01. Januar 2007
BGB § 2033; BGB § 136; FlurbG § 53; BGB § 135; FlurbG § 52

Verfügungsverbot i. S. v. § 52 Abs. 3 FlurbG bei Erbanteilsübertragung

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GUTACHTEN 11471 19.01.2006

Dokumentnummer: letzte Aktualisierung:

FlurbG §§ 52, 53; BGB §§ 135, 136, 2033 Verfügungsverbot i. S. v. § 52 Abs. 3 FlurbG bei Erbanteilsübertragung

I. Sachverhalt Gesetzliche Erben eines Erblassers sind seine Ehefrau und seine Töchter geworden. Die Witwe hat ihren Erbanteil am Nachlass ihres Mannes an ihre Töchter in vorweggenommener Erbfolge übertragen und abgetreten. Zum Nachlass gehören mehrere Grundstücke, von denen einige folgendermaßen in Abt. II des Grundbuches belastet sind: ,,Verfügungsverbot bezüglich einer Teilfläche von ca. ... qm des Flurstücks ... zugunsten der Bundesrepublik Deutschland (Bundesstraßenverwaltung) gemäß § 52 Abs. 3 FlurbG aufgrund des Ersuchens des Amtes für Landesentwicklung und Flurneuordnung." Im Erbteilsabtretungsvertrag haben die Erwerber erklärt, die Grundstücksbelastungen und die sich daraus für den Eigentümer ergebenden Pflichten und Einschränkungen zur Duldung zu übernehmen. Das Grundbuchamt verlangt die Vorlage der Zustimmung des Berechtigten aus dem Verfügungsverbot. Denn es handele sich bei der Erbteilsübertragung um eine rechtsgeschäftliche Verfügung über den Erbteil, zu dem ggf. Grundeigentum gehört und zwar ein Gesamthandsanteil am selbigen. Ein Verfügungsrecht könne jedoch über das Eigentum, zu dem bereits ein Verzicht des Veräußerers wirksam geworden ist, nicht mehr gegeben sein. Zum Gesamthandsanteil könne demzufolge auch der hier verfügte Anteil am Grundstück nicht mehr gehören. II. Frage Bedarf die Erbanteilsübertragung aufgrund des eingetragenen Verfügungsverbotes gem. § 52 Abs. 3 FlurbG im Grundbuch einer Zustimmung des eingetragenen Berechtigten (d. h. der Bundesstraßenverwaltung)? III. Zur Rechtslage 1. Bestehen eines Verfügungsverbotes (§ 52 FlurberG, § 135 BGB)
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Grundsätzlich schließt die Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens, wie sich auch aus § 15 FlurbG ergibt, nicht aus, dass der Eigentümer auch während der Flurbereinigung über das Grundstück verfügt (BGH NJW 1964, 870; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl. 2004, Rn. 4032). Der Grundstückseigentümer kann ein im Flurbereinigungsgebiet liegendes Grundstück bis zum Inkrafttreten der Ausführungsanordnung veräußern oder belasten (Schöner/Stöber, Rn. 4032). Jedoch muss der Erwerber des Grundstücks gem. § 15 FlurbG das Ergebnis der Flurbereinigung gegen sich gelten lassen. Im Ausnahmefall besteht aber auch bei Maßnahmen aufgrund des Flurbereinigungsgesetzes eine Verfügungsbeschränkung. Dies ist nach den §§ 52, 53 FlurbG der Fall. § 52 FlurbG regelt den Verzicht auf die Landabfindung. Nach § 52 Abs. 1 FlurbG kann der Teilnehmer eines Flurbereinigungsverfahrens mit seiner Zustimmung statt in Land ganz oder teilweise in Geld abgefunden werden. Soweit seine Zustimmung unwiderruflich geworden ist, darf der Teilnehmer des Flurbereinigungsverfahrens, das Grundstück, für das er in Geld abzufinden ist, nicht mehr veräußern oder belasten (§ 52 Abs. 3 S. 1 FlurbG). Aufgrund der Regelung in § 52 Abs. 3 S. 2 FlurbG kann ein Verfügungsverbot i. S. v. § 135 BGB auf Ersuchen der Flurbereinigungsbehörde für die Teilnehmergemeinschaft oder zugunsten eines bestimmten Dritten in das Grundbuch eingetragen werden. Bei dem Verfügungsverbot nach § 52 Abs. 3 S. 1 FlurbG handelt es sich um ein relatives Verfügungsverbot i. S. v. § 135 BGB. Da es sich um ein relatives Verfügungsverbot handelt, ist die verbotswidrige Verfügung nur gegenüber dem Verbotsgeschützten unwirksam (statt aller: Palandt/Heinrichs, 66. Aufl. 2007, §§ 135, 136 BGB Rn. 6; Staudinger/Kohler, Bearb. 2003, § 135 BGB Rn. 89). Das Verfügungsverbot führt also nicht zu einem Verlust der Verfügungsbefugnis (BayObLG DNotZ 1997, 393; Staudinger/Kohler, § 135 BGB Rn. 91) und bewirkt auch keine Grundbuchsperre (RG RGZ 71, 38; Palandt/Heinrichs, §§ 135, 136 BGB Rn. 6; MünchKomm-BGB/Mayer-Maly/Armbrüster, BGB, 4. Aufl. 2001, § 135 Rn. 38). Eine gegen das Veräußerungsverbot verstoßende Verfügung ist also relativ unwirksam gem. §§ 135 BGB, 52 Abs. 3 S. 2 FlurbG. Das relative Verfügungsverbot entsteht, sobald der Verzicht unwiderruflich wird (Seehusen/Schwede, FlurbG, § 52 Rn. 7). Die Zustimmung des Teilnehmers (Verzicht) ist eine analog § 925 Abs. 2 BGB bedingungsfeindliche Willenserklärung (Seehusen/Schwede, § 52 Rn. 2). Sie kann nicht mehr widerrufen werden, wenn sie der Flurbereinigungsbehörde zugegangen oder ­ wie hier ­ in eine Verhandlungsniederschrift aufgenommen worden ist (§ 52 Abs. 2 S. 2 FlurbG). Gem. § 52 Abs. 2 S. 1 FlurbG bedarf die Zustimmung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform i. S. d. § 126 BGB. 2. Erforderlichkeit der Zustimmung Der Wortlaut des § 52 Abs. 3 S. 1 FlurbG erfasst die Erbanteilsübertragung nicht, da er sich nur auf die Veräußerung oder Belastung des mit dem Verfügungsverbot belasteten Grundstückes bezieht. Die gängigen Kommentare zum FlurbG (z. B. Seehusen/Schwede, 7. Aufl. 1997, zu § 52 FlurbG) bestätigen dieses Ergebnis nicht ausdrücklich. Es folgt aber aus der allgemeinen Erwägung, dass bereits öffentlich-rechtliche Genehmigungserfordernisse, die für die Übertragung einzelner Nachlassgegenstände bestehen, bei Erbanteilsübertragung nicht eingreifen. Ausnahmen bedürfen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (Palandt/Edenhofer, § 2033 Rn. 11; MünchKomm-BGB/Heldrich, 4. Aufl. 2004, § 2033 Rn. 19). Zudem ergibt sich dies u. E. aus einem Vergleich mit der Norm des § 2 GrdstVG. Dort ist ausdrücklich bestimmt, dass die Veräußerung eines Erbanteils an einen anderen als an einen Miterben der Veräußerung eines Grundstücks gleichsteht, mithin eine Genehmigung

