12. Februar 2020
BGB § 1828; BGB § 1908i

Tod des Betreuten nach Abschluss des Kaufvertrags und vor Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung; Vertragsvollzug; Maklerprovision

BGB §§ 1908i, 1828
Tod des Betreuten nach Abschluss des Kaufvertrags und vor Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung; Vertragsvollzug; Maklerprovision

I. Sachverhalt
Es wurde – nach Vermittlung durch einen Makler – ein Grundstückskaufvertrag geschlossen. Der Verkäufer, der unter Betreuung stand, wurde bei Vertragsabschluss durch den Käufer vertreten. Die Genehmigung des Betreuers wurde drei Wochen nach dem Kaufvertragsabschluss erteilt, im Anschluss wurde die betreuungsgerichtliche Genehmigung beantragt. Der Grundstückseigentümer verstarb vor Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung. Die Auflassung ist im Kaufvertrag erklärt, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bewilligt. Kaufpreisfälligkeitsvoraussetzung ist unter anderem das Vorliegen der Genehmigungserklärung durch das Betreuungsgericht in der erforderlichen Form. Der Käufer ist womöglich nicht bereit, an einer weiteren Vereinbarung mitzuwirken.

II. Fragen
1. Kann der Erbe des Verkäufers den Kaufvertrag genehmigen oder muss der Kaufvertrag erneut geschlossen werden?

2. Muss die Auflassung durch den Erben sowie durch den Erwerber nochmals erklärt werden?

3. Muss die Vormerkung erneut bewilligt werden?

4. Muss die im Kaufvertrag vereinbarte Kaufpreisfälligkeit abgeändert werden oder ersetzt die Genehmigung durch den Erben die erforderliche Genehmigung durch das Betreuungsgericht?

5. Steht im Fall der Genehmigung dem Makler nach den gesetzlichen Bestimmungen eine Provision zu oder ist durch die Genehmigung ein neuer Vertrag zustande gekommen?

III. Zur Rechtslage
1. Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrags
Nach ständiger Rechtsprechung ist nach dem Tod des Betreuten kein Raum mehr für die Erteilung oder Verweigerung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung (KG OLGE 4, 416, 417; KG JW 1938, 2142; BayObLGZ 1964, 350, 351 = NJW 1965, 397; OLG Frankfurt Rpfleger 1978, 99). Dies gilt selbst für genehmigungsbedürftige Verträge, die ein gutgläubiger Betreuer kraft Fortbestand seiner Befugnisse (gem. §§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1893, 1698a, 1698b BGB) abgeschlossen hat (BayObLGZ 1964, 350, 351 = NJW 1965, 397; G. Müller, in: G. Müller/Renner, Betreuungsrecht und Vorsorgeverfügungen in der Praxis, 5. Aufl. 2018, Rn. 212). In diesen Fällen tritt vielmehr in entsprechender Anwendung des § 1829 Abs. 3 BGB die Genehmigung der Erben des Betreuten an die Stelle der Genehmigung des Betreuungsgerichts (KG OLGE 4, 416, 417; KG JW 1938, 2142; BayObLGZ 1964, 350, 351 = NJW 1965, 397; G. Müller, Rn. 216; Staudinger/Veit, BGB, 2014, § 1829 Rn. 51; Weber, DNotZ 2015, 498, 520). Ausnahmen hat die Rechtsprechung bislang nicht zugelassen.

Zur Übertragung der bisherigen Rechtsprechung auf das reformierte Genehmigungsverfahren nach FamFG fehlen bislang Äußerungen in der Rechtsprechung. In der Literatur besteht allerdings Einigkeit, dass es hinsichtlich der Notwendigkeit der Genehmigung der Erben des Betreuten bei Tod des Betreuten vor Eintritt der Wirksamkeit des Vertrages keine Rolle spielt, ob der Betreute

- vor Erlass des Genehmigungsbeschlusses,
- nach Erlass des Genehmigungsbeschlusses, aber vor Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses, oder
- nach Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses, aber vor Mitteilung der Genehmigung an den anderen Vertragsteil nach § 1829 BGB

verstorben ist. In den beiden erstgenannten Fällen kann die Genehmigung nicht mehr wirksam werden, im letztgenannten Fall kann die wirksam gewordene Genehmigung nicht mehr zum Wirksamwerden des Vertrages führen (Schaal, notar 2010, 268, 277). Selbst wenn der Notar nach dem Tod des Betreuten in Unkenntnis des Todesfalls von der ihm erteilten Doppelvollmacht Gebrauch machen würde, würde dies nicht zur Wirksamkeit des Vertrages führen.

