18. Juli 2019
BGB § 307; BauGB § 11; BayGO Art. 75

Gemeindliches Grundstücksgeschäft: Aufgabe der Vormerkungssicherung eines Wiederkaufsrechts und einer Sicherungshypothek gegen Stellung einer Bürgschaft; Form und Höhe einer Nachzahlungsklausel

Aus der Gutachtenpraxis des DNotI

BayGO Art. 75; BauGB § 11; BGB § 307
Gemeindliches Grundstücksgeschäft: Aufgabe der Vormerkungssicherung eines Wiederkaufsrechts und einer Sicherungshypothek gegen Stellung einer Bürgschaft; Form und Höhe einer Nachzahlungsklausel

I. Sachverhalt
Eine bayerische Gemeinde will an einen Bauträger ein Grundstück verkaufen. Nach Mitteilung der Gemeinde dürfte sich ein geringer Preisvorteil für den Bauträger beim Grundstücksankauf ergeben, wobei Hintergrund nach Angabe der Gemeinde die kommunale Aufgabe der Wohnraumförderung und nicht die Wirtschaftsförderung des Bauträgers ist. Die Gemeinde will, dass die Grundstücke bebaut werden und dass ihr für den Fall der Zuwiderhandlung ein Wiederkaufsrecht zusteht bzw. eine von dem Preisvorteil losgelöste „Zusatzzahlung“ i. H. v. 50 € pro m² zu leisten ist. Dabei soll mit der Bebauung innerhalb von zwei Jahren begonnen und die Bebauung innerhalb von fünf Jahren fertiggestellt werden. Da die Gemeinde sowohl das Problem der Bebauungssicherung als auch das der Sicherung des (Letzt-)Käufers im Rahmen eines Bauträgerkaufvertrages sieht, der Bauträger aber gleichzeitig nicht bereit ist, auf den Kaufpreis bis zur Fertigstellung zu warten oder bis dahin dem Käufer eine Bürgschaft nach § 7 MaBV zu stellen, ist die Gemeinde nunmehr bereit, die grundbuchmäßigen Absicherungen für ihre vorstehenden Rechte (Auflassungsvormerkung und Sicherungshypothek) bzgl. des jeweiligen Grundstücks gegen eine Bürgschaft des Bauträgers i. H. d. Aufzahlungssumme zur Löschung zu bringen. Dies soll geschehen, sobald mit den Erdarbeiten begonnen wurde (bzw. die Kellerdecke fertiggestellt wurde). Diese Bürgschaft ist dann bis zur endgültigen Fertigstellung der Doppelhaushälfte aufrechtzuerhalten.

II. Fragen
1. Falls eine Unter-Wert-Veräußerung erfolgt und diese mit den Bebauungsvorstellungen der Gemeinde gerechtfertigt wird: Verstößt die frühzeitige Aufgabe der Sicherung des Wiederkaufsrechts der Gemeinde gegen Art. 75 BayGO oder ist die Frage der Absicherung der gemeindlichen Aufgabenerfüllung zumindest nicht mehr von Art. 75 BayGO erfasst?

2. Ist im Fall der Zulässigkeit auch der frühzeitigen Aufgabe der Grundbuchrechte der Gemeinde die Aufzahlung des Bauträgers auf den Verkehrswert des Grundbesitzes zu begrenzen (zum Zeitpunkt des Verkaufs bzw. zum Zeitpunkt des ergebnislosen Ablaufs der vereinbarten Bebauungsfristen)?

III. Zur Rechtslage
Nach dem mitgeteilten Sachverhalt setzen wir, soweit es sich um eine Unter-Wert-Veräußerung nach Art. 75 BayGO handelt, voraus, dass keine nach Art. 107, 108 AEUV notifizierungspflichtige Beihilfe gegeben ist. Dabei ist unter anderem die De-Minimis-Verordnung zu beachten, wonach Beihilfen bis zu einem Betrag von 200.000 € innerhalb von drei Steuerjahren der EU-Kommission nicht angezeigt werden müssen. Stattdessen muss die Beihilfe gewährende öffentliche Stelle lediglich dem Unternehmen vorab die voraussichtliche Höhe der Beihilfe und deren Eigenschaft als „De-minimis-Beihilfe“ mitteilen.

