Tod des Betreuten nach Abschluss des Kaufvertrags und vor Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung; Vertragsvollzug; Maklerprovision
BGB §§ 1908i, 1828
Tod des Betreuten nach Abschluss des Kaufvertrags und vor Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung; Vertragsvollzug; Maklerprovision
I. Sachverhalt
Es wurde – nach Vermittlung durch einen Makler – ein Grundstückskaufvertrag geschlossen. Der Verkäufer, der unter Betreuung stand, wurde bei Vertragsabschluss durch den Käufer vertreten. Die Genehmigung des Betreuers wurde drei Wochen nach dem Kaufvertragsabschluss erteilt, im Anschluss wurde die betreuungsgerichtliche Genehmigung beantragt. Der Grundstückseigentümer verstarb vor Erteilung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung. Die Auflassung ist im Kaufvertrag erklärt, die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bewilligt. Kaufpreisfälligkeitsvoraussetzung ist unter anderem das Vorliegen der Genehmigungserklärung durch das Betreuungsgericht in der erforderlichen Form. Der Käufer ist womöglich nicht bereit, an einer weiteren Vereinbarung mitzuwirken.
II. Fragen
1. Kann der Erbe des Verkäufers den Kaufvertrag genehmigen oder muss der Kaufvertrag erneut geschlossen werden?
2. Muss die Auflassung durch den Erben sowie durch den Erwerber nochmals erklärt werden?
3. Muss die Vormerkung erneut bewilligt werden?
4. Muss die im Kaufvertrag vereinbarte Kaufpreisfälligkeit abgeändert werden oder ersetzt die Genehmigung durch den Erben die erforderliche Genehmigung durch das Betreuungsgericht?
5. Steht im Fall der Genehmigung dem Makler nach den gesetzlichen Bestimmungen eine Provision zu oder ist durch die Genehmigung ein neuer Vertrag zustande gekommen?
III. Zur Rechtslage
1. Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrags
Nach ständiger Rechtsprechung ist nach dem Tod des Betreuten kein Raum mehr für die Erteilung oder Verweigerung der betreuungsgerichtlichen Genehmigung (KG OLGE 4, 416, 417; KG JW 1938, 2142;
Zur Übertragung der bisherigen Rechtsprechung auf das reformierte Genehmigungsverfahren nach FamFG fehlen bislang Äußerungen in der Rechtsprechung. In der Literatur besteht allerdings Einigkeit, dass es hinsichtlich der Notwendigkeit der Genehmigung der Erben des Betreuten bei Tod des Betreuten vor Eintritt der Wirksamkeit des Vertrages keine Rolle spielt, ob der Betreute
- vor Erlass des Genehmigungsbeschlusses,
- nach Erlass des Genehmigungsbeschlusses, aber vor Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses, oder
- nach Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses, aber vor Mitteilung der Genehmigung an den anderen Vertragsteil nach § 1829 BGB
verstorben ist. In den beiden erstgenannten Fällen kann die Genehmigung nicht mehr wirksam werden, im letztgenannten Fall kann die wirksam gewordene Genehmigung nicht mehr zum Wirksamwerden des Vertrages führen (Schaal,
Stirbt nach alledem der Betreute – wie im vorliegenden Fall – vor Wirksamwerden des Vertrages, führt dies zum Erlöschen des Betreueramtes und die Befugnis zur Erteilung der Genehmigung des Vertrages geht entsprechend § 1829 Abs. 3 BGB auf die Erben des Betreuten über (
Demzufolge können die Erben des Verkäufers den Vertrag genehmigen. Die Genehmigung hat nach § 184 Abs. 1 BGB Rückwirkung, der Vertrag wird somit mit Wirkung ex tunc wirksam (Staudinger/Veit, § 1828 Rn. 54; Staudinger/Gursky, BGB, 2014, § 184 Rn. 35). Demzufolge ist eine neue Auflassungserklärung nicht erforderlich (vgl. Heggen,
Die Eintragung der Vormerkung setzt eine Bewilligung voraus (§ 885 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Bewilligung einer Auflassungsvormerkung bedarf nach h. M. der betreuungsgerichtlichen Genehmigung gem. §§ 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1908i Abs. 1 BGB (vgl. nur OLG Frankfurt
2. Grundbuchvollzug
Zum Grundbuchvollzug ist allerdings ein Erbnachweis in öffentlicher Form des § 35 GBO erforderlich. Eine Voreintragung der Erben (§ 39 Abs. 1 GBO) ist nach § 40 Abs. 1 GBO entbehrlich. Soll noch eine Finanzierungsgrundschuld eingetragen werden, ist zu beachten, dass die Frage nach der Entbehrlichkeit der Voreintragung und einer analogen Anwendung von § 40 Abs. 1 GBO höchst umstritten ist (für analoge Anwendung OLG Frankfurt
3. Anpassung der Fälligkeitsvoraussetzungen
Fraglich ist, inwieweit einem Vollzug des Kaufvertrages die im Kaufvertrag enthaltenen Fälligkeitsvoraussetzungen entgegenstehen. Dabei ist insbesondere festzustellen, dass die Einholung einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung nicht mehr möglich ist, sondern die Genehmigung der Erben an die Stelle der betreuungsgerichtlichen Genehmigung tritt.