Stirbt nach alledem der Betreute – wie im vorliegenden Fall – vor Wirksamwerden des Vertrages, führt dies zum Erlöschen des Betreueramtes und die Befugnis zur Erteilung der Genehmigung des Vertrages geht entsprechend § 1829 Abs. 3 BGB auf die Erben des Betreuten über (BayObLGZ 1964, 350, 351 = NJW 1965, 397; Heggen, NotBZ 2010, 393, 399; Schaal, notar 2010, 268, 276; Weber, DNotZ 2015, 498, 520). Um den weiterhin fortbestehenden Schwebezustand zu beenden, kann der Vertragsgegner entsprechend § 1829 Abs. 2 BGB die Erben (sofern diese feststehen) zur Erklärung über die Genehmigung innerhalb einer Frist von vier Wochen auffordern (BeckOGK-BGB/Kilian, Std.: 1.11.2019, § 1829 Rn. 38). Wird die Genehmigung versagt oder innerhalb der Frist nicht erteilt, so gilt sie nach § 1829 Abs. 2 Hs. 2 BGB als verweigert. Der Vertrag wäre sodann endgültig unwirksam.

Demzufolge können die Erben des Verkäufers den Vertrag genehmigen. Die Genehmigung hat nach § 184 Abs. 1 BGB Rückwirkung, der Vertrag wird somit mit Wirkung ex tunc wirksam (Staudinger/Veit, § 1828 Rn. 54; Staudinger/Gursky, BGB, 2014, § 184 Rn. 35). Demzufolge ist eine neue Auflassungserklärung nicht erforderlich (vgl. Heggen, NotBZ 2010, 393, 400 f.).

Die Eintragung der Vormerkung setzt eine Bewilligung voraus (§ 885 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Bewilligung einer Auflassungsvormerkung bedarf nach h. M. der betreuungsgerichtlichen Genehmigung gem. §§ 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1908i Abs. 1 BGB (vgl. nur OLG Frankfurt NJW-RR 1997, 719; Heggen, NotBZ 2010, 393, 399; a. A. Staudinger/Gursky, BGB, 2013, § 885 Rn. 9). Wenn die Erben sämtliche für den Erblasser abgegebene Erklärungen genehmigen (§ 1829 Abs. 3 BGB analog), würde auch die Bewilligung der Vormerkung rückwirkend wirksam. Eine erneute Bewilligung der Vormerkung halten wir nicht für nötig, wenn auch nicht für schädlich.

2. Grundbuchvollzug
Zum Grundbuchvollzug ist allerdings ein Erbnachweis in öffentlicher Form des § 35 GBO erforderlich. Eine Voreintragung der Erben (§ 39 Abs. 1 GBO) ist nach § 40 Abs. 1 GBO entbehrlich. Soll noch eine Finanzierungsgrundschuld eingetragen werden, ist zu beachten, dass die Frage nach der Entbehrlichkeit der Voreintragung und einer analogen Anwendung von § 40 Abs. 1 GBO höchst umstritten ist (für analoge Anwendung OLG Frankfurt MittBayNot 2018, 247; OLG Köln FGPrax 2018, 106; OLG Stuttgart ZErb 2018, 337; hiergegen KG FGPrax 2011, 270). Unabhängig hiervon ist die Eintragung der Erben insbesondere im Hinblick auf den weiteren Vollzug und die anstehende Fälligstellung des Kaufpreises unbedingt empfehlenswert. Denn anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Erben den Kaufvertrag genehmigen, das Grundbuchamt aber den Vollzug der Auflassung unter Hinweis auf eine ggf. aus seiner Sicht nicht ausreichende Legitimation der Erben verweigert (etwa nach einer späteren Ein­ziehung des Erbscheins).

3. Anpassung der Fälligkeitsvoraussetzungen
Fraglich ist, inwieweit einem Vollzug des Kaufvertrages die im Kaufvertrag enthaltenen Fälligkeitsvoraussetzungen entgegenstehen. Dabei ist insbesondere festzustellen, dass die Einholung einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung nicht mehr möglich ist, sondern die Genehmigung der Erben an die Stelle der betreuungsgerichtlichen Genehmigung tritt.

