11. September 2018
WEG § 9; BGB § 883; WEG § 4; GBO § 7

Teilflächenverkauf eines in Sondereigentum aufgeteilten Grundstücks; Vormerkungseintragung bereits vor Schließung der Wohnungsgrundbücher

DNotI Gutachten-Abruf-Dienst Deutsches Notarinstitut
Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 129037
letzte Aktualisierung: 11. September 2018

BGB § 883; WEG §§ 4, 9; GBO § 7
Teilflächenverkauf eines in Sondereigentum aufgeteilten Grundstücks; Vormerkungseintragung
bereits vor Schließung der Wohnungsgrundbücher

I. Sachverhalt

Ein zusammengesetztes Grundstück (Flurstück 1 und 2) ist bislang in Wohnungseigentum aufgeteilt.
Im Zusammenhang mit der Aufhebung des Sondereigentums insgesamt soll das Flurstück
2 als separates Grundstück veräußert werden. Ein diesbezüglicher notariell beurkundeter Kaufvertrag
wurde bereits geschlossen. Infolge der unterschiedlichen Belastungssituation in der 3.
Abteilung der beteiligten Raumeigentumsgrundbuchblätter konnte jedoch nicht sofort der Vollzug
der Aufhebung des Sondereigentums beim Grundbuchamt beantragt werden. Stattdessen
wurde vom Veräußerer für den Käufer eine Vormerkung, lastend auf dem Flurstück 2, derzeit
noch aufgeteilt in die Raumeigentumsrechte Blatt 1 bis X, bezogen auf alle Raumeigentumsgrundbuchblätter,
bewilligt und beantragt, mit Rang nach einer Finanzierungsgrundschuld hinsichtlich
desselben Belastungsgegenstandes.

Das Grundbuchamt verweigert die Eintragung mit der Begründung, dass ein vorheriger Vollzug
der Aufhebung des Sondereigentums Voraussetzung für die Bescheidung der gestellten Grundbuchanträge
sei. Es wird überdies argumentiert, dass Flurstück 1 und 2 ein gemeinsames Grundstück
im Rechtssinne darstellten, gebucht in der Rechtsform Wohnungseigentum, und somit eine
isolierte Belastung von Flurstück 2 nicht möglich sei.

II. Fragen

1. Ist für die Eintragung einer Vormerkung ein vorheriger Vollzug der Aufhebung des
Sondereigentums erforderlich?

2. Kann allein das Flurstück 2 mit der Vormerkung belastet werden?

III. Zur Rechtslage

1. Vormerkungsfähiger Anspruch bereits vor Aufhebung des Sondereigentums
Die Eintragung einer Vormerkung nach § 883 Abs. 1 S. 1 BGB setzt das Bestehen eines zu
sichernden Anspruchs auf Einräumung eines Rechts an einem Grundstück voraus. Der gesicherte
Anspruch auf dingliche Rechtsänderung muss bestimmt oder zumindest bestimmbar
sein. Die Bestimmbarkeit der Teilflächenveräußerung ist vorliegend unproblematisch, da die
veräußerte Teilfläche bereits ein eigenes Flurstück darstellt. Trotz der eigenen Flurnummer
handelt es sich um einen Teilflächenverkauf, weil im Grundbuch ein einheitliches rechtliches
Grundstück unter einer laufenden Nummer im Bestandsverzeichnis gebucht ist, welches
lediglich aus zwei Flurstücken besteht.

Der Veräußerung einer Teilfläche des in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstückes
könnte jedoch § 1 Abs. 4 WEG entgegenstehen. Danach kann Wohnungseigentum nicht
dergestalt bestehen, dass Sondereigentum mit Miteigentum an mehreren Grundstücken verbunden
ist. Gegenwärtig ist diese Voraussetzung freilich erfüllt, weil die beiden Flurstücke
ein einheitliches Grundstück im Rechtssinne darstellen. Vorliegend ist aber auch gar nicht
beabsichtigt, eine Grundstücksteilung unter Aufrechterhaltung des Wohnungseigentums
vorzunehmen, vielmehr ist die Aufhebung des Sondereigentums geplant und die entsprechenden
Willenserklärungen nach § 4 WEG sind mit dem Teilflächenkaufvertrag bereits beurkundet
worden (davon gehen wir nach dem geschilderten Sachverhalt jedenfalls aus).

