05. Februar 2021
EGBGB Art. 25

Kroatien: Gesetzliche Erbfolge

Gutachten-Abruf-Dienst
Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 179244
letzte Aktualisierung: 05. Februar 2021

EGBGB Art. 25 a. F.
Kroatien: Gesetzliche Erbfolge

I. Sachverhalt

Der Erblasser war kroatischer Staatsangehöriger. Er ist 2006 mit Aufenthalt und Wohnsitz in
Deutschland verstorben. 1967 hat er in Deutschland eine kroatische Staatsangehörige geheiratet.
Diese hat später die kroatische Staatsangehörigkeit aufgegeben und die deutsche Staatsangehörigkeit
erworben.

II. Fragen

1. Gilt kroatisches Erbrecht?

2. Wie lauten die Erbquoten für die Ehefrau und die beiden Kinder?

III. Zur Rechtslage

1. Erbstatut

Da der Erbfolge vor dem 16.8.2015 eingetreten ist, bestimmt sich das Erbstatut gem.
Art. 83 Abs. 1 EuErbVO nach den Vorschriften in Art. 25 EGBGB a. F. Aufgrund der
kroatischen Staatsangehörigkeit und mangels einer erbrechtlichen Rechtswahl verweist
Art. 25 Abs. 1 EGBGB a. F. hier auf das Recht von Kroatien als dem Heimatrecht des Erblassers.
Diese Verweisung erfasst auch das in Kroatien geltende internationale Privatrecht. Insbes.
wäre eine Rückverweisung gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB zu beachten. Allerdings galt
auch in Kroatien vor dem Wirksamwerden der Europäischen Erbrechtsverordnung gem.
Art. 30 Abs. 1 des vormals Jugoslawischen Gesetzes über die Rechtskollisionen vom
15.7.1981 für die Erbfolge das Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser
zur Zeit seines Todes besaß (vgl. die deutsche Übersetzung bei Staudinger/Dörner, BGB,
Neubearb. 2007, Anh. zu Art. 25 f. EGBGB Rn. 437). Das kroatische Recht nimmt also die
Verweisung an. Damit gilt kroatisches Recht für die Erbfolge. Es ist ein Fremdrechtserbschein
auszustellen, in dem die Erbquoten nach kroatischem Recht festzusetzen sind.

2. Zum kroatischen materiellen Erbrecht

Das Erbrecht in Kroatien ist für alle Erbfälle, die ab dem 3.10.2003 eingetreten sind, nach
dem Gesetz vom 3.4.2003 zu bestimmen (vgl. dazu Mikulic/Schön, in: Süß, Erbrecht in
Europa, 4. Aufl. 2020, Länderbericht Kroatien, Rn. 7). Dieses bestimmt, dass als Erben
erster Ordnung gem. Art. 9 ErbG die Abkömmlinge des Erblassers sowie der „Partner“
zum Zuge kommen (Mikulic/Schön, in: Süß, Rn. 9). Sie erben zu gleichen Teilen. „Partner“
ist dabei der überlebende Ehegatte, so lange die eheliche Lebensgemeinschaft zum Zeitpunkt
des Erbfalls noch nicht beendet war oder ein Scheidungsantrag gestellt worden ist
(Mikulic/Schön, Rn. 12).

Mithin erben im vorliegenden Fall die überlebende deutsche Ehefrau und die beiden Kinder
jeweils zu 1/3.

3. Zugewinnausgleich

Zu einem zusätzlichen erbrechtlichen Viertel kommt es hier nach der für die Auslegung von
Art. 25 EGBGB a. F. weiterhin maßgeblichen güterrechtlichen Theorie (vgl. insoweit
zuletzt OLG München, Beschl. v. 24.9.2019 – 31 Wx 226/18, MittBayNot 2020, 67). Dabei
ist trotz der gegenteiligen Entscheidung des EuGH zur Erbrechtsverordnung (Mahnkopf,
ZEV 2019, 205) davon auszugehen, dass für die Anwendung von Art. 25 Abs. 1 EGBGB
a. F. die vom BGH favorisierte güterrechtliche Qualifikation von § 1371 Abs. 1 BGB
weiterhin maßgeblich ist (vgl. OLG München RNotZ 2020, 48; BGH ZEV 2015, 409).

