01. Dezember 2008
BGB § 1913; EGBGB Art. 62

Rentengut nach früherem preußischen Recht; Vertretung unbekannter Berechtigter

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts F a x- A b r u f- N r . : 1322 4# letzte Aktualisierung: 2. Dezember 2008

EGBGB Art. 62, 233 § 2 Abs. 3; BGB § 1913 Rentengut nach früherem preußischen Recht; Vertretung unbekannter Berechtigter

I. Sachverhalt Im Grundbuch von B. findet sich in Abteilung 1 in der Spalte Eigentümer folgende Eintragung: ,,Die Gesamtheit der Rentengutskäufer in B. nach dem Rezess vom ... mit Ausnahme des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks W. Band ... Blatt ..., vertreten durch den durch Beschluss des Kulturamtes in N. vom ... 1939 zum Vertreter und Verwalter bestellten Neubauern ... in B." Grundlage der Eintragung war der Rentengutsrezess von B. aus dem Jahr 1938. In Abteilung 2 findet sich folgende Eintragung: ,, Eine Vormerkung zur Erhaltung des Rechts auf Auflassung für den jeweiligen Eigentümer des Rentenguts R. Band ... Blatt ... (derzeitiger Eigentümer: R. W. in B.) bezüglich Parzelle ... Kartenblatt ... und für den jeweiligen Eigentümer des Rentenguts W. Band ... Blatt ... (derzeitiger Eigentümer: Y. in B.) bezüglich Parzelle ... Kartenblatt ... Aufgrund des Rentengutsrezesses von B. vom ... 1938 unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 Ziff. 2 dieses Rezesses eingetragen am ... 1938." Dieser Grundbesitz soll nunmehr veräußert werden. II. Fragen 1. Was sind sog. Rentengüter und wie vollzog sich diesbezüglich die Erbfolge? Gilt insoweit Sondererbrecht, welches heute noch zu beachten ist? 2. Sind die Vorschriften des sog. Rentengutsrezesses bekannt und was war seine Aufgabe?

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3. Kann gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB unter erleichterten Voraussetzungen ein gesetzlicher Vertreter für unbekannte Erben von Grundstückseigentümern bestellt werden, wenn a) der Erwerb des Eigentums der eingetragenen Eigentümer unklar ist, b) die Grundstückseigentümer als Berechtigte in Abteilung 2 eingetragen sind? III. Zur Rechtslage 1. Rentengüter nach preußischem Recht Bei Rentengütern handelt es sich um eine altrechtliche Besonderheit des preußischen Rechts, die nach unserer Einschätzung auch während der NS-Zeit so weiter bestand und erst mit dem Gesetz Nr. 45 des Kontrollrats vom 25. Februar 1947 teilweise aufgehoben wurde. Insofern ist hier zunächst erforderlich, dass anwendbare alte Recht festzustellen. Im vorliegenden