Die Fälligkeitsvoraussetzung könnte evtl. im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) dahingehend ausgelegt werden, dass eine betreuungsgerichtliche Genehmigung nicht mehr Voraussetzung für die Fälligstellung ist, sondern die Genehmigung durch die Erben. Ergänzend würde man auch die Voreintragung der Erben verlangen müssen, da das oben beschriebene Risiko der Einziehung eines Erbscheins besteht und keine gesicherte Grundlage für die Kaufpreiszahlung besteht, bis die Erben im Grundbuch eingetragen sind.

Die ergänzende Auslegung setzt voraus, dass der Vertrag eine Regelungslücke enthält; diese kann sich auch aus nachträglichen Änderungen der rechtlichen Verhältnisse ergeben (Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 157 Rn. 3). Nach allgemeiner Meinung ist in diesen Fällen darauf abzustellen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie die neuen Verhältnisse gekannt hätten. Im vorliegenden Fall wird man wohl nur zu dem Ergebnis kommen können, dass die Parteien nicht die betreuungsgerichtliche Genehmigung, sondern eine Genehmigung der Erben und deren Eintragung im Grundbuch als Fälligkeitsvoraussetzung vereinbart hätten; denn die Fälligkeitsvoraussetzung wurde lediglich aufgenommen, um die Wirksamkeit des Vertrags vor der Kaufpreiszahlung sicherzustellen. Ist der Vertrag durch die Genehmigung der Erben wirksam und ist aufgrund der Voreintragung der Erben der grundbuchmäßige Vollzug sichergestellt, bedarf es dieser Voraussetzung nicht mehr.

Fraglich ist allerdings, ob der Notar bei seiner Fälligkeitsmitteilung von sich aus diese ergänzende Vertragsauslegung vornehmen darf oder ob es hierzu z. B. eines Nachtrages der Beteiligten bedarf. Der Notar ist bei der Fälligkeitsmitteilung zur gewissenhaften Ausführung nach den Regeln der Praxis verpflichtet und darf insbesondere nicht nach eigenem Ermessen über die Fälligkeit entscheiden, wenn ihm die Beteiligten keinen Ermessensspielraum eingeräumt haben (BGH DNotZ 1986, 406, 409; Albrecht, in: Reithmann/Albrecht/Basty, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung, 7. Aufl. 1995, Rn. 544). Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Notars, den Inhalt des Vertrags auszulegen (BGH DNotZ 2016, 151 Tz. 15). Insbesondere für Weisungen im Zusammenhang mit den Auszahlungsbedingungen beim Notaranderkonto oder Treuhandauflagen bei der Löschung abzulösender Rechte ist anerkannt, dass der Notar die Weisungen grds. strikt zu befolgen hat. Der Notar darf dabei keine Umstände außerhalb des Treuhandauftrags berücksichtigen, sondern muss sich streng an den Wortlaut der Weisung halten (BGH NJW 2000, 1644; RNotZ 2003, 402, 403; BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – V ZB 219/10, BeckRS 2011, 04095. Tz. 7; BGH, Beschl. v. 28.10.2010 – V ZB 70/10, BeckRS 2010, 2918 Tz. 33; DNotZ 2015, 545 Tz. 17).

Es ist jedoch zu erwägen, bei einer Fälligkeitsmitteilung einen weiteren Maßstab anzulegen, weil die Fälligkeitsmitteilung ein Rechtsgutachten verbunden mit einer Tatsachenfeststellung darstellt (BGH DNotZ 1985, 48; DNotZ 1985, 147; DNotZ 2003, 122). Anders als bei der Auszahlung von Geldbeträgen vom Anderkonto oder der Löschung von Rechten ist es möglich, in der Fälligkeitsmitteilung eine Differenzierung vorzunehmen und in der Formulierung deutlich zu machen, dass man insoweit nicht mehr auf den Text des Vertrages selbst abstellt, sondern auf eine darüber hinausgehende Vertragsauslegung. Wir halten es daher für zulässig, dass der Notar in einer eingeschränkten Fälligkeitsmitteilung an die Beteiligten darauf hinweist, dass die Fälligkeitsvoraussetzungen mit Ausnahme der vereinbarten betreuungsgerichtlichen Genehmigung eingetreten sind und die Genehmigung der Erben vorliegt und der Wirksamkeit und dem Vollzug des Vertrags nach dem Kenntnisstand des Notars nichts mehr entgegensteht. Dies könnte man mit einem Hinweis auf die denkbare Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung verbinden, dass die eingeschränkte Fälligkeitsmitteilung für die Fälligkeit des Kaufpreises ausreicht.

