22. Juni 2023
GmbHG § 40 Abs. 2; BNotO § 14 Abs. 1

Recht und Pflicht zur Korrektur einer fehlerhaften Gesellschafterliste durch den Notar; Korrekturliste

Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 191416
letzte Aktualisierung: 1 4 . Juni 2023

GmbHG § 40 Abs. 2; BNotO § 14 Abs. 1
Recht und Pflicht zur Korrektur einer fehlerhaften Gesellschafterliste durch den Notar;
Korrekturliste

I. Sachverhalt

Die G-GmbH mit Sitz in Berlin ist ein inländisches Unternehmen und betreibt in Deutschland
selbst und durch Tochtergesellschaften kritische Infrastruktur i. S. d. § 55a Abs. 1 Nr. 1 AWV
i. V. m. dem BSI-Gesetz. Bisherige Alleingesellschafterin der G-GmbH war die in Russland
ansässige G-LLC.

Am 25.3.2022 trat die G-LLC zur Urkunde des Notars N sämtliche Geschäftsanteile an die ELLC,
ebenfalls mit Sitz in Russland, ab. Die wirtschaftlich und rechtlich Berechtigten hinter der
E-LLC sind nicht bekannt.

Im Folgenden wird unterstellt, dass die Abtretung gem. § 15 Abs. 3 S. 1 AWG schwebend
unwirksam ist; weil die G-GmbH kritische Infrastruktur betreibt, müsste die Abtretung an eine
Anteilsinhaberin, die nicht in der EU ansässig ist, vom Bundesministerium für Wirtschaft und
Klimaschutz genehmigt werden.

Trotz der schwebenden Unwirksamkeit der Anteilsabtretung reichte der Notar N eine aktualisierte
Gesellschafterliste, die die E-LLC als neue Gesellschafterin ausweist, zum Handelsregister ein.
Die Liste wurde am 29.3.2022 in den Registerordner aufgenommen.

II. Frage

Ist der Notar berechtigt und/oder verpflichtet, die bereits in den Registerordner eingestellte Liste
zu korrigieren?

III. Zur Rechtslage

1. Keine Entfernung einer einmal eingestellten Liste aus dem Registerordner
Grundsätzlich gilt, dass eine einmal zum Handelsregister eingereichte und in den Registerordner
aufgenommene Gesellschafterliste nachträglich nicht wieder gelöscht werden kann
(OLG Brandenburg BeckRS 2021, 19065; BWNotZ 2022, 368; KG NZG 2016, 987;
Heidinger/Knaier, in: Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und
Beratungspraxis, 5. Aufl. 2023, Kap. 13 Rn. 642; MünchKommGmbHG/Heidinger, 4. Aufl.
2023, § 40 Rn. 299; BeckOK-GmbHG/Heilmeier, Std.: 1.8.2022, § 40 Rn. 199; Gutfried,

notar 2018, 228, 230). § 395 FamFG sieht zwar vor, dass eine Eintragung durch das
Registergericht von Amts wegen gelöscht werden kann, wenn sie unzulässig ist. Diese Norm
ist aber nur auf Eintragungen im Handelsregister anzuwenden, nicht auf die Aufnahme einer
Gesellschafterliste in den Registerordner. Eine analoge Anwendung der Norm auf den
Registerordner scheidet aus (KG NZG 2016, 987). Das erklärt sich u. E. bereits aus dem
Erfordernis, dass die Historie der Gesellschafterlisten im Registerordner lückenlos erkennbar
ist.

Auch das Korrekturverfahren des § 67 Abs. 5 AktG lässt sich nicht analog anwenden (ganz
h. M., vgl. nur BGH DNotZ 2014, 463 Rn. 38; Liebscher/Goette DStR 2010, 2038, 2042
m. w. N.; Terlau, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl. 2023, § 40
Rn. 47; Servatius, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, § 40 Rn. 38; BeckOKGmbHG/
Heilmeier, § 40 Rn. 199). Weil der Gesetzgeber des MoMiG diese Norm bei
Umgestaltung des § 40 GmbHG kannte, ist nicht von einer planwidrigen Regelungslücke
auszugehen.

