11. Juni 2021
BGB § 2255; BGB § 2287

Testierfähigkeit als Voraussetzung für die Rücknahme eines gemeinschaftlichen Testaments; Nachweis des Erbrechts im Erbscheinsverfahren bei nicht mehr im Original vorhandener Testamentsurkunde; Reichweite des § 2287 BGB

BGB §§ 2255, 2272, 2287; BeurkG § 46
Testierfähigkeit als Voraussetzung für die Rücknahme eines gemeinschaftlichen Testaments; Nachweis des Erbrechts im Erbscheinsverfahren bei nicht mehr im Original vorhandener Testamentsurkunde; Reichweite des § 2287 BGB

I. Sachverhalt
Die Erblasser haben 2007 ein notarielles gemeinschaftliches Testament errichtet. In diesem Testament hatten sich die zu diesem Zeitpunkt voll geschäfts- und testierfähigen Erblasser gegenseitig zu Alleinerben bestimmt und die Schlusserbfolge festgelegt. 2010 haben beide Ehegatten das Amtsgericht – Nachlassgericht – aufgesucht und das gemeinschaftliche Testament aus der amtlichen Verwahrung zurückgenommen. Die Ehefrau war zum Zeitpunkt der Rücknahme gemäß ärztlichem Gutachten nicht mehr geschäfts- und testierfähig.

Zudem hat der Ehemann 2012 ein ihm allein gehörendes Grundstück seiner Enkeltochter übertragen. Die Ehefrau konnte aus denn oben genannten Gründen nicht zustimmen.

Der Ehemann ist kurz darauf verstorben; ein Erbschein nach dem Ehemann liegt nicht vor. Nach dem Tode der Ehefrau 2019 wurde ein Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt, die von der testamentarischen Erbfolge abweicht. Nun wurde beantragt, den Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge nach der Ehefrau einzuziehen.

II. Fragen
1. Ist die Rücknahme des Testaments durch einen Testierunfähigen wirksam?

2. Was geschieht, wenn das Testament nicht nur zurückgenommen, sondern auch vernichtet wurde? Kann es „wieder hergestellt“ werden? Kann im Wege des Erbscheinsverfahrens eine beglaubigte Abschrift das Original ersetzen?

3. Konnte der Ehemann ohne Zustimmung der Ehefrau über das Familienheim verfügen?

III. Zur Rechtslage
1. Zur Wirksamkeit des Widerrufs
Ein vor einem Notar errichtetes Testament gilt als widerrufen, wenn die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde dem Erblasser zurückgegeben wird (§ 2256 Abs. 1 S. 1 BGB). Ein gemeinschaftliches Testament kann nach Maßgabe des § 2256 BGB nur von beiden Ehegatten zurückgenommen werden (§ 2272 BGB). Ob für die an die Rücknahme geknüpfte Widerrufsfolge die Testierfähigkeit beider Ehegatten notwendige Voraussetzung ist, ist nicht ganz unbestritten. Von einer Mindermeinung in der Literatur wird die Ansicht vertreten, die Rückgabe setze nur die Fähigkeit voraus, einen natürlichen Rücknahmewillen zu bilden. Zur Begründung wird darauf verwiesen, dass das Gesetz in § 2256 BGB eine Fiktion enthalte, sodass es auf den Willen des rückfordernden Erblassers gerade nicht ankomme. Zudem wird angeführt, auch ein Testierunfähiger könne ein Testament vernichten oder verändern (vgl. J. Mayer/Sammet, in: Reimann/Bengel/Dietz, Testament und Erbvertrag, 7. Aufl. 2020, § 2272 BGB Rn. 7; zur früheren Ansicht von J. Mayer s. den Überblick bei BeckOGK-BGB/Braun, Std.: 15.2.2021, § 2272 Rn. 13.2 ff.). Demgegenüber nimmt die ganz h. M. an, dass die Rücknahme ihrer Rechtsnatur nach zum einen ein Rechtsgeschäft unter Lebenden, zum anderen aber auch zugleich eine Verfügung von Todes wegen sei (BGH NJW 1957, 906; BayObLG NJW-RR 2005, 957; Palandt/Weidlich, BGB, 80. Aufl. 2021, § 2256 Rn. 1 m. w. N.). Die Rückgabe eines gemeinschaftlichen Testaments nach § 2272 BGB erfordert daher folgerichtig aus Sicht der h. M. die Testierfähigkeit beider Ehegatten (BayObLG ZEV 2005, 480, 481; hierfür plädierend nunmehr auch J. Mayer/Sammet, § 2272 BGB Rn. 7; ebenso im Ergebnis BeckOGK-BGB/Braun, § 2272 Rn. 13.3 ff.). Überzeugend wird hierfür angeführt, das Erfordernis der Testierfähigkeit diene gerade dem Schutz des wirksam gebildeten Testierwillens. Die Widerrufsfiktion nach §§ 2272, 2256 BGB könne nur an die von einem Testierfähigen vorgenommene Handlung anknüpfen, da sie dieselbe Folge wie ein Widerrufstestament habe. Es sei aber nicht einzusehen, weshalb die Fiktion des § 2256 BGB auch dann greifen sollte, wenn ein ausdrücklich erklärter Widerruf wegen mangelnder Testierfähigkeit unwirksam wäre (so ausf.: J. Mayer/Sammet, § 2272 BGB Rn. 7).

