17. Januar 2018
EGBGB Art. 14; EGBGB Art. 15

Russland: Grundstückserwerb durch einen russischen Staatsangehörigen, verheiratet mit einer ebenfalls russischen Staatsangehörigen und gewöhnlichem Aufenthalt der Eheleute in Deutschland

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Abruf-Nr.: 152424
letzte Aktualisierung: 17. Januar 2018

EGBGB Art. 14, 15
Russland: Grundstückserwerb durch einen russischen Staatsangehörigen, verheiratet mit
einer ebenfalls russischen Staatsangehörigen und gewöhnlichem Aufenthalt der Eheleute in
Deutschland

I. Sachverhalt
Ein russischer Staatsangehöriger, der mit einer ebenfalls russischen Staatsangehörigen verheiratet
ist, möchte in Deutschland ein Grundstück erwerben. Die Eheleute haben ihren gewöhnlichen
Lebensmittelpunkt in Deutschland. Der Ehemann möchte als Alleineigentümer im Grundstück
eingetragen werden, die Ehefrau soll nach seinem Wunsch auch nicht Kaufvertragspartei
werden.

II. Rechtsfragen
1. Ist es zulässig, dass der Ehemann als Alleineigentümer im Grundbuch eingetragen wird oder
ist lediglich eine Eintragung beider Ehegatten unter Angabe des russischen gesetzlichen
Güterstandes möglich?

2. Muss die Ehefrau den Kaufvertrag genehmigen, sollte sie nicht selbst Partei werden?

III. Zur Rechtslage
Gemäß Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB gilt als Güterstatut aus deutscher Sicht vorrangig
das Recht des Staates, dem beide Ehegatten bei der Eheschließung angehörten. Da hier beide
Ehegatten die russische Staatsangehörigkeit hatten, verweist das deutsche Recht somit auf das
russische Recht. Hierbei handelt es sich gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB um eine Gesamtverweisung,
so dass das russische Recht dahingehend zu untersuchen ist, ob es die Verweisung
annimmt oder ob es zu einer Rück- oder Weiterverweisung kommt.

Familienrechtliche Sachverhalte mit Auslandsberührung sind im russischen IPR in den Art. 156-
167 des russischen Familiengesetzbuchs vom 18.12.1995 (im Folgenden: „FGB“) geregelt (vgl.
Lorenz, in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Russische
Föderation, Stand: 10.7.2013, S. 29). Der insoweit einschlägige Art. 161 FGB lautet in der deutschen
Übersetzung bei Lorenz wie folgt (vgl. Lorenz, S. 86):

Art. 161 Persönliche nichtvermögenswerte und vermögenswerte Rechte
und Pflichten der Ehegatten

1. Die persönlichen nichtvermögenswerten und vermögenswerten Rechte
und Pflichten der Ehegatten bestimmen sich nach der Gesetzgebung des
Staates, auf dessen Gebiet sie ihren gemeinsamen Wohnsitz haben und in
Ermangelung eines gemeinsamen Wohnsitzes nach der Gesetzgebung des
Staates, auf dessen Gebiet sie ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten.
Die persönlichen nichtvermögenswerten und vermögenswerten Rechte
und Pflichten der Ehegatten, welche keinen gemeinsamen Wohnsitz
hatten, bestimmen sich auf dem Gebiet der Russischen Föderation nach
der Gesetzgebung der Russischen Föderation.

2. Bei Abschluss eines Ehevertrages oder einer Vereinbarung über die
Leistung von Unterhaltsbeiträgen aneinander können Ehegatten, die keine
gemeinsame Staatsbürgerschaft oder keinen gemeinsamen Wohnsitz
haben, die Gesetzgebung wählen, die zur Bestimmung ihrer Rechte und
Pflichten nach dem Ehevertrag oder der Vereinbarung über die Leistung
von Unterhaltsbeiträgen Anwendung finden soll. Wenn die Ehegatten die
anwendbare Gesetzgebung nicht gewählt haben, findet Ziff. 1 dieses
Artikels auf den Ehevertrag oder ihre Vereinbarung über die Leistung von
Unterhaltsbeiträgen Anwendung.

Grundsätzlich ist somit das Recht des Staates maßgeblich, in dem die Ehegatten ihren gemeinsamen
Wohnsitz haben, wobei der Wohnsitz i. S. d. russischen Rechts nach Art. 20 russ.
Zivilgesetzbuch (ZGB) als der Ort definiert wird, an dem sich eine Person ständig oder überwiegend
aufhält. Dabei wird wandelbar an die jeweils geltenden Verhältnisse angeknüpft.

Hier befindet sich der gemeinsame Wohnsitz der Ehegatten zzt. in Deutschland, so dass durch
das russische Kollisionsrecht auf das deutsche Recht zurückverwiesen wird. Diese Rückverweisung
wird vom deutschen Recht auch als sog. bewegliche Rückverweisung angenommen (h. M.,
vgl. etwa OLG Düsseldorf ZEV 2011, 473; a. A. nur OLG Nürnberg MittBayNot 2011, 337).
Aufgrund dieser Rückverweisung auf das deutsche Recht leben die Eheleute derzeit also im
gesetzlichen Güterstand des deutschen Rechts und damit in Zugewinngemeinschaft. Damit aber
ist ein Erwerb des Grundstücks zu Alleineigentum des Ehemannes problemlos ohne Mitwirkung
der Ehefrau möglich.

Gutachten/Abruf-Nr:

152424

Erscheinungsdatum:

17.01.2018

Rechtsbezug

International

Normen in Titel:

EGBGB Art. 14; EGBGB Art. 15