01. Januar 2005
GBO § 44; BGB § 1018

Zulässigkeit sogenannter Sammelbuchungen im Grundbuch

Deutsches Notarinstitut

DNotI
GUTACHTEN D o k u m e nt n u m m e r : l e t zt e A k t u a l i s i e r un g : 11411 31.08.2005 GBO § 44; BGB § 1018 Zulässigkeit so genannter Sammelbuchungen

I.

Sachverhalt Durch Eintragungsbewilligung wurde zu Lasten bestimmter Grundstücke je eine Grunddienstbarkeit zu Gunsten Flurstück 1 und 2 bewilligt. Eingetragen wurden diese Dienstbarkeiten jedoch unter einer lfd. Nummer wie folgt: ,,Grunddienstbarkeit ­ Recht, Regenwasser in die Rigole einzuleiten und diese mitzubenutzen und mitzubetreiben sowie Betretungsrecht ­ für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Gemarkung X Flur 1 Flurstück 1 Flur 1 Flurstück 2 hat Rang vor Abteilung II Nr. 2. Bezug: Bewilligungen vom 7.4.2005 und 7.6.2005 (Notar Y in T., UR.Nr. ... und UR.Nr. ...). Eingetragen am 19.7.2005" Der Rechtspfleger begründet das damit, dass die Eintragung unter einer Nummer nur eine Eintragungsgebühr auslöse, deshalb habe er diese billigere Variante gewählt. Im Übrigen handele sich, obwohl unter einer lfd. Nr. eingetragen, trotzdem um zwei selbständige Grunddienstbarkeiten, weil bei den mehreren berechtigten Grundstücken kein Beteiligungsverhätnis angegeben sei.

II. Frage Handelt es sich tatsächlich um zwei Dienstbarkeiten? Wenn nein, ist dann - trotz Widerspruch mit der Eintragungsbewilligung wenigstens eine Dienstbarkeit wirksam entstanden und wie ist der Fehler am einfachsten zu heilen? III. Zur Rechtslage Vorliegend hat der Grundbuchbeamte eine sog. Sammelbuchung vorgenommen. Grundsätzlich ist jedes selbständige Recht im Grundbuch unter einer besonderen Nummer einzutragen (BayObLGZ 1984, 252 = DNotZ 1985, 702 = 25. Aufl. 2005; Rpfleger 1985, 55; Demharter, GBO, 25. Aufl. 2005, § 44 Rn. 11). Ob eine Zusammenfassung mehrerer selbständiger Rechte unter einer oder mehreren Nummern, also eine Sammelbuchung, zulässig ist, ist streitig.
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1.

Begriff der Sammelbuchung Unter einer Sammelbuchung ist also die unmittelbare aufeinander folgende Eintragung mehrerer selbständiger Grundstücksrechte in derselben Abteilung eines Grundbuchblattes in einem einzigen, durch einen zusammenfassenden Schlussvermerk gekennzeichneten Eintragungsvermerk zu verstehen. Dieser einheitliche Vermerk wird demzufolge auch nur einmal am Schluss datiert und unterzeichnet, wobei sich Tagesangaben und Unterschrift(en) auf jedes einzelne der in dem Vermerk zusammengefassten Rechte beziehen. Dabei enthält jedes der zusammenfassend gebuchten Rechte entweder eine besondere lfd. Nr. oder die Rechte werden nur unter einer gemeinsamen lfd. Nr. (Spalte 1) eingetragen und evtl. mit Buchstaben a, b, c (oder wie hier numerisch) gekennzeichnet. Diese Kennzeichnung erfolgt dann in Spalte 3.

2.

