01. Januar 2003
ErbbauRG § 2; BGB § 883; ErbbauRG § 31

Vormerkung zur Absicherung des Anspruchs auf Verlängerung eines Erbbaurechts

DNotI
Deutsches Notarinstitut

Dokumentnummer: letzte Aktualisierung:

11279 07.11.2002

ErbbauVO §§ 2, 31; BGB § 883 Vormerkung zur Absicherung des Anspruchs auf Verlängerung eines Erbbaurechts

I.

Sachverhalt und Frage In einem Erbbaurechtsvertrag wurde schuldrechtlich vereinbart (also nicht als Vorrecht gem. § 2 Nr. 6 ErbbauVO), dass der Erbbauberechtigte befugt ist, vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Dauer des Erbbaurechts eines Verlängerung des Erbbaurechts um bis zu 20 Jahre, höchstens für die voraussichtliche Standdauer des Gebäudes zu verlangen, und zwar zu den im aktuellen Erbbaurechtsvertrag vereinbarten Bedingungen. Zur Sicherung dieses Anspruchs wurde eine Vormerkung bestellt und zur Eintragung im Grundbuch bewilligt. Das Grundbuchamt lehnt die Eintragung der Vormerkung ab. Seiner Ansicht nach wäre, würde der Erbbauberechtigte von der Verlängerungsmöglichkeit Gebrauch ma chen, die Verlängerung des Erbbaurechts auf die voraussichtliche Standdauer des Erbbaurechts eine unzulässige Bedingung nach § 1 Abs. 4 ErbbauVO. Die Verlängerungsmöglichkeit stellt nach Meinung des Grund buchamtes darüber hinaus kein Recht auf Erneuerung, sondern eine Inhaltsänderung dar, die nicht in Abt. II des Erbbaugrundbuchs, sondern nur in der Veränderungsspalte des Erbbaurechts gesichert werden kann.

II. Zur Rechtslage 1. Vorrecht auf Erneuerung des Erbbaurechts Unproblematisch handelt es sich bei der vorliegenden Vereinbarung nicht um die Einräumung eines Vorrechts für den Erbbauberechtigten auf Erneuerung des Erbbaurechts nach dessen Ab lauf i. S. der §§ 2 Nr. 6, 31 ErbbauVO, welches zum dinglichen Inhalt des Erbbaurechts gehört, weil das Vorrecht auf Erneuerung nur ausgeübt werden kann, sobald der Eigentümer mit einem Dritten einen Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechts an dem Grundstück geschlossen hat (§ 31 Abs. 1 S. 1 ErbbauVO), was hier als Voraussetzung nicht vorgesehen ist. Wegen der Abhängigkeit der Ausübung des Vorrechts auf Erneuerung des Erbbaurechts von dem Abschluss eines Vertrages zwischen dem Grundstückseigentümer und einem Dritten über die Bestellung eines Erbbaurechts hat dies ohnehin so gut wie keine praktische Bedeutung (Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 4. Aufl. 2002, Rn. 173 m. w. N.). 2. Schuldrechtliche Vereinbarung über Verlängerung des Erbbaurechts a) Vorliegend handelt es sich vielmehr um eine schuldrechtliche Vereinbarung über die Verlängerung des Erbbaurechts, welche allgemein als zulässig angesehen wird (Böttcher, Rn. 174a; Eichel, in: Beck'sches Notar-Handbuch, 3. Aufl. 2000, A IV Rn. 63 m. Formulierungsbeispiel; König, MittRhNotK 1989, 261, 263; v. Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, 3. Aufl. 2002, Rn. 4.154; Schulte,
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Seite 2 BWNotZ 1961, 315, 322). Konstruktiv kann diese schuldrechtliche Vereinbarung als (zweiseitiger) Vorvertrag oder als (zweiseitiger) Optionsvertrag ausgestaltet werden (König, MittRhNotK 1989, 261, 263, der jedoch selbst Optionsverträge aus grundsätzlichen Erwägungen heraus für unzulässig hält); zusätzlich kommt auch ein (einseitiges) langfristiges Angebot des Grundstückseigentümers (sog. Festofferte) auf Abschluss des Verlängerungsvertrages in Betracht (König, MittRhNotK 1989, 261, 263). Nach der Ansicht von v. Oefele/Winkler und von Schulte geht der Anspruch aus dem Vorvertrag/dem Optionsvertrag/der Festofferte inhaltlich auf die Neubestellung eines von dem alten Erbbaurecht zu unterscheidenden, wenn auch inhaltsgleichen neuen Erbbaurechts (v. Oefele/Winkler, Rn. 4.154: ,,Anspruch auf Einräumung eines dinglichen Rechts"; Schulte, BWNotZ 1961, 315, 322: ,,Anspruch auf Neueinräumung eines dinglichen Rechts"). Unseres Erachtens kann der Anspruch aber inhaltlich ebenso auf die eigentliche Verlängerung des bestehenden Erbbaurechts gerichtet sein (wie hier Eichel, A IV Rn. 63: ,,Verlängerung bzw. Neubestellung"), bei der es sich juristisch um eine Inhaltsänderung des bestehenden Erbbaurechts handelt (BGH NJW 1981, 1045, 1046; BayObLG DNotZ 1960, 540, 544; v. Oefele/Winkler, Rn. 5.223 m. zahlr. w. N.). In beiden Fällen, d. h. Neubestellung oder Verlängerung (Inhaltsänderung), kann der Anspruch gem. § 883 Abs. 1 S. 1 BGB durch Vormerkung gesichert werden, denn es handelt sich um eine ,,Einräumung" bzw. ,,Änderung des Inhalts" i. S. dieser Vorschrift. Unschädlich für die Sicherung des Anspruchs durch Vormerkung ist dabei auch die Tatsache, dass es sich ­ je nach Ausgestaltung ­ um einen künftigen oder bedingten Anspruch handelt, denn solche Ansprüche können gem. § 883 Abs. 1 S. 2 B GB zumindest dann durch Vormerkung gesichert werden, wenn das Entstehen des Anspruchs bzw. der Bedingungseintritt nur vom Willen des Anspruchsgläubigers abhängt (BGHZ 134, 182, 184 = DNotZ 1997, 720, 721; Staudinger/Gursky, BGB, 13. Bearb. 1996, § 833 Rn. 120, 124; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 12. Aufl. 2001, Rn. 1489). Sofern der (bedingte bzw. künftige) Anspruch auf Verlängerung, d. h. Inhaltsänderung, des Erbbaurechts gerichtet ist, ist allerdings zu beachten, dass dieser Anspruch durch Einigung über die Inhaltsänderung und Eintragung der Inhaltsänderung in das Grundbuch bis zum Erlöschen des Erbbaurechts erfüllt sein muss, denn eine Verlängerung (Inhaltsänderung) eines Rechts ist begrifflich nur denkbar, solange das Recht noch existiert (v. Oefele/Winkler, Rn. 5.223). b) Vor diesem Hintergrund sind u. E. die Bedenken des Grundbuchamtes unbegründet. Denn um eine unzulässige Bedingung gem. § 1 Abs. 4 ErbbauVO kann es sich bei der Vereinbarung schon deshalb nicht handeln, weil sie sich nicht unmittelbar auf das dingliche Erbbaurecht selbst bezieht, sondern es sich lediglich um eine schuldrechtliche Vereinbarung handelt, die nach Geltendmachung des Verlängerungsverlangens durch den Erbbauberechtigten noch dinglich vollzogen werden muß. Aus demselben Grund und weil ­ wie oben schon dargelegt ­ das Recht des Erbbauberechtigten von dem Ab schluss eines Vertrages zwischen dem Eigentümer mit einem Dritten über die Bestellung eines Erbbaurechts an dem Grundstück völlig unabhängig ist, kann es sich auch nicht um ein Vorrecht auf Erneuerung des Erbbaurechts i. S. der §§ 2 Nr. 6, 31 ErbbauVO handeln. Was die Eintragung der Vormerkung zur Sicherung des schuldrechtlichen Anspruchs im Grundbuch anbelangt, ist u. E. wie folgt zu differenzieren: Geht der Anspruch inhaltlich auf die Neubestellung eines neuen, wenn auch inhaltsgleichen Erbbaurechts, so ist die Vormerkung in die 3. Spalte der II. Abteilung des Grundstücksgrundbuchs einzutragen (§ 12 Abs. 1b i. V. m. § 10 Abs. 1a, Abs. 4 GBV).