1. Aufgabe von Sicherheiten bei Unter-Wert-Veräußerung
a) Erlaubter öffentlich-rechtlicher Zweck
Gemeinden dürfen Vermögensgegenstände in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußern, vgl. Art. 75 Abs. 1 BayGO. Veräußerungen unter Wert sind nur ausnahmsweise zulässig, wenn und soweit sie der Erfüllung kommunaler Aufgaben dienen. Da die unmittelbare Wirtschaftsförderung nicht zu den kommunalen Aufgaben gehört, sind Unter-Wert-Verkäufe grundsätzlich keine zulässigen Maßnahmen kommunaler Wirtschaftsförderung (BayVerfGH MittBayNot 2008, 412, 413). Zur bloßen Subventionierung des Bauträgers darf daher keine Unter-Wert-Veräußerung erfolgen. Wir unterstellen vorliegend daher, dass die Gemeinde dem Bauträger Pflichten zur Erfüllung einer zulässigen kommunalen Aufgabe, wie der Verfügbarmachung von Wohnraum für die ortsansässige, wenig begüterte Bevölkerung oder der Wohnraumförderung im weiteren Sinne, auferlegt und diesen einer Weitergabeverpflichtung an den Letzterwerber unterworfen hat. Insoweit handelt es sich um eine Tatfrage, die im Einzelfall geprüft werden muss; ohne Erfüllung einer kommunalen Aufgabe ist die Unter-Wert-Veräußerung nach Art. 75 Abs. 1 BayGO i. V. m. § 134 BGB nichtig.

b) Aufgabe der Sicherheiten
In der Bekanntmachung des Bayerischen Innenministeriums über die Veräußerung kommunaler Vermögensgegenstände vom 15.5.1992 (AllMBl 1992, S. 535) heißt es unter anderem unter 1.3, dass sich die Kommunen bei Veräußerungen unter Wert um eine ausreichende Sicherung bemühen müssen. In dieser Bekanntmachung wird auf 2.6 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über Veräußerungen und Vermietungen unter Wert durch Kommunen und kommunale Wohnungsunternehmen vom 15.11.1988 verwiesen (AllMBl. 1988 S. 895), wonach beispielhaft als Sicherungsmittel eine befristete Bauverpflichtung sowie ein dinglich gesichertes Wiederkaufsrecht der Gemeinde zum aufgezinsten Verkaufspreis in Betracht kämen.

Diese Ausführungen werden in der Literatur näher präzisiert, wobei eine Festlegung auf ein bestimmtes Sicherungsmittel zur Erfüllung gemeindlicher Zwecke nicht erfolgt. So heißt es in der Kommentierung von Bauer/Böhle/Ecker (Bayerische Kommunalgesetze, Std.: September 2018, Art. 75 BayGO Rn. 10), dass für die ausreichende Sicherung der Gemeinde „Baugebote, verbunden mit einem Wiederkaufsrecht der Gemeinde zum aufgezinsten Kaufpreis, oder Rückfallvereinbarungen für den Fall, dass der angestrebte Zweck nicht oder nicht mehr verfolgt wird“ in Betracht kommen.

Ähnlich kommentiert Schulz zu Art. 75 BayGO, dass die Zweckerreichung gesichert sein muss (Schulz, in: Schulz u. a., Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern, Std.: September 2018, Art. 75 BayGO Anm. 2.4.1); hierzu müsse dem Erwerber eine entsprechende Bindung in Form eines Rücktrittsvorbehalts, eines grundbuchrechtlich abgesicherten Rückkaufsrechts, eines Recht zur Nachforderung des Preisvorteils oder in Form ähnlicher Sichemungsmittel auferlegt werden (Schulz, Art. 75 BayGO Anm. 2.4.1)

Durch die Aufgabe der Vormerkung hinsichtlich des Wiederkaufsrechts und der Sicherungshypothek hinsichtlich der Aufzahlungsverpflichtung begibt sich die Gemeinde zweier Sicherungsmittel. Allerdings behält sie sich durch die Stellung einer Bankbürgschaft durch den Bauträger hinsichtlich der Aufzahlungsverpflichtung auch eine (Personal-)Sicherheit vor.

Zwar sind weder das Wiederkaufsrecht noch die Aufzahlungsverpflichtung bzgl. des Grundstücks gegenüber der Gemeinde für den Fall des Erwerbs durch den vormerkungsberechtigten Letztkäufer dinglich abgesichert. Stellt aber der Bauträger eine Bürgschaft als Personalsicherheit eines Dritten (z. B. eines inländischen Kreditinstituts), ist zumindest die Nachzahlung bei Ausfall des Bauträgers realisierbar.

Für die Zulässigkeit einer solchen Einbuße an Sicherungsmitteln käme es darauf an, ob nach dem Verbot der Unter-Wert-Veräußerung gem. Art. 75 Abs. 1 BayGO eine bestimmte Art der Absicherung zwingend vorgeschrieben ist. Art. 75 Abs. 1 S. 2 BayGO ordnet an, dass Vermögensgegenstände in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden dürfen. Nach Art. 75 Abs. 3 S. 2 BayGO ist die schenkweise Veräußerung von Gemeindevermögen in Erfüllung von Gemeindeaufgaben nicht verboten.