Die Fälligkeitsvoraussetzung könnte evtl. im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) dahingehend ausgelegt werden, dass eine betreuungsgerichtliche Genehmigung nicht mehr Voraussetzung für die Fälligstellung ist, sondern die Genehmigung durch die Erben. Ergänzend würde man auch die Voreintragung der Erben verlangen müssen, da das oben beschriebene Risiko der Einziehung eines Erbscheins besteht und keine gesicherte Grundlage für die Kaufpreiszahlung besteht, bis die Erben im Grundbuch eingetragen sind.
Die ergänzende Auslegung setzt voraus, dass der Vertrag eine Regelungslücke enthält; diese kann sich auch aus nachträglichen Änderungen der rechtlichen Verhältnisse ergeben (Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. 2020, § 157 Rn. 3). Nach allgemeiner Meinung ist in diesen Fällen darauf abzustellen, was die Parteien vereinbart hätten, wenn sie die neuen Verhältnisse gekannt hätten. Im vorliegenden Fall wird man wohl nur zu dem Ergebnis kommen können, dass die Parteien nicht die betreuungsgerichtliche Genehmigung, sondern eine Genehmigung der Erben und deren Eintragung im Grundbuch als Fälligkeitsvoraussetzung vereinbart hätten; denn die Fälligkeitsvoraussetzung wurde lediglich aufgenommen, um die Wirksamkeit des Vertrags vor der Kaufpreiszahlung sicherzustellen. Ist der Vertrag durch die Genehmigung der Erben wirksam und ist aufgrund der Voreintragung der Erben der grundbuchmäßige Vollzug sichergestellt, bedarf es dieser Voraussetzung nicht mehr.
Fraglich ist allerdings, ob der Notar bei seiner Fälligkeitsmitteilung von sich aus diese ergänzende Vertragsauslegung vornehmen darf oder ob es hierzu z. B. eines Nachtrages der Beteiligten bedarf. Der Notar ist bei der Fälligkeitsmitteilung zur gewissenhaften Ausführung nach den Regeln der Praxis verpflichtet und darf insbesondere nicht nach eigenem Ermessen über die Fälligkeit entscheiden, wenn ihm die Beteiligten keinen Ermessensspielraum eingeräumt haben (BGH
Es ist jedoch zu erwägen, bei einer Fälligkeitsmitteilung einen weiteren Maßstab anzulegen, weil die Fälligkeitsmitteilung ein Rechtsgutachten verbunden mit einer Tatsachenfeststellung darstellt (BGH
Möglich, wenn u. E. auch nicht zwingend erforderlich, wäre es auch, dass die Parteien durch einen klarstellenden Nachtrag zum Vertrag die Fälligkeitsvoraussetzungen modifizieren. Eine Vertragsänderung ist (vor bindend gewordener Auflassung, vgl. BGH
In diesem Zusammenhang dürfte auch zu würdigen sein, dass dem Verkäufer zumindest aus Treu und Glauben ein entsprechender Anspruch gegen den Käufer auf entsprechende Abänderung der Fälligkeitsvoraussetzungen zustehen dürfte, sodass eine Abänderungsurkunde lediglich die Erfüllung einer bereits bestehenden Verbindlichkeit enthalten dürfte.
4. Anspruch auf Maklerprovision
Fraglich ist, ob dem Makler auch im Falle der Genehmigung des Vertrages durch die Erben ein Provisionsanspruch zusteht.
Ein Anspruch auf eine Maklerprovision aus einem geschlossenen Maklervertrag besteht nach § 652 BGB nur, wenn der nachgewiesene Hauptvertrag dem nach dem Maklervertrag beabsichtigten Vertrag bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise dem Inhalt, der Geschäftsart und der Personen nach im Wesentlichen entspricht (BGH
Dass Vertragspartner auf der Verkäuferseite nunmehr die Erben werden, dürfte dem Vertrag nicht ein anderes Gepräge verleihen. Als Gesamtrechtsnachfolger (§§ 1922, 1967 Abs. 1 BGB) treten die Erben gerade an die Stelle des Vertragspartners. Dass der Vertrag mit den Erben zustande kommt, ist unmaßgeblich (vgl. MünchKommBGB/Roth, § 652 Rn. 165). Der Tod des Auftraggebers beendet den Maklervertrag nicht. Er geht auf die Erben über (§ 672 S. 1 BGB analog; MünchKommBGB/Roth, § 652 Rn. 98). Auch an der wirtschaftlichen Kongruenz haben wir keine Zweifel, da der Inhalt des Vertrags gleich bleibt und die Einholung einer Genehmigung der Erben anstelle einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung für die wirtschaftliche Bedeutung des Vertrags unerheblich ist.
Demzufolge gehen wir davon aus, dass dem Makler nach der Genehmigung ein Provisionsanspruch zusteht, sofern die übrigen Voraussetzungen für sein Entstehen vorliegen.
170408
Erscheinungsdatum:12.02.2020
RechtsbezugNational
Erschienen in: Normen in Titel:BGB § 1828; BGB § 1908i