13. November 2020
WEG § 5 Abs. 2; WEG § 5 Abs. 3; WEG § 10 Abs. 6

Beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu Gunsten einer Wohnungseigentümergemeinschaft; zwingendes Gemeinschaftseigentum; Sondereigentum

Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 180355
letzte Aktualisierung: 13. November 2020

WEG §§ 5 Abs. 2, Abs. 3, 10 Abs. 6 a. F.
Beschränkte persönliche Dienstbarkeit zu Gunsten einer Wohnungseigentümergemeinschaft;
zwingendes Gemeinschaftseigentum; Sondereigentum

I. Sachverhalt

An einem zu einer Sondereigentumseinheit gehörenden Kellerraum soll zu Gunsten der Eigentümergemeinschaft,
vertreten durch den Verwalter, eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit
(Recht zur Nutzung als Abstellraum für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) eingetragen
werden. Die Eigentümer möchten sich hierdurch das Verfahren der Umwandlung von
Sonder- in Gemeinschaftseigentum sparen. Diese Nutzung soll durch die beschränkte persönliche
Dienstbarkeit abgesichert werden.

II. Fragen

1. Erlaubt die (Teil-)Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft die Eintragung einer Dienstbarkeit
zu ihren Gunsten an Sondereigentum, das sich auf dem Gemeinschaftsgrundstück
befindet?

2. Kann dieser gemeinschaftlich genutzte Abstellraum Sondereigentum bleiben?

3. Bejahendenfalls: Welche Nachteile hat dieses Vorgehen gegenüber der Überführung von
Sonder- in Gemeinschaftseigentum?

III. Zur Rechtslage

1. Grundsätzliche Möglichkeit der Bestellung einer Dienstbarkeit zu Gunsten der
Wohnungseigentümergemeinschaft

Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist gem. § 10 Abs. 6 S. 1 WEG (in der bis zum
30.11.2020 geltenden Fassung) „im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums“ rechtsfähig. Sie kann also als Verband Rechte und Pflichten
erwerben. Die Eigentümergemeinschaft kann als Verband u. a. Wohnungs- und
Teileigentum in der Anlage selbst (OLG Celle NJW 2008, 1537; OLG Hamm NZM 2009,
914) oder bspw. Eigentum an einem Nachbargrundstück erwerben (OLG Hamm
MittBayNot 2010, 470). Der Begriff der „gesamten Verwaltung“ wird von der Rechtsprechung
grundsätzlich weit verstanden und umfasst alle Maßnahmen, die in tatsächlicher
oder rechtlicher Hinsicht für die Erhaltung, Sicherung, Verbesserung und gewöhnlichen
Nutzung des Gemeinschaftseigentums erforderlich sind oder die sich sonst als Aufgaben-
wahrnehmung zu Gunsten der Eigentümer verstehen lassen (vgl. BeckOK-WEG/M. A.
Müller, Std.: 1.8.2020, § 10 Rn. 416 m. w. N.). Hierzu dürfte zwanglos auch das Unterhalten
eines gemeinschaftlichen Abstellraums fallen, jedenfalls soweit dort Gegenstände abgestellt
werden, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentumsanlage dienen. Die
Frage der Reichweite der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft wird sich mit dem Inkrafttreten
des WEMoG zum 1.12.2020 erledigen. § 9a Abs. 1 S. 1 WEG n. F. wird lediglich noch
lauten: „Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann Rechte erwerben und Verbindlichkeiten
eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden.“ (vgl. BGBl. Teil I vom
22.10.2020, Seite 2187 ff.).

In konsequenter Fortführung der Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft
hat das Kammergericht jüngst entschieden, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft
auch Berechtigte einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit sein
kann (KG MittBayNot 2016, 31). Im konkret entschiedenen Fall war die Situation insofern
mit der vorliegenden vergleichbar, als Belastungsgegenstand der beschränkten persönlichen
Dienstbarkeit eine in der Wohnungseigentumsanalage belegene Sondereigentumseinheit
war. Die Wohnungseigentümergemeinschaft sollte befugt sein, in drei Abstellräumen (die
Sondereigentum waren) eine Übergabestation für den Anschluss an das Fernwärmenetz sowie
alle erforderlichen Anlagen zu errichten, zu haben und dauernd zu belassen (vgl. KG
MittBayNot 2016, 31). Der entscheidende Unterschied zum vorliegenden Fall dürfte sein,
dass die jeweiligen Sondereigentümer nur die Übergabestation in ihrem Sondereigentum zu
dulden hatten, während sie jeweils selbst zur Nutzung des restlichen Raumes befugt waren.
Wenn – wie hier – der gesamte Sondereigentumsraum der Wohnungseigentümergemeinschaft
zur Nutzung überwiesen werden soll, stellt sich die Frage, ob dieser Raum
überhaupt sondereigentumsfähig bleiben kann.

