14. April 2023
WEG § 12

Vorgezogene Verwalterzustimmung für den Fall der Zwangsvollstreckung durch den Grundschuldgläubiger

WEG § 12
Vorgezogene Verwalterzustimmung für den Fall der Zwangsvollstreckung durch den Grundschuldgläubiger

I. Sachverhalt
Es wurde eine Eigentumswohnung verkauft, deren Veräußerung der Zustimmung des Verwalters bedarf. Die Eigentumsumschreibung auf den Käufer ist bereits erfolgt. Der Käufer hat den Kaufpreis über ein Darlehen finanziert, welches durch ein Grundpfandrecht gesichert ist. Die finanzierende Gläubigerin fordert nun vom Verwalter eine vorgezogene Zustimmung für den Fall der Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung an. Eine Zwangsvollstreckung ist derzeit nicht absehbar.

II. Fragen
1. Kann der Verwalter eine vorgezogene Zustimmung für den Fall der Zwangsvollstreckung erklären?

2. Hat die Gläubigerin hierauf einen Anspruch?

3. Wäre eine solche vorgezogene Verwalterzustimmung grundbuchverfahrensrechtlich verwendbar?

III. Zur Rechtslage
Zunächst ist zu erörtern, unter welchen Voraussetzungen eine Verwalterzustimmung bereits „antizipiert“, also vor einer konkreten Veräußerung erteilt werden kann. Nur sofern dies möglich ist, stellt sich die Frage, ob hierauf ein Anspruch des Grundpfandgläubigers besteht.

1. Verwalterzustimmung für Veräußerung in der Zwangsversteigerung
Vorab ist festzuhalten, dass eine generell für erforderlich erklärte Verwalterzustimmung auch bei einer Veräußerung eines Wohnungseigentums im Wege der Zwangsversteigerung zu beachten ist, da gem. § 12 Abs. 3 S. 2 WEG eine Veräußerung im Wege der Zwangsversteigerung oder durch den Insolvenzverwalter einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung gleichsteht.

2. Zulässigkeit einer Zustimmung bereits vor Veräußerung
Auf die Verwalterzustimmung gem. § 12 WEG sind die §§ 182 ff. BGB anzuwenden. Daher kann diese Zustimmung als Einwilligung grundsätzlich bereits vor der Veräußerung erteilt werden, § 183 BGB (BayObLG DNotZ 1992, 229, 230).

Im vorliegenden Fall ist aber zu bedenken, dass im Zeitpunkt der zu erteilenden, vom Grundpfandgläubiger gewünschten Zustimmung weder absehbar ist, ob es überhaupt zu einer Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung kommt noch an welchen Erwerber diese erfolgen würde. Die gewünschte Verwalterzustimmung wäre daher nicht auf eine konkrete Veräußerung, sondern generell auf eine nicht näher bestimmte Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung gerichtet. Zu der Frage, ob eine Zustimmung gem. § 12 WEG auch als (antizipierte) Einwilligung erklärt werden kann, die einen künftigen, lediglich anhand abstrakter Merkmale bestimmten Veräußerungsfall, mehrere oder gar alle zukünftigen Veräußerungsfälle umfasst, sind weder in Rechtsprechung noch Schrifttum ausdrückliche Stellungnahme auffindbar.