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erforderlich ist, wenn der Nachlass im Wesentlichen aus einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb besteht. Eine dem § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrdstVG entsprechende Regelung, die die Veräußerung eines Erbanteils der Veräußerung von Grundstücken ausdrücklich gleichstellen würde, findet sich im FlurbG nicht. Selbst wenn der Rechtsgedanke des § 2 Abs. 2 Nr. 2 GrdstVG für § 52 Abs. 3 S. 1 FlurbG entsprechende Geltung beanspruchen würde, wäre auf dieser Grundlage die Genehmigungspflicht der Veräußerung von Erbanteilen nicht in weiterem Umfang zu bejahen als die Regelung des GrdstVG dies selbst vorsieht. Insofern wäre die Veräußerung eines Erbanteils unter Miterben nicht erfasst. Dies muss erst recht für die Frage der Übertragung eines Erbanteils unter Miterben bei eingetragenem Veräußerungs- und Belastungsverbot nach § 52 Abs. 3 FlurbG ­ wie im vorliegenden Fall ­ gelten. 3. Ergebnis Eine Genehmigung des Berechtigten ist u. E. daher nicht erforderlich. Dies gilt auch dann, wenn der Nachlass nur noch aus einem Grundstück besteht, da in der Erbanteilsübertragung keine Verfügung über ein Grundstück liegt (vgl. Schöner/Stöber, Rn. 962 m. Hinw. auf BayObLGZ 1967, 408 = Rpfleger 1968, 188 m. Anm. Haegele). Ausdrückliche Stellungnahmen zum FlurbG können wir jedoch nicht nachweisen.

Gutachten/Abruf-Nr:

11471

Erscheinungsdatum:

01.01.2007

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Erbteilsveräußerung

Normen in Titel:

BGB § 2033; BGB § 136; FlurbG § 53; BGB § 135; FlurbG § 52