Spanien: Grundstücksvollmacht; Beurkundungsverfahren bei Beurkundung in Deutschland ; Beurkundung mit zwei verbindlichen Sprachfassungen
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 186051
letzte Aktualisierung: 15. Dezember 2021
Spanien: Grundstücksvollmacht; Beurkundungsverfahren bei Beurkundung in
Deutschland ; Beurkundung mit zwei verbindlichen Sprachfassungen
I. Sachverhalt
Zwei deutsche Staatsangehörige möchten einer spanischen Rechtsanwältin Vollmacht erteilen,
sämtliche im Zuge des Abschlusses eines notariellen Grundstückskaufvertrages bzgl. einer
Immobilie in Spanien erforderlichen Erklärungen abzugeben und u. a. auch den Antrag auf
Erteilung der spanischen Steuernummern zu stellen. Die spanische Rechtsanwältin hatte Ihnen
den Entwurf einer Verhandlung zugeleitet, auf der auf der linken Seite der Text der Grundstücksvollmacht
in spanischer Sprache aufgeführt wird und auf der rechten Seite der Text in deutscher
Sprache. Sie teilt mit, dass die Vollmacht in dieser Form den Anforderungen in Spanien genüge.
II. Frage
Ist die Beurkundung mit gleichzeitiger Aufführung des Textes der Grundstücksvollmacht in
spanischer und deutscher Sprache zulässig?
III. Zur Rechtslage
1. Der deutsche Notar hat bei seiner Amtstätigkeit stets, also auch in Fällen materieller Auslandsberührung
wie im vorliegenden Sachverhalt, die Vorgaben des deutschen Beurkundungsgesetzes
zu beachten. Der Notar bleibt als Teil des für ihn geltenden deutschen Verfahrensrechts
(lex fori) in jedem Falle für seine Amtstätigkeit verbindlich (s. nur Winkler,
BeurkG, 19. Aufl. 2019, Einl. Rn. 55 ff.; Armbrüster, in: Armbrüster/Preuß/Renner,
BeurkG/DONot, 8. Aufl. 2020,
2. Nach ganz herrschender Auffassung in der beurkundungsrechtlichen Literatur ist unter dem
Regime des deutschen Beurkundungsgesetzes (
Niederschrift möglich. Sie kann zulässigerweise erfolgen, indem der deutsche und der
fremdsprachige Text in Spalten nebeneinander gesetzt werden. Hierbei sollte zur Vermeidung
von Widersprüchlichkeiten lediglich festgehalten werden, welcher Text für die Verwendung
der Urkunde maßgeblich sein soll (s. nur BeckOGK-BeurkG/Schaller, Std.: 1.9.2021, § 5
Rn. 10; Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner,
anschließend hat auch der BGH anerkannt, dass nach deutschem Beurkundungsrecht
zulässigerweise eine Beurkundung in zwei gleichwertig verbindlichen Sprachfassungen vorgenommen
werden kann. Die Konstellation einer Niederschrift in zwei gleichwertigen
Sprachfassungen muss unterschieden werden von der Konstellation, in der ausschließlich die
deutsche Sprachfassung für die Niederschrift verbindlich ist, während der fremdsprachige
Text eine – fakultative oder im Fall des
Übersetzung darstellt, die der Niederschrift zu Beweiszwecken in einem gesonderten Schriftstück
lediglich beigefügt wird (BGH
2021).
Im Einzelnen kommen nach deutschem Beurkundungsrecht als zulässige Gestaltungsmöglichkeiten
also in Betracht (Überblick: BeckOGK-BeurkG/Seebach/Rachlitz, Std.:
1.11.2021, § 16 Rn. 57 ff.):
- Die Beurkundung in deutscher Sprache samt obligatorischer, fremdsprachiger schriftlicher
Übersetzung nach
- die Beurkundung in deutscher Sprache mit fakultativer Übersetzung („convenience translation“),
wenn alle Urkundsbeteiligten der deutschen Sprache hinreichend kundig sind,
- die doppel- oder mehrsprachige Niederschrift, die entsprechend mehrere, nach dem
Regelungswillen Parteien gleichermaßen rechtsgültige, verbindliche Sprachfassungen enthält.
Im letztgenannten Fall sind alle verwendeten Sprachen Urkundssprache i. S. d. § 5
BeurkG. Folglich setzt die Errichtung einer derart mehrsprachigen Urkunde das übereinstimmende
(auch konkludent mögliche) Verlangen der Beteiligten voraus sowie weiterhin,
dass der Notar aller betroffenen Sprachen hinreichend kundig ist (§ 5 Abs. 2 S. 2
BeurkG). In diesem Fall sind zudem sämtliche Sprachfassungen vorzulegen, zu
genehmigen und zu unterschreiben (BeckOGK-BeurkG/Seebach/Rachlitz, § 16 Rn. 60).
- Schließlich besteht noch die Möglichkeit der Beurkundung in deutscher Sprache mit
notarbescheinigter Übersetzung nach
3. Gegen die Verwendung einer der vorgenannten Möglichkeiten ist also aus deutscher
Sicht auch für die hier geplante Grundstücksvollmacht beurkundungsrechtlich nichts einzuwenden.
Das Spanische als gleichwertige oder ausschließliche Beurkundungssprache
kommt freilich nur in Betracht, falls man selbst des Spanischen hinreichend kundig ist (§ 5
Abs. 2 BeurkG). Ist dies nicht der Fall, so könnte der eingereichte Urkundsentwurf für
Zwecke der Beurkundung in deutscher Sprache mit rein fakultativer, beurkundungsrechtlich
letztlich bedeutungsloser Übersetzung verwendet werden (unter Ziff. 2 als zweite Variante
aufgeführt; hierzu BeckOGK-BeurkG/Seebach/Rachlitz, § 16 Rn. 58 f.). Einen klarstellenden
Formulierungsvorschlag zu dieser Variante unterbreiten Seebach/Rachlitz (§ 16 Rn. 59.1):
„Auf Bitten der Beteiligten ist der allein maßgeblichen Niederschrift in (deutscher) Sprache
eine Übersetzung (in die x Sprache) beigefügt / Auf Bitten der Beteiligten ist in der rechten
Spalte neben der allein maßgeblichen Niederschrift in (deutscher) Sprache eine Übersetzung
(in die x Sprache) enthalten. Dabei handelt es sich nicht um eine Übersetzung im Sinne des
§ 16 des Beurkundungsgesetzes, sondern um eine fakultative Übersetzung zu rein
informatorischen Zwecken.“
Entscheidet man sich für ein Beurkundungsverfahren mit zwei gleichermaßen verbindlichen
Sprachfassungen, so dürfte besonders sorgfältig auf vollständige inhaltliche Kongruenz
beider Fassungen zu achten sein, um eine Perplexität der abgegebenen Willenserklärung zu
vermeiden (dazu MünchKommBGB/Busche, 9. Aufl. 2021, § 155 Rn. 2 m. w. N.; s. auch die
Überlegungen zu
186051
Erscheinungsdatum:15.12.2021
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Ausländisches Recht (nach Ländern)
Normen in Titel:EGBGB Art. 11