§ 183 BGB statuiert für vorherige Zustimmungen (Einwilligungen) kein Spezialitäts- oder Bestimmtheitserfordernis in dem Sinne, dass sich eine Einwilligung nur auf ein einzelnes, konkret bestimmtes Rechtsgeschäft beziehen könnte. Ebenso wenig muss sich der Einwilligende eine konkrete Vorstellung hinsichtlich sämtlicher Modalitäten des Hauptgeschäfts bilden. Er kann dem Ermächtigten durch großzügige Vorgaben einen erheblichen Entscheidungsspielraum hinsichtlich des Geschäftsinhaltes und der Person des Vertragspartners einräumen (BeckOGK-BGB/Regenfus, Std.: 1.1.2023, § 182 Rn. 83.1). Exemplarisch zeigt sich dies an der Norm des § 110 BGB, nach der – als besonderer Anwendungsfall einer Einwilligung (Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Aufl. 2023, § 110 Rn. 1) – eine Vielzahl von im Vorfeld nicht näher bestimmten Rechtsgeschäften Gegenstand einer Einwilligung sein kann. Erforderlich ist lediglich, dass die Geschäfte so bestimmt eingegrenzt sein müssen, dass später eine Entscheidung möglich ist, ob ein vorgenommenes Hauptgeschäft von der Einwilligung erfasst ist (BeckOGK-BGB/Regenfus, § 182 Rn. 83.1). Diesem Erfordernis könnte im vorliegenden Fall dadurch Rechnung getragen werden, dass die Verwalterzustimmung explizit für alle Fälle einer Veräußerung des Wohnungseigentums im Wege der Zwangsvollstreckung erteilt wird.

Dennoch bestehen Bedenken, ob eine solche allgemeine antizipierte Verwalterzustimmung wirksam ist. Auch wenn etwa im Rahmen der §§ 110, 112 oder 113 BGB anerkannt ist, dass sich die Einwilligung auch auf eine ganze Gruppe oder Gattung von Rechtsgeschäften beziehen kann, so erscheint zweifelhaft, ob dies auch für die Verwalterzustimmung nach § 12 WEG gilt. Gerade die Person des jeweiligen Erwerbers ist das entscheidende Kriterium für die Erteilung der Zustimmung, da der „wichtige Grund“ i. S. d. § 12 Abs. 2 S. 1 WEG in der Person des Erwerbers liegen muss (vgl. BeckOGK-WEG/Skauradszun, Std.: 1.3.2023, § 12 Rn. 29). Könnte ein Verwalter pauschal allen denkbaren Veräußerungen vorab zustimmen, so würde er dadurch das Zustimmungserfordernis faktisch außer Kraft setzen, obwohl das Gesetz die Aufhebung einer Veräußerungsbeschränkung einem Beschluss der Wohnungseigentümer vorbehält (§ 12 Abs. 4 S. 1 WEG).

Ferner erscheint zweifelhaft, ob der Verwalter im Verhältnis zur Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine allgemeine antizipierte Verwalterzustimmung abgeben darf. Das Erfordernis der Verwalterzustimmung dient nach überwiegender Ansicht dem Schutz der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vor dem Eindringen unerwünschter Dritter, insbesondere von Personen, die eine Belastung für die Gemeinschaft darstellen. Der Verwalter nimmt bei seiner Entscheidung kein eigenes Recht wahr, sondern wird grundsätzlich als Treuhänder und mittelbarer Stellvertreter der Wohnungseigentümer tätig (BGH NZM 2013, 34 Tz. 13; BeckOGK-WEG/Skauradszun, § 12 Rn. 3 m. w. N). Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der Verwalter zur ordnungsgemäßen Prüfung verpflichtet ist. Diesem Auftrag kann er aber nicht mehr nachkommen, wenn er bereits antizipiert eine Zustimmung zu beliebigen Veräußerungen erteilt. Infolgedessen spricht viel dafür, dass eine gleichwohl erteilte Zustimmung unter dem Gedanken des offensichtlichen Missbrauchs der Vertretungsmacht (hierzu Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Aufl. 2023, § 164 Rn. 14 m. w. N.) unwirksam wäre, weil der Dritte erkennen muss, dass der Verwalter außerhalb seiner Befugnisse handelt.

Schließlich lässt sich anführen, dass eine generelle Zustimmungserteilung zu allen Veräußerungen, die im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgen, im Ergebnis praktisch einer Bevollmächtigung des Grundpfandgläubigers gleichkommt, die Zustimmung für den Verwalter zu erklären. Für die Vollmachtserteilung durch den Verwalter zur Erteilung der Zustimmung gem. § 12 WEG ist jedoch anerkannt, dass die Verantwortung für die Verwaltertätigkeit beim bestellten Verwalter bleiben muss (BGH, NJW 2014, 1447 Tz. 11; Emmerich, in: Bärmann/Pick, WEG, 20. Aufl. 2020, § 26 Rn. 10). Für eine Bevollmächtigung Dritter gehen Rechtsprechung und Literatur teilweise (ausdrücklich oder implizit) von der Unwirksamkeit einer an Dritte, vor allem an Notariatsmitarbeiter erteilten Vollmacht aus (vgl. LG Dortmund BeckRS 2006, 11700, OLG Köln MittRhNotK 2000, 393; Staudinger/Kreuzer, WEG, 2018, § 12 Rn. 47; Staudinger/Jacoby, WEG, 2019, § 16 Rn. 128).

