Zeitlicher Vorteil bei Bestellung einer Eigentümergrundschuld vor der Teilungsversteigerung
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 196409
letzte Aktualisierung: 05. Mai 2023
ZVG §§ 180, 182, 105 ff., 44, 49, 52; BGB §§ 1191, 1197, 242
Zeitlicher Vorteil bei Bestellung einer Eigentümergrundschuld vor der
Teilungsversteigerung
I. Sachverhalt
Es wurde eine Folgefrage zu dem im DNotI-Report 24/2022 veröffentlichten Gutachten zur
Teilungsversteigerung und Eigentümergrundschuld gestellt. Folgender Sachverhalt liegt diesem
Gutachten zugrunde:
M und F sind Eigentümer eines Grundstücks. Die Teilungsversteigerung wurde von M beantragt.
F hat sich dem Antrag angeschlossen. Die Anordnung der Teilungsversteigerung ist im Grundbuch
eingetragen. F möchte nun an ihrem Miteigentumsanteil eine Eigentümerbriefgrundschuld
eintragen lassen. Ihr Anwalt habe ihr dazu geraten, um auf diese Weise aus dem Versteigerungserlös
vorrangig befriedigt zu werden.
II. Frage und Bemerkung
Auch wenn die F die Teilungsversteigerung – wie im Reportgutachten dargestellt – nicht
blockieren kann: Wird der den Eigentümern zustehende Erlösanteil bei Bruchteilseigentum entsprechend
der Quote ausbezahlt oder erst bei Einigung ausbezahlt und andernfalls hinterlegt?
Wenn der Erlösanteil der F zunächst für ihre Eigentümergrundschuld ausbezahlt wird, könnte sie
im letzteren Fall die Auszahlung an M durch Verweigerung einer Einigung (zunächst) blockieren.
III. Zur Rechtslage
1. Vorbemerkung
Um diese Frage präzise und umfassend zu beantworten, muss der Ablauf eines Teilungsversteigerungsverfahrens
skizziert werden. Damit die wesentlichen Fragen herauskristallisiert
werden können, wird im Folgenden unterstellt, dass eine Eigentümergrundschuld der F an
ihrem Miteigentumsanteil eingetragen wurde und ansonsten keinerlei weitere Belastungen auf
dem Grundstück oder den einzelnen Miteigentumsanteilen eingetragen sind. Auf dieser Basis
wird das Verfahren der Teilungsversteigerung, das von M und F betrieben wird, „durchgespielt“.
2. Geringstes Gebot, Zuschlag und Zahlung
Im Versteigerungstermin (
beginnt die mindestens 30-minütige Bietzeit (
Teilungsversteigerung gem.
die Anforderungen an das geringste Gebot i. S. d.
Das geringste Gebot setzt sich aus dem geringsten Bargebot (
bestehenbleibenden, vom Ersteher zu übernehmenden Grundbuchbelastungen zusammen
(Kindl/Meller-Hannich/Stumpe/Simon, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl.
2021,
Scheidungsimmobilie, 3. Aufl. 2019, Rn. 887). Da es bei der Teilungsversteigerung keinen
betreibenden Gläubiger i. S. d.
des Antragstellers belastenden Rechte maßgeblich (Alff,
Zum Antragsteller wird auch derjenige, der dem Verfahren beitritt (
vgl. Böttcher,
hier betrachteten Fall die Eigentümergrundschuld der F für die Bemessung des geringsten
Gebots nicht zu berücksichtigen, da es auf die niedrigere Belastung des Anteils des (ebenfalls)
antragstellenden M ankommt (vgl. BGH
185, 186).