Dass der Vollzug der Aufhebung des Sondereigentums noch nicht beantragt wurde, ist zunächst
auf schuldrechtlicher Ebene ohne Belang. Der noch ausstehende Vollzug steht der
Wirksamkeit des schuldrechtlichen zu sichernden Anspruchs nicht entgegen. Da die Aufhebungserklärungen
bereits abgegeben wurden, ist auch nichts für eine Unmöglichkeit der Erfüllung
des Übereignungsanspruchs der Teilfläche nach § 275 BGB ersichtlich. Ein vormerkungsfähiger
Anspruch liegt damit vor, so dass die akzessorische Vormerkung auch bereits
eingetragen werden kann.

Von der Möglichkeit, in einem derartigen Fall eine Vormerkung einzutragen, geht insbesondere
das KG (NJOZ 2012, 604, 605) aus, indem es ausführt:

„Die Ansprüche auf Übertragung (…) von Teilflächen des gemeinschaftlichen
Grundstücks der Beteiligten zu 1) haben einen
vormerkungsfähigen Inhalt, denn sie sind jeweils auf Einräumung
eines Rechts am Grundstück i. S. d. § 883 Abs. 1 BGB gerichtet.
Es handelt sich weder um bedingte noch um künftige Ansprüche,
denn die Beteiligten zu 1) haben sich unmittelbar und bindend zur
Übertragung der Teilflächen verpflichtet, (…). Ohne Einfluss auf
die Vormerkungsfähigkeit ist die Frage, welche Rechtsgeschäfte
und Erklärungen die Beteiligten zu 1) noch vornehmen müssen,
um den Anspruch erfüllen zu können. Dafür, dass die Erfüllung
dauerhaft unmöglich wäre, gibt es jedenfalls keine Anhaltspunkte.
(…) Die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch ist nur an
der Stelle zulässig, an der auch das vorzumerkende Recht einzutragen
ist. Dies ist bei der Vormerkung eines Anspruchs auf
Übertragung einer Grundstücksteilfläche eines Wohnungseigentumsgrundstücks
entsprechend § 4 WGV durch Eintragung in
sämtlichen Wohnungsgrundbüchern möglich.“

Ebenso wie bei der Anlegung der Wohnungsgrundbücher kann es auch bei der Schließung
der Wohnungsgrundbücher nicht auf den vorherigen Grundbuchvollzug ankommen, um bereits
eine Vormerkung einzutragen, vorausgesetzt ein sicherungsfähiger Anspruch besteht.
Eine Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Übereignung von Wohnungseigentum
kann bereits vor Anlegung der Wohnungsgrundbücher am noch ungeteilten Grundstück eingetragen
werden (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl. 2012, Rn. 2941 m. w. N.).
Durch die erklärte Aufhebung des Wohnungseigentums nach § 4 WEG ist die Anspruchserfüllung
auch nicht nach § 1 Abs. 4 WEG unmöglich, es handelt sich somit noch nicht einmal
um einen künftigen oder bedingten Anspruch, welcher nach § 883 Abs. 1 S. 2 BGB eben-
falls vormerkungsfähig wäre. Selbst wenn die Aufhebung des Sondereigentums noch nicht
durch rechtsgeschäftliche Willenserklärung nach § 4 WEG vorgenommen worden wäre,
hinderte dies die Eintragungsfähigkeit der Vormerkung nach unserer Auffassung nicht.
Die Teilung eines in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstücks bzw. eine
Teilflächenveräußerung wird allgemein als zulässig erachtet. Zu beachten ist dabei nur,
dass eine Teilung bzw. Veräußerung einer abzuteilenden Grundstücksfläche die sich im
räumlichen Bereich des Sondereigentums befindet, nur möglich ist, wenn das dortige Sondereigentum
aufgehoben wird (KG NJOZ 2012, 604, 605; MünchKommBGB/Commichau,
7. Aufl. 2017, § 1 WEG Rn. 21; Bärmann/Armbrüster, WEG, 13. Aufl. 2015, § 1 Rn. 68).
Vorliegend wurde das Sondereigentum aufgehoben – lediglich der Vollzug steht noch aus –,
so dass unerheblich ist, ob das veräußerte Flurstück 2 im Bereich des Sondereigentums liegt,
also eine bebaute Grundstücksteilfläche betrifft. Auf den Streit, ob die Aufhebung des
Sondereigentums am ganzen Grundstück erforderlich ist (so zu Unrecht OLG Saarbrücken,
Rpfleger 1988, 479) oder nur bzgl. der abzuteilenden Grundstücksfläche, kommt es
vorliegend gar nicht an.