Vom Standpunkt der bislang hierzu ergangenen Rechtsprechung sowie der in der Literatur ganz herrschenden Auffassung aus gesehen, kann also die Rückgabe eines gemeinschaftlichen Testaments nicht die in §§ 2272, 2256 BGB normierte Widerrufsfolge auslösen, wenn auch nur einer der beiden Ehegatten testierunfähig ist. Sollte vorliegend die Ehefrau zum Zeitpunkt der Rücknahme tatsächlich nicht mehr testierfähig gewesen sein, wäre das gemeinschaftliche Testament aus dem Jahre 2007 folglich nicht wirksam widerrufen.

2. Vernichtung der Originalurkunde
Wurde die Originalurkunde über das gemeinschaftliche Testament vernichtet, so ist für den inhaltlichen Fortbestand der in dieser Urkunde getroffenen Regelung zu unterscheiden:

Zum einen kann es sich um einen Anwendungsfall des § 2255 BGB handeln: Ein Testament kann hiernach auch dadurch widerrufen werden, dass der Erblasser in der Absicht es aufzuheben, die Testamentsurkunde vernichtet oder an ihr solche Veränderungen vornimmt, durch die der Wille, eine schriftliche Willenserklärung aufzuheben, üblicherweise ausgedrückt wird. Handelt es sich – wie vorliegend – um ein gemeinschaftliches Testament, so können es die Ehegatten (nur) gemeinsam in der Form des § 2255 BGB widerrufen, soweit der Widerruf wechselbezügliche Regelungen betrifft (vgl. BayObLG NJWE-FER 1997, 157; BayObLG MDR 1981, 933; Voit, in: Reimann/Bengel/Dietz, § 2255 BGB Rn. 5; BeckOGK-BGB/Grziwotz, Std.: 1.1.2021, § 2255 Rn. 2 a. E. m. w. N.). Einseitige Verfügungen von Todes wegen können hingegen durch den jeweils verfügenden Ehegatten auch allein in der Form des § 2255 BGB widerrufen werden, ohne dass die Zustimmung des anderen Ehegatten hierfür erforderlich wäre (Voit, § 2255 BGB Rn. 5). Auch für einen derartigen Testamentswiderruf nach Maßgabe des § 2255 BGB ist aber objektive Voraussetzung die Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt seines Handelns nach § 2229 BGB, da der Widerruf als letztwillige Verfügung einzordnen ist (Palandt/Weidlich, § 2255 Rn. 4; BeckOGK-BGB/Grziwotz, § 2255 Rn. 3). Als persönliches Handeln bei der Vernichtung bzw. Veränderung der Testamentsurkunde kann es auch noch angesehen werden, wenn sich der Erblasser eines Dritten als unselbstständiges Werkzeug ohne Entscheidungsspielraum bedient, der in seinem Auftrag und mit seinem Willen die Urkunde vernichtet (vgl. BayObLG, Beschl. v. 10.2.1992, BeckRS 2011, 3718, 1351; OLG Hamm NJW-RR 2002, 222, 223 = MittBayNot 2002, 196, 198). Falls im vorliegenden Fall die in Rede stehende Vernichtung der Testamentsurkunde bereits zu Zeiten der Testierunfähigkeit der Ehefrau vorgenommen worden sein sollte, würde nach dem zuvor Gesagten darin kein wirksamer Testamentswiderruf nach § 2255 BGB zu sehen sein.