Der Zuschlag wird dem Meistbietenden erteilt (
Zuschlag erlöschen die nicht im geringsten Gebot enthaltenen Rechte gem. §§ 52 Abs. 1 S. 2,
91 Abs. 1 ZVG, an deren Stelle grundsätzlich der Anspruch auf Wertersatz tritt (§ 92 Abs. 1
ZVG; Surrogationsprinzip). Damit erlischt die Eigentümergrundschuld der F mit dem
Zuschlag. Nach diesem Erlöschen wird die Eigentümergrundschuld – auch wenn es eine
offene Eigentümergrundschuld ist – von Amts wegen in den Teilungsplan aufgenommen,
23. Aufl. 2022, § 114 Rn. 97). Zinsen aus der Eigentümergrundschuld werden jedoch nicht
berücksichtigt (
Der Meistbietende schuldet sodann die Zahlung, die grundsätzlich an das Vollstreckungsgericht
zu leisten ist (
jedoch nicht stets hinterlegen. Der Ersteher kann die Zahlung vielmehr bewirken durch (vgl.
Bothe, Die Teilungsversteigerung, 2. Aufl. 2020, § 2 Rn. 201):
- Überweisung an die Gerichtskasse gem.
- Hinterlegung gem.
Rücknahme (
2010, Rn. 418);
- die Erklärung, dass eine im Termin von ihm geleistete Sicherheit als Teilzahlung gelten
soll gem.
- die Erklärung, dass er selbst in Höhe seines Erlösanspruchs befriedigt sei, wenn er
Inhaber eines Grundstücksrechts ist.
3. Verteilungstermin und Teilungsplan
Der Vollständigkeit halber sei hier kurz auf den – auf den Zuschlag folgenden – Verteilungstermin
und den Teilungsplan eingegangen (ausführlich hierzu Böttcher,
348 ff.), um das Verfahren korrekt darzustellen.
Nach Zuschlagserteilung hat das Gericht gem.
zu bestimmen. Dieser findet bei unproblematischen (sic!) Versteigerungen ca. 6-10 Wochen
nach dem Versteigerungstermin statt (Storz/Kiderlen, Praxis der Teilungsversteigerung,
6. Aufl. 2016, C.9.2.2, S. 399), teilweise liegen zwischen Versteigerungs- und Verteilungstermin
mehrere Monate (Böttcher,
aus dem Grundbuch ersichtlichen Rechte sowie laufende Beträge wiederkehrender
Leistungen, die nach dem Inhalt des Grundbuchs zu entrichten sind (
berücksichtigt. Sonstige Rechte müssen angemeldet werden, wobei eine Anmeldung bis zum
Versteigerungstermin fort gilt. Die Ausführung des Teilungsplans erfordert grundsätzlich,
dass der Ersteher sein Bargebot bis zum Verteilungstermin bezahlt hat (
Das Gericht stellt gem.
auf, der die Verteilung des Bargebots regelt. Wird hingegen nicht offiziell zur Einreichung
der Ansprüche aufgefordert, empfiehlt das Gericht den Berechtigten lediglich, ihre
Ansprüche anzumelden und kann anstelle eines vorläufigen Teilungsplans einen bloßen
internen Entwurf erstellen (Storz/Kiderlen, C.9.2.2, S. 400).
Im Rahmen eines vorläufigen Teilungsplans ist die Rangfolge der Gläubiger (
berücksichtigen. Der endgültige Teilungsplan wird gem.
aufgestellt. Wird kein Widerspruch erhoben (
Teilungsplan zum endgültigen Teilungsplan. Dieser wird anschließend vollzogen (vgl.
Kiderlen,
Zuteilung (BGH
Der Teilungsplan umfasst (vgl. hierzu mit Details Bothe, § 2 Rn. 202 f. und Storz/Kiderlen,
C.9.2.3, S. 401 f.):
- die Teilungsmasse gem.
- die bestehenbleibenden Rechte i. S. d.
- die Schuldenmasse gem.
auf Befriedigung der Berechtigten).
Das Verteilungsverfahren kann bei außergerichtlicher Einigung über die Erlösverteilung gem.