Im Ergebnis ist eine generelle, im Voraus erklärte Zustimmung für eine Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung unwirksam.

3. Anspruch auf antizipierte Erteilung der Verwalterzustimmung
Sofern man entgegen der hier vertretenen Auffassung davon ausgeht, dass der Verwalter einer nicht näher bestimmten Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung antizipiert zustimmen kann, stellt sich die Frage, ob der Grundpfandgläubiger hierauf einen Anspruch gegen den Verwalter hat.

a) Grundsätzlicher Anspruch auf Erteilung der Verwalterzustimmung
Aus dem Wortlaut des § 12 Abs. 2 S. 1 WEG lässt sich ableiten, dass grundsätzlich ein Anspruch gegen den Verwalter auf Erteilung der Zustimmung besteht, sofern kein wichtiger Grund für eine Versagung vorliegt (BGH ZWE 2011, 321; BeckOK-WEG/Hogenschurz, Std.: 1.1.2023, § 12 Rn. 41; Bärmann/Suilmann, WEG, 15. Aufl. 2023, § 12 Rn. 48). Der wichtige Grund muss sich nach dem Sinn und Zweck des § 12 WEG aus der Person des Erwerbers oder der von ihm beabsichtigen Nutzung ergeben (Grüneberg/Wicke, § 12 WEG Rn. 8). Dieser Anspruch ist unabdingbar (Bärmann/Suilmann, WEG, § 12 Rn. 48). Durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer kann allerdings darüber hinaus für bestimmte Fälle ein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung eingeräumt werden (§ 12 Abs. 2 S. 2 WEG).

Anspruchsinhaber ist der veräußernde Wohnungseigentümer (BGH ZWE 2011, 321; Bärmann/Suilmann, WEG, § 12 Rn. 52). Wird die Zwangsversteigerung betrieben, so ist der betreibende Gläubiger berechtigt, den Anspruch des Wohnungseigentümers geltend zu machen (BGH NZM 2014, 556; Bärmann/Suilmann, WEG, § 12 Rn. 52).

b) Anspruch auch auf generelle antizipierte Verwalterzustimmung?
Da in Rechtsprechung und Literatur bereits die grundsätzliche Zulässigkeit einer antizipierten generellen Verwalterzustimmung nicht erörtert wird, finden sich ebenso wenig Stellungnahmen zu der Frage, ob ein Anspruch hierauf bestehen kann.

Ausgehend von den unter lit. a) dargestellten Grundsätzen besteht ein Anspruch auf eine generelle Verwalterzustimmung für alle Fälle der Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung nicht. Prüfungsmaßstab für das Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung der Verwalterzustimmung ist ausweislich des § 12 Abs. 2 S. 1 WEG die Frage, ob ein in der Person des Erwerbers oder in der beabsichtigten Nutzung liegender wichtiger Grund zur Versagung vorliegt. Diese Frage kann stets nur im Einzelfall entschieden werden, nicht aber abstrakt für eine Vielzahl von Fällen oder auch nur eine einzige nicht näher bestimmte Veräußerung.