Sachverhalt galt in dem betreffenden Ort B. vor Inkrafttreten des BGB preußisches Landrecht (Deutsche Rechts- und Gerichtskarte von 1896). Das Rentengut ist eine preußische Entwicklung. Unter Rentengut war in der preußischen Gesetzgebung ein Grundstück zu verstehen, das nicht gegen eine Kapitalzahlung, sondern gegen Entrichtung einer festen, fortlaufenden zu zahlenden Rente zu Eigentum übertragen wurde (Legaldefinition: § 1 Abs. 1 des preuß. Gesetzes über Rentengüter v. 27.6.1890). Diese sog. ,,Rentengutsrente oder Kaufrente" hatte die Rechtsnatur einer Reallast (RGZ 121, 190). Seit 1890 war die Errichtung von Rentengütern in ganz Preußen gestattet und diente allgemein dem Zweck, die Bildung und Erhaltung eines bäuerlichen Mittelstandes und die Sesshaftmachung ländlicher Arbeiter zu fördern (so Güthe, GBO für das Deutsche Reich und die preußischen Ausführungsbestimmungen, 3. Aufl. 1913, 1361). ,,Rezess" bezeichnet die Auseinandersetzung eines Rentengutes, bei der dem Eigentümer wohl Land in Form von Rentengut zugesprochen wurde. Das die Grundlage der Eintragung bildende preußische Gesetz, betreffs die Beförderung der Errichtung von Rentengütern v. 07.07.1891 (GS 279) war jedoch bereits mit Wirkung zum 01.02.1928 durch § 42 Abs. 1 des preußischen Landesrentenbankgesetzes v. 29.12.1927 grundsätzlich aufgehoben worden. Ausnahmsweise galten seine Vorschriften jedoch für solche Rentengüter weiter, die aufgrund dieses Gesetzes mit Rentenbankrenten belastet waren (§ 42 Abs. 2 preußisches Landesrentenbankgesetz; zum Ganzen Staudinger/Kriegbaum, 12. Aufl. 1985, Art. 62 EGBGB Rn. 7 am Ende, 8; Meikel/Imhof/Riegel, Grundbuchrecht, 6. Aufl. 1970, Band III, § 117 GBO Rn. 10). Diese Rentenbankrenten knüpften an die Möglichkeit an, die begründete Rentengutsrente unter im einzelnen unterschiedlichen Voraussetzungen auf Antrag eines oder beider Beteiligter durch Vermittlung der Landesrentenbank abzulösen. Als Gegenleistung für diese Rentenübernahme durch die Landesrentenbank hatte der Begünstigte vom Zeitpunkt der Übernahme an eine Landesrentenbankrente an die Landesrentenbank zu entrichten (vgl. § 1 des Ges. vom 7.7.1891, §§ 5, 8, 11, 14 ff, 16 Ges. vom 29.12.1927). Nach § 43 des Landesrentenbankgesetzes v. 1927 galt das Anerbenrecht aufgrund des Gesetzes vom 8.6.1896 auch für derart mit Rentenbankrenten belastete Rentengüter. Für die Eintragung einer solchen Landesrentenbankrente (hierzu Meikel/Imhof/Riegel, a. a. O.) vermögen wir dem Eintragungsvermerk jedoch nichts zu entnehmen.