Aus dem Wortlaut der zitierten Normtexte ergibt sich der Zwang zu einer bestimmten Absicherung der öffentlichen Zwecksetzung nicht, weil das Gesetz sich insoweit nicht äußert. Auch bei systematisch-teleologischer Betrachtung des Art. 75 BayGO besteht kein Zwang zur Stellung einer konkreten Sicherheit durch den Erwerber. Art. 75 BayGO hat insgesamt zum Ziel, dass gemeindliches Vermögen nicht verschleudert wird und sich keine negativen Auswirkungen auf den kommunalen Haushalt ergeben („Erhaltung des Gemeindevermögens“: Hölzl/Hien/Huber, Bayerische Gemeindeordnung mit VGemO, LkrO, BezO, Std.: Mai 2018, Art. 75 BayGO Rn. 1; Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Std.: Februar 2019, Art. 75 BayGO Rn. 1). Allerdings ist eine Unter-Wert-Veräußerung immer dann zulässig, wenn die Gemeinde mit dieser einen öffentlich-rechtlichen Zweck verfolgt oder im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenerfüllung handelt. Dies ist aber vorliegend der Fall, wenn die Kommune mit Blick auf Art. 83 BV durch die Veräußerung von Grundstücken an einen Bauträger mit der Auferlegung von Baupflichten ihrer Aufgabe von Wohnungsbau und Wohnungsaufsicht nachkommt. Dem öffentlich-rechtlichen Zweck ist aber schon durch Absicherung mittels schuldrechtlichen Wiederkaufsrechts und Nachzahlungsklausel genügt. Man wird aus dem Verbot der Unter-Wert-Veräußerung nicht schließen können, dass die Gemeinde den öffentlichen Zweck mit den sichersten (und damit letztlich dinglichen) Instrumentarien verfolgen soll. Für die Frage der Ausgestaltung einer zweckmäßigen Sicherung wird der Gemeinde ein (wie auch immer rechtlich genau zu qualifizierender) Spielraum verbleiben müssen.

Es ergibt sich daher folgendes Bild: Weder die zitierten ministeriellen Bekanntmachungen noch die kommunalrechtlichen Quellen konzentrieren sich auf eine ganz bestimmte Art der Absicherung, sodass eine Unter-Wert-Veräußerung auch nur mit schuldrechtlichen Vereinbarungen ohne weitere Sicherheiten rechtmäßig ist. Deshalb dürfte das Risiko einer Nichtigkeit der Veräußerung an den Bauträger nach Art. 75 BayGO i. V. m. § 134 BGB gering sein, wenn die Gemeinde ihre dinglichen Sicherheiten gegen Stellung einer Bürgschaft für die Nachzahlungsklausel und unter Beibehaltung des nicht vormerkungsgesicherten Wiederkaufsrechts partiell aufgibt.

Allenfalls könnte man erwägen, einen Hinweis auf eine mögliche Unwirksamkeit der Veräußerung bei einem Verstoß gegen das Gebot der Unter-Wert-Veräußerung zu geben (§ 17 Abs. 2 BeurkG, wobei man eine diesbezügliche Amtspflicht eher nicht annehmen können wird).

2. Höhe der Nachzahlung bei subventioniertem Kaufvertrag
Bei Nachzahlungsklauseln ist zwischen mehreren Typen zu unterscheiden: Einerseits gibt es Mehrerlösklauseln, bei denen im Falle eines Verstoßes die Differenz zwischen dem seinerzeitigen Ankaufspreis und dem zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung erzielten Verkaufspreis (bzw. bei Bebauung zwischen Ankaufspreis und zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung aktuellen Verkehrswert des Grundstücks) zu zahlen ist (Hertel, in: Würzburger Notarhandbuch, 5. Aufl. 2018, Teil 6 Rn. 203). Andererseits existieren echte Aufzahlungsklauseln, aufgrund derer der Erwerber bei einem Verstoß die Differenz zwischen seinerzeitigem Verkehrswert und seinerzeitigem Kaufpreis nachzuzahlen hat (Hertel, Teil 6 Rn. 203).

Grundsätzlich ist die Vereinbarung von Nachzahlungsklauseln bei einem Verstoß gegen eine Bauverpflichtung möglich. Geht man von einem Kaufvertrag mit Preisvorteil für den Erwerber aus, so dürfte die Vereinbarung einer echten Aufzahlungsklausel im letztgenannten Sinne zulässig sein, da ihr einziger Zweck in der Abschöpfung der gewährten Subvention besteht (Hertel, Teil 6 Rn. 205).