Möglich, wenn u. E. auch nicht zwingend erforderlich, wäre es auch, dass die Parteien durch einen klarstellenden Nachtrag zum Vertrag die Fälligkeitsvoraussetzungen modifizieren. Eine Vertragsänderung ist (vor bindend gewordener Auflassung, vgl. BGH NJW 2018, 3523) nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB beurkundungspflichtig. Änderungen zur Behebung von Abwicklungsschwierigkeiten bedürfen jedoch nicht der notariellen Form (BGH NJW 2001, 1932, 1933; zum Ganzen BeckOGK-BGB/Schreindorfer, Std.: 1.12.2019, § 311b Rn. 236). Unter diese Fallgruppe dürfte auch der vorliegende Fall zu subsumieren sein. Es geht bei der Änderung der Vertragsänderung um die Beseitigung einer überflüssigen Abwicklungsmodalität. Demzufolge dürfte eine privatschriftliche Änderung des Vertrags ausreichend sein.

In diesem Zusammenhang dürfte auch zu würdigen sein, dass dem Verkäufer zumindest aus Treu und Glauben ein entsprechender Anspruch gegen den Käufer auf entsprechende Abänderung der Fälligkeitsvoraussetzungen zustehen dürfte, sodass eine Abänderungsurkunde lediglich die Erfüllung einer bereits bestehenden Verbindlichkeit enthalten dürfte.

4. Anspruch auf Maklerprovision
Fraglich ist, ob dem Makler auch im Falle der Genehmigung des Vertrages durch die Erben ein Provisionsanspruch zusteht.

Ein Anspruch auf eine Maklerprovision aus einem geschlossenen Maklervertrag besteht nach § 652 BGB nur, wenn der nachgewiesene Hauptvertrag dem nach dem Maklervertrag beabsichtigten Vertrag bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise dem Inhalt, der Geschäftsart und der Personen nach im Wesentlichen entspricht (BGH NJW-RR 2014, 1272 Rn. 18; NJW 2014, 2352 Rn. 10; MünchKommBGB/Roth, 8. Aufl. 2020, § 652 Rn. 155). An der erforderlichen Gleichwertigkeit fehlt es, wenn der abgeschlossene Vertrag bereits rechtlich ein völlig anderes Gepräge als der ursprünglich avisierte Vertrag hat (BeckOGK-BGB/Meier, Std.: 1.11.2019, § 652 Rn. 263).

Dass Vertragspartner auf der Verkäuferseite nunmehr die Erben werden, dürfte dem Vertrag nicht ein anderes Gepräge verleihen. Als Gesamtrechtsnachfolger (§§ 1922, 1967 Abs. 1 BGB) treten die Erben gerade an die Stelle des Vertragspartners. Dass der Vertrag mit den Erben zustande kommt, ist unmaßgeblich (vgl. MünchKommBGB/Roth, § 652 Rn. 165). Der Tod des Auftraggebers beendet den Maklervertrag nicht. Er geht auf die Erben über (§ 672 S. 1 BGB analog; MünchKommBGB/Roth, § 652 Rn. 98). Auch an der wirtschaftlichen Kongruenz haben wir keine Zweifel, da der Inhalt des Vertrags gleich bleibt und die Einholung einer Genehmigung der Erben anstelle einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die wirtschaftliche Bedeutung des Vertrags unerheblich ist.

Demzufolge gehen wir davon aus, dass dem Makler nach der Genehmigung ein Provisionsanspruch zusteht, sofern die übrigen Voraussetzungen für sein Entstehen vorliegen.

Gutachten/Abruf-Nr:

170408

Erscheinungsdatum:

12.02.2020

Rechtsbezug

National

Erschienen in:

DNotI-Report 2020, 17-20

Normen in Titel:

BGB § 1828; BGB § 1908i