29. Juli 2019
BeurkG § 39a; HGB § 12

Anmeldung zum Handelsregister durch Notarvertreter; Nachweis der Vertretereigenschaft

BeurkG § 39a; HGB § 12
Anmeldung zum Handelsregister durch Notarvertreter; Nachweis der Vertretereigenschaft

I. Sachverhalt
Notarvertreter V nimmt in Vertretung des Notars N eine Handelsregisteranmeldung vor. Zum Nachweis seiner Vertretereigenschaft übersendet er dem Registergericht eine von der Aufsichtsbehörde originär elektronisch erstellte und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehene Vertreterbestellungsurkunde. Das Registergericht weist die Anmeldung durch Zwischenverfügung zurück: Diese Praxis sei mit den Erfordernissen des § 39a BeurkG nicht konform. Die von der Aufsichtsbehörde elektronisch erstellte Vertreterbestellungsurkunde enthalte nämlich nicht das Notarattribut, das nach § 39a Abs. 2 BeurkG (vormals § 39a Abs. 1 S. 1 BeurkG) zwingend sei. Zwar könne die Vertretereigenschaft als solche nach § 33 Abs. 4 S. 2 Var. 1 DONot mit einer von der Aufsichtsbehörde signierten Vertreterbestellung nachgewiesen werden. Dieser Nachweis ersetze aber nicht das von § 39a Abs. 2 BeurkG verlangte Notarattribut, das bei elektronischen Dokumenten an die Stelle des Dienstsiegels trete.

II. Frage
Genügt die Übermittlung der von der Aufsichtsbehörde originär elektronisch erstellten Vertreterbestellungsurkunde den Anforderungen des § 12 HGB i. V. m. § 39a BeurkG?

III. Zur Rechtslage
1. Allgemeines zum Nachweis der Vertretereigenschaft
Gem. § 41 Abs. 1 BNotO versieht der Vertreter das Amt auf Kosten des Notars; er hat dabei seiner Unterschrift einen ihn als Vertreter kennzeichnenden Zusatz beizufügen und Siegel und Stempel des Notars zu gebrauchen. Der Notarvertreter leitet seine Beurkundungsbefugnis als Teil seiner Amtsbefugnis vom vertretenen Notar her, sodass die von ihm errichteten Urkunden dem vertretenen Notar zugerechnet werden (Eylmann/Vaasen/Wilke, BNotO/BeurkG, 4. Aufl. 2016, § 41 BNotO Rn. 9; Peterßen, RNotZ 2008, 181, 195). Eine beglaubigte Abschrift der Vertreterbestellungsurkunde ist in der „Papierwelt“ nicht anzufügen (Jeep/Wiedemann, NJW 2007, 2439, 2443). Dagegen ist einer durch den Notarvertreter erstellten elektronisch beglaubigten Abschrift im Ausgangspunkt eine elektronisch beglaubigte Abschrift der (früher ausschließlich in Papierform erstellten) Vertreterbestellungsurkunde des Präsidenten des Landgerichts beizugeben (Sikora/Schwab, MittBayNot 2007, 1, 7; Jeep/Wiedemann, NJW 2007, 2439, 2443; zur elektronischen Handelsregisteranmeldung durch einen Notarvertreter vgl. auch DNotI-Internetgutachten Nr. 76164). Dadurch lässt sich jedenfalls den Anforderungen des § 33 Abs. 4 DONot genügen, wonach der Notarvertreter bei der Erstellung elektronischer Urkunden seine Vertreterstellung durch Beifügung der Vertreterbestellungsurkunde nachweisen muss, und zwar entweder (1) durch eine elektronisch beglaubigte Abschrift der in Papierform vorliegenden Vertreterbestellungsurkunde (regelmäßig zu erstellen vom vertretenen Notar) oder (2) durch eine Abschrift der Vertreterbestellung mit qualifizierter Signatur der Aufsichtsbehörde.