2. Sondereigentumsfähigkeit eines gemeinschaftlich genutzten Abstellraums
Gem. § 5 Abs. 2 WEG sind Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit
erforderlich sind, sowie Anlagen und Einrichtungen, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch
der Wohnungseigentümer dienen, nicht Gegenstand des Sondereigentums, selbst dann,
wenn sie im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume belegen sind. Die ganz h. M.
zählt zu den „dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienenden Anlage
und Einrichtungen“ auch einzelne Räume (BeckOK-WEG/Gerono/Leidner,
Std.: 1.8.2020, § 5 Rn. 28, Rn. 34; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl. 2018, § 5 Rn. 24, Rn. 17; vgl.
auch BGH NJW 1991, 2909; OLG Hamm NJW-RR 1992, 1296). Gem. § 5 Abs. 3 WEG
können die Wohnungseigentümer vereinbaren, dass Bestandteil des Gebäudes, die Gegenstände
des Sondereigentums sein können, zum gemeinschaftlichen Eigentum gehören. Eine
umgekehrte Möglichkeit, also eine Regelung dahingehend, dass gemeinschaftliche Anlagen /
Räume Sondereigentum werden, besteht hingegen nicht. Hieran ändert auch die anstehende
WEG-Reform nichts.

Erforderlich ist, dass die Räume dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, wobei maßgeblich
die Zweckbestimmung des Raumes ist, die grundsätzlich anhand der Teilungserklärung
und des Aufteilungsplans zu bestimmen ist (BeckOGK-WEG/Schultzky, Std.: 1.3.2020, § 5
Rn. 31). Die zwingende Zuordnung zum Gemeinschaftseigentum hängt also entscheidend
von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere davon, wie genau der Raum nach der
Zweckbestimmung im Aufteilungsplan genutzt werden soll. Von der Rechtsprechung bereits
entschieden wurde bspw. die Nutzung als Waschküche, die zwingend Gemeinschaftseigentum
darstellen soll (OLG Frankfurt a.M., ZWE 2008, 399), wohingegen solche Räume,
die über den notwendigen Bedarf hinaus gehen, der sich aus dem Interesse der Woh-
nungseigentümer an einem zweckgerechten Gebrauch der Wohnungen ergibt, kein zwingendes
Gemeinschaftseigentum sein soll (vgl. BeckOGK-WEG/Schultzky, § 5 Rn. 31). Ein
Fahrradabstellraum wird von der Literatur teilweise bspw. als zwingendes Gemeinschaftseigentum
eingeordnet (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020,
Rn. 2826).

Wird ein zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehörender Raum bei der Begründung von
Wohnungseigentum als Sondereigentum ausgewiesen, ist diese Regelung wegen Verstoßes
gegen § 5 Abs. 2 WEG i. V. m. § 134 BGB nichtig (BeckOGK-WEG/Schultzky, § 5 Rn. 40;
Hügel/Elzer, § 5 Rn. 19). Wird sie im Grundbuch dennoch vollzogen, indem das zwingende
Gemeinschaftseigentum einem Miteigentumsanteil als Sondereigentum zugewiesen wird,
entsteht eine inhaltlich unzulässige Eintragung (OLG München ZWE 2012, 487). Die Aufteilung
i. Ü. bleibt jedoch gem. § 139 BGB wirksam (Hügel/Elzer, § 5 Rn. 19).