4. Befriedigung der erloschenen Rechte im Versteigerungstermin
a) Grundsatz
Die durch den Zuschlag erloschenen Grundstücksrechte – damit auch die Eigentümergrundschuld
der F – bestehen als Vorzugsrechte an dem Versteigerungserlös fort. Sie
werden im Versteigerungstermin (dazu oben Ziff. 3) gem.
soweit die Teilungsmasse ausreicht (vgl. Storz/Kiderlen, E.4.1. [S. 710];
Kindl/Meller-Hannich/Stumpe/Simon,
Rn. 753a; Böttcher,
Das Versteigerungsgericht muss ausnahmsweise rechnerisch im Teilungsplan Einzelanteile
des Erlösüberschusses feststellen, wenn die Bruchteile verschieden belastet
sind und Sonderrechte eines Anteils (teilweise) nicht in das geringste Gebot aufgenommen
wurden – nur so lässt sich erreichen, dass die Sonderbelastungen eines Bruchteils
lediglich aus dem auf diesen entfallenden Erlös gedeckt werden (Stöber, ZVGHandbuch,
Rn. 754; Storz/Kiderlen, C.9.4.3.3 [S. 420]). Es ist anerkannt, dass ein Bruchteilseigentümer
durch die Belastung der anderen Anteile nicht beeinträchtigt werden darf
(vgl. statt aller Stöber/Kiderlen, § 182 Rn. 41). Da die Eigentümergrundschuld der F nur
an ihrem Bruchteil des versteigerten Grundstücks lastet, haftet ihr gegenüber auch nur
ein verhältnismäßiger Teil des Versteigerungserlöses (vgl. Stöber/Becker, § 92 Rn.
6; Stöber, ZVG-Handbuch, Rn. 754).
In der Folge ist
auf die Bruchteile ist über den Wortlaut des
nach
Gebots stehenden Ansprüchen verschieden hoch belastet sind (Stöber, ZVG-Handbuch,
Rn. 754 i. V. m. Rn. 550; Böttcher/Böttcher, ZVG, 7. Aufl. 2022, § 112 Rn. 114;
Schneider/Becker, ZVG, 2020, § 180 Rn. 233). Dies bildet rechnerisch den oben
dargelegten Grundsatz ab, dass für Belastungen, die nur an einem Anteil lasten, auch nur
ein verhältnismäßiger Teil des Versteigerungserlöses haftet. Es erfolgt hierdurch auch
keine Vorwegnahme der Auseinandersetzung der Miteigentümer (Becker, § 180 Rn. 233).
Für – im hiesigen Beispiel nicht weitere relevante – Gesamtrechte käme
zur Anwendung (Becker, § 180 Rn. 233).
b) Eigentümerrechte
Hinsichtlich der Eigentümerrechte gilt, dass diese entsprechend ihrem Rang bei einer
Zwangsversteigerung am Versteigerungserlös – und nicht lediglich am Überschuss –
teilnehmen und sich Einschränkungen allein aus
nur BeckOGK-BGB/Rebhan, Std. 1.2.2022, § 1196 Rn. 2; Böttcher/Böttcher, § 114
Rn. 21; MünchKommBGB/Lieder, 9. Aufl. 2023, § 1177 Rn. 3). Demnach würde die F
als ehemalige Inhaberin der durch den Zuschlag erloschenen Eigentümergrundschuld
insofern schon an der Verteilung des Erlöses nach
an der Verteilung des Übererlöses (dazu Ziffer 5.) teilnehmen, sofern man dieses
Ergebnis nicht korrigieren wollte (dazu Ziffer 6).
5. Übererlös
Der für die bisherigen Miteigentümer verbleibende Übererlös wird nach Vorwegentnahme
der Verfahrenskosten und Befriedigung der Berechtigten festgestellt (Storz/Kiderlen, C.9.5.1
S. 424). Ergibt sich ein an die Teilhaber auszukehrender Erlös, ersetzt dieser das Grundstück
als Surrogat (vgl.
und die den jeweiligen Miteigentümern gebührenden Anteile richten sich nach ihren bisherigen
Miteigentumsanteilen an dem Grundstück (BGH
Der Überschuss steht den bisherigen Miteigentümern in dem Verhältnis zu, in dem sie
bisher Miteigentümer waren (Storz/Kiderlen, C.9.5.1, S. 425). Im Außenverhältnis aber
steht der Überschuss den Miteigentümern nur gemeinschaftlich zu, was gem.
