12. August 2014
BGB § 2174; BGB § 2171; WEG § 12

Zustimmungspflichtigkeit der Erfüllung eines Vermächtnisses nach § 12 WEG; Auswirkungen eines Verwandtenprivilegs, wenn nur zwischen Beschwertem und Vermächtnisnehmer die Privilegierung einschlägig ist, nicht jedoch im Verhältnis zum Erblasser; Erfüllung eines Schenkungsvertrages als Veräußerung

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 136206
letzte Aktualisierung: 12. August 2014

WEG § 12; BGB §§ 2174, 2171
Zustimmungspflichtigkeit der Erfüllung eines Vermächtnisses nach § 12 WEG;
Auswirkungen eines Verwandtenprivilegs, wenn nur zwischen Beschwertem und Vermächtnisnehmer
die Privilegierung einschlägig ist, nicht jedoch im Verhältnis zum Erblasser;
Erfüllung eines Schenkungsvertrages als Veräußerung

I. Sachverhalt

X ist im Grundbuch als Eigentümer einer Wohnungs- und Teileigentumseinheit eingetragen. Im
Grundbuch ist vermerkt:
„Die Veräußerung bedarf der Zustimmung des Verwalters nach
dem WEG. Ausnahmen:

Die Veräußerung an den Ehegatten, Verwandte in gerader Linie
und Verwandte 2. Grades der Seitenlinie.“
X ist verstorben.
Erben sind geworden Y und Z (beides Nichten des eingetragenen Eigentümers X). Y und Z sind
Geschwister.
Testamentarisch hat X bestimmt: Y erhält das Wohnungs- und Teileigentumsrecht. Y ist zum
Testamentsvollstrecker bestimmt, u. a. mit der Aufgabe, das Vermächtnis zu erfüllen. Y erklärt
zur notariellen Niederschrift in Erfüllung des Vermächtnisses die Auflassung des Wohnungsund
Teileigentumsrechts an sich selbst.
Y schließt mit ihrem Sohn S einen Schenkungsvertrag betreffend das an sie aufgelassene Wohnungs-
und Teileigentumsrecht und lässt es an S auf.
Auflassung und Schenkungsvertrag mit Auflassung werden dem Grundbuchamt zum Vollzug
vorgelegt.
Das Grundbuchamt beanstandet nunmehr:

a) Die Auflassung bedarf der Zustimmung des Verwalters nach dem WEG.
Gründe: Y ist mit dem eingetragenen Eigentümer X im 3. Grad der Seitenlinie verwandt.
Deshalb bedarf die Auflassung der Zustimmung des Verwalters nach dem WEG.

b) Der Schenkungsvertrag mit Auflassung bedarf der Zustimmung des Verwalters nach dem
WEG.

Gründe: S ist mit dem eingetragenen Eigentümer X im 4. Grad der Seitenlinie verwandt.
Deshalb bedarf der Schenkungsvertrag mit Auflassung der Zustimmung des Verwalters nach
dem WEG.

II. Fragen

1. Bedarf die Erfüllung eines Vermächtnisses betreffend die Übertragung einer Wohnungsbzw.
Teileigentumseinheit an einen Miterben der Zustimmung des Verwalters nach dem
WEG?

2. Bedarf die Schenkung einer vermächtnisweisen zugewandten Wohnungs- bzw. Teileigentumseinheit
an den Sohn des Vermächtnisnehmers der Zustimmung des Verwalters nach
dem WEG?

III. Zur Rechtslage

1. Zustimmungspflichtigkeit nach § 12 WEG im Zusammenhang mit der Vermächtniserfüllung

Hinsichtlich der Vermächtniserfüllung durch Y als Testamentsvollstreckerin stellt sich
vorliegend als erstes die Frage, ob bereits die Vermächtnisanordnung durch das Testament
des X der Zustimmungspflicht nach § 12 WEG unterlag. Als zweites stellt sich die Frage, ob
die Vermächtniserfüllung durch Y und Z als Miterben des X (wobei die Veräußerung durch
Y allein als Testamentsvollstreckerin vorgenommen wird) dem Anwendungsbereich des
§ 12 WEG unterfällt, obwohl laut Teilungserklärung die Veräußerung an Ehegatten, Verwandte
in gerader Linie und Verwandte zweiten Grades in der Seitenlinie zustimmungsfrei
ist.