Grundbuchrechtliche Zulässigkeit und materiell-rechtliche Wirkung a) Sammelbuchung materiell-rechtlich wirksam Eine solche Sammelbuchung wird grundsätzlich für zulässig erachtet (vgl. hierzu Bauer/v. Oefele/Knothe, GBO, 1999, § 44 Rn. 36; KEHE-Eickmann, Grundbuchrecht, 5. Aufl. 1999, § 44 Rn. 12, 13 und 15; Meikel/K. Ebeling, Grundbuchrecht, 9. Aufl. 2004, § 44 Rn. 47, 50, 52; Staudinger/Kutter, BGB, Neubearb. 2000, § 879 Rn. 54). Insbesondere löst eine solche Eintragung die Rechtsänderung gem. § 873 Abs. 1 BGB aus, ihr kommt zudem die Vermutungswirkung des § 891 BGB und die Publizitätswirkung der §§ 892, 893 BGB zu. Ein Verstoß gegen die Wirksamkeitsvoraussetzungen des § 44 Abs. 1 S. 2 Abs. 2 und S. 3 GBO liegt hier deshalb nicht vor, weil der zusammenfassende Schlussvermerk das Vorhandensein von nur einer Eintragung klarstellt und demzufolge dem Erfordernis der Unterzeichnung der Eintragung Genüge geleistet ist. Lediglich bei Eintragung mehrerer Rechte ohne einen solchen Vermerk und Unterzeichnung des letzten eingetragenen Rechtes wäre die Eintragung der davor verzeichneten Rechte unwirksam. Der Eintragungstext muss daher völlig zweifelsfrei ergeben, dass die Unterschriften und die Datierung sich auf alle Rechte erstrecken sollen. Nur dann deckt bei einer zulässigem Sammelbuchung die abschließende Unterschrift die Eintragungsvermerke aller Rechte (vgl. hierzu Bauer/v. Oefele/Knothe, § 44 Rn. 36; KEHE-Eickmann, § 44 GBO Rn. 12, 13 und 15; Meikel/K. Ebeling, § 44 Rn. 47, 50, 52; Staudinger/Kutter, § 879 BGB Rn. 54). Grundsätzlich haben bei Sammelbuchungen unter einer Nummer die mehreren Rechte Gleichrang, so dass eigentlich ein Gleichrangvermerk nicht nötig ist. Jedoch ist ein solcher Gleichrangvermerk zur Klarstellung ratsam (Meikel/Ebeling, § 44 Rn. 52; KEHE-Eickmann, § 45 Rn. 11; Steup, Grundbuchrang und Grundbuchvormerkung, 2004, Rn. 90; a. A. Staudinger/Kutter, § 879 Rn. 54, der der Ansicht ist, dass angesichts der Gleichrangigkeit der Eintragung die räumliche Reihenfolge trotz der Buchung unter einer Nummer entscheidend ist, sofern kein Rangvermerk eingetragen wurde).

Seite 3 Ist also eine Sammelbuchung erfolgt, so wird sie allgemein als materiell-wirksam angesehen; umstritten ist nur, ob ihre Vornahme wegen eines Verstoßes gegen grundbuchrechtliche Vorschriften ordnungswidrig und damit unzulässig ist. b) Grundbuchverfahrensrecht Während die zitierte Kommentarliteratur zum Grundbuchrecht die Eintragung auch nicht als grundbuchverfahrensrechtlich ordnungswidrig ansieht, sondern vielmehr die Buchung und Eintragungen in Abt. II unter einer lfd. Nr. und ohne Zusatz nach § 47 GBO sowie ohne Rangvermerk überwiegend hält (KEHEEickmann, Grundbuchrecht, § 44 Rn. 13 m. w. N.), ist Demharter anderer Ansicht. Er hält eine zusammenfassende Eintragung mehrerer selbständiger Rechte unter einer einzigen Nummer für ordnungswidrig, sofern sie nicht wie beim Altenteil (§ 49 GBO) vorgesehen ist (vgl. Demharter, § 44 GBO Rn. 11). Es findet sich keine Vorschrift, dass jedes selbständige Rechte gesondert im Grundbuch einzutragen und vor den folgenden Vermerken zu unterzeichnen ist. Nur aus den der Grundbuchverfügung in den Anlagen 1 bis 2b beigefügten Mustern lässt sich dies herleiten. Nach den §§ 22 S. 2, 31 GBVfg sind die in den Mustern befindlichen Probeeintragungen jedoch als Beispiele nicht Teil der Verfügung. Sie besitzen daher nicht den verbindlichen Charakter einer Rechtsverordnung. Letztlich ist also die Sammelbuchung eine reine Zweckmäßigkeitsfrage. Dies gilt u. E. auch bei der Sammelbuchung von mehreren Rechten für mehrere Beteiligte. Aber auch dies ist letztlich keine Rechtsmäßigkeitsfrage, sondern eine Zweckmäßigkeitsfrage. Insbesondere weisen jedoch die Kommentare darauf hin, dass zusammengefasste Buchungen mehrerer Neueintragungen vornehmlich ­ wie hier ­ in Abt. II praktiziert und anerkannt sind, während lediglich bei Neueintragungen in Abt. III Zurückhaltung geboten ist, weil bzgl. der einzelnen Rechte in Abt. III vielfältige Änderungseintragungen theoretisch denkbar und praktisch möglich sind. Dies sei Grund genug, eine Sammelbuchung von vornherein in Abt. III zu unterlassen (vgl. hierzu Meikel/K. Ebeling, § 44 GBO Rn. 50 f.; KEHE-Eickmann, Grundbuchrecht, § 44 GBO Rn. 13). 3. Ergebnis Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die zusammenfassende Buchung mehrerer Rechte unter einer Nr. für zulässig erachtet wird, d. h. dass sie sowohl die Rechtsfolge des § 873 Abs. 1 BGB bewirkt als auch dass sie grundbuchverfahrensrechtlich ordnungsgemäß erfolgen kann. Daher liegt u. E. eine wirksame Eintragung zweier selbständiger Grunddienstbarkeiten vor.

Gutachten/Abruf-Nr:

11411

Erscheinungsdatum:

01.01.2005

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Dienstbarkeiten und Nießbrauch
Grundbuchrecht

Normen in Titel:

GBO § 44; BGB § 1018