auch bei der Bruchteilsgemeinschaft gilt (vgl. BGH
Rn. 205). Freilich muss auch bei der Übererlösverteilung eine korrigierende Berechnung erfolgen,
wenn die Miteigentumsanteile unterschiedlich hoch belastet waren (BGH
jedoch, dass jeder Teilhaber vom Ersteher nur Zahlung an alle Teilhaber gemeinsam verlangen
kann (BGH
Der BGH formuliert daher:
„Wird im Versteigerungstermin eine Einigung über die Aufteilung
des Erlösüberschusses nicht erzielt, kann dieser nur an
die Berechtigten gemeinsam ausgezahlt werden (…). Dem
Versteigerungsgericht ist eine Aufteilung – etwa im Verhältnis der
früheren Miteigentumsbruchteile – schon deshalb verwehrt, weil
ihm nicht bekannt ist, welche Ansprüche die Berechtigten gegebenenfalls
untereinander haben (…). Der Erlös ist vielmehr außerhalb
des Zwangsversteigerungsverfahrens zu verteilen“
BGH
Der Hintergrund der möglichen internen Ausgleichsansprüche bewirkt im Übrigen auch, dass
das Meistgebot im Verteilungstermin grundsätzlich selbst dann in voller Höhe zu zahlen ist,
wenn einer der bisherigen Miteigentümer den Zuschlag erhält (Storz/Kiderlen, C.9.2.4,
S. 403 f.; Kiderlen,
=
Das Gericht zahlt demnach nur aus, wenn die Berechtigten übereinstimmend erklären, wie
der Erlös aufzuteilen ist, andernfalls wird der Betrag gem.
Gemeinschaft hinterlegt (Bothe, § 2 Rn. 205; Storz/Kiderlen, C.9.2.1, S. 398 und
C.9.5.4, S. 429; Böttcher/Böttcher, § 180 Rn. 113). Deshalb ist auch die Bezeichnung
„Teilungsversteigerung“ unpräzise, da der Erlösüberschuss in aller Regel nicht im Rahmen
des Verfahrens aufgeteilt, sondern hinterlegt wird (Böttcher,
Gericht bei der Einigung über die Verteilung behilflich sein muss (Kiderlen,
360 f.), kann nicht immer eine Einigung erreicht werden. Die Hinterlegung ist daher praktisch
von nicht zu unterschätzender Relevanz.
Die Verteilung des Übererlöses ist nicht mehr Aufgabe des Vollstreckungsgerichts
(vgl. BGH
C.9.2.3, S. 401; Stöber, Rn. 461). Der Anspruch jedes Teilhabers auf Teilauszahlung gemäß
seiner Miteigentumsquote gegen die Hinterlegungsstelle kann bei zerstrittener Gemeinschaft
nur im Klageweg – indem der andere Teilhaber auf Abgabe der entsprechenden Erklärung
verklagt wird – durchgesetzt werden (Bothe, § 2 Rn. 205; Storz/Kiderlen, C.9.2.1,
S. 398, C.9.5.2, S. 427 und C.9.5.4, S. 429). Eine Widerspruchsklage gem.
Es sollte nicht unterschätzt werden, dass eine solche Klage ein mitunter jahrelanges und
kostenintensives Verfahren zur Folge hat, während dem die hinterlegten Beträge kaum oder
sogar gar nicht verzinst werden (vgl. Kiderlen,
BGH zur Verteilung des Übererlöses – unter anderem dazu, welche Zurückbehaltungs- oder
Aufrechnungsrechte geltend gemacht werden dürfen – war zudem in den letzten Jahren von
einer Wandlung geprägt (hierzu Münch, Rn. 931).