a) Anwendung des § 12 WEG auf die Vermächtnisanordnung

Ungeachtet der Zwischenverfügung des Grundbuchamtes könnte vorliegend bereits die
letztwillige Vermächtnisanordnung durch X als Erblasser dem Anwendungsbereich des
§ 12 WEG unterfallen. Sollte bereits die Vermächtnisanordnung genehmigungspflichtig
gewesen sein, so wäre das Vermächtnis zunächst schwebend unwirksam, mit der Folge,
dass das Vermächtnis während dieses Schwebezeitraums noch gar nicht angefallen wäre
(vgl. BGHZ 37, 233 ff.). Würde der Verwalter die Genehmigung endgültig und rechtmäßig
versagen, so läge ein Fall des § 2171 BGB vor, so dass die Vermächtnisanordnung
wegen objektiver anfänglicher Unmöglichkeit unwirksam wäre (vgl. jurisPKBGB/
Reymann, 7. Aufl. 2014, § 2171 Rn. 8).
Bislang ist ungeklärt, ob die Vermächtnisanordnung als Kausalgeschäft vor dem Erbfall
dem Anwendungsbereich des § 12 WEG unterliegt. Eine Zustimmungspflicht wird
insofern – soweit ersichtlich – nirgends vertreten (im Überblick: Gutachten, DNotI-Report
2009, 181, 182 f.). Bessere Gründe sprechen u. E. gegen eine entsprechende Zustimmungspflicht.
Denn gem. § 12 Abs. 3 S. 1 WEG bedarf nur ein Vertrag, durch den
sich der Wohnungseigentümer zu einer Veräußerung des Wohnungseigentums verpflichtet,
der Zustimmung. Zwar kann auch ein Vermächtnis durch Vertrag, nämlich
durch Erbvertrag, ausgesetzt werden. In diesem Fall bindet sich der Erblasser aber nur
an die Vermächtnisanordnung und verpflichtet sich nicht in eigener Person zur Übertragung
von Wohnungseigentum. Hinzu kommt, dass der Sinn und Zweck von § 12
WEG auch ohne Zustimmungspflichtigkeit der Vermächtnisanordnung ausreichend
gewährleistet ist. Denn zum Schutze der Wohnungseigentümergemeinschaft vor unzuverlässigen
und zahlungsunfähigen Personen dürfte es ausreichend sein, dass die Veräußerung
in Erfüllung des Vermächtnisses der Zustimmung bedarf (vgl. zum Normzweck
m. w. N.: Staudinger/Kreuzer, BGB, Neubearb. 2005, § 12 WEG Rn. 1).
Im Nachfolgenden gehen wir daher davon aus, dass die Vermächtnisanordnung nicht
bereits der Zustimmung gem. § 12 WEG durch den Verwalter bedurfte. Wir weisen jedoch
darauf hin, dass insofern Rechtsprechung und Literatur nicht ersichtlich ist.

b) Zustimmungspflichtigkeit der Vermächtniserfüllung

Unstreitig dem Anwendungsbereich des § 12 WEG unterliegt dagegen die Erfüllung eines
Vermächtnisses als Veräußerung (BayObLGZ 1982, 46, 51; Staudinger/Kreuzer,
§ 12 WEG Rn. 18; Hügel, ZWE 2006, 174, 181; Tersteegen, ZErb 2013, 284, 291; generell
gegen eine Zustimmungspflichtigkeit hingegen: LG Nürnberg-Fürth MittBayNot
1976, 27). Das BayObLG begründet die Einschlägigkeit des § 12 WEG bei der Veräußerung
in Erfüllung eines Vermächtnisses damit, dass auch für die Erfüllung von Verpflichtungen
des Veräußerers, die durch letztwillige Verfügung begründet werden, uneingeschränkt
der Gesetzeszweck des § 12 Abs. 1 WEG einschlägig sei: Die anderen
Wohnungseigentümer hätten ein Interesse daran, nicht unkontrolliert einen Dritten in
die Wohnungseigentümergemeinschaft aufnehmen zu müssen bzw. nicht eines der bisherigen
Mitglieder der Eigentümergemeinschaft zu verlieren und hierdurch die Rechtstellung
eines anderen Mitglieds zu stärken (BayObLGZ 1982, 46, 50).
Vorliegend könnte allerdings eine Ausnahme von dem Zustimmungserfordernis
einschlägig sein. Denn laut Teilungserklärung bedarf es bei der Veräußerung an den
Ehegatten, Verwandte in gerader Linie und Verwandte zweiten Grades in der Seitenlinie
keiner Zustimmung des Verwalters nach dem WEG. Problematisch ist in diesem Zusammenhang
vorliegend, dass Y als Vermächtnisnehmer zwar im Verhältnis zu dem
Miterben als Verwandter zweiten Grades in der Seitenlinie verbunden ist, nicht jedoch
im Verhältnis zum Erblasser X, zu dem er lediglich als Verwandter dritten Grades in der
Seitenlinie steht (vgl. § 1589 BGB). Es stellt sich daher die Frage, auf welches Verhältnis
vorliegend abzustellen ist.
Für das Verhältnis X-Y könnte sprechen, dass der Y nach Erfüllung des Vermächtnisses
faktisch an die Stelle des X tritt. Legt man dies zugrunde, wäre die Zustimmung des
Verwalters zur Vermächtniserfüllung erforderlich. Die besseren Gründe sprechen u. E.
dagegen dafür, allein auf das Verhältnis Z-Y abzustellen. Denn für sich allein betrachtet
unterliegt die Rechtsnachfolge von Y und Z als Miterben im Verhältnis zu X infolge
Erbfalls (gesetzliche Gesamtrechtsnachfolge) nicht dem Zustimmungserfordernis gem.
§ 12 Abs. 1 WEG. Demnach wäre es konsequent, dass man auch bei der Ausnahme des
Verwandtenprivilegs ausschließlich auf das Verhältnis Y-Z abstellt und das Verhältnis
zu X als Erblasser vollständig ausblendet. Hinzu kommt, dass ansonsten ein Erwerber,
der die Wohnung von einem Vermächtnisbeschwerten erwirbt, gegenüber sonstigen
Erwerbern benachteiligt wäre. Denn auch bei anderen Erwerbern käme man nicht auf
die Idee, auch den Voreigentümer in die Betrachtung miteinzubeziehen, um zu ermitteln,
ob ein das Eingreifen des Verwandtenprivilegs ausreichendes Verhältnis zwischen
Veräußerer und Erwerber existiert. Schließlich spricht für das alleinige Abstellen auf
das Verhältnis Y-Z auch eine Entscheidung des LG Dortmund aus dem Jahre 2008 (LG
Dortmund MittBayNot 2009, 43). In diesem Fall ging es ebenfalls um das Eingreifen
eines Verwandtenprivilegs bei der Veräußerung an einen Verwandten zweiten Grades in
der Seitenlinie; das LG Dortmund stellte bei der Beurteilung des Falles ausschließlich
darauf ab, ob zwischen den an der Übertragung beteiligten Erben dieses Verwandtenprivileg
einschlägig war und blendete das Verhältnis zum Erblasser vollständig aus.
Im Ergebnis tendieren wir daher dazu, dass die Zustimmung des Verwalters bei der Vermächtniserfüllung
nicht erforderlich ist, auch wenn sich die Rechtslage an dieser Stelle
nicht abschließend klären lässt.

