Nachfolgend finden Sie eine
Auswahl der wichtigsten in der vergangenen Woche in die Datenbank
DNotI Online Plus eingestellten Gerichtsentscheidungen,
Arbeitshilfen und Links.
Da instanzgerichtliche
Entscheidungen oftmals erst längere Zeit nach Verkündung bekannt
werden, weicht das Entscheidungsdatum ggf. deutlich vom Versanddatum
dieses Newsletters ab. Wir bitten insoweit um Verständnis.
Entscheidung der Woche
WEG
§§ 23 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 S. 1, 24
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer; Beschlussfassung während der
Corona-Pandemie; Vertreterversammlung; Bevollmächtigung des
Verwalters zur Stimmabgabe; keine Nichtigkeit des Beschlusses infolge der Ausladung der Eigentümer
Während der
Corona-Pandemie gefasste Beschlüsse einer Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer sind nicht deshalb nichtig, weil die
Wohnungseigentümer an der Eigentümerversammlung nur durch
Erteilung einer Vollmacht an den Verwalter teilnehmen konnten.
BGH, Urt. v.
8.3.2024 – V ZR 80/23
Neu in der
Internet-Datenbank des DNotI – DNotI Online Plus
GmbHG
§§ 60 Abs. 1 Nr. 2 u. Nr. 7, 51; FamFG § 394
Auflösungsbeschluss; unerreichbarer Gesellschafter; Einberufung ohne
Hinweis auf herabgesetztes Quorum in der Folgeversammlung;
rückwirkende Auflösung; Löschung wegen Vermögenslosigkeit
Internetgutachten-Nr.:
201551
SGB
XII § 102
Anordnung der Vor- und Nacherbfolge; Kostenersatz der Erben für
ungedeckte Heimkosten
Internetgutachten-Nr.:
202602
Familienrecht
BGB §§ 1747, 1748 Abs. 4
Minderjährigenadoption; Ersetzung der Einwilligung des Vaters
a) Die Ersetzung der
Einwilligung des Vaters in die Adoption nach § 1748 Abs. 4 BGB
verlangt ähnlich § 1748 Abs. 1 bis 3 BGB eine Berücksichtigung
von dessen Vorverhalten. Eine Ersetzung der Einwilligung kommt
nur dann in Betracht, wenn der Vater das Scheitern eines
Eltern-Kind-Verhältnisses zu verantworten hat und die Adoption
einen so erheblichen Vorteil für das Kind bieten würde, dass ein
sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der
Erhaltung des Verwandtschaftsbandes nicht bestehen würde (im
Anschluss an Senatsbeschluss vom 23. März 2005 – XII ZB 10/03,
BGHZ 162, 357 = FamRZ 2005, 891).
b) Bei der Abwägung der Kindesbelange mit dem Elternrecht des
leiblichen Vaters ist zu beachten, dass die Adoption nicht
(mehr) zwangsläufig mit einem Kontaktabbruch zwischen leiblichem
Vater und Kind verbunden ist (im Anschluss an Senatsbeschluss
vom 16. Juni 2021 – XII ZB 58/20, BGHZ 230, 174 = FamRZ 2021,
1375).
c) Auch wenn dem Vater nur ein weniger schweres Fehlverhalten
gegenüber dem Kind vorzuwerfen ist, kann die Ersetzung der
Einwilligung geboten sein, wenn er auf Dauer nicht für eine
Übertragung des Sorgerechts in Betracht kommt. Die Möglichkeit
einer Dauerverbleibensanordnung kann das durch eine Adoption
rechtlich verfestigte und dauerhafte Eltern-Kind-Verhältnis dann
nicht ersetzen.
d) Ist eine gerichtliche Anhörung des Kindes insbesondere mit
Rücksicht auf dessen Alter durchführbar, darf sie in einer
Adoptionssache nicht deswegen unterbleiben, weil das Kind nicht
darüber informiert ist, dass es von seinen sozialen Eltern
abweichende (leibliche) Eltern hat (Fortführung von
Senatsbeschluss vom 5. Oktober 2016 – XII ZB 280/15, BGHZ 212,
155 = FamRZ 2016, 2082).
BGH, Beschl. v.