Dementsprechend wäre also festzustellen, ob die Eheleute zuletzt in Zugewinngemeinschaft
deutschen Rechts gelebt haben.

Zur Bestimmung des Güterstatuts ist hier gem. Art. 220 Abs. 3 S. 1 Ziff. 1 EGBGB für die
Zeit bis zum 8.4.1983 und für die Zeit danach gem. Art. 220 Abs. 3 S. 2 i. V. m. Art. 14
Abs. 1, 15 Abs. 1 EGBGB i. d. Fassung von 1986 auf die gemeinsame Staatsangehörigkeit
der Eheleute zum Zeitpunkt der Heirat abzustellen. Zum damaligen Zeitpunkt waren beide
jugoslawische Staatsangehörige. Zwar hat sich die Jugoslawische Föderation später aufgelöst.

In entsprechender Anwendung von Art. 4 Abs. 3 EGBGB wird allerdings davon
ausgegangen, dass zumindest dann, wenn beide Ehegatten im Rahmen der Auflösung die
kroatische Staatsangehörigkeit übernommen haben, das kroatische Recht als Recht des
Nachfolgestaates anzuwenden ist (vgl. insoweit OLG Frankfurt, Beschl. v. 17.11.2016 –
20 W 103/15, ZEV 2017, 572).

Auch im Rahmen der Anknüpfung des Güterstatuts ist gem. Art. 4 Abs. 1 EGBGB eine
Rückverweisung des kroatischen IPR zu prüfen. Insoweit bestimmt § 36 des vormals
jugoslawischen und später kroatischen Gesetzes über die Gesetzeskollisionen, dass die
güterrechtlichen Wirkungen der Ehe dem gemeinsamen Heimatrecht der Eheleute unterliegen
und – mangels eines solchen – dem Recht des Staates, in dem beide Eheleute ihren
Wohnsitz haben. Da hier die Anknüpfung nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt fixiert ist,
handelt es sich um eine sog. wandelbare Anknüpfung des Güterstatuts. Mit Verlust der
kroatischen und Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Ehefrau ist auf dieser
Basis also das kroatische Recht nicht mehr anwendbar gewesen, sondern stattdessen das
Recht des gemeinsamen Wohnsitzstaates. Daraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall die
Eheleute seit dem Staatsangehörigkeitswechsel zuletzt im deutschen Güterrecht und damit
gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben.

Wie sich dies auf die Erbquote auswirkt, ist unsicher. Die güterrechtliche Qualifikation würde
hier dazu führen, dass das erbrechtliche Viertel aus §§ 1371 Abs. 1, 1931 Abs. 3 BGB
zusätzlich zum kroatischen Erbrecht anzuwenden ist. Es erhöht sich also die gesetzliche
Erbquote des überlebenden Ehegatten von 1/3 um das güterrechtliche Viertel auf 7/12.

Die Erbquoten der Kinder werden von der herrschenden Lehre in Deutschland entsprechend
gekürzt. Dennoch wird vielfach darauf hingewiesen, dass weder das kroatische
Recht noch das Erbrecht von Deutschland eine gesetzliche Erbquote von 7/12 zu Gunsten
des überlebenden Ehegatten kennen, sondern auch die Erhöhung nach deutschem Recht
nicht dazu führen darf, dass der überlebende Ehegatte mehr als ½ erhält. Es wurde daher
angenommen, dass die Erbquote des überlebenden Ehegatten auf ½ zu kürzen ist, sodass
sich im Ergebnis dann dieselben Quoten ergeben wie im deutschen Recht (vgl. hier LG
Mosbach ZEV 1998, 489; ähnlich auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.3.2015, FamRZ
2015, 1237).

Wegen der mit der güterrechtlichen Qualifikation verbundenen erheblichen Unsicherheiten
bei der Bestimmung der Erbquote könnte sich möglicherweise hier empfehlen, jeweils einen
Haupt- und Hilfsantrag mit Erbquoten von 7/12 und ½ zu Gunsten der Ehefrau zu stellen,
um eine kostenpflichtige Zurückweisung zu vermeiden.

Gutachten/Abruf-Nr:

179244

Erscheinungsdatum:

05.02.2021

Rechtsbezug

National

Normen in Titel:

EGBGB Art. 25