2. Zustimmungspflichtigkeit der Schenkung

Hinsichtlich der Schenkung von Y an ihren Sohn S ist im Grundsatz der Anwendungsbereich
des § 12 WEG ebenfalls unstreitig eröffnet. Denn eine nach § 12 Abs. 1 WEG im
Grundbuch eingetragene Veräußerungsbeschränkung, wonach die Veräußerung des Wohnungseigentums
der Zustimmung des Verwalters bedarf, erfasst ohne Weiteres auch eine
rechtsgeschäftliche Übertragung im Wege der Schenkung (KG ZWE 2012, 426). Im Verhältnis
Y zu S ist das Verwandtenprivileg nach der Teilungserklärung unzweifelhaft erfüllt,
weil S im Verhältnis zu Y in Verwandtschaft gerader Linie steht. Auch in diesem Zusammenhang
ist das Grundbuchamt vorliegend jedoch der Ansicht, dass bei der Beurteilung des
Verwandtenprivilegs nicht auf die Beziehung von S zu seiner Mutter Y, sondern auf diejenige
zu dem Erblasser X abzustellen sei. Hiergegen spricht jedoch, dass die vorliegende
Schenkung lediglich in einem zeitlichen Zusammenhang zu dem Erbfall und der Erbauseinandersetzung
steht, jedoch in keinerlei sachlichem Zusammenhang. Von daher erachten wir
es als fernliegend, bei der Beurteilung des Verwandtenprivilegs auf den bereits verstorbenen
X abzustellen; maßgeblich dürfte insofern allein das Verhältnis zwischen den an der
Schenkung beteiligten S und Y sein. Eine Verwalterzustimmung ist insofern daher nicht erforderlich.

3. Fazit

Im Ergebnis halten wir die Einschätzung des Grundbuchamts, was die Schenkung anbelangt,
für unzutreffend; mit Blick auf die Erfüllung des Vermächtnisses tendieren wir ebenfalls
dazu, dass das Verwandtenprivileg einschlägig ist, mit der Folge, dass insgesamt keine Verwalterzustimmung
erforderlich wäre. Wir weisen jedoch darauf hin, dass es mit Blick auf
die Vermächtniserfüllung an höchstrichterlicher Rechtsprechung fehlt, so dass die Rechtslage
als nicht abschließend geklärt anzusehen ist.

Gutachten/Abruf-Nr:

136206

Erscheinungsdatum:

12.08.2014

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vermächtnis, Auflage
WEG

Normen in Titel:

BGB § 2174; BGB § 2171; WEG § 12