01. Januar 2001

Vertretung eines aufgelösten Schulverbandes

DNotI
Deutsches Notarinstitut Dokumentnummer: letzte Aktualisierung: 11191 09. März 1999

BaySchFG Art. 9 Vertretung eines aufgelösten Schulverbandes

Zur Frage, wie ein aufgelöster Schulverband im Rechtsverkehr vertreten wird. Ein solcher Schulverband ist noch als Eigentümer eines ehemaligen Schulhausgrundstückes im Grundbuch eingetragen. Dieses Grundstück soll nunmehr verkauft werden. Hierzu nehmen wir wie folgt Stellung: 1. Gesetzeslage: Rechtsgrundlage für Schulverbände waren, in zeitlicher Reihenfolge, folgende Gesetze: Schulaufsichtsgesetz vom 14.03.1938, BayGVBl 1938, 141; Schulverwaltungsgesetz vom 26.01.1961, GVBl. 1961, 35; Volksschulgesetz vom 17.11.1966, GVBl. 1966, 402; Schulfinanzierungsgesetz (BaySchFG) vom 24.07.1986, GVBl. 1986, 169, in der Fassung der Neubekanntmachung vom 07.07.1994 (GVBl. 1994, 728; abgedruckt in Ziegler/Tremel, Nr. 685).

Jedes Gesetz hat die vorangegangenen Gesetze, jedenfalls im Umfang der Regelung der Schulverbände, aufgehoben. Nach Art. 9 des BaySchFG entsteht ein Schulverband immer dann, wenn eine Volksschule für den Bezirk mehrerer Gemeinden errichtet wird. Der Schulverband ist kraft Gesetzes eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (Art. 9 Abs. 1 S. 2) und als solche eine juristische Person, die Inhaber von Rechten (insbesondere: Eigentum) und Pflichten sein kann. In dieser Hinsicht war die Rechtslage unter allen oben genannten Gesetzen identisch. a) Vorschriften über die Auflösung von Schulverbänden sind erstmals im Volksschulgesetz 1966 enthalten und in Art. 9 Abs. 11 BaySchFG 1986/1994 übernommen worden. Ein Auflösungsgrund ist dabei insbesondere die Auflösung der Verbandsschule. Nach Art. 9 Abs. 11 S. 3 BaySchFG besteht der Schulverband jedoch für die Zwecke der Abwicklung und Auseinandersetzung solange fort, bis die Abwicklung vollständig beendet ist. Im übrigen wird die Abwicklung nach Art. 9 Abs. 9 BaySchFG i. V. m. Art. 47 KommZG vorgenommen (zur Anwendung des KommZG bei der inhaltsgleichen Vorgängernorm im Volksschulgesetz 1966 siehe den Kommentar zum Volksschulgesetz 1966, Anm. 3 zu Art. 15 Volksschulgesetz). Geborener Liquidator ist somit nach Art. 47 Abs. 2 KommZG der bisherige Verbandsvorsitzende.

b) Im Schulverwaltungsgesetz 1938 war der Verbandsvorsitzende nach dessen Art. 1 Abs. 2 der Bürgermeister der Schulsitzgemeinde. Diese Regelung wurde bereits im Schulverwaltungsgesetz 1961 abgeschafft. Seitdem (von den Nachfolgegesetzen bis zum

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Seite 2 BaySchFG 1986/1994) wird der Schulverbandsvorsitzende durch Wahl der Schulverbandsversammlung bestellt (Art. 9 Abs. 5 BaySchlFG). Ein gesetzliches Vorrecht des Bürgermeisters der Schulsitzgemeinde besteht nur nach Art. 9 Abs. 6 S. 1 BaySchFG in dem Recht, die erstmalige Schulverbandsversammlung einzuberufen. 2. Wir unterstellen, daß der nach Art. 47 Abs. 2 KommZG geborene Liquidator nicht mehr greifbar ist. Art. 47 KommZG enthält für diesen Fall ebensowenig wie Art. 9 BaySchFG die Möglichkeit, daß durch gerichtliche Entscheidung ein Notliquidator (entsprechend §§ 29 BGB, 85 AktG) bestellt wird. Da für die Zwecke der Abwicklung jedoch der Schulverband als fortbestehend gilt, besteht zunächst die Möglichkeit, durch den Bürgermeister der Schulsitzgemeinde nach Art. 9 Abs. 6 S. 1 BaySchFG die Schulverbandsversammlung erneut einzuberufen, um in dieser Versammlung einen Liquidator zu bestellen. Möglicherweise kann auch die Rechtsaufsichtsbehörde im Wege der Ersatzvornahme für den Schulverband handeln. Nach Art. 9 Abs. 8 BaySchFG unterliegt der Schulverband der Rechtsaufsicht, bei kreisangehörigen Gemeinden als Schulverbandsmitgliedern dem Landratsamt, sonst der Regierung. Für die Rechtsaufsicht über Gemeinden, Landkreis und Bezirk besteht die Möglichkeit, daß bei tatsächlicher oder rechtlicher Verhinderung sämtlicher Bürgermeister die Rechtsaufssichtsbehörde für die Gemeinde handelt (Art. 114 Abs. 2 S. 2 GO; Art. 100 Abs. 2 Landkreisordnung; Art. 96 Abs. 2 Bezirksordnung). Daß gegenwärtig kein Liquidator vorhanden bzw. greifbar ist, wird man dem Fall der tatsächlichen Verhinderung sämtlicher vertretungsberechtigter Organe gleichstellen können. Damit halten wir eine Ersatzvornahme durch die übergeordnete Rechtsaufsichtsbehörde im Wege der Rechtsaufsicht für möglich. (Wir möchten aber darauf hinweisen, daß dieses Verfahren nicht praxiserprobt ist. Tel. Anfragen bei dem für die Rechtsaufsicht zuständigen Mitarbeiter der Regierung von Unterfranken haben ergeben, daß auch bei Auflösung kommunaler Zweckverbände sich Probleme einer ,,Nachtragsliquidation" bisher nicht gestellt haben.) 3. In praktischer Hinsicht möchten wir empfehlen, mit dem zuständigen Landratsamt bzw. der zuständigen Regierung als übergeordneter Aufsichtsbehörde zu sprechen, um insbesondere die Hintergründe der Auflösung des Schulverbandes aufzuklären. Soll zu einer Neubestellung eines Liquidators eine Verbandsversammlung einberufen werde, so müßten z. B. deren Mitglieder festgestellt werden. Schließlich muß auch der Fall ausgeschlossen werden, daß durch öffentlich-rechtlichen Zusammenschluß (=Gesamtrechtsnachfolge) ein anderer Verband an die Stelle des Schulverbandes getreten ist. Es könnte dabei auch ge klärt werden, ob die Rechtsaufsichtsbehörde zu der angesprochenen Ersatzvornahme bereit ist. Ein Handeln ausschließlich durch den ersten Bürgermeister der Schulsitzgemeinde halten wir jedenfalls für unzulässig, da insoweit die Vertretungsregelung für den Schulverband mit Gesetz aus dem Jahre 1961 umgestaltet wurde.

Gutachten/Abruf-Nr:

11191

Erscheinungsdatum:

01.01.2001

Rechtsbezug

National