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Teilweise Aufhebung der Rentengüter durch Kontrollratsgesetz Nr. 45 Allerdings ist fraglich, ob vorliegend die preußische Rentengutsgesetzgebung bis heute in vollem Umfang weiter in Kraft geblieben ist. Ausgangspunkt dieser Zweifel ist das ,,Kontrollratsgesetz Nr. 45 (im folgenden KRG Nr. 45) zur Aufhebung der Erbhofgesetze und Einführung neuer Bestimmungen über land- und forstwirtschaftliche Grundstücke" vom 25.2.1947 (in Kraft getreten am 24.4.1947). In Art. III des genannten Gesetzes war nämlich in Abs. 2 vorgesehen, dass ,,alle anderen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke [d. h. land- und forstwirtschaftliche Grundstücke, die einen anderen Rechtscharakter als Erbhöfe hatten, für die Abs. 1 galt], die bisher in der Rechtsform einer besonderen Güterart besessen wurden, wie beispielsweise ­ ohne dass diese Aufzählung erschöpfend sein soll ­ Fideikommisse und ähnliche gebundene Vermögen, Erbpachtgüter, Lehnbauerngüter, Renten- und Ansiedlungsgüter, freies, den allgemeinen Gesetzen unterworfenes Grundeigentum werden". Ferner sah Art. X Abs. 2 des KRG Nr. 45 vor, dass u. a. Art. 62 EGBGB außer Kraft treten sollte, ,,soweit diese Bestimmung im Widerspruch zu Art. III dieses Gesetzes" stehe. Art. 62 EGBGB hingegen sah vor, dass durch das zum 1.1.1900 eingeführte BGB ,,die landesrechtlichen Vorschriften über Rentengüter" unberührt bleiben sollten. Insoweit stellt sich also die Frage, inwieweit tatsächlich das KRG Nr. 45 die preußischen Bestimmungen über Rentengüter außer Kraft gesetzt hat. Es scheint noch nicht abschließend geklärt zu sein, insoweit tatsächlich landesrechtliche Vorschriften über Rentengüter weiter bestehen können. Der kurzen Kommentierung bei MünchKomm-BGB/Säcker (4. Aufl. 2006, Art. 62 EGBGB) kann entnommen werden, dass dieser Autor davon ausgeht, dass die gesamten Vorschriften über Rentengüter nicht mehr gelten, da Art. 62 EGBGB zwischenzeitlich durch § 3 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes vom 10.7.1958 (BGBl. I, S. 437) i. V. m. §§ 2 und 3 des Gesetzes vom 28.12.1968 (BGBl. I, S. 1451) förmlich aufgehoben worden ist. Damit dürfte dann wohl der Geltungsanspruch für rentengüterrechtliche Vorschriften, die von denen des BGB abweichen, entfallen sein. Demgegenüber entnehmen wir der Kommentierung bei Soergel/Hartmann (10. Aufl. 1970, Art. 62 EGBGB) und Staudinger/Albrecht (Neubearb. 2005, Art. 62 EGBGB), dass diese Autoren zumindest von einer teilweisen Fortgeltung der Vorschriften der Rentengutsgesetzgebung ausgehen, da insoweit dieser Auffassung nach Art. III Abs. 2 i. V. m. Art. X Abs. 2 des KRG Nr. 45 die Rentengutsgesetzgebung nur teilweise aufgehoben hätten (so ausdrücklich Soergel/Hartmann, Art. 62 Rn. 1 a. E. und Staudinger/Albrecht, Art. 62 EGBGB Rn. 2 a. E., unter II. 4). Insbesondere Staudinger/Albrecht führt auch aus ­ entgegen der Kommentierung bei MünchKomm-BGB/Säcker ­, dass seiner Auffassung nach die zwischenzeitlich erfolgte Aufhebung von Art. 62 EGBGB durch die Gesetze vom 10.7.1958 und 28.12.1968 (siehe oben) nicht zu einer endgültigen Aufhebung der Vorschrift über die Rentengüter geführt habe, da zumindest der Neubekanntmachung des EGBGB vom 21.9.1994 (BGBl. I, S. 2494) zu entnehmen sei, dass Art. 62 EGBGB zumindest in der Reichweite fortgelten sollte, wie er nicht durch das KRG Nr. 45 aufgehoben worden sei. Diese zumindest teilweise Fortgeltung dürfte auch die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung sein, wenn man die (nur spärlichen) zu Rentengütern ergangenen Entscheidungen für diese Frage heranzieht. In dieser Hinsicht haben sich insbesondere geäußert: OLG Schleswig, Beschl. v. 15.8.1958, RdL 1958, 330f f. (= SchlHA 1959, 170, mit zustimmender Anm. Stiebens, RdL 1958, 331),