Die Thematik, was mit dem Sondereigentum geschieht, wenn sich die Zweckbestimmung
nachträglich ändert, also ein Raum, der ursprünglich sondereigentumsfähig war, nun
zwingendes Gemeinschaftseigentum darstellen müsste, wird vor allem im Zusammenhang
mit der sog. „Vorflurproblematik“ erörtert. Bei der Aufteilung einer Wohnungseigentumseinheit
in mehrere Einheiten mit mehreren Zugängen entsteht in der Regel aus baulichen
Gründen zwingend eine gemeinschaftlich genutzte Fläche unmittelbar vor den Eingangstüren
(sog. „Vorflur“), über welche die Zugänge zu den neu geschaffenen Einheiten zu
erreichen sind (vgl. ausführlich Bärmann/Armbrüster, WEG, 14. Aufl. 2018, § 2 Rn. 106;
Röll DNotZ 1993,158 ff.; Gaier, in: FS Wenzel, 2005, S. 145 ff.; Rapp, MittBayNot 1996,
344 ff.). Nach zutreffender ganz h. M. bedarf die Überführung dieses Sondereigentums in
Gemeinschaftseigentum einer Auflassung in Form des § 4 Abs. 2 WEG (BayObLG DNotZ
1998, 379; Schöner/Stöber, Rn. 2976a) sowie der Eintragung in das Grundbuch. Dementsprechend
wäre auch die Mitwirkung sämtlicher Wohnungseigentümer erforderlich
(BayObLG DNotZ 1998, 379, 383; BayObLG DNotZ 1996, 660, 663; a. A. Gaier, in: FS
Wenzel, 2005, S. 145, 150). Ein ursprünglich im Sondereigentum stehender Raum kann also
nicht ohne entsprechende Auflassung und Mitwirkung sämtlicher Wohnungseigentümer
zum Gemeinschaftseigentum werden.

Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, stellt sich zunächst die Frage, ob
der Abstellraum überhaupt zwingend Gemeinschaftseigentum ist. Je nach genauer Nutzung
des Abstellraums würden wir diesen nur dann zum zwingenden Gemeinschaftseigentum
rechnen, wenn er für die Funktionsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft notwendig
ist. Diese Frage kann letztlich offenbleiben, denn auch wenn der Raum zwingend
Gemeinschaftseigentum gem. § 5 Abs. 2 WEG sein müsste, kann eine Nutzungsänderung auf
tatsächlicher Ebene nicht dazu führen, dass sich die sachenrechtlichen Verhältnisse (ohne
Erklärung der Auflassung) ändern (Rapp, MittBayNot 1996, 344, 350; a. A. Gaier, in: FS
Wenzel, 2005, S. 145, 150). Für diese Sichtweise spricht auch, dass § 5 Abs. 2 WEG nach
seiner systematischen Stellung nur die Gründungsphase der Wohnungseigentümergemeinschaft
betrifft (Rapp, MittBayNot 1996, 344, 350).

3. Auswirkungen auf die Bestellung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit

Zur Frage wie sich die Tatsache, dass es sich bei dem Raum um Gemeinschaftseigentum
handeln müsste, auf die Bestellung einer entsprechenden beschränkt persönlichen Dienstbarkeit
auswirkt, konnten wir keine ausdrücklichen Stellungnahmen in Literatur oder Rechtsprechung
ausfindig machen. Man könnte zunächst darüber nachdenken, ob eine entsprechende
beschränkte persönliche Dienstbarkeit wegen Verstoßes gegen § 5 Abs. 2 WEG
i. V. m. § 134 BGB unwirksam sein könnte. Dafür spricht, dass § 5 Abs. 2 WEG verhindern
soll, dass Räume, die dem gemeinschaftlichen Gebrauch dienen, in Form von Sondereigentum
von einem einzelnen Eigentümer gehalten werden. U.E. stellt jedoch § 5 Abs. 2 WEG
zwar zwingendes Recht und auch ein Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB dar, sodass grundsätzlich
sachenrechtliche Begründungsakte teilweise unwirksam sein können. Wir würden
jedoch nicht davon ausgehen, dass diese Norm auch die Begründung von Dienstbarkeiten
verhindern will. § 5 Abs. 2 WEG – also die sachenrechtliche Ebene – wird durch die
Begründung der Dienstbarkeit nicht modifiziert. Die dem Sondereigentümer zugewiesene
Raumeinheit bleibt dessen Sondereigentum. Letztlich wird durch die beschränkte persönliche
Dienstbarkeit ein Nutzungsrecht, das man auch mittels eines Mietvertrages hätte vereinbaren
können, verdinglicht. Diese Verdinglichung allein kann jedoch nicht dazu führen,
dass die Nutzungsüberlassung durch den Sondereigentümer an die Wohnungseigentümergemeinschaft
unwirksam ist. Auch die systematische Stellung des § 5 Abs. 2 WEG im ersten
Abschnitt „Begründung des Wohnungseigentums“ spricht dafür, dass die Norm nicht
generell abweichende Gestaltungen verhindern möchte.