Der letztgenannte Nachweisweg geht immer noch von der Existenz einer Vertreterbestellungsurkunde in Papierform aus. Im Gegensatz zum erstgenannten Nachweisweg vollzieht die Aufsichtsbehörde (anstelle des vertretenen Notars) die Transformation ins elektronische Medium jedoch durch eine qualifiziert signierte elektronische Abschriftenerstellung. Noch über diesen unmittelbar in § 33 Abs. 4 DONot vorgezeichneten Nachweisweg hinausgehend „überspringen“ einige Aufsichtsbehörden in jüngerer Zeit die originäre Erstellung einer Papierurkunde mit anschließender Transformation ins elektronische Medium und erzeugen zur Effizienzsteigerung ohne vorherige Papierurkunde unmittelbar eine qualifiziert signierte elektronische Vertreterbestellungsurkunde. Auch wenn dieser Weg nicht direkt in der vorgenannten Vorschrift verankert ist, bestehen doch gegen eine solche Erweiterung der Nachweismittel des § 33 Abs. 4 DONot keinerlei Bedenken (so auch Kruse, in: Armbrüster/Preuß/Renner, BeurkG/DONot, 7. Aufl. 2015, § 39a BeurkG Rn. 17). Der Umweg über eine vorher erstellte Papierurkunde erscheint in dieser Beziehung überflüssig. Ungeachtet dessen bringt sowohl der letztgenannte dritte als auch der unmittelbar in § 33 Abs. 4 DONot angelegte zweite Nachweisweg das zu gelegentlichen registergerichtlichen Zwischenverfügungen führende Problem mit sich, dass – mangels zwischengeschalteter Erstellung einer vom vertretenen Notar erstellten elektronisch beglaubigten Abschrift der in Papierform originär erstellten Vertreterbestellungsurkunde – die dem Handelsregister übermittelte elektronische Urkunde kein Notarattribut i. S. d. § 33 Abs. 1 S. 3 BNotO enthält. Das Beifügen des Notarattributs dürfte grundsätzlich freilich die technisch zweckmäßigste Umsetzung eines Nachweises i. S. d. § 39a Abs. 2 BeurkG sein.

2. Fehlendes Notarattribut
Im Gesetzgebungsverfahren zur Einführung des § 39a BeurkG ist die Benutzung elektronischer Medien mit Signaturkarte im Falle einer Notarvertretung anscheinend nicht Gegenstand der Beratung gewesen. Ausgehend von der Gesetzesbegründung (vgl. BR-Drucks. 609/04 v. 13.8.2004, S. 132 f.) hat man wohl lediglich die Person des Notars selbst im Blick gehabt. Da die Signaturkarte des Notarvertreters ein Notarattribut per definitionem nicht enthalten kann und ein Nachweis seiner Vertretereigenschaft zumindest praktisch ausgeschlossen ist (denn das Vertretungsverhältnis ist nach Zeit und Ort genau definiert und dauert häufig nur wenige Tage), ist ein Nachweis, wie ihn § 33 Abs. 4 DONot ausdrücklich vorzeichnet, auf alternativem Wege – d. h. nicht über die Signaturkarte – zu erbringen. Auch nach zutreffender Ansicht der BNotK muss der Vertreternachweis nicht zwingend auf der Signaturkarte gespeichert sein; vielmehr soll es nach Sinn und Zweck des § 39a Abs. 2 BeurkG ebenso ausreichen, wenn dieser durch eine Signierung des zusammenfassenden ZIP-Containers „untrennbar“ mit dem zu signierenden Dokument verbunden ist. Auf Anfrage des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz hat die BNotK am 23.4.2007 eine ausführliche Stellungnahme zu diesem Problem abgegeben (abrufbar auf der Seite der Landesnotarkammer Berlin unter „Aktuelles“ – „Elektronischer Rechtsverkehr“ – „Bestätigung der Notareigenschaft bei Handeln des Notarvertreters“). Die grundsätzliche Gleichwertigkeit dieses in der Praxis nunmehr bewährten und gefestigten Verfahrens mit einem auf der Signaturkarte unmittelbar verankerten Vertreternachweis wird durch die Zwischenverfügung und die dahinterstehenden rechtlichen Argumente u. E. nicht angezweifelt. Vielmehr rühren die Bedenken daher, dass bei originär elektronisch erstellten Vertreterbestellungsurkunden (und wohl ebenso bei den von der Aufsichtsbehörde qualifiziert signierten elektronischen Abschriften einer Vertreterbestellungsurkunde in Papierform) mangels notariell beglaubigter Übertragung von der Papier- in die elektronische Form das dem Handelsregister übermittelte elektronische Zeugnis keinerlei Signatur mit Notarattribut enthält.

