Einziehung von Aktien beim Tod eines Aktionärs; Zwangsabtretung; Erfordernis der Kapitalherabsetzung; Nachfolgeregelung; Vorerwerbsrecht; Vorkaufsrecht
AktG §§ 237, 54, 55, 68 Abs. 2
Einziehung von Aktien beim Tod eines Aktionärs; Zwangsabtretung; Erfordernis der Kapitalherabsetzung; Nachfolgeregelung; Vorerwerbsrecht; Vorkaufsrecht
I. Sachverhalt
Die Satzung einer AG mit Namensaktien soll geändert werden. Es sollen folgende Regelungen eingefügt werden:
– Vorkaufsrecht,
– Einziehung beim Tod eines Aktionärs (ohne ausdrückliche Verpflichtung zur Kapitalherabsetzung),
– alternativ zur Einziehung eine Übertragungsverpflichtung.
Inhaltlich sollen die Regelungen also den üblichen Regelungen in einem GmbH-Gesellschaftsvertrag entsprechen.
II. Frage
Sind diese Regelungen in der Satzung einer AG zulässig?
III. Zur Rechtslage
1. Einziehung im Aktienrecht
Die Einziehung von Aktien und die Einziehung von GmbH-Geschäftsanteilen sind nur bedingt vergleichbar (vgl. MünchKommAktG/Oechsler, 5. Aufl. 2021, § 237 Rn. 42). Vor allem fällt die Regelung der Einziehung von Aktien deutlich komplexer aus. Zunächst soll daher ein Überblick über deren Grundstrukturen gegeben werden.
Im Unterschied zur Einziehung von Geschäftsanteilen setzt die Einziehung von Aktien grds. eine Kapitalherabsetzung voraus (Koch, AktG, 17. Aufl. 2023, § 237 Rn. 1). Die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien bildet die dritte Form der Kapitalherabsetzung (Koch, § 237 Rn. 1; vgl. auch Scholz, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 4, 5. Aufl. 2020, § 61 Rn. 5). Zur vereinfachten Einziehung s. u.
Die angeordnete Zwangseinziehung erfordert statutarisch definierte Einziehungsgründe, deren Beschaffenheit innerhalb der allgemeinen Schranken in das Belieben der Aktionäre gestellt ist (Grigoleit/Rieder, § 237 Rn. 17). Namentlich als Einziehungsgrund akzeptiert wird der Tod des Aktionärs (BeckOGK-AktG/Marsch-Barner/Maul, § 237 Rn. 12; Haberstock/Greitemann, in: Hölters/Weber, AktG, 4. Aufl. 2022, § 237 Rn. 18; Grigoleit/Rieder, § 237 Rn. 18; K. Schmidt/Lutter/Veil, AktG, 4. Aufl. 2020, § 237 Rn. 12). Hinsichtlich der gestatteten Zwangseinziehung kann die Satzung besondere Einziehungsgründe vorsehen (insoweit gilt dann das gleiche wie für die angeordnete Zwangseinziehung), muss es aber nicht (LG Stuttgart
Unter den Voraussetzungen des
2. Zwangsabtretung nach GmbH-Vorbild
Die Aktionäre sind in ihrem statutarischen Gestaltungsspielraum von vornherein viel stärker eingeschränkt als die GmbH-Gesellschafter. Während der GmbH-Gesellschaftsvertrag fast beliebig gestaltet werden kann, gilt für die AG-Satzung der Grundsatz der Satzungsstrenge (
3. Vorkaufs- oder Vorerwerbsrecht
Was Abtretungserschwerungen angeht, kennt das AktG nur die Vinkulierung von Namensaktien gem. § 68 Abs. 2 AktG (vgl. allg. zum Gestaltungsspielraum Heckschen/Weitbrecht,
Vorkaufs- oder Vorerwerbsrechte können nach überwiegender Meinung nicht in die Satzung aufgenommen werden (Kinzl, Gesellschaftervereinbarungen, 2021, § 80 Rn. 14; D. Mayer,
Diese Ansicht ist aber nicht unumstritten. Manche Stimmen plädieren für eine Zulässigkeit mit der Begründung, dass durch ein solches Recht die Veräußerung nicht erschwert werde (LG München I
4. Fazit
Im Ergebnis werden die Beteiligten lediglich auf die Zulässigkeit einer „einfachen“ Einziehungsregelung vertrauen können. Eine Satzungsänderung wird der Zustimmung aller betroffenen Aktionäre bedürfen (vgl. Henssler/Strohn/Galla, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl. 2021,
Allerdings bleibt es den Beteiligten grds. unbenommen, schuldrechtliche Nebenabreden – auch in Gestalt von Verfügungsbeschränkungen – untereinander zu treffen (vgl. Kinzl, § 80 Rn. 15; Cziupka/Kliebisch,
197778
Erscheinungsdatum:16.05.2023
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Aktiengesellschaft (AG)
Erschienen in: Normen in Titel:AktG § 55; AktG § 237