Aufgrund fehlender Stellungnahmen in der Literatur und Rechtsprechung verbleibt natürlich
eine gewisse Rechtsunsicherheit, dass sich ein Gericht auf den Standpunkt stellt, es sei
an diesem Raum zwingend Gemeinschaftseigentum zu begründen. Es ist also in Betracht zu
ziehen, nach dem Prinzip des sichersten Weges die Umwandlung in Gemeinschaftseigentum
zu wählen. Hierzu müsste jedoch ermittelt werden, ob dies tatsächlich dem Willen der
Parteien entspricht (dazu sogleich).

Über die Frage hinaus erlauben wir uns zum Inhalt der Dienstbarkeit aufgrund jüngerer
Entwicklung in der Rechtsprechung Folgendes anzumerken: Entgegen früherer Stimmen in
der Literatur, die davon ausgingen, dass dem verpflichteten Eigentümer eine wirtschaftlich
sinnvolle Nutzung verbleiben muss (sog. materielle Abgrenzung, vgl.
MünchKommBGB/Mohr, 8. Aufl. 2020, § 1018 Rn. 31), hat der BGH kürzlich klargestellt,
dass die Dienstbarkeit vom Nießbrauch allein formal abzugrenzen ist. Entscheidend sei
alleine, ob dem Berechtigten eine umfassende Nutzungsbefugnis (ggf. unter Ausschluss einzelner
Nutzungen) oder nur einzelne Nutzungsmöglichkeiten eingeräumt werden (vgl. BGH
ZWE 2020, 328 Rn. 17). Wird vorliegend also allein eine Nutzung als Abstellraum durch die
Gemeinschaft gestattet, dürfte es auf die Frage, ob dem Eigentümer selbst eine sinnvolle
Nutzung verbleibt, nicht mehr ankommen.

4. Nachteile der Lösung mit einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit

Nachteilig an der Lösung über eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit ist zunächst, dass
die Dienstbarkeit erlischt, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst zum
Erlöschen kommt, also als Rechtsträger wegfällt. Ob dies allerdings wirklich im konkreten
Fall einen Nachteil darstellt, vermögen wir nicht zu beurteilen. Es ist bspw. denkbar, dass
auch das Interesse an der Dienstbarkeit bei Auflösung der WEG entfallen würde. Diese
Problematik wird – für den Fall der Vereinigung sämtlicher Wohnungseigentümer
Eigentumseinheiten in einer Hand – ebenfalls durch die WEG-Reform 2020 entschärft.
Denn danach wird die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband nicht mehr durch
das Vereinigen sämtlicher Wohnungseigentumseinheiten in einer Hand aufgelöst. Das
Gesetz erkennt vielmehr auch die „Ein-Personen-WEG“ an (vgl. BR-Drucks. 544/20, § 9a
Abs. 1 S. 2 WEG n. F.).

Entscheidender scheint jedoch folgender Unterschied zu sein: Wird das Eigentum an dem
Raum den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zugewiesen, so ist jeder Wohnungs-
eigentümer gem. § 13 Abs. 2 S. 1 WEG (= § 16 Abs. 1 S. 3 WEG n.F.) zum Mitgebrauch
des gemeinschaftlichen Eigentums berechtigt. Wird hingegen der Wohnungseigentümergemeinschaft
als Verband ein Nutzungsrecht eingeräumt, so ist die Wohnungseigentümergemeinschaft
selbst als rechtsfähiger Verband nutzungsberechtigt. Dem Verband steht dann
auch die Möglichkeit zur Aufgabe der Berechtigung aus der Dienstbarkeit – vertreten durch
den Verwalter – zu.

Gutachten/Abruf-Nr:

180355

Erscheinungsdatum:

13.11.2020

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

WEG

Normen in Titel:

WEG § 5 Abs. 2; WEG § 5 Abs. 3; WEG § 10 Abs. 6