6.12.2023 – XII ZB 485/21
Erbrecht
BGB § 2314; ZPO § 888
Notarielles Nachlassverzeichnis; Festsetzung von Zwangsgeld gegen
den Auskunftsverpflichteten
1. Die
Auskunftsverpflichtung nach § 2314 Abs. 1 S. 3 BGB ist auf eine
unvertretbare Handlung gerichtet, deren Vollstreckung nach § 888
ZPO zu erfolgen hat.
2. Der Auskunftsverpflichtete hat die Handlung des (ihm
gegenüber) mitwirkungspflichtigen Dritten (hier: des Notars) mit
der gebotenen Intensität einzufordern, die ihm zustehenden
tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und
den Dritten zu einer Mitwirkung zu bewegen. Bloße
Sachstandsanfragen sind hierzu nicht ausreichend. Der
Auskunftsverpflichtete muss dem Notar eine angemessene
Fertigstellungsfrist setzen und ihm – für den Fall des
fruchtlosen Fristablaufs – die Erhebung einer
Untätigkeitsbeschwerde nach § 15 Abs. 1 BNotO androhen.
(Leitsätze der
DNotI-Redaktion)
OLG Hamm, Beschl. v.
27.2.2023 – 5 W 30/22
IPR und ausländisches
Recht
EGBGB
Art. 4 Abs. 1 S. 1, 6, 10 Abs. 1; türk. ZGB Art. 173
Namensfortführung nach Ehescheidung; türkisches Namensrecht
a) Die in Art. 10
Abs. 1 EGBGB enthaltene Verweisung auf das Heimatrecht des
Namensträgers ist eine Gesamtverweisung im Sinne von Art. 4 Abs.
1 Satz 1 EGBGB, die auch das Kollisionsrecht des ausländischen
Staates umfasst; etwaige Rückverweisungen sind auch dann zu
beachten, wenn ein fremdes Kollisionsrecht diese auf Grund einer
abweichenden Qualifikation der Namensfrage ausspricht (im
Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. Juni 2007 – XII ZB 17/04 –
FamRZ 2007, 1540).
b) Familienrechtliche Vorfragen werden im internationalen
Namensrecht grundsätzlich unselbständig angeknüpft, soweit die
zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse Auswirkungen auf den Erwerb
oder Verlust eines Namens haben (Fortführung von Senatsbeschluss BGHZ 90, 129 = FamRZ
1984, 576).
c) Das gilt aber nicht, wenn die betreffende familienrechtliche
Vorfrage Gegenstand der Statusentscheidung eines deutschen
Gerichts (hier: Ehescheidung) gewesen ist; insoweit überlagert
die Bindung des inländischen Rechtsanwenders an die
Gestaltungswirkung dieser Entscheidung das kollisionsrechtliche
Verweisungsergebnis (Vorrang des Verfahrensrechts vor dem
Kollisionsrecht).
d) Bei Anwendung türkischen Namenssachrechts verstößt die in
Art. 173 Abs. 1 türkZGB enthaltene Verpflichtung der
geschiedenen Ehefrau, ihren vorehelich geführten Namen wieder
anzunehmen, auch bei einem gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten
in der Bundesrepublik Deutschland jedenfalls dann nicht gegen
den kollisionsrechtlichen ordre public (Art. 6 EGBGB), wenn die
Ehefrau nicht nach Art. 173 Abs. 2 türkZGB auf eine gerichtliche
Erlaubnis zur Weiterführung des Ehenamens nach der Scheidung
angetragen hat.
BGH, Beschl. v.
22.11.2023 – XII ZB 566/21
Steuerrecht
EStG
§§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1
Privates Veräußerungsgeschäft; Nutzung zu eigenen Wohnungszwecken;
Nutzungsüberlassung an den geschiedenen Ehegatten
Eine Nutzung zu
eigenen Wohnzwecken im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3
des Einkommensteuergesetzes liegt nicht vor, wenn eine
Nutzungsüberlassung (auch) an den geschiedenen Ehegatten erfolgt
(Bestätigung der Senatsrechtsprechung, u. a. Senatsurteil vom
14.02.2023 – IX R 11/21, BFHE 280, 1, BStBl II 2023, 642, Rz 29
ff.).
BFH, Urt. v. 14.11.2023 – IX R 10/22
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