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LG Osnabrück, Beschl. v. 15.8.1963, RdL 1964, 22 f. und OLG Naumburg, Beschl. v. 25.1.2001, NJOZ 2001, 2231 ff.

Festzuhalten ist allerdings als Grundsatz: Rentengüter wurden in freies, den allgemeinen Gesetzen unterworfenes Grundeigentum umgewandelt. Wir gehen insofern davon aus, dass Eigentümer die bisherigen Rentengutsinhaber wurden. Mit der Auflösung der Rentengüter regelt sich auch die Vererbung der Rentengüter, wie sich aus Art. 3 Abs. 2 KRG Nr. 45 ergibt, nach den allgemeinen Gesetzen, d.h. mithin grundsätzlich nach dem BGB bzw. für die Zeit der Geltung des ZGB auch nach dem ZGB. Überträgt man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall, so gehen wir davon aus, dass Eigentümer des hier betroffenen Grundstücks die Rentengutskäufer in B. mit Ausnahme des dort genannten Eigentümers sind. Durch die Aufhebung der Rentengüter wurde das Eigentum in freies, den allgemeinen Gesetzen unterliegendes Eigentum überführt. Das Eigentum dürfte daher den dort unter der Sammelbezeichnung ,,Gesamtheit der Rentengutskäufer in B." genannten Personen nunmehr als freies Eigentum zustehen. Wir gehen dabei davon aus, dass es sich grundsätzlich nicht um Gesamthandseigentum, sondern um Miteigentum handelt, da die Gesamtheit der Rentengutskäufer wohl nach der Aufhebung der Rentengüter keine Gesamthandsgemeinschaft mehr darstellte. Stellungnahmen in Rechtsprechung und Literatur liegen allerdings nicht vor. Wir gehen davon aus, dass grundsätzlich Miteigentum zu gleichen Bruchteilen bestand gemäß § 742 BGB. Soweit hier eine Vormerkung für den jeweiligen Eigentümer des Rentenguts ... eingetragen ist, steht diese mit der Aufhebung der Rentengüter gemäß Art. 3 KRG Nr. 45 nunmehr dem jeweiligen Eigentümer des genannten Grundstücks nach den allgemeinen Grundsätzen zu. Insofern stellt sich allerdings die Frage, ob eine derartige subjektiv-dingliche Vormerkung überhaupt denkbar ist. Hierzu führt Gursky aus, dass die Zulässigkeit einer subjektiv dinglichen Vormerkung jahrzehntelang völlig unbestritten gewesen sei (RGZ 128, 246, 250; BGHZ 22, 220, 225 = NJW 1957, 98, 99; BGHZ 28, 99, 103). In neuerer Zeit sind allerdings, wie Gursky ausführt, Bedenken gegen diese Praxis geäußert worden (Schöner/Stöber, 14. Aufl. 2008, Rn. 261 a-h; Rastätter, BWNotZ 1994, 27, 28; Liedel, DNotZ 1991, 855, 860 ff.). Diese Bedenken knüpfen daran an, dass es sich bei den subjektiv dinglichen Vormerkungen um einen Sonderfall der Sukzessivberechtigung handeln würde, die neuerdings vielfach als systemwidrig angesehen werden (vgl. Staudinger/Gursky, BGB, 2009, § 883 BGB Rn. 74). Gursky führt aber aus, dass beispielsweise eine Vormerkung wirksam für den Auflassungsanspruch des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks bestellt werden kann (RWZ 128, 246 = JW 1930, 2422 mit Anmerkung Rosenberg; BGHZ 22, 220, 225; BayObLG DNotZ 1979, 502, 504; KGJ 36 A 212; KGJ 40 A 126, 128; KGHRR 1930 Nr. 1958; KGHRR 1935 Nr. 788; Staudinger/Gursky, § 883 BGB Rn. 74; a.A. OLG Dresden OLGE 40, 35). Folgt man der hier von Gursky vertretenen Auffassung, so wäre davon auszugehen, dass auch hier die Vormerkung als subjektiv dingliche Vormerkung zugunsten des jeweiligen Eigentümers des dort genannten Rentenguts, das nunmehr in allgemeines Eigentum überführt ist, bestehen bleiben konnte. Insofern kommt keine Löschung der Vormerkung wegen Gegenstandslosigkeit in Betracht. 3. Erbfolge Hinsichtlich der Erbfolge haben wir bereits ausgeführt, dass mit der Überführung der Rentengüter in das allgemeine Eigentum aufgrund Art. 3 KRG Nr. 45 die allgemeinen Gesetze auch hinsichtlich der Erbfolge anwendbar gewesen sein dürften. Ein Sondererbrecht existierte insofern nicht.

