11. Juni 2021
MaßnG-GesR § 6 Abs. 1; WEG § 26

Verwalternachweis: Fortbestehen des Verwalteramts sowie Entbehrlichkeit eines Nachweises über die unterbliebene Abberufung bzw. unterbliebene Amtsniederlegung

MaßnG-GesR § 6 Abs. 1; WEG § 26
Verwalternachweis: Fortbestehen des Verwalteramts sowie Entbehrlichkeit eines Nachweises über die unterbliebene Abberufung bzw. unterbliebene Amtsniederlegung

I. Sachverhalt
Nach dem Versammlungsprotokoll einer Wohnungseigentümergemeinschaft wurde der Verwalter bis zum 31.12.2020 bestellt. Dieser erteilte im Januar 2021 die erforderliche Zustimmung zu einem Kaufvertrag. Die Eigentumsumschreibung beim Grundbuch wurde unter Vorlage der Zustimmungserklärung und unter Beifügung des Beschlussprotokolls über die Bestellung des Verwalters beantragt. Das Grundbuchamt verlangt nun eine Bestätigung des Verwalters in öffentlicher Form, dass er nicht abberufen und kein neuer Verwalter bestellt wurde.

II. Frage
Kann das Grundbuchamt diesen Nachweis verlangen?

III. Zur Rechtslage
1. Fortbestehen der Verwalterbestellung
Gem. Art. 2 § 6 Abs. 1 des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27.3.2020 (BGBl. I Nr. 14, S. 569 – im Folgenden „COVID-19-G“, Art. 2 des Gesetzes im Folgenden „MaßnG-GesR“) bleibt der Verwalter i. S. d. Wohnungseigentumsgesetzes bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt. Gem. Art. 6 Abs. 2 COVID-19-G gilt die Regelung bis zum 31.12.2021 (Staudinger/Jacoby, WEG, 2018, § 26 Rn. 114.3). Die Regelung soll einen Zustand der „Verwaltungslosigkeit“ verhindern, da der Gesetzgeber für die Wohnungseigentümergemeinschaften – im Gegensatz zu verschiedenen anderen Verbandsformen – keine Erleichterung für die Durchführung von Versammlungen geschaffen hat (ausf. MünchKommBGB/Cziupka, 8. Aufl. 2020 – Online-Aktualisierung vom 4.5.2020, § 26 WEG Rn. 23a ff.).

2. Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt
Da sich die Rechtsfolge des § 6 Abs. 1 MaßnG-GesR unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, dürfte kein gesonderter (erneuerter) Nachweis der Verwaltereigenschaft gegenüber dem Grundbuchamt erforderlich sein. Der „abgelaufene“ Verwalternachweis muss dementsprechend genügen, da aus ihm ersichtlich ist, dass der Verwalter (im vorliegenden Fall bis nach Inkrafttreten des § 6 MaßnG-GesR am 28.3.2020) im Amt war. Es stellt sich dementsprechend lediglich die aufgeworfene Frage, ob dem Grundbuchamt gegenüber auch ein Nachweis zu erbringen ist, dass der Verwalter nicht abberufen wurde und kein neuer Verwalter bestellt wurde.

Die Frage gewinnt zwar durch § 6 Abs. 1 MaßnG-GesR an Aktualität, sie stellt sich aber außerhalb der vorgenannten Norm auch für § 26 Abs. 1 WEG in gleichem Maße. Denn auch bei jedem anderen Verwalternachweis wäre es möglich, dass der Verwalter zwischenzeitlich gem. § 26 Abs. 1 WEG abberufen wurde. Nach Inkrafttreten des WEMoG gilt dies umso mehr, da nach neuem Recht die Beschränkung der Abberufung auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht mehr möglich ist. Eine Abberufung des Verwalters kann dementsprechend jederzeit erfolgen (Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 454; Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kap. 9 Rn. 1; Riecke, in: Skauradszun/Elzer/Hinz, Die WEG-Reform 2020, § 1 Rn. 85; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 26 Rn. 146; Palandt/Wicke, BGB, 80. Aufl. 2021, § 26 WEG Rn. 13).