Ist die Testamentsurkunde abhandengekommen oder auch vernichtet worden, jedoch ohne dass bei dieser Vernichtung die von § 2255 BGB geforderten Voraussetzungen nachweisbar wären, so bliebe das gemeinschaftliche Testament gültig, auch wenn die Testamentsurkunde selbst nicht mehr oder nur in veränderter Form zur Verfügung stünde. Allein die Tatsache, dass ein Originaltestament nicht mehr auffindbar ist, begründet noch keine Vermutung dafür, dass es gem. § 2255 BGB vom Erblasser mit Widerrufsabsicht vernichtet worden ist, da es für einen schlichten Urkundenverlust vielfältige Erklärungen geben kann (KG FGPrax 2018, 274; Voit, § 2255 BGB Rn. 18). Die Formgültigkeit der Errichtung und der Inhalt eines Testaments kann in diesen Fällen mit allen zulässigen Beweismitteln ermittelt werden, etwa durch Vorlage einer Testamentskopie (OLG Düsseldorf BeckRS 2019, 13124) oder Vernehmung von Zeugen wie beispielsweise des beurkundenden Notars (OLG Schleswig BeckRS 2011, 28747; für einen Überblick s. Voit, § 2255 BGB Rn. 18).

3. Nachweis des Erbrechts
Nach dem zuvor Gesagten muss also zum Nachweis des auf das gemeinschaftliche Testament gestützten Erbrechts nicht notwendigerweise das Original bzw. eine Ausfertigung (§ 47 BeurkG) der Testamentsurkunde vorgelegt werden. Deswegen besteht der in § 46 Abs. 1 S. 1 BeurkG vorausgesetzte Anlass, die Urschrift zu ersetzen, im Erbscheinsverfahren und auch in den Fällen des Erbnachweises allein durch eröffnete notarielle Verfügung von Todes wegen samt Eröffnungsniederschrift nicht (BeckOGK-BeurkG/Regler, Std.: 1.4.2021, § 46 Rn. 14; Winkler, BeurkG, 19. Aufl. 2019, § 46 Rn 13; Preuß, in: Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG/DONot, 8. Aufl. 2020, § 46 BeurkG Rn. 4) Das hiernach auch im vorliegenden Fall festzustellende Fehlen eines Ersetzungsanlasses macht allerdings die Ersetzung nicht unzulässig. Die verwahrende Stelle kann sie gleichwohl vornehmen; es besteht ohne Ersetzungsanlass lediglich keine Amtspflicht hierzu (Winkler, § 46 Rn. 12; BeckOGK-BeurkG/Regler, § 46 Rn. 12). Obwohl im unterbreiteten Sachverhalt also keine Amtspflicht zur Ersetzung der abhandengekommenen Urschrift besteht, bleibt es dennoch möglich, nach Maßgabe des in § 46 BeurkG vorgeschriebenen Verfahrens die zerstörte Urschrift dadurch zu ersetzen, dass auf der vorhandenen beglaubigten Abschrift vermerkt wird, dass sie an die Stelle der Urschrift tritt.

