30. April 2019
EuGüVO Art. 23; HUP Art. 8; EuGüVO Art. 22; EGBGB Art. 17 Abs. 3

Rumänien: Ehevertrag deutsch-rumänischer Eheleute I.

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 169423
letzte Aktualisierung: 30. April 2019

EuGüVO Artt. 22, 23; HUP Art. 8; EGBGB Art. 17 Abs. 3
Rumänien: Ehevertrag deutsch-rumänischer Eheleute

I. Sachverhalt

Ein Deutscher und eine Rumänin wollen heiraten. Sie wohnen in Deutschland und möchten
hier auch in Zukunft bleiben. Nun soll ein Ehevertrag mit Regelungen zum Güterrecht, mit Unterhaltsverzicht
und mit Verzicht auf den Versorgungsausgleich geschlossen werden.

II. Fragen

Zur Frage, ob jeweils eine Rechtswahl zum deutschen Recht möglich sei und auch aus rumänischer
Sicht anerkannt werden würde.

III. Zur Rechtslage

1. Aus deutscher Sicht

a) Güterrecht

Da die Ehe nach dem 29.1.2019 geschlossen wird, findet aus deutscher Sicht die Europäische
Güterrechtsverordnung (Verordnung (EU) 2016/1103 vom 24.6.2016, im
Folgenden: EuGüVO ) Anwendung. Diese gilt auch dann, wenn die Ehegatten oder
wie hier einer von ihnen aus einem Mitgliedstaat stammen, der – wie Rumänien – nicht
an der EuGüVO teilnimmt und damit als Drittstaat gilt (vgl. Art. 20 EuGüVO).
Nach Art. 26 Abs. 1 lit. a EuGüVO unterliegen die güterrechtlichen Folgen der Eheschließung
dem Recht des Staates, in dem die Ehegatten ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen
Aufenthalt nach Eheschließung haben. Das führt hier zum deutschen
Recht. Das Güterstatut ist auch unter der EuGüVO grundsätzlich unwandelbar. Allerdings
kann das Gericht nach Art. 26 Abs. 3 EuGüVO auf Antrag eines Ehegatten das
Güterrecht eines anderen Staates anwenden, wenn die Ehegatten in diesem Staat erheblich
länger gelebt haben als in dem Staat, in dem sie ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen
Aufenthalt hatten, und wenn zusätzlich die Ehegatten auf die Anwendbarkeit des
Rechts dieses anderen Staates vertraut haben. Dies gilt jedoch wiederum nicht, wenn
die Ehegatten vor der Begründung ihres letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts
in diesem anderen Staat eine Vereinbarung über den ehelichen Güterstand
getroffen haben (Art. 26 Abs. 3 UAbs. 4 EuGüVO).

Möglich wäre auch eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts nach Art. 22
Abs. 1 lit. a EuGüVO, welche hier aber neben der objektiven Bestimmung nach Art. 26
EuGüVO wohl nur deklaratorische Bedeutung hätte. Die Rechtswahl wäre nach Art. 23
Abs. 2 EuGüVO i. V. m. §§ 1408 Abs. 1, 1410 BGB notariell zu beurkunden. Dies gilt
auch für den Ehevertrag im Übrigen nach Art. 25 Abs. 2 EuGüVO i. V. m. §§ 1408
Abs. 1, 1410 BGB.

b) Unterhaltsverzicht

Das Unterhaltsstatut bestimmt sich nach dem Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten
anzuwendende Recht v. 23.11.2007 (HUP). Gem. Art. 3 HUP unterliegt
der Unterhaltsanspruch dem Recht des Staates, in dem der Unterhaltsberechtigte seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hat. Danach würde für den Unterhalt – und zwar sowohl den
ehelichen als auch für den Trennungs- und Scheidungsunterhalt – das deutsche Aufenthaltsrecht
für beide Eheleute gelten, solange sie hier weiterhin leben. Ein Umzug
eines Ehegatten würde jedoch zu einem Wechsel des Unterhaltsstatuts führen (Art. 3
Abs. 2 HUP), denn das Unterhaltsstatut ist grundsätzlich wandelbar.

Die Anwendbarkeit des (neuen) Aufenthaltsrechts auf den Unterhalt zwischen geschiedenen
Ehegatten ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn die Beteiligten zu dem Recht
des Staates, in dem sie ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten, eine
engere Verbindung hatten und eine der Parteien dies geltend macht (Art. 5 HUP).
Das HUP kennt auch die Möglichkeit einer Rechtswahl. Danach können die Beteiligten
insbes. das Recht des Staates, dem einer von ihnen angehört (Art. 8 Abs. 1 lit. a HUP)
oder in dem eine der Parteien zum Zeitpunkt der Ausübung der Rechtswahl ihren gewöhnlichen
Aufenthalt hat, zum Unterhaltsstatut wählen (Art. 8 Abs. 1 lit. b HUP).

Damit könnte hier das deutsche Recht gewählt werden. Die Rechtswahl muss schriftlich
getroffen werden (Art. 8 Abs. 2 HUP). Erforderlich wäre eine Rechtswahl aber
wohl nur dann, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der gewöhnliche
Aufenthalt eines Ehegatten einmal ändert.

