieder sind, zum Erben eingesetzt wird.
b) Erhebliche Gefahren für die Unabhängigkeit und
Unparteilichkeit des Notars können sich auch aus Gründen
ergeben, die weder § 3 BeurkG noch §§ 6,7 BeurkG unterfallen.
Auch außerhalb spezifischer Tätigkeitsverbote und
-beschränkungen ist dem Notar in § 14 Abs. 3 S. 2 BNotO
auferlegt, jegliches Verhalten zu vermeiden, durch das der
Anschein der Abhängigkeit oder der Parteilichkeit entstehen
könnte.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
BGH (Senat für
Notarsachen), Beschl. v. 14.11.2022 – NotSt(Brfg) 1/22
Immobilienrecht/allg. Zivilrecht
BewG
§ 14; BGB § 1093
Bewertung einer Grundstücksübertragung gegen Einräumung eines
Wohnungsrechts
1. Bei der Bewertung
einer Grundstücksübertragung gegen Einräumung eines
Wohnungsrechts ist der Jahresnutzwert des Wohnungsrechts als
künftig wiederkehrende Leistung mit dem sich nach § 14
Bewertungsgesetz ergebenden Faktor in der bei Vertragsschluss
maßgeblichen Fassung zu kapitalisieren.
2. Wegen des einer Grundstücksübertragung gegen Einräumung eines
Wohnungsrechts innewohnenden Risikos der künftigen Entwicklung
bleibt der spätere tatsächliche Verlauf zwischen Vertragsschluss
und Erlöschen des Wohnungsrechts aufgrund einer Erkrankung oder
des Versterbens des Wohnungsrechtsinhabers unberücksichtigt. Ein
angemessener Abschlag von dem sich nach § 14 Bewertungsgesetz
ergebenden Kapitalisierungsfaktor ist ausnahmsweise dann
vorzunehmen, wenn der Wohnungsrechtsinhaber bereits bei
Vertragsschluss schwer erkrankt war, daher mit dem baldigen
Erlöschen des Wohnungsrechts gerechnet werden musste, dieser
Umstand beiden Vertragsschließenden bekannt war, und das
Wohnungsrecht auch tatsächlich kurze Zeit nach Vertragsschluss
erloschen ist.
OLG Celle, Urt. v.
24.10.2022 – 6 U 11/22
BGB §§ 892, 928
Unzulässigkeit des Verzichts auf einen Wohnungs- oder
Teileigentumsanteil
1. Der Verzicht auf
einen Wohnungs- oder Teileigentumsanteil ist unzulässig.
2. Der gute Glaube daran, dass das Eigentum an Grundbesitz durch
den eingetragenen Verzicht wirksam aufgegeben und dadurch
herrenlos geworden sei, wird durch § 892 BGB nicht geschützt.
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.10.2022 – 3
W 52/22
Familienrecht
BGB
§§ 1318, 1570, 1579
Anspruch auf nachehelichen Unterhalt bei Aufhebung einer bigamischen
Ehe
1. Bei Aufhebung
einer Ehe besteht gem. § 1318 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB i.
V. m. § 1570 BGB analog ein Anspruch auf Zahlung von
nachehelichem Unterhalt.
2. Bei Aufhebung einer bigamischen Ehe besteht auch bei
Bösgläubigkeit der Ehegatten ein Anspruch auf nachehelichen
Unterhalt in vollem Umfang, wenn ein vorrangiger
Unterhaltsanspruch eines ersten Ehegatten nicht gegeben ist.
OLG Hamm, Beschl. v.
9.6.2022 – 4 UF 175/20
Erbrecht
BGB
§§ 133, 2084, 2078 Abs. 2
Auslegung eines Testaments; Demenzerkrankung; Lebenspartnerschaft
Es kann im
Einzelfall dem hypothetischen Willen eines Erblassers
entsprechen, dass, wenn er bei bestehender Lebenspartnerschaft
an Demenz erkrankt und er infolgedessen stationär untergebracht
werden muss, so dass die gelebte Partnerschaft in der bisherigen
Form faktisch nicht mehr fortgeführt werden kann, er weiterhin
den Lebenspartner mit seinem hälftigen Erbe auch für den Fall
bedenken will, dass dieser sich nach Ausbruch der
Demenzerkrankung einem neuen Lebenspartner zuwendet und diesen
heiratet.
OLG Oldenburg,
Beschl. v. 26.9.2022 – 3 W 55/22
Gesellschaftsrecht
EGGmbHG § 1 Abs. 3
Umrechnung des Stammkapitals einer GmbH auf Euro
Bei der Umrechnung
des Stammkapitals und der Stammeinlagen auf Euro können die
Gesellschafter einer GmbH alternativ von der Methode des
Herunterbrechens und der Additionsmethode Gebrauch machen.
OLG Düsseldorf,
Beschl. v. 26.4.2022 – 3 Wx 35/21
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