Seite 3 Richtet sich der Anspruch dagegen inhaltlich auf die Verlängerung (Inhaltsänderung) des bestehenden Erbbaurechts, so ist die Vormerkung in die 5. Spalte der II. Abteilung des Grundstücksgrundbuchs einzutragen (§ 12 Abs. 1c i. V. m. § 10 Abs. 1a, Abs. 4 GBV), denn die Eintragung im Grundstücksgrundbuch (und nicht im Erbbaugrundbuch) ist für die Änderung der Dauer des Erbbaurechts konstitutiv (v. Oefele, in. MünchKomm-BGB, 3. Aufl. 1997, § 14 ErbbauVO Rn. 2; Schöner/Stöber, Rn. 1725), was auch für die entsprechende Vormerkung gilt (Schöner/Stöber, Rn. 1729; s. auch Rn. 1855-1859). c) Hinzuweisen ist noch darauf, dass nach wohl allgemeiner Meinung eine Vereinbarung, wonach sich ein zunächst zeitlich befristetes Erbbaurecht um einen ebenfalls fest bestimmten Zeitraum verlä ngert, wenn es nicht zuvor ,,gekündigt" wird, dinglicher Inhalt des Erbbaurechts sein kann, weil es sich nicht um eine auflösende Bedingung i. S. d. § 1 Abs. 4 ErbbauVO handelt, sondern diese Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung nahe steht (BGH NJW 1969, 2043, 2046; König, MittRhNotK 1989, 261, 262; v. Oefele/Winkler, Rn. 2.143). Hiernach dürfte auch eine Vereinbarung, wonach sich das Erbbaurecht automatisch um eine genau festgelegte Frist verlängert, wenn der Erbbauberechtigte (oder der Eigentüme r) dies bis zu einer gewissen Zeit vor Ablauf des Erbbaurechts verlangt, als dinglicher Inhalt des Erbbaurechts zulässig sein, weil der BGH (a. a. O.) aufschiebende Bedingungen bei Erbbaurechten generell für zulässig erklärt hat (König, MittRhNotK 1989, 261, 262 f.). Eine derartige Vereinbarung als dinglicher Inhalt des Erbbaurechts dürfte jedoch im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommen, weil die Zeitdauer der Verlängerung in erster Linie von der voraussichtlichen Standdauer des Gebäudes abhängt und damit nicht von vornherein genau festgelegt ist.

Gutachten/Abruf-Nr:

11279

Erscheinungsdatum:

01.01.2003

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vormerkung
Erbbaurecht

Normen in Titel:

ErbbauRG § 2; BGB § 883; ErbbauRG § 31