Unseres Erachtens sind diese Bedenken aber nicht stichhaltig. Die Formvorschrift des § 12 HGB verlangt in Abs. 1 S. 1, dass Anmeldungen elektronisch in öffentlich beglaubigter Form eingereicht werden. Dies kann entweder dadurch geschehen, dass die Unterschrift des Anmeldenden „in Papierform“ durch einfachen Vermerk (§ 39 BeurkG) beglaubigt und dass sodann eine elektronisch beglaubigte Abschrift zum Handelsregister eingereicht wird. Alternativ ist es nach wohl überwiegender (wenngleich nicht unumstrittener) Ansicht aber auch zulässig, den Beglaubigungsvermerk originär elektronisch zu erstellen, d. h. die Unterschrift des Anmeldenden, die weiterhin auf Papier zu erbringen ist, durch elektronischen Vermerk zu beglaubigen (elektronische Unterschriftsbeglaubigung; für Zulässigkeit etwa BeckOGK-BGB/Cziupka, Std.: 1.5.2019, § 129 Rn. 27; dagegen Kruse, § 39a BeurkG Rn. 25; näher BeckOGK-BeurkG/Theilig, Std.: 1.7.2019, § 39a Rn. 11). Sedes materiae für die Beantwortung der Frage, welche Anforderungen eine formgerechte elektronische Anmeldung zu erfüllen hat, ist damit § 39a BeurkG, der sich mit der Erstellung einfacher elektronischer Zeugnisse befasst (s. zur elektronischen Signatur Malzer, DNotZ 2006, 9; Gassen, Elektronische Beglaubigung und elektronische Handelsregisteranmeldung in der Praxis, 2. Aufl. 2009; Roßnagel/Wilke, NJW 2006, 2145; Sikora/Schwab, MittBayNot 2007, 1; Bettendorf/Apfelbaum, DNotZ 2008, 19). Eine der Muss-Anforderungen ist gem. Abs. 2 S. 1, dass das Zeugnis mit einer Bestätigung der Notareigenschaft durch die zuständige Stelle verbunden ist. Zweck dieser Vorschrift dürfte sein, dass ohne Rückfragen bei zuständigen Stellen überprüft werden kann, ob ein einfaches Zeugnis in elektronischer Form insofern wirksam errichtet wurde, als es von einer Person mit Urkundsgewalt signiert ist. Wird das Notarattribut, das als Substitut des in der „Papierwelt“ verwandten Notarsiegels dient, auf der Signaturkarte gespeichert und Bestandteil des qualifizierten Zertifikats des Notars, so darf die Zertifizierungsstelle dieses Attribut nur dann in das Zertifikat aufnehmen, wenn die berufsbezogenen Angaben durch die dafür zuständige Stelle bestätigt wurden (§ 12 Abs. 1 S. 3 VDG); gem. § 67 Abs. 3 Nr. 5 BNotO sind für diese Bestätigung die Notarkammern zuständig (BeckOGK-BeurkG/Theilig, § 39a Rn. 22).

Wie ausgeführt und wohl nicht (mehr) bestritten kann der Notarvertreter, der zwingend eine eigene (höchstpersönliche) Signaturkarte verwenden muss, die als Substitut seiner Unterschrift in der „Papierwelt“ dient, den Nachweis seiner Vertreterbestellung aber (auch) anders als durch ein berufs- oder stellungsbezogenes Attribut auf der Signaturkarte erbringen. Konkrete inhaltliche Vorgaben dazu ergeben sich weder aus § 39a BeurkG noch aus § 12 HGB. Wenn die Vertreterbestellungsurkunde, wofür vieles spricht, ihrerseits den Anforderungen an eine elektronische öffentliche Urkunde entsprechen muss, gilt es zu beachten, dass auf Erklärungen einer öffentlichen Behörde oder einer siegelberechtigten Körperschaft des öffentlichen Rechts – selbstredend – § 39a Abs. 2 BeurkG nicht anzuwenden ist (Winkler, BeurkG, 19. Aufl. 2019, § 39a Rn. 41). Gleichwohl handelt es sich, sofern das Dokument wie bei den Vertreterbestellungen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wird, um ein öffentliches elektronisches Dokument mit entsprechender Beweiskraft, § 371a Abs. 3 ZPO. Das fehlende Notarattribut ist daher u. E. unschädlich, ja konsequent, stammt doch der Vertreternachweis in qualifiziert signierter Form von einer öffentlichen Behörde (und nicht vom vertretenen Notar selbst). Es finden sich weder in der Vorschrift des § 39a BeurkG noch in den Gesetzesmaterialien irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass der Vertreternachweis zwingend nochmals vom vertretenen Notar durch eine qualifiziert signierte und mit Notarattribut versehene elektronische Abschrift der Vertreterbestellungsurkunde „legitimiert“ werden müsste. Einzig Sikora/Schwab (MittBayNot 2007, 1, 7 m. Fn. 68) halten es in einem frühen Beitrag zum EHUG für „erwünscht“ (nicht aber zwingend erforderlich), dass der vertretene Notar (selbst) eine elektronisch beglaubigte Abschrift der (in Papierform vorliegenden) Vertreterbestellungsurkunde erstellt, um auf diese Weise die „Legitimationskette“ zu belegen und nach außen zu dokumentieren, dass der Notar seine Amtsgeschäfte dem Notarvertreter übergeben hat (entsprechend der Gestattung, dass der Notarvertreter sein Notarsiegel in der „Papierwelt“ nutzt). Abgesehen davon, dass auch diese Literaturansicht nur von „wünschenswert“ spricht, erscheint uns eine solche gesonderte Dokumentation der Übergabe der Amtsgeschäfte über die Anfertigung einer elektronisch beglaubigten Abschrift der Vertreterbestellungsurkunde nicht erforderlich. Denn es ist gerade der entscheidende Sinn der Beifügung der Vertreterbestellungsurkunde, den Akt dieser Übergabe und damit die Legitimationskette zu dokumentieren. Im Gegensatz dazu bringt der Notarvertreter in der „Papierwelt“ diese Legitimationskette zwar durch die Nutzung des Amtssiegels des vertretenen Notars nach außen zum Vorschein (= ein „Mehr“ im Vergleich zur nicht notwendigen Beifügung des Notarattributs in der elektronischen Welt), er muss aber seine Vertreterstellung nicht weiter nachweisen (= ein „Weniger“ im Vergleich zur Pflicht, die Vertreterbestellung bei der Erstellung einfacher elektronischer Zeugnisse beizufügen).