Es widerspräche außerdem der Systematik des Gesetzes, einen Anspruch auf Erteilung einer antizipierten Verwalterzustimmung für eine lediglich anhand abstrakter Kriterien definierte Veräußerung zu konstruieren. § 12 Abs. 2 S. 2 WEG sieht vor, dass in die Gemeinschaftsordnung Fallgruppen aufgenommen werden können, bei denen der veräußerungswillige Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung hat. Sollen also gewisse abstrakt-generell bestimmte Veräußerungsfälle der Einzelfallentscheidung des Verwalters entzogen werden, bedarf dies nach der gesetzlichen Konzeption einer Regelung in der Gemeinschaftsordnung. Daraus folgt, dass bei Fehlen einer solchen Regelung stets eine Einzelfallentscheidung stattzufinden hat.

c) Ergebnis
Im Ergebnis dürfte daher kein Anspruch auf Erteilung einer antizipierten Verwalterzustimmung bestehen, die nicht auf eine konkret bestimmte Veräußerung bezogen ist. Möglich wäre allein, einen solchen Anspruch in der Gemeinschaftsordnung zu begründen oder – praxisnäher – diese Fälle vom Zustimmungserfordernis auszunehmen.

4. Widerruflichkeit; Nachweis einer antizipierten Verwalterzustimmung gegenüber dem Grundbuchamt
Problematisch für die Verwendung einer antizipierten Verwalterzustimmung im Grundbuchverfahren ist, dass diese bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts grundsätzlich widerruflich ist (§ 183 BGB). Insbesondere kann im Rahmen des Grundbuchverfahrens der Fortbestand der Zustimmung, also das Nichtvorliegen eines Widerrufs, dem Grundbuchamt nicht mit den Beweismitteln des § 29 GBO nachgewiesen werden.

Es liegt nahe, eine Parallele zum Fall des Fortbestands einer Vollmacht zu ziehen, da auch eine Vollmacht grundsätzlich widerruflich ist. Bei dem Nichtwegfall (also dem Fortbestand) einer erteilten Vollmacht handelt es sich um einen eintragungserheblichen Umstand, für den die Beweismittelbeschränkung des § 29 GBO nicht anwendbar ist; denn ein Nichtereignis (also das Unterbleiben eines Widerrufs) ist einem urkundlichen Nachweis nicht zugänglich. Hier gestattet die Rechtsprechung die Verwendung und Würdigung von Erfahrungssätzen, um dem Antragsteller Beweisnöte zu ersparen (eingehend Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 159). Allerdings ist zu beachten, dass für die Vollmacht im Rechtsverkehr der Vertrauenstatbestand des § 172 BGB gilt. Eine vergleichbare Vorschrift existiert allerdings für die Einwilligung nicht. Es ist somit davon auszugehen, dass die Einwilligung zum Zwecke des grundbuchlichen Nachweises letztlich in grundbuchtauglicher Form wiederholt bzw. „bestätigt“ werden müsste, wenn zwischen Erteilung der antizipierten Zustimmung (Einwilligung) einerseits und der zustimmungsbedürftigen Veräußerung (Zwangsversteigerung) andererseits eine geraume Zeit vergangen ist.

Bei der Erteilung einer Einwilligung kann die Widerruflichkeit ausgeschlossen werden (Grüneberg/Ellenberger, BGB, § 183 Rn. 2). Sollte der Verwalter trotz der unter Ziff. 2 genannten Bedenken eine allgemeine Veräußerungszustimmung für den Fall der Zwangsvollstreckung erteilen, empfiehlt es sich somit zur Vermeidung von Beweisschwierigkeiten, die Zustimmung ausdrücklich unwiderruflich zu erteilen.

5. Gesamtergebnis
Die Verwalterzustimmung i. S. d. § 12 WEG kann nicht bereits vor einer konkreten Veräußerung im Wege der Zwangsvollstreckung erteilt werden, wenn die Veräußerung lediglich anhand abstrakter Kriterien bestimmt ist. Selbst wenn man dies zuließe, bestünde kein schuldrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer solchen vorgezogenen Verwalterzustimmung. Es kommt lediglich in Betracht, durch Regelung in der Gemeinschaftsordnung einen Anspruch auf Erteilung der Verwalterzustimmung zu begründen oder den Fall der Zwangsversteigerung vom Zustimmungserfordernis auszunehmen.

Gutachten/Abruf-Nr:

194218

Erscheinungsdatum:

14.04.2023

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

WEG

Erschienen in:

DNotI-Report 2023, 59-61

Normen in Titel:

WEG § 12