6. Zusammenfassung und Löschungsvorschlag
a) Grundsatz
Damit würde sich bei der reinen Gesetzesanwendung das Problem ergeben, dass die F
als Wertersatzberechtigte in Höhe ihrer Eigentümergrundschuld bereits am Versteigerungserlös
(freilich nur hinsichtlich der auf ihren Miteigentumsanteil entfallenden Rechnungsmasse)
partizipieren würde, während der M auf die „Freigabe“ des Übererlöses warten
müsste. Die F erhielte einen mitunter wesentlichen Teil des auf ihren Anteil entfallenden
Erlöses bereits vorab und kann rein faktisch die Befriedigung des M blockieren,
indem sie der Teilauszahlung (oder gar Vollauszahlung, je nach Höhe der bestellten und
vorab befriedigten Eigentümergrundschuld) an den M nicht zustimmt und sich verklagen
lässt. Scheut M die Kosten und Dauer eines gerichtlichen Verfahrens, kann F aus einer
bequemen Position heraus – sie hat ja wesentliche Teile ihres Erlöses schon erhalten –
ggf. einen Vergleich erreichen und damit über Gebühr befriedigt werden. Zwar würde M
den Rechtsstreit (theoretisch) gewinnen, sodass lediglich ein rein faktischer Zeitgewinn
und eine faktisch bessere Verhandlungsposition der F aufgrund der vorab bestellten
Eigentümergrundschuld bestehen. Nichtsdestotrotz baut sich ein Störgefühl auf.
Eben diese Taktik wird im Schrifttum auch explizit beschrieben, allerdings bezüglich
einer Fremdgrundschuld: Kiderlen weist darauf hin, dass die Belastung des eigenen Anteils
mit Grundpfandrechten (z.B. zur Finanzierung des eigenen Meistgebots) im Falle des
Erlöschens des Grundpfandrechts dazu führt, dass der (befreundete) Grundpfandrechtsgläubiger
ohne Zustimmung des anderen Miteigentümers den entsprechend entfallenden
Erlös seitens des Versteigerungsgerichts zugeteilt bekommt (Kiderlen,
361 f. und Storz/Kiderlen, TH 8.4.19, S. 394 und TH 9.7.11, S. 436).
b) Lösungsmöglichkeiten
Es bieten sich wohl vor allem zwei denkbare Lösungs-/Korrekturmöglichkeiten (vgl.
sublit. bb und cc) an, da eine direkte Anwendung des
(dazu sublit. aa). Beide Lösungsansätze sind aber weder durch Literatur noch Rechtsprechung
abgesichert.
aa) Keine direkte Anwendung des
Mittels einer Anwendung des
nicht beheben. Es wurde bereits ausgeführt, dass diese Vorschrift bei Einschlägigkeit
der Niedrigstgebots-Theorie (mehrere Antragsteller, unterschiedlich hohe Belastungen)
keinen Anwendungsbereich hat, da in der Folge einheitlich für alle Anteile
dieselbe niedrigste Belastung zugrunde gelegt wird (vgl.
187; so auch Schneider, I
bb) Wertungskorrektur auf Basis des
Die Lösung dieses Problems könnte man über die Wertung des
suchen. Diese Norm verbietet eine Zwangsvollstreckung zum Zwecke der Befriedigung
bei einer Eigentümergrundschuld.
Der BGH führt aus:
„(..); die Beschränkung des
gleichzeitig Grundstückseigentümer und Inhaber der Grundschuld
ist, als rein persönliche Beschränkung auferlegt, um die Ausschaltung
nachrangiger Gläubiger zu verhindern, die in der
Zwangsversteigerung mit ihren Rechten ausfallen könnten. Dieser
‚Selbsttrieb‘ des Eigentümers, so die Motive zum Entwurf des
BGB III, S. 679, 734, könne nicht gestattet werden, weil dieser
dabei eine doppelte, in sich widerspruchsvolle Rolle übernehmen
würde. Noch deutlicher heißt es in den Protokollen III, S. 573, der
Eigentümer könne mit der Zwangsvollstreckung nur den Nebenzweck
verfolgen, sein Grundstück für einen möglichst geringen
Preis wiederzuerstehen und die nachfolgenden Rechte zum Erlöschen
zu bringen; das sei mißbräuchlich“
BGH
Zwar sollen damit primär nachrangige Gläubiger geschützt werden, damit nicht zum
Zweck deren Ausschaltung die Zwangsvollstreckung betrieben wird (vgl. auch
bereits BGH
BGB, dass dem Eigentümer keine Vollstreckungsbefugnisse zustehen.