Für die Ersetzung wäre an sich das Amtsgericht als zuletzt die Urschrift des gemeinschaftlichen Testaments verwahrende Stelle zuständig (§§ 46 Abs. 2, 48 BeurkG; Winkler, § 48 Rn. 5 a. E.). Für eine Ersetzung durch den vor Ablieferung an das Amtsgericht die Urschrift zunächst verwahrenden Notar käme allenfalls eine analoge Anwendung des § 46 Abs. 1, 2 BeurkG in Betracht. Hierfür ließe sich anführen, dass die Ersetzung durch das Amtsgericht im konkreten Fall auf praktische Schwierigkeiten stoßen dürfte. Dies bestätigende Stellungnahmen in der Literatur liegen bislang – soweit ersichtlich – nicht vor.

4. Wirksamkeit der Überlassung
Einschränkungen der rechtlichen Handlungsmöglichkeiten des Ehemannes bei der Überlassung hätten sich seinerzeit aus § 1365 BGB ergeben können, falls das überlassene Grundstück das gesamte oder nahezu das gesamte Vermögen des Ehemannes dar­stellte und die Übernehmerin (Enkeltochter) zum Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts wusste, dass der Ehemann über – zumindest fast – sein gesamtes Vermögen verfügte oder zumindest die Verhältnisse kannte, aus denen sich dies ergab (vgl. BGH FamRZ 1989, 475; s. nur Palandt/Siede, § 1365 Rn 6 ff.). Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB im vorliegenden Fall bei der Grundstücksüberlassung erfüllt waren, lässt sich nach dem uns mitgeteilten Sachverhalt nicht beurteilen. Da nachfolgend nicht die ggf. zustimmungsberechtigte Ehefrau, sondern der handelnde Ehemann zuerst verstarb, greift insoweit nach h. M. der Grundsatz, dass § 1365 BGB fortwirkt und somit das Geschäft weiterhin schwebend unwirksam bliebe (BGH NJW 1980, 2350, 2351; OLG Karlsruhe BeckRS 2010, 24204; BeckOGK-BGB/Szalai, Std.: 1.5.2021, § 1365 Rn. 5.5 m. w. N.).

Fraglich ist weiterhin noch, ob der Ehemann ggf. aus Gründen der erbrechtlichen Bindung an das gemeinschaftliche Testament bei der Grundstücksübertragung an die Enkeltochter in seiner Verfügungsmacht eingeschränkt war. Insoweit ist jedoch selbst für bindende wechselbezügliche Verfügungen in einem gemeinschaftlichen Testament von der entsprechenden Anwendbarkeit des § 2286 BGB erst nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten auszugehen: Das Verfügungsrecht des Erblassers unter Lebenden wird dadurch also nicht beschränkt (s. nur J. Mayer/Röhl, in: Reimann/Bengel/Dietz, § 2286 BGB Rn. 6 m. w. N.). Dieser Grundsatz der lebzeitigen Verfügungsfreiheit hat beim gemeinschaftlichen Testament erst recht zu gelten, wenn – wie vorliegend – zum Zeitpunkt der Vornahme der lebzeitigen Verfügung noch beide Ehegatten am Leben sind, da in diesem Stadium das gemeinschaftliche Testament wegen der Widerrufsmöglichkeit nach §§ 2271 Abs. 1 S. 1, 2296 BGB noch keine Bindungswirkung entfaltet.

