Adoption einer Volljährigen mit den Wirkungen der Minderjährigenannahme; Zulässigkeit der Stiefkindadoption nach Geschlechtsumwandlung des Ehemanns
BGB §§ 1772 Abs. 1 S. 1 lit. c, 1741 Abs. 2 S. 3; TSG § 8
Adoption einer Volljährigen mit den Wirkungen der Minderjährigenannahme; Zulässigkeit der Stiefkindadoption nach Geschlechtsumwandlung des Ehemanns
I. Sachverhalt
Herr NN wurde als dem männlichen Geschlecht zugehörig angesehen und trug den Vornamen B. Im März 2009 heiratete er Frau C NN.
Am 27.1.2017 beschloss das Amtsgericht auf der Grundlage des Transsexuellengesetzes (TSG), dass B NN fortan den Vornamen A trägt und als dem weiblichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist.
Nunmehr möchte die kinderlose A NN die (nichteheliche) volljährige Tochter ihrer Ehefrau C NN als Kind annehmen, und zwar mit den Wirkungen der Minderjährigenannahme (
II. Frage
Ist die Annahme als Kind – wie gewünscht – möglich?
III. Zur Rechtslage
1. Volljährigenadoption nach
Im vorliegenden Fall soll eine Volljährigenadoption mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption i. S. v.
Bei Volljährigen bedarf es zwar nicht der Einwilligung der leiblichen Eltern (hier: des leiblichen Vaters) in die Adoption. Im Falle des
2. Voraussetzungen der Stiefkindadoption
Für die Voraussetzungen der Volljährigenadoption gelten grundsätzlich die Bestimmungen der Minderjährigenadoption entsprechend (vgl.
Im konkreten Fall stellt sich die Frage, ob die Voraussetzungen der Stiefkindannahme erfüllt sind. Dies ist zu bejahen, wenn zwischen dem Annehmenden und dem rechtlichen Elternteil des Kindes eine wirksame Ehe besteht (vgl. BeckOGK-BGB/Löhnig, Std.: 1.5.2019, § 1741 Rn. 81; MünchKommBGB/Maurer, 8. Aufl. 2020, § 1741 Rn. 23). Dabei spielt es für die Zulässigkeit der Stiefkindadoption keine Rolle, ob es sich um ein eheliches, nichteheliches oder adoptiertes Kind handelt und ob der Ehegatte alleiniger Inhaber der elterlichen Sorge ist (MünchKommBGB/Maurer, § 1741 Rn. 23).
Nach dem Sachverhalt haben die Beteiligten miteinander im Jahr 2009 die Ehe geschlossen. Fraglich könnte nur sein, inwieweit die zwischenzeitliche Geschlechtsumwandlung des Ehemanns in eine Frau daran etwas geändert hat. Mit der Einführung der „Ehe für alle“ zum 1.10.2017 (Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts v. 20.6.2017, BGBl. I, S. 2787) ist die Verschiedengeschlechtlichkeit der Ehegatten nicht mehr Wesensmerkmal der Ehe. Da auch ein gleichgeschlechtliches Paar nunmehr die Möglichkeit hat, eine Ehe zu schließen, wirkt sich eine Geschlechtsumwandlung während bestehender Ehe (oder eingetragener Lebenspartnerschaft) nicht auf den Bestand der Ehe aus.
Fraglich könnte dies nur dann sein, wenn die Ehe – wie im vorliegenden Fall – vor dem 1.10.2017 geschlossen worden und auch die Geschlechtsumwandlung vor diesem Stichtag erfolgt ist. Nach Ansicht der Literatur gelten in solchen Fällen (mangels gesetzlicher Regelung) die Grundsätze, die das BVerfG in seiner Entscheidung vom 27.5.2008 (
Im vorliegenden Fall dürfte ohne Weiteres davon auszugehen sein, dass die Ehe der Beteiligten Fortbestand hatte, sodass Frau A NN nunmehr auch ein Stiefkind wie gewünscht adoptieren kann.
174107
Erscheinungsdatum:21.02.2020
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption
Erschienen in: Normen in Titel:BGB § 1772 Abs. 1; BGB § 1741 Abs. 2