Die Kommentare und Handbücher diskutieren die Thematik der bereits am Versteigerungserlös
teilnehmenden Eigentümergrundschuld meist vor dem Hintergrund
einer aus einem Fremdrecht entstandenen Eigentümergrundschuld (vgl. etwa
Stöber/Nicht, § 114 Rn. 112-117a), etwa in den Fällen der Befriedigung des Grundschuldgläubigers
(
(
das erst in der Folge zur Eigentümergrundschuld wurde. Es erscheint nicht undenkbar,
dass die herrschende Auffassung, wonach Eigentümerrechte entsprechend
ihrem Rang bei einer Zwangsversteigerung am Versteigerungserlös – und
nicht lediglich am Überschuss – teilnehmen (vgl. oben Ziff. 4 lit. b), daher primär
diese Konstellationen vor Augen hat. Jedoch ist dies nicht gesichert.
Es würde damit einen denkbaren Ausweg darstellen, eine offen bestellte Eigentümergrundschuld
anders zu behandeln und diese gerade nicht bereits am Versteigerungserlös
partizipieren zu lassen. Letztlich handelt es sich um die Sanktionierung
eines missbräuchlichen Verhaltens (
der Niedrigstgebots-Lösung bei der Teilungsversteigerung auch in anderen Konstellationen
diskutiert wird (vgl. etwa Alff,
durch Einstellung des Verfahrens nach Abschluss der Bietzeit seitens
des aufhebungsunwilligen Miteigentümers mit dem am niedrigsten belasteten Bruchteil).
Dies würde jedoch komplexe Abgrenzungsprobleme aufwerfen; ferner bietet die
analoge Anwendung des
(dazu sogleich lit. cc).
cc) Analoge Anwendung des
Eigentümergrundschuld
Nach Auffassung des Sachbearbeiters könnte die Lösung in einer – von einem für
dieses Gutachten hinzugezogenen Patennotar erdachten – (doppelt) analogen Anwendung
des
dessen Anteil nicht belastet ist, bereits aus dem Versteigerungserlös in der gleichen
Höhe befriedigt werden wie der Miteigentümer, der im Versteigerungstermin aus
einer offenen Eigentümergrundschuld befriedigt wird.
Der Ausgleichsbetrag nach
unterschiedlich hohen Belastung der Miteigentumsanteile eine wirtschaftliche
Schieflage entsteht – der Miteigentümer, dessen Anteil belastet ist, soll nicht übervorteilt
werden (Schneider, I
ferner anerkannt, dass der Gesetzgeber die Konstellation, dass mehrere Miteigentümer
als Antragsteller agieren, im Rahmen des
hat (Schneider, I
Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 15. Aufl. 2016, § 182
Rn. 22), sich also eine Gesetzeslücke ergibt. Dies gilt umso mehr, als der BGH
nunmehr die Niedrigstgebots-Theorie bestätigt hat – denn diese ergibt sich nicht
aus dem Gesetz und widerspricht sogar dem Gesetzeswortlaut des § 182 Abs. 1
ZVG (vgl. deutlich Streuer,
673, 675; Nickel,
die Möglichkeit und der Bedarf, korrigierende Eingriffe auf Basis der gesetzlichen
Wertungen vorzunehmen. Die Regelungslücke für eine Analogie ist eröffnet.
Die Planwidrigkeit ergibt sich nicht nur daraus, dass der Gesetzgeber die Konstellation
offenbar gar nicht bedacht hat, sondern auch daraus, dass der BGH mit
der Etablierung der Niedrigstgebots-Theorie letztlich rechtsfortbildend in das Gefüge
der
Die Rechtsfolge des
den Miteigentümer, dessen Anteil nicht belastet ist, allerdings gerade benachteiligen,
weil insofern das geringste Gebot künstlich so hochgetrieben werden könnte, dass
kein Zuschlag mehr zustande kommt (vgl. statt aller Storz/Kiderlen, B.5.5.2.4,
S. 217). Daher muss die Rechtsfolge des
bestehen, dass dieser Miteigentümer in derselben Höhe aus dem Versteigerungserlös
befriedigt wird – dogmatisch mag man dies für eine doppelte Analogie oder
aber eine teleologische Extension halten. Hierdurch werden weder Dritte noch der
andere Miteigentümer benachteiligt. Auch die Wertung des
nicht verletzt. Zudem kann hierin keine unzulässige Vorwegnahme der Verteilung
des Übererlöses liegen. Denn die Vorabbefriedigung aus dem Versteigerungserlöses
mittels der Eigentümergrundschuld bewirkt dies bereits, sodass die (doppelt) analoge
Anwendung des
entsprechend – einen Ausgleich für eine ungleich hohe Belastung der Miteigentumsanteile
(in der Sondersituation der Niedrigstgebots-Lösung) bereitstellt.