Für die Teilfrage, ob die unterhaltsberechtigte Person auf einen Unterhaltsanspruch
verzichten kann, ist hingegen gem. Art. 8 Abs. 4 HUP ungeachtet der Rechtswahl auf
das Recht des Staates abzustellen, in dem die berechtigte Person im Zeitpunkt der Ausübung
der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Leben beide also aktuell mit
Lebensmittelpunkt in Deutschland, so gilt insoweit zwingend deutsches Recht, und
zwar auch dann noch, wenn der Ehegatte später in einen anderen Staat umziehen sollte.

c) Verzicht auf Versorgungsausgleich

Das auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs anwendbare Recht bestimmt sich
nach Art. 17 Abs. 3 EGBGB. Danach kann ein deutsches Gericht einen Versorgungsausgleich
ausschließlich nach den Vorschriften des deutschen Rechts durchführen. Dieses
ist nach Art. 17 Abs. 3 S. 1 EGBGB immer dann anwendbar, wenn die Scheidung
nach den Vorschriften der Rom III‑VO nach den Regeln des deutschen materiellen
Scheidungsrechts durchzuführen ist und das Heimatrecht wenigstens eines Ehegatten
das Institut des Versorgungsausgleichs kennt.

Darüber hinaus verbleibt gem. Art. 17 Abs. 3 S. 2 EGBGB die Möglichkeit, dass einer
der Ehegatten einen einseitigen Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs
nach deutschem Recht stellt. Voraussetzung für die Durchführung ist dann, dass einer
der Ehegatten während der Dauer der Ehezeit Anrechte bei einem deutschen Versorgungsträger
erworben hat und dass nicht ausnahmsweise die Durchführung des Versorgungsausgleichs
der Billigkeit widerspricht. Ein zuverlässiger Ausschluss der Durchführung
des Versorgungsausgleichs nach deutschem Recht lässt sich daher ausschließlich
durch eine Vereinbarung auf materieller Ebene unter den Voraussetzungen der
§§ 6-8 VersAusglG erreichen.

2. Aus rumänischer Sicht

a) Güterrecht

Rumänien beteiligt sich nicht an der Verstärkten Zusammenarbeit, welche die Grundlage
für die Güterrechtsverordnungen bildet. Es gilt weiter das autonome rumänische
Kollisionsrecht.

Nach Art. 2590 Abs. 1 Noul Cod Civil (CC noul) ist aus der Sicht des neuen, seit dem
1.10.2011 geltenden rumänischen IPR als eheliches Güterstatut primär das Recht desjenigen
Staates berufen, welches die Eheleute durch eine Rechtswahl festgelegt haben.
Die Ehegatten können hiernach wählen zwischen dem Recht des Staates, auf dessen
Gebiet einer von ihnen zum Zeitpunkt der Wahl seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,
weiter dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit einer von ihnen zum Zeitpunkt
der Wahl hat sowie des Weiteren dem Recht des Staates, in dem der erste gemeinsame
gewöhnliche Aufenthalt nach Vollzug der Eheschließung begründet wird
(Art. 2.590 Abs. 2 rum. ZBG). Diese Rechtswahl kann vor dem Vollzug der Eheschließung,
bei der Eheschließung selbst oder auch während der Ehe vereinbart werden.

Hinsichtlich der Formvoraussetzungen genügt grundsätzlich die Beachtung des gewählten
Rechts. Jedenfalls muss die Wahl des anzuwendenden Rechts aber in einem datierten
und von den Eheleuten unterzeichneten Schriftstück ausgedrückt und festgestellt
werden oder aber unzweifelhaft aus den Klauseln der güterrechtlichen Vereinbarung
hervorgehen (Art. 2.591 Abs. 1, 2 rum. ZGB).

Mangels Rechtswahl ist nach Art. 2592 CC noul das Recht desjenigen Staates berufen,
welches auch für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgeblich ist, wobei nach
Art. 2589 CC noul die allgemeinen Wirkungen einer Ehe primär dem Recht des gemeinsamen
Aufenthaltes der Eheleute unterliegen (vgl. Berthold, in: Burandt/Rojahn,
Erbrecht, 2011, Rumänien, S. 1369; Oancea, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, 3. Aufl.
2017, Rumänien, Rn. 50). Dabei knüpft das rumänische IPR das eheliche Güterstatut
grds. beweglich an (Berthold, S. 1369; Oancea, Rn. 52). Damit verweist das rumänische
Recht auf das deutsche Recht, welches wie gesehen die Verweisung annimmt. Solange
also beide Ehegatten in Deutschland leben, ist deutsches Güterrecht anwendbar.

b) Unterhaltsrecht

Das Haager Unterhaltsprotokoll gilt in allen Staaten der EU mit Ausnahme Dänemarks
und des Vereinigten Königreichs. Es gilt also auch für Rumänien, sodass insoweit auf
die Ausführungen oben verwiesen werden kann.

c) Verzicht auf den Versorgungsausgleich

Das rumänische Familienrecht kennt keinen Versorgungsausgleich. Im Fall der Scheidung
hat der geschiedene Ehegatte keinen Anspruch auf die Rente bzw. einen Teil der
Rente des anderen. Er hat lediglich unter den Voraussetzungen des Art. 389 rum. ZGB
einen Unterhaltsanspruch bzw. einen Anspruch auf Ausgleichszahlung ggü. dem anderen
Ehegatten (Rieck/Barsan, Ausländisches Familienrecht, Länderbericht Rumänien,
Std.: März 2013, Rn. 26). Dementsprechend enthält das rumänische IPR auch keine
eigene Anknüpfungsnorm für den – im dortigen Sachrecht nicht existierenden – Bereich
des Versorgungsausgleichs. Rumänische Gerichte würden einen Versorgungsausgleich
aber mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht nach deutschem Recht durchführen.

Gutachten/Abruf-Nr:

169423

Erscheinungsdatum:

30.04.2019

Rechtsbezug

International

Normen in Titel:

EuGüVO Art. 23; HUP Art. 8; EuGüVO Art. 22; EGBGB Art. 17 Abs. 3