Inhaltsänderung einer Sondereigentumseinheit durch Veräußerung eines Sondernutzungsrechts an einer Gartenfläche; vormerkungsgesichertes schuldrechtliches Vorkaufsrecht an der Sondereigentumseinheit; Beginn des Vormerkungsschutzes
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 170662
letzte Aktualisierung: 29. Juli 2019
BGB §§ 463, 883, 888, 1094, 1098; WEG §§ 3, 8, 10
Inhaltsänderung einer Sondereigentumseinheit durch Veräußerung eines Sondernutzungsrechts
an einer Gartenfläche; vormerkungsgesichertes schuldrechtliches Vorkaufsrecht
an der Sondereigentumseinheit; Beginn des Vormerkungsschutzes
I. Sachverhalt
An dem in Wohnungseigentum aufgeteilten Grundstück (insgesamt drei Einheiten) soll das
Sondernutzungsrecht an dem Gartenanteil der Sondereigentumseinheit Nr. 1 gegen den Kellerraum
des Sondereigentums Nr. 2 getauscht werden. An der Sondereigentumseinheit Nr. 1, von
der das Sondernutzungsrecht an dem Gartenanteil abgeschrieben werden soll, ist eine Vormerkung
zugunsten eines Dritten eingetragen. Die Vormerkung dient zur Sicherung eines preislimitierten
schuldrechtlichen Vorkaufsrechts aufgrund eines notariellen Vertrages vom
17.6.2014. Das Vorkaufsrecht soll für den ersten echten Vorkaufsfall gelten. Die mit dem
schuldrechtlichen Vorkaufsrecht derzeit nicht belastete Sondereigentumseinheit Nr. 2 soll im
Anschluss an den Tauschvertrag verkauft werden.
II. Frage
Ist zum Tausch, insbesondere zur Übertragung des Sondernutzungsrechts am Gartenanteil, die
Zustimmung des schuldrechtlichen Vorkaufsberechtigten erforderlich?
III. Zur Rechtslage
1. Vormerkung als akzessorisches Sicherungsmittel
Nach
Rechts an einem Grundstück eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. Die
Eintragung einer Vormerkung ist auch zur Sicherung eines künftigen oder eines bedingten Anspruchs
zulässig,
vielmehr ein mit gewissen dinglichen Wirkungen ausgestattetes Sicherungsmittel eigener
Art für einen schuldrechtlichen Anspruch auf dingliche Rechtsänderung (vgl. BGH
Akzessorietät der Vormerkung vom Bestand des gesicherten Anspruchs wird dabei
bereits in
der Eintragung einer Vormerkung allein „zur Sicherung“ eines Anspruchs auf dingliche
Rechtsänderung ermöglicht wird. Folge der entsprechenden Akzessorietät ist, dass die
Vormerkung nicht ohne zugrunde liegenden schuldrechtlichen Anspruch zur Entstehung
gelangt. Eine für einen nichtigen Anspruch eingetragene Vormerkung ist rechtlich ein
Nullum. Ebenso wenig sind nicht bestehende Ansprüche vormerkbar; eine darauf bezogene
Vormerkung ist unzulässig und, wenn sie dennoch im Grundbuch eingetragen wird, gegenstandslos
(statt aller MünchKommBGB/Kohler, 7. Aufl. 2017, § 883 Rn. 22).
2. Beginn der Schutzwirkung gem.
Im Falle eines künftigen Anspruchs entfaltet eine Vormerkung ihre Schutzwirkung gem.
besteht die Sicherungswirkung bereits mit der Entstehung der Vormerkung, hier
also mit der Schaffung des Rechtsgrundes für den künftigen Anspruch und der Eintragung der Vormerkung
im Grundbuch (vgl. Palandt/Herrler, § 883 Rn. 19).
Wir erlauben uns in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des BGH vom
31.10.1980 – V ZR 95/79 zu verweisen, in welcher das Gericht ausführt:
„Maßgebend ist in diesem Zusammenhang allein der Zeitpunkt
der Eintragung der Vormerkung, nicht dagegen der Tag der
Annahme des Vertragsangebots. Allerdings ist die streng
akzessorische Vormerkung in ihrer Entstehung und in ihrem
Bestand stets vom gesicherten Anspruch abhängig. Daß der Auflassungsanspruch
der Grundstückskäuferin hier erst mit der
Annahme des Vertragsangebots (am 24. 5. 1971) entstand, besagt
indes nichts für die Frage, auf welchen Zeitpunkt beim gutgläubigen
Erwerb einer Vormerkung für künftige Ansprüche abzustellen
ist und wann die Schutzwirkung derartiger Vormerkungen
einsetzt. Der Gesetzgeber hat Vormerkungsschutz für
künftige Ansprüche ausdrücklich zugelassen (
generell (also auch in solchen Fällen) für den Rang des Rechts,
auf dessen Einräumung der Anspruch gerichtet ist, auf den Tag
der Eintragung der Vormerkung abgestellt (§ 883 III BGB).
Wollte man einen Vormerkungsschutz für künftige Ansprüche
erst von dem Zeitpunkt ab eintreten lassen, in dem die
gesicherten Ansprüche entstehen, wäre er sinnentleert; § 883 I
2 BGB würde seine Bedeutung verlieren und wäre überflüssig.
Nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes verleiht diese
Bestimmung vielmehr die der Vormerkung eigentümliche
Sicherungswirkung (§ 883 II BGB) gerade einem noch nicht
bestehenden Anspruch. Geltend gemacht werden kann diese
Wirkung allerdings erst nach der Entstehung des Anspruchs, aber
eben mit rückwirkender Kraft ab Eintragung der Vormerkung
(vgl. RGRK, 12. Aufl., § 883 Rdnr. 81; Erman-Westermann,
BGB, 6. Aufl., § 883 Rdnr. 17; Palandt-Bassenge, BGB, 39. Aufl.,
§ 883 Anm. 3; Pfeiffer, ZblFG 1914, 552).“
(BGH
215; BeckOGK-BGB/Assmann, Stand: 1.5.2019, § 883 Rn. 182,
182.1)
Insoweit unterscheidet sich ein vormerkungsgesichertes schuldrechtliches Vorkaufsrecht von
einem dinglichen Vorkaufsrecht, denn bei Letzterem tritt der vormerkungsgleiche
Schutz des
S. 1, 463 BGB ein (vgl. OLG München, Beschl. v. 1.2.2013 – 34 Wx 453/12, FGPrax 2013,
109; Staudinger/Heinze, BGB, 2018, § 877 Rn. 60; BeckOK-BGB/Wegmann, 50. Ed.
1.5.2019, § 1098 Rn. 13).
3. Ergebnis
Vor dem Hintergrund, dass die Schutzwirkung des
wenn der Rechtsboden des künftigen bzw. bedingten Anspruchs gelegt und die Eintragung
der Vormerkung im Grundbuch erfolgt sind, bedarf es hier zur Veräußerung des Sondernutzungsrechts
– d. h. zur Inhaltsänderung des mit der Vormerkung belasteten Sondereigentums
– der Zustimmung des vormerkungsgesicherten Vorkaufsberechtigten.
170662
Erscheinungsdatum:29.07.2019
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:
Vorkaufsrecht schuldrechtlich, Wiederkauf
Vormerkung
WEG
BGB § 883; WEG § 10; BGB § 463; BGB § 1094; WEG § 3; BGB § 888; BGB § 1098; WEG § 8