Auf dieser Basis würde M im Versteigerungstermin in derselben Höhe wie die F
befriedigt werden, also letztlich so behandelt, als hätte auch er eine Eigentümergrundschuld
in derselben Höhe bestellt, die aber ebenfalls nicht Teil des geringsten
Gebots gewesen wäre. Diese – dogmatisch zwar anspruchsvolle, aber letztlich aus
der Niedrigstgebotslösung folgende – Anwendung des
dazu, dass ein Eigentümerrecht insofern nicht hilft, als die Miteigentümer in derselben
Höhe ebenfalls bereits im Rahmen des Versteigerungstermins befriedigt würde.
Freilich würde dem Miteigentümer, der es „verschlafen“ hat, das taktische Mittel der
Eigentümergrundschuld einzusetzen (welches nach Schilderungen aus der Praxis
schon seit Jahrzehnten genutzt wird), insofern ein „Geschenk des Himmels“ gemacht,
da er nicht auf die Verteilung des Übererlöses warten und keine Klage auf
Zustimmung erheben müsste. Allerdings wird man es ihm nicht zum Vorwurf
machen können, diese bestehende Rechtsmacht nicht ausgenutzt zu haben. Es
handelt sich um eine Wertungsfrage und um eine Frage zur Reichweite des hinter
Ob man diese (doppelt) analoge Anwendung stets zu befürworten hat, wenn eine
offene Eigentümergrundschuld im Grundbuch eingetragen ist, kann hier dahinstehen.
Letztlich ist auch insofern zuzugeben, dass die Frage der Anwendbarkeit
einer solchen doppelten Analogie ebenfalls komplexe Abgrenzungsprobleme aufwerfen
würde, da sie auf derselben Wertung beruht wie der oben unter sublit. bb
dargestellte „Missbrauchseinwand“. Zudem mag es hehre Absichten für die Bestellung
einer Eigentümergrundschuld geben, etwa um selbst mitbieten zu können
und die Eigentümergrundschuld (nach entspr. Liegenbelassungsvereinbarung nach
Eigentümergrundschuld keine Vorteile mehr bieten sollte – auf die Bestellung einer
Fremdgrundschuld für einen Bekannten/den neuen Lebenspartner etc. ausgewichen
werden. Es wäre kaum erkennbar, wann die analoge Anwendung des § 182 Abs. 2
ZVG denkbar ist und es müssten Fallgruppen gebildet werden.
7. Fazit
Belässt man es bei der Gesetzesanwendung, so kann sich der geschilderte zeitliche Vorteil
und eine faktische „Blockadeposition“ ergeben. Die unter Ziff. 6 lit. b angedachten
Lösungsmöglichkeiten sind allesamt nicht abgesichert und stellen allein die persönliche
Rechtsauffassung des Sachbearbeiters dar. Für die Praxis erscheint daher der beschriebene
Vorteil zu bestehen – dies zeigt erneut, von wie vielen taktischen Erwägungen das Verfahren
nach dem ZVG geprägt ist. Es bleibt gleichwohl bei allen rechtlichen Schlussfolgerungen aus
(was praktisch natürlich gleichwohl relevant sein kann).
196409
Erscheinungsdatum:05.05.2023
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
Normen in Titel:ZVG § 105; ZVG § 49; BGB § 242; ZVG § 182; ZVG § 44; BGB § 1197; ZVG § 180; BGB § 1191; ZVG § 52