Teilweise wird in der Literatur vertreten, dass eine Nachzahlungsklausel auch auf einen fixen Betrag festgelegt werden kann (Hertel, Teil 6 Rn. 207). Richtig ist dies nur bei der Aufzahlungsklausel, bei der der pauschale Betrag deckungsgleich mit der gewährten Subvention ist. Denn dann wird nur der gewährte Vorteil abgeschöpft.

Darüber hinaus dürfte die Festlegung eines Pauschalbetrags aber einerseits nicht zweckmäßig sein, weil bei einem erheblichen Anstieg der Bodenpreise nur ein Teil des gewährten Vorteils abgeschöpft wird (Hertel, Teil 6 Rn. 207). Andererseits ist zweifelhaft, ob ein pauschaler Zuzahlungsbetrag, der höher ist als eine gewährte Subvention, mit der jüngeren BGH-Rechtsprechung in Einklang zu bringen ist. Denn der BGH lehnt die Angemessenheit einer vorteilsunabhängigen Nachzahlungsklausel ab (BGH MittBayNot 2019, 81, 82 Rn. 13 m. Anm. Grziwotz). Zur Vermeidung von Grundstücksspekulationen dürfe sich der Zuzahlungsbetrag nur nach der tatsächlichen Bodenwertsteigerung bemessen (BGH MittBayNot 2019, 81, 82 Rn. 13).

Anders als im vorliegenden Fall (hier: wohl subventioniertes Rechtsgeschäft) ging es in der BGH-Entscheidung um einen nicht subventionierten Kaufvertrag zwischen Gemeinde und Erwerber. Zieht man allerdings das Argument heran, eine vorteilsunabhängige Einforderung von Nachzahlungen sei nicht zulässig (BGH MittBayNot 2019, 81, 82 Rn. 13), könnte man darauf schließen, dass Nachzahlungsklauseln generell nur vom Erwerber erlangte Vorteile abschöpfen dürfen. Dann aber wäre jede pauschale Nachzahlungsklausel unzulässig, die über den gewährten Preisvorteil hinausgeht.

Noch ist nicht klar, ob die Ausführungen des BGH auf subventionierte Kaufverträge übertragen werden können. Nach unserem Dafürhalten dürfte es jedoch keinen Unterschied machen, ob ein subventionierter oder ein nicht subventionierter Kaufvertrag in Rede steht. Eine Nachzahlungsklausel, die unabhängig von einem konkreten Vermögensvorteil beim Erwerber durchgreifen soll, ist nicht angemessen i. S. d. § 11 Abs. 2 S. 1 BauGB bzw. gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und hat eher Vertragsstrafen- als Gegenleistungscharakter (zu dieser Abgrenzung von Nachzahlungsklausel zur Vertragsstrafe: Hertel, Teil 6 Rn. 205).

Dies ändert freilich nichts daran, dass im Rahmen einer Nachzahlungsklausel auch künftige Bodenwertsteigerungen einbezogen werden können (BGH MittBayNot 2019, 81, 82 Rn. 13; Grziwotz, MittBayNot 2019, 83, 84). Die Verwendung eines den ggf. gewährten Preisvorteil überschießenden Pauschalbetrags dürfte dagegen nicht möglich sein (so letztlich auch Leidner, DNotZ 2019, 83, 90).

3. Ergebnis
Soweit der gemeindliche Zweck (Erfüllung einer kommunalen Aufgabe) durch ein nicht vormerkungsgesichertes Wiederkaufsrecht und eine durch Bürgschaft gesicherte Nachzahlungsklausel gesichert ist, dürfte trotz vorheriger Aufgabe dinglicher Sicherungen (Vormerkung, Sicherungshypothek) nach unserem Dafürhalten keine nichtige Unter-Wert-Veräußerung i. S. d. Art. 75 BayGO gegeben sein. Die Art und Weise der Sicherung öffentlich-rechtlicher Zwecke wird nämlich nicht zwingend vorgeschrieben.

Bei einer Nachzahlungsklausel in Form einer Aufzahlungsverpflichtung kann der gewährte „Rabatt“ zurückverlangt werden, im Übrigen kann sich eine Nachzahlungsklausel an der tatsächlich eingetretenen Bodenwertsteigerung orientieren.

Gutachten/Abruf-Nr:

169704

Erscheinungsdatum:

18.07.2019

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Öffentliches Baurecht
Kommunalrecht
AGB, Verbraucherschutz

Erschienen in:

DNotI-Report 2019, 105-108

Normen in Titel:

BGB § 307; BauGB § 11; BayGO Art. 75