12. August 2022
BeurkG § 39a; GBO § 137

Elektronische beglaubigte Abschrift; einfaches elektronisches Zeugnis; eingescannter papierner oder direkt elektronisch erzeugter Beglaubigungsvermerk

GBO § 137; BeurkG § 39a
Elektronische beglaubigte Abschrift; einfaches elektronisches Zeugnis; eingescannter papierner oder direkt elektronisch erzeugter Beglaubigungsvermerk

I. Sachverhalt
Zur Herstellung einer elektronisch beglaubigten Abschrift wird die Urschrift gescannt. Der Beglaubigungsvermerk („Bilddaten stimmen mit Urschrift überein“) wird dabei nicht originär digital „erzeugt“ und in die PDF-Datei eingefügt, sondern auf ein gesondertes Blatt gedruckt. Dieses Blatt wird zusammen mit der Papierfassung des unterschriebenen Texts gescannt. Im Ergebnis wird damit eine Datei erzeugt, die auf der letzten Seite eingescannt bereits den Beglaubigungsvermerk enthält. Sodann wird diese PDF-Datei qualifiziert signiert. Seitens des Grundbuchamtes wird nunmehr beanstandet, dass dieser Beglaubigungsvermerk nicht originär elektronisch erzeugt, sondern mitgescannt wurde. I. S. v. § 137 GBO dürfe es hier nicht zu einem sog. „Medienbruch“ kommen (so die Erläuterung des Grundbuchamts zur Zwischenverfügung). Der Inhalt des Beglaubigungsvermerks, die Signatur oder das Dateiformat selbst werden nicht beanstandet. Vorteil des gewählten Verfahrens ist, dass die erzeugte, zu signierende PDF-Datei zu keinem Zeitpunkt nach dem Scannen inhaltlich bearbeitet/geändert wird, wie etwa durch ein Einfügen des Signaturvermerks auf der letzten Seite der PDF-Datei.

Abwandlung: Die letzte Seite, die mitgescannt wird und den Beglaubigungsvermerk enthält, ist zusätzlich mit einem Abdruck des Farbdrucksiegels versehen.

II. Fragen
1. Ergibt sich aus den Vorschriften des Beurkundungsgesetzes oder der Grundbuchordnung, dass der Beglaubigungsvermerk originär elektronisch zu erzeugen und der gescannten PDF-Datei beizufügen ist?

2. Wenn nein, ist es bei einem gescannten Beglaubigungsvermerk schädlich, diesem einen Abdruck des Farbdrucksiegels beizufügen?

III. Zur Rechtslage
Für den elektronischen Grundbuchverkehr regelt § 137 Abs. 1 GBO im Hinblick auf den gem. § 29 Abs. 1 S. 1 GBO erforderlichen Nachweis, dass dieser durch ein mit einem einfachen elektronischen Zeugnis nach § 39a BeurkG versehenes elektronisches Dokument (§ 137 Abs. 1 S. 1 GBO) oder ein öffentliches elektronisches Dokument i. S. v. § 371 a Abs. 3 S. 1 ZPO (§ 137 Abs. 1 S. 2 GBO) geführt werden kann. Dabei führt § 137 GBO zu einer Funktionsäquivalenz von elektronischen Dokumenten und Papierdokumenten (BeckOK-GBO/Wilsch, Std.: 1.6.2022, § 137 Rn. 1; Winkler, 20. Aufl. 2022, § 39a Rn. 10 weist zu Recht darauf hin, dass es § 137 Abs. 1 GBO mit Blick auf § 39a BeurkG gar nicht bedürfte), sodass einfache elektronische Zeugnisse nach § 39a BeurkG den Vorgaben von § 29 GBO genügen, wenn diese auf Grundlage von öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunden errichtet wurden. Dabei stellt die elektronische Abschriftsbeglaubigung den praktischen Hauptanwendungsfall des einfachen elektronischen Zeugnisses nach § 39a BeurkG dar (BeckOK-BeurkG/Frohn, Std.: 1.11.2021, § 39a Rn. 11; Kruse, in: Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG, 8. Aufl. 2020, § 39a Rn. 21).

Es stellt sich nunmehr die Frage, ob es nach § 39a BeurkG zulässig ist, dass der Beglaubigungsvermerk zunächst papiergebunden erzeugt und sodann eingescannt wird (sofern im Übrigen sämtliche Voraussetzungen des § 39a BeurkG erfüllt sind) oder ob es erforderlich ist, dass der Beglaubigungsvermerk ausschließlich und direkt elektronisch erzeugt wird. Soweit ersichtlich, wird die Frage in der Literatur nur an zwei Stellen ausdrücklich erörtert. Nach Auffassung von Theilig (in: BeckOGK-BeurkG, Std.: 1.5.2022, § 39a Rn. 10-12) und Büttner (in: Büttner/Frohn/Seebach, Elektronischer Rechtsverkehr und Informationstechnologie im Notariat, 2019, Kapitel 2 Rn. 38 ff.) sind beide Vorgehensweisen gleichermaßen zulässig.

Wir halten diese Auffassung für überzeugend. Zunächst verhält sich der Wortlaut von § 39a BeurkG zu dieser Frage nicht (explizit), während die Norm zu anderen relevanten Eigenschaften einfacher elektronischer Zeugnisse detaillierte Vorgaben enthält (so zur qualifizierten elektronischen Signatur, § 39a Abs. 1 S. 2-5 BeurkG in der bis zum 31.7.2022 geltenden Fassung; zur Bestätigung der Notareigenschaft, § 39a Abs. 2 S. 1 BeurkG; dazu, dass das Zeugnis Ort und Tag der Ausstellung angeben soll, § 39a Abs. 2 S. 2 BeurkG). Insofern spricht der Wortlaut dafür, dass diese Frage dem Ermessen des Notars überantwortet sein soll.