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Eigentümerstellung Aufgrund der Regelung in Art. 30 KRG Nr. 45 sind Eigentümer tatsächlich die Personen, die unter der Sammelbezeichnung ,,Gesamtheit der Rentengutskäufer in B." benannt sind. Inwieweit diese Personen bzw. ihre Rechtsnachfolger heute noch feststellbar sind, ist eine Frage des Einzelfalls, die von hier aus nicht beurteilt werden kann. Es käme insofern darauf an, ob möglicherweise in städtischen Archiven oder in Grundbuchämtern die Personen näher bezeichnet sind. Insofern könnte der Beschluss des Kulturamts in N. aus dem Jahr 1939 möglicherweise Aufschluss geben. Durch diesen Beschluss wurde ein Vertreter und Verwalter für die Gesamtheit der Rentengutskäufer bestellt. Möglicherweise sind hier die Rentengutskäufer namentlich benannt. Eine Liste über die Rentengutskäufer bzw. der genannte Beschluss könnte sich auch bei den Grundakten des Grundstücks finden. Insofern scheint es nicht ausgeschlossen, auch heute noch festzustellen, welche Personen mit der ,,Gesamtheit der Rentengutskäufer" bezeichnet wurden. a) Abwesenheitspfleger Soweit die derzeitigen Eigentümer nicht mehr festgestellt werden können, stellt sich zunächst die Frage, ob die Bestellung eines Pflegers nach § 1913 BGB in Betracht kommt. Nach § 1913 BGB kann, sofern unbekannt oder ungewiss ist, wer bei einer Angelegenheit der Beteiligte ist, ein Pfleger bestellt werden, sobald Fürsorge erforderlich ist. Voraussetzung für die Anwendung von § 1913 BGB ist zunächst, dass der Beteiligte unbekannt ist. Unbekannt ist ein Beteiligter, wenn er nicht gekannt wird. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn er nicht namentlich bezeichnet wird. Ist beispielsweise in einer Verfügung von Todes wegen oder in einer Auslegungsregel von ,,gesetzlichen Erben" die Rede und steht fest, welche Personen zur Zeit die gesetzlichen Erben sind, so handelt es sich nicht um unbekannte Personen (Staudinger/Bienwald, Neubearb. 2006, § 1913 BGB Rn. 6; Soergel/Zimmermann, 13. Aufl. 2000, § 1913 BGB Rn. 3). Ungewissheit über Beteiligte herrscht dann, wenn unter bekannten Personen streitig ist, ob oder zu welchem Teil sie an einer Angelegenheit berechtigt sind. Der wahre Berechtigte ist dann ungewiss (Soergel/Zimmermann, § 1913 BGB Rn. 3; Staudinger/Bienwald, § 1913 BGB Rn. 7). Ob unter diesen Voraussetzungen im vorliegenden Fall die Eigentümer tatsächlich unbekannt sind, ist eine Frage des Einzelfalls, die von hier aus nicht abschließend geklärt werden kann. Dies dürfte namentlich davon abhängen, ob die Eigentümer aufgrund der noch vorhandenen Urkunden noch festgestellt werden können. b) Vertreter nach Art. 233 § 2 EGBGB Ferner käme im vorliegenden Fall wohl die Bestellung eines Vertreters nach Art. 233 § 2 EGBGB in Betracht. Gemäß Art. 233 § 2 EGBGB kann, sofern der Eigentümer eines Grundstücks oder sein Aufenthalt nicht festzustellen ist und ein Bedürfnis besteht, die Vertretung des Eigentümers sicher zu stellen, durch den Landkreis oder die kreisfreie Stadt, in dessen oder deren Gebiet sich das Grundstück befindet, auf Antrag der Gemeinde oder eines anderen, der ein berechtigtes Interesse daran hat, ein gesetzlicher Vertreter bestellt werden. Voraussetzung ist auch für die Vertreterbestellung, dass der Eigentümer oder zumindest sein Aufenthalt unbekannt ist. Inwieweit diese Voraussetzung hier gegeben ist, ist wiederum eine Frage des Einzelfalls. Außerdem muss ein Bedürfnis für die Vertreterbestellung im Sinne von Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB bestehen. Dieses Bedürfnis kann auf öffentlich-rechtlichem