3. Fazit
Unseres Erachtens ist daher für den Vertreternachweis im Rahmen der Handelsregisteranmeldung die Beifügung einer originär erstellten Vertreterbestellungsurkunde rechtlich in jeder Hinsicht der Beifügung einer elektronischen Abschrift der papierförmigen Vertreterbestellungsurkunde gleichzustellen, die vom vertretenen Notar qualifiziert signiert und mit Notarattribut versehen wurde. Die Ansicht, § 39a BeurkG verlange stets die Beifügung gerade eines Notarattributs, da sonst kein wirksames einfaches elektronisches Zeugnis vorliege, verkennt u. E., dass § 39a Abs. 2 BeurkG keine spezifische Form des mit dem einfachen Zeugnis zu verbindenden Nachweises der Notareigenschaft vorsieht. Insoweit dürfte eine Verwechslung des praktisch Üblichen und technisch Naheliegenden mit dem normativ Gebotenen vorliegen. Wäre eine Beschränkung auf ein Notarattribut im Signaturzertifikat beabsichtigt gewesen, so wäre dies auch im Wortlaut zum Ausdruck gekommen. Denn der Gesetzgeber hat gleichzeitig mit der Neufassung des § 39a BeurkG in § 33 BNotO erstmals auch die Anforderungen an das von Notaren vorzuhaltende qualifizierte Zertifikat geregelt, nachdem zuvor allein eine Regelung in § 2a DONot existiert hatte (Gesetz v. 1.7.2017, BGBl. I, S. 1396). Bei von Notarvertretern und Notariatsverwaltern errichteten einfachen Zeugnissen in elektronischer Form ist daher die Bestätigung der Notar- bzw. Notarvertretereigenschaft durch nicht signaturkartenvermittelte Nachweise ohne Weiteres zulässig. Die abweichende Ansicht übersieht ferner, dass eine von der Aufsichtsbehörde originär erstellte Vertreterbestellungsurkunde als elektronisches öffentliches Dokument i. S. d. § 371a Abs. 3 ZPO zu werten ist und ihr daher die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde zukommt. Auf ein Notarattribut kommt es dafür (selbstverständlich) nicht an. Dieses Ergebnis deckt sich mit der spärlichen Literatur, die ohne nähere Begründung ebenfalls zu dem Schluss kommt, dass bei einer von der Ausstellungsbehörde qualifiziert signierten Vertreterbestellungsurkunde ein Beglaubigungserfordernis des vertretenen Notars entfällt (Püls, in: Beck’sches Notarhandbuch, 6. Aufl. 2015, M Rn. 64; ebenso Kruse, § 39a BeurkG Rn. 17).

Gutachten/Abruf-Nr:

166460

Erscheinungsdatum:

29.07.2019

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Handelsregisterrecht und allgemeines Gesellschaftsrecht
Beurkundungsverfahren

Erschienen in:

DNotI-Report 2019, 115-117

Normen in Titel:

BeurkG § 39a; HGB § 12