Für die Rechtslage vor Inkrafttreten des WEMoG nahm die Rechtsprechung an, dass das Grundbuchamt grundsätzlich vom Fortbestand des Amtes für die vorgesehene Zeit bzw. bis zum Ablauf der gesetzlichen Höchstfrist ausgehen darf (BayObLG NJW-RR 1991, 978, 979; OLG Oldenburg DNotZ 79, 33; Hügel/Elzer, WEG, 3. Aufl. 2021, § 26 Rn. 183; MünchKommBGB/Engelhardt, 8. Aufl. 2020, § 26 WEG Rn. 86). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn das Grundbuchamt konkrete Anhaltspunkte hat, dass die Verwalter­bestellung vorzeitig beendet wurde (LG Wuppertal MittRhNotK 1982, 207, 208). Dies­bezüglich dürfte sich auch durch das WEMoG keine abweichende Beurteilung ergeben.

Letztlich handelt es sich bei der Nicht-Abberufung bzw. der Nicht-Neubestellung um sog. negative Tatsachen, für die es schon aus zwingend logischen Gründen keinen Nachweis in der Form des § 29 GBO geben kann. In Betracht käme allenfalls eine Erklärung der Beteiligten in der Form des § 29 GBO, die aber ohnehin nur eingeschränkten Beweiswert haben kann. Das Gesetz enthält in § 26 Abs. 4 WEG zudem gerade eine Erleichterung von § 29 Abs. 1 S. 2 GBO. Die Norm sieht jedoch ausdrücklich nur einen Nachweis für den Bestellungsbeschluss vor, nicht aber ein Erfordernis, dass auch die Nicht-Abberufung bzw. Nicht-Neubestellung nachzuweisen wäre. Für solche „negativen Tatsachen“ bejaht die Rechtsprechung auch in sonstigen Fällen Erleichterungen, da ein Nachweis in der Form des § 29 GBO gerade nicht möglich ist (ausf. Völzmann, RNotZ 2012, 380 ff.; Meikel/Hertel, GBO, 12. Aufl. 2020, § 29 Rn. 652 ff.; BeckOK-GBO/Otto, Std. 1.2.2021, § 29 Rn. 31 jeweils m. w. N.). In vielen Fällen wird zwar als Ersatz für den nicht erbringbaren Nachweis in öffentlicher Urkunde eine eidesstattliche Versicherung gefordert (Meikel/Hertel, GBO, 12. Aufl. 2020, § 29 Rn. 653). Dies bedeutet jedoch nicht, dass stets für jede negative Tatsache eine solche Versicherung erforderlich ist. Denn grundsätzlich kann das Grundbuchamt von einem üblichen Verlauf der Dinge ausgehen, wenn Anhaltspunkte für eine abweichende Sachlage fehlen.

So sehen es konkret für § 6 Abs. 1 MaßnG-GesR auch Wälzholz/Bayer (DNotZ 2020, 285, 308) sowie Böhringer (RPfleger 2021, 22, 23), die – soweit ersichtlich – beiden einzigen Literaturfundstellen, die sich bislang mit der Thematik auseinandersetzen und im Ergebnis u. E. aus den vorgenannten Gründen überzeugen.

3. Ergebnis
Nach unserem Dafürhalten ist dementsprechend nach allgemeinen Grundsätzen ein Beweis der „negativen Tatsachen“ der Nicht-Abberufung und Nicht-Neubestellung nicht erforderlich. Eine Versicherung in der Zustimmungserklärung durch den Verwalter ist u. E. entbehrlich, aber auch unschädlich. Sie kann ohnehin nicht den Beweis darüber erbringen, dass der Verwalter tatsächlich nicht abberufen wurde. Wir möchten jedoch abschließend darauf hinweisen, dass zu dieser konkreten Frage bislang noch keine Rechtsprechung vorliegt.

Gutachten/Abruf-Nr:

183872

Erscheinungsdatum:

11.06.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

WEG

Erschienen in:

DNotI-Report 2021, 92-93

Normen in Titel:

MaßnG-GesR § 6 Abs. 1; WEG § 26