Abschluss eines Ehevertrages aufgrund Vorsorgevollmacht
Abschluss eines Ehevertrages aufgrund Vorsorgevollmacht
I. Sachverhalt
Der Ehemann M (Jahrgang 1940) ist mit seiner Ehefrau F (Jahrgang 1938) seit Jahrzehnten im gesetzlichen Güterstand verheiratet. Die Eheleute haben ein erhebliches Millionenvermögen, das im Wesentlichen durch die unternehmerische Tätigkeit des Ehemannes während der Ehe erwirtschaftet worden ist. Das Vermögen liegt weit überwiegend bei der Ehefrau.
Die Ehefrau ist an Demenz erkrankt. Der Ehemann hat für seine Ehefrau eine umfassende Vorsorgevollmacht, nach der er ausdrücklich auch Schenkungen an sich selbst vornehmen kann. Er ist von
Aus Sicht des anfragenden Notars ist eine Vertretung formell betrachtet zulässig. Der Abschluss eines Ehevertrages sei kein höchstpersönliches Rechtsgeschäft. Ein Missbrauch der Vertretungsmacht liege nicht vor, da die Versorgung der Ehefrau gewährleistet sei. Außerdem könne man mit einem Erst-recht-Schluss argumentieren: Wenn der Ehemann nach dem Inhalt der Vollmacht Schenkungen an sich selbst vornehmen dürfe, dann dürfe er auch einen Ehevertrag abschließen, mit dem er seinen Zugewinnausgleichsanspruch auslöse.
II. Frage
Kann der Ehemann seine Ehefrau bei dem beabsichtigten Ehevertrag aufgrund der erteilten Vorsorgevollmacht wirksam vertreten oder gibt es hierfür rechtliche Hinderungsgründe?
III. Zur Rechtslage
1. Vertretung eines Ehegatten bei Ehevertragsabschluss durch einen Vorsorgebevollmächtigten
Im Hinblick auf den Abschluss eines