Auch unter teleologischen Gesichtspunkten ist im Ergebnis kein Grund erkennbar, warum der Vermerk ausschließlich (direkt) elektronisch erzeugt werden können soll. Allenfalls könnte man einwenden, erst wenn das elektronische Dokument erzeugt ist, könne der Notar in diesem Moment feststellen, ob die Urschrift mit dem elektronischen Dokument übereinstimmt. Erst dann könne er dies in einem Vermerk bescheinigen. Das kann im Ergebnis jedoch nicht überzeugen. In der Sache geht es um die Übernahme der Gewähr für die Übereinstimmung. Wie diese Gewähr zum Ausdruck gebracht wird – ob in einem elektronisch erzeugten oder in einem gescannten Papierdokument – ist für das Ergebnis gleichgültig. Das Verfahren werden hierdurch nicht sicherer bzw. die Authentizität und Integrität der elektronisch beglaubigten Abschrift wird hierdurch nicht erhöht (s. zu diesen Funktionen der qualifizierten elektronischen Signatur BeckOGK-BeurkG/Theilig, § 39a Rn. 20; Integrität meint dabei die Gewährleistung, dass das Dokument nicht nach der Signatur verändert wurde, BeckOGKBeurkG/Theilig, § 39a Rn. 20). Die Authentizität der elektronisch beglaubigten Abschrift wird vielmehr durch Signatur und Notarattribut bestätigt. Die vom Notar gewählte Vorgehensweise ist in bestimmten Fällen zudem praktisch sinnvoller als die elektronische Erzeugung des Vermerks, nämlich in den Fällen, in denen der Notar sowohl eine beglaubigte Abschrift als auch eine elektronische beglaubigte Abschrift herstellen möchte. Der Vergleich mit der Papierwelt bestätigt das Ergebnis: Auch hier macht es keinen Unterschied, ob der Beglaubigungsvermerk handschriftlich erzeugt, gestempelt oder maschinell hergestellt wird. Entscheidend ist allein dessen Inhalt.

Es gilt daher Ähnliches wie für das zu beglaubigende Dokument selbst: Auch dieses kann entweder eingescannt oder direkt elektronisch erzeugt werden (BeckOK BeurkG/Frohn, § 39a Rn. 11; Kruse, § 39a Rn. 23; Strauß, MittBayNot 2007, 341, 342). Es kommt maßgeblich nämlich auf die inhaltliche Wiedergabe an (Kruse, § 39a Rn. 23; BeckOGK-BGB/Scheller, Std.: 1.2.2022, § 129 Rn. 30; LG Regensburg, RNotZ 2008, 306 f.; LG Chemnitz, MittBayNot 2007, 340). Es ist nicht ersichtlich, warum bezüglich des Beglaubigungsobjektes – der öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde – anders verfahren werden darf als in Bezug auf die Zeugnisleistung, den Beglaubigungsvermerk.

Vom vorliegenden Fall der Abschriftsbeglaubigung abzugrenzen ist der der „elektronischen Unterschriftsbeglaubigung“. Hier ist in der Tat umstritten, ob die Erstellung eines einfachen elektronischen Zeugnisses gem. § 39a BeurkG zur Beglaubigung einer Unterschrift mit Blick auf den damit verbundenen Medienbruch zulässig ist (dagegen BeckOGK-BeurkG/Theilig, § 39a Rn. 18; Kruse, § 39a Rn. 25; anders noch BeckOGK-BeurkG/Theilig, § 39a Rn. 11 in einer Vorauflage, Std.: 1.10.2022; umf. Gutachten DNotI-Report 2020, 113, 114). Diese Argumentation lässt sich u. E. nicht auf die elektronische Beglaubigung einer Abschrift übertragen. Das Beglaubigte, die „Abschrift“, kann nämlich unzweifelhaft direkt elektronisch erstellt werden (als PDF-Dokument o. ä.).

Mit Blick auf die zweite Frage ist u. E. für die Herstellung und Gültigkeit einer elektronischen Abschriftsbeglaubigung unschädlich, dass der notwendige und einzuscannende Zeugnisvermerk zugleich Siegel und Unterschrift des Notars enthält. Beides wäre zwar für die Herstellung einer elektronisch beglaubigten Abschrift nicht erforderlich; die Funktion von Siegel und Unterschrift wird durch Signatur und Notarattribut ersetzt (Kruse, § 39a Rn. 9; BeckOGK-BeurkG/Theilig, § 39a Rn. 3, 21). Das Vorhandensein im PDF-Dokument verfälscht aber den Aussagewert des Zeugnisvermerks einer elektronischen beglaubigten Abschrift nicht (anders wäre es möglicherweise, wenn Signatur und Notarattribut von einem anderen Notar stammten als das eingescannte Siegel und die eingescannte Unterschrift; da dies hier nicht der Fall ist, kann diese Frage aber offen bleiben).

Gutachten/Abruf-Nr:

190275

Erscheinungsdatum:

12.08.2022

Rechtsbezug

National

Erschienen in:

DNotI-Report 2022, 123-125

Normen in Titel:

BeurkG § 39a; GBO § 137