Zuletzt müssen der Antrag und die Bewilligung auf die Eintragung der Vormerkung in
sämtlichen Wohnungsgrundbüchern gerichtet sein. Entsprechend den oben zitierten
Ausführungen des KG muss die Vormerkung, weil sie nicht eine einzelne
Sondereigentumseinheit, sondern das gemeinschaftliche Grundstück als Ganzes betrifft, in
allen einzelnen Wohnungsgrundbüchern eingetragen werden (Bärmann/Armbrüster, § 1 Rn.
71).

2. Belastungsgegenstand der Vormerkung

Gewollt ist, dass die Vormerkung nur an Flurstück 2 des rechtlich vereinigten Grundstücks
lastet. § 7 Abs. 1 GBO geht jedoch von dem Grundsatz aus, dass ein realer Grundstücksteil
nicht belastet werden kann. Grundstück ist hier im zivilrechtlichen Sinne so zu verstehen, so
dass es auch nicht möglich ist, von mehreren Flurstücken, die unter einheitlicher laufender
Nummer eingetragen sind, nur eines zu belasten (vgl. Bauer/v. Oefele/Maaß, GBO, 4. Aufl.
2018, § 7 Rn. 24). Zwar fällt die Vormerkung nicht unter den Anwendungsbereich des § 7
GBO, weil sie keine endgültige Belastung i. S. der Vorschrift ist (Bauer/Schaub/Maaß, § 7
Rn. 24; Schöner/Stöber, Rn. 1503), doch wird daraus nur gefolgert, dass die Vormerkung
ohne Grundstücksabschreibung am ganzen Grundstück einzutragen ist, auch wenn sie
nur den Anspruch auf Veräußerung einer Teilfläche sichert (MünchKommBGB/Kohler,
7. Aufl. 2017, § 883 Rn. 41). An einer noch unvermessenen Teilfläche kann die
Vormerkung dagegen nicht eingetragen werden (Schöner/Stöber, Rn. 1503). Auch wenn hier
eine Vermessung bereits erfolgt ist und durch die getrennte Ausweisung in zwei Flurstücke
eine gewisse Verselbstständigung der Grundstücksteilfläche erreicht wurde, kann die
Vormerkung dennoch nur am ganzen rechtlich vereinigten Grundstück eingetragen werden
(Schöner/Stöber, Rn. 624).

Bei einem „normalen“ Teilflächenverkauf ist die Vormerkung gleichfalls am gesamten noch
unvermessenen Grundstück einzutragen. Soweit eine Vermessung und katastermäßige Zerlegung
bereits erfolgt ist, ist es dagegen auch möglich, mit gleichzeitiger Abschreibung des
Flurstücks als eigenes Grundstück im Rechtssinne die Vormerkung an diesem neu gebildeten
rechtlichen Grundstück einzutragen. Die Teilung ist vorliegend jedoch wegen § 1 Abs. 4
WEG noch nicht möglich, so dass als Alternative nur die Eintragung der Vormerkung am
ungeteilten Grundstück bleibt.

3. Ergebnis

Der derzeit gestellte Eintragungsantrag ist so nicht vollzugsfähig. Derzeit vollzugsfähig (und
daher empfehlenswert) wäre der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des
Anspruchs auf Übereignung des Flurstücks 2 in allen Wohnungsgrundbüchern des rechtlich
vereinigten Grundstücks Flurstück 1 und 2. Ein Antrag auf Eintragung nur in den
Wohnungsgrundbüchern, deren Sondereigentumseinheiten räumlich auf Flurstück 2 liegen,
ist dagegen erst nach einer Verselbstständigung des Flurstücks 2 durch Grundstücksteilung
möglich. Soweit auf dem Flurstück 2 auch Sondereigentumseinheiten liegen und die
abzuteilende Grundstücksfläche Flurstück 2 nicht nur unbebautes gemeinschaftliches
Grundstückseigentum umfasst, ist eine Grundstücksteilung nur unter gleichzeitiger Aufhebung
dieses Sondereigentums möglich.

Daher ist die Auffassung des Grundbuchamtes zutreffend, wobei nach Umstellung des Antrags
auf Eintragung in allen Wohnungsgrundbüchern des vereinigten Grundstückes die
Eintragung nicht mit dem Argument verweigert werden dürfte, dass die Aufhebung des
Sondereigentums noch aussteht.

Gutachten/Abruf-Nr:

129037

Erscheinungsdatum:

11.09.2018

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vormerkung
WEG
Grundbuchrecht

Normen in Titel:

WEG § 9; BGB § 883; WEG § 4; GBO § 7