Darüber hinaus ist zwar auch § 2287 BGB nach ganz herrschender Auffassung auf wechselbezügliche Erbeinsetzungen aus gemeinschaftlichen Testamenten entsprechend anwendbar, jedoch nur auf solche, die nach § 2271 Abs. 2 BGB durch den Tod des anderen Ehegatten bereits bindend geworden sind (BGH NJW 1976, 749; BGH ZEV 2016, 641, 642; jüngst OLG Stuttgart ZEV 2019, 216, 217; BeckOGK-BGB/Müller-Engels, Std.: 1.4.2021, § 2287 Rn. 5). § 2287 BGB soll deswegen nach herrschender Auffassung nicht bei Schenkungen eingreifen, die zu Lebzeiten beider Ehegatten vorgenommen hat (vgl. Burandt/Rojahn/Braun, Erbrecht, 3. Aufl. 2019, § 2271 BGB Rn. 62; J. Mayer/Sammet, § 2271 BGB Rn. 120; BeckOGK-BGB/Müller-Engels, § 2287 Rn. 6). Teilweise wird abweichend hiervon in der Literatur eine analoge Anwendung der §§ 2287, 2288 BGB auf lebzeitige Schenkungen gefordert, etwa für den Fall, dass der vorverstorbene Ehegatte durch Vertrag zugunsten Dritter unentgeltlich auf den Todesfall verfügt hatte (so Speth, NJW 1985, 463; zustimmend Staudinger/Kanzleiter, BGB, 2019, § 2287 Rn. 2). Zum Teil wird in der Literatur auch allgemein eine analoge Anwendung gefordert für die Fälle, in denen der überlebende Ehegatte erst nach dem Tod des Erstversterbenden von der Beeinträchtigung Kenntnis erlangt hat (so etwa NK-BGB/Müßig, 5. Aufl. 2018, § 2271 Rn. 135). Da die Ehefrau vorliegend zum Zeitpunkt der schenkweisen Grundstücksüberlassung testierunfähig war, wäre im Anschluss an diese Literaturansichten eine analoge Anwendung der §§ 2287, 2288 BGB zumindest denkbar, da der testierunfähige Ehegatte auf beeinträchtigende Schenkungen ebenfalls nicht mehr mit einem Widerruf seiner wechselbezüglichen Verfügungen und Errichtung eines neuen Testaments reagieren kann. Jedoch bleibt mit Blick auf den Sachverhalt zu bemerken, dass die überlebende Ehefrau, falls ihr ein Anspruch aus § 2287 BGB zugestanden hätte, diesen aufgrund der Regelung im gemeinschaftlichen Testament aus dem Jahre 2007 (dort Ziffer 3) an die Enkeltochter D weitervererbt haben würde (s. zur Vererblichkeit BeckOK-BGB/Litzenburger, Std.: 1.2.2021, § 2287 Rn. 24). War eben diese Enkeltochter auch die durch die Grundstücksüberlassung aus dem Jahre 2012 Beschenkte, so wäre ein Anspruch aus § 2287 BGB jedenfalls wegen Konfusion erloschen.

Im Ergebnis hätte der erstverstorbene Ehemann dann nur unter den Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB in seiner Verfügung über das Familienheim beschränkt sein können, wofür jedoch Anhaltspunkte im Sachverhalt fehlen.

5. Gesamtergebnis
Der Rücknahme des Testaments durch einen testierunfähigen Ehegatten kommt nach ganz h. M. keine Widerrufswirkung zu. Wurde die Urschrift der Testamentsurkunde vernichtet, so besteht die darin getroffene Regelung gleichwohl inhaltlich fort, falls sich bei der Vernichtung der Urkunde nicht die Voraussetzungen des § 2255 BGB nachweisen lassen; auch diese Vorschrift setzt aber die Testierfähigkeit des Erblassers voraus. Durch die noch vorhandene beglaubigte Abschrift kann nach Maßgabe der §§ 46, 48 BeurkG die fehlende Urschrift durch das derzeit verwahrende Amtsgericht ersetzt werden, ohne dass vorliegend eine Amtspflicht dazu bestünde. Eine notarielle Zuständigkeit ließe sich nunmehr nur mit einer Analogie begründen. Die Wirksamkeit der Verfügung des Ehemannes über das Familienheim steht vorliegend nicht aus erbrechtlichen Gründen in Frage, sondern lediglich falls die Voraussetzungen des § 1365 Abs. 1 BGB vorgelegen haben sollten.

Gutachten/Abruf-Nr:

179934

Erscheinungsdatum:

11.06.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Testamentsform
Gemeinschaftliches Testament
Erbvertrag

Erschienen in:

DNotI-Report 2021, 89-92

Normen in Titel:

BGB § 2255; BGB § 2287