2. Korrekturliste des einreichenden Notars

Vor diesem Hintergrund gehen Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend davon aus,
dass eine fehlerhafte Gesellschafterliste durch Aufnahme einer sog. Korrekturliste in den
Registerordner zu korrigieren ist (MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 299;
Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl. 2023, § 16 Rn. 61; vgl. auch BGH DNotZ 2014, 463). Die
Literatur ist überwiegend der Ansicht, dass eine vom Notar eingereichte fehlerhafte Liste von
diesem Notar selbst korrigiert werden kann (BeckOK-GmbHG/Heilmeier, § 40 Rn. 201;
Rowedder/Pentz/Görner, GmbHG, 7. Aufl. 2022, § 40 Rn. 28; Heidinger/Knaier, in:
Heckschen/Heidinger, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, Kap. 13
Rn. 642). Umstritten ist lediglich, ob parallel dazu dem Geschäftsführer eine
Berichtigungsbefugnis zukommt (so BGH DNotZ 2014, 463; OLG München NZG 2022,
1300 Rn. 32; Scholz/Seibt, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 40 Rn. 66) oder ob der Notar exklusiv
zur Berichtigung seiner eigenen Liste berechtigt ist (so MünchKommGmbHG/Heidinger,
§ 40 Rn. 195 ff.; ausf. Werbeck, Offenbare Unrichtigkeiten im Unternehmensrecht, 2021,
S. 334, der sich de lege ferenda für eine Alleinzuständigkeit des Notars ausspricht).
Vorliegend wird man diese Frage nicht entscheiden müssen, da der Notar jedenfalls zur Korrektur
der Liste berechtigt ist (vgl. auch Preuß, ZGR 2008, 676, 681; Hasselmann, NZG 2009,
486, 492; Herrler, NZG 2011, 536, 538).

Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der Notar zur Korrektur der Liste verpflichtet ist.

In der Literatur wird dies überwiegend bejaht (MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40
Rn. 198; Heidinger/Knaier, Kap. 13 Rn. 642; BeckOK-GmbHG/Heilmeier, § 40 Rn. 201).

Dem hat sich das LG Berlin angeschlossen. Dieses geht in einer Entscheidung aus dem Jahr
2015 davon aus, dass der Notar zur Korrektur seiner eigenen Liste berechtigt und verpflichtet
ist. Wörtlich führt das LG aus (BeckRS 2015, 128156, Rn. 17; Hervorhebung i. F. durch das
DNotI):

„Die Kammer folgt der Auffassung, dass der Notar – ob ausschließlich oder
neben dem Geschäftsführer kann dahinstehen – zur Korrektur der
Gesellschafterliste verpflichtet ist, wenn die Liste aufgrund einer ihm
unterlaufenen Fehlbeurteilung unrichtig ist […]. Hat der Notar seine
Prüfungspflicht verletzt oder auch „gutgläubig“ eine unzutreffende Liste
eingereicht, ist er zur Korrektur berechtigt und sogar verpflichtet“.

Wir halten diese Ansicht für überzeugend. Die Pflicht des Notars zur Einreichung einer
korrigierten Liste dürfte sich unmittelbar aus § 40 Abs. 2 GmbHG ergeben. Denn die
Amtspflicht des Notars besteht fort, solange er noch keine zutreffende Liste eingereicht
hat (MünchKommGmbHG/Heidinger, § 40 Rn. 198; D. Mayer, MittBayNot 2014, 114, 127;
Preuß, ZGR 2008, 676, 681; Herrler, NZG 2011, 536, 538). Jedenfalls dürfte sich die Pflicht
des Notars aus dem allgemeinen Grundsatz zu gesetzestreuem Verhalten als Träger eines
öffentlichen Amtes ergeben (Legalitätsgrundsatz, §§ 14 Abs. 1 u. 2 BNotO, § 4 BeurkG).

3. Verfahren

Hinsichtlich der Korrekturliste des Geschäftsführers hat der BGH entschieden, dass dem
Betroffenen vor der Einreichung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden muss
(DNotZ 2014, 463 Rn. 36; zust. Servatius, § 40 Rn. 39; Lücke/Simon, in: Saenger/Inhester,
GmbHG, 4. Aufl. 2020, § 40 Rn. 15). Ob diese Pflicht zur Anhörung auch gilt, wenn der
Notar die Korrekturliste einreicht, wird in der Literatur – soweit ersichtlich – nicht weiter
thematisiert. Vorsorglich dürfte sich eine solche Anhörung anbieten. In Fällen, in denen die
Fehlerhaftigkeit der Liste evident ist und der Notar dies aus eigener Tatsachen- und
Rechtskenntnis beurteilen kann, erscheint eine Anhörung entbehrlich. Denkbar wäre auch,
zunächst die korrigierte Liste einzureichen und die Beteiligten anschließend darüber zu
informieren. Die korrigierte Liste ist mit einem Berichtigungsvermerk zu versehen, der
Umstand und Zeitpunkt der Berichtigung erkennen lässt (Schmidt, NZG 2021, 181, 182).
Inhaltlich muss Liste die G-LLC wieder als Alleingesellschafterin ausweisen.

Gutachten/Abruf-Nr:

191416

Erscheinungsdatum:

22.06.2023

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

GmbH
Notarielles Berufsrecht

Normen in Titel:

GmbHG § 40 Abs. 2; BNotO § 14 Abs. 1