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oder privatrechtlichem Gebiet liegen (Palandt/Bassenge, 66. Aufl. 2007, PalandtArchiv, Art. 233 § 2 EGBGB Rn. 6; Staudinger/Rauscher, BGB, 2003, Art. 233 § 2 EGBGB Rn. 58). Nach unserer Erkenntnis ist Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB nicht nur auf solche Fälle beschränkt, bei denen sich die Ungewissheit über die Person des Eigentümers gerade aus den besonderen Verhältnissen zur Zeit der DDR ergibt. Vielmehr ist nur Voraussetzung, dass das Grundstück im Beitrittsgebiet liegt (MünchKomm/Säcker, 4. Aufl. 2006, Art. 233 § 2 EGBGB Rn. 10). Insofern käme hier eine Vertreterbestellung beim Vorliegen der Voraussetzungen grundsätzlich in Betracht. Die Bestellung eines derartigen Vertreters kann nach dem Wortlaut des Art. 233 § 2 Abs. 3 EGBGB wohl auch für den Vormerkungsberechtigten aus Abteilung 2 erfolgen, sofern auch sein Aufenthalt unbekannt ist. Zu berücksichtigen ist aber, dass eine Vertreterbestellung nur für die Personen erfolgen kann, deren Aufenthalt auch tatsächlich unbekannt ist. Soweit bei einzelnen Personen der Aufenthalt unbekannt ist, kann insofern wohl keine Vertreterbestellung erfolgen. Zu erwägen wäre noch, ob hier die Vorschrift des Art. 233 § 10 Abs. 1 EGBGB eingreift. Art. 233 § 10 Abs. 1 EGBGB regelt, dass, sofern ein dingliches Recht an einem Grundstück einem Personenzusammenschluss zusteht, dessen Mitglieder nicht namentlich im Grundbuch aufgeführt sind, die Gemeinde, in der das Grundstück liegt, vorbehaltlich einer anderweitigen landesgesetzlichen Regelung, gesetzliche Vertreterin des Personenzusammenschlusses ist. Ausgangspunkt des Art. 233 § 10 EGBGB ist, dass in den neuen Ländern noch altrechtliche Personenzusammenschlüsse bestehen, denen als Gesamthandsgemeinschaft Rechte an Wegen und sonstigen Grundstücken zustehen (Staudinger/Rauscher, Art. 233 § 10 EGBGB Rn. 1; Göhringer, Sachenrechtsbereinigung, Stand: August 2005, Art. 233 § 10 EGBGB Rn. 1). Diese Personenzusammenschlüsse, die durch das ZGB nicht aufgehoben wurden, sollten den Grundstücksverkehr nicht blockieren. Daher regelt Art. 233 § 10 EGBGB eine gesetzliche Vertretungsbefugnis, damit die Grundstücke schnell verfügbar werden. Art. 233 § 10 EGBGB ist anwendbar in allen Fällen, in denen ein solcher Personenzusammenschluss im Grundbuch als Berechtigter eingetragen ist. Ohne langwierige Nachforschungen sind damit diese Grundstücke schnell verfügbar. Die formale Grundbucheintragung ist Anknüpfungspunkt für das Vertretungsrecht (Böhringer, a.a.O., Rn. 3). Problematisch ist im vorliegenden Fall allerdings, dass hier der Personenzusammenschluss, das Rentengut, durch das Kontrollratsgesetz Nr. 45 aufgelöst wurde. Insofern stellt sich die Frage, ob Art. 233 § 10 EGBGB auch anwendbar ist für aufgelöste Personenzusammenschlüsse. Nach der Kommentierung von Böhringer scheint dies der Fall zu sein. Böhringer führt aus, dass die formale Grundbucheintragung Anknüpfungspunkt für das Vertretungsrecht sei (Böhringer, a.a.O., Rn. 3). Dies könnte dafür sprechen, die Vorschrift auch auf aufgelöste Personenzusammenschlüsse anzuwenden. Das Bundesverwaltungsgericht führt allerdings im Urteil vom 29.8.2006 (8c 21/05, ZOV 2006, 379) aus, dass die Vorschrift des Art. 233 § 10 EGBGB nach ihrem Wortlaut nur auf bestehende altrechtliche Personenzusammenschlüsse Anwendung findet. Dieser Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts schließt sich im Hinblick auf den Wortlaut auch der Sachbearbeiter an. Wir gehen daher davon aus, dass Art. 233 § 10 EGBGB im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist.

Gutachten/Abruf-Nr:

13224

Erscheinungsdatum:

01.12.2008

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vormundschaft, Pflegschaft (familien- und vormundschaftsgerichtliche Genehmigung)

Normen in Titel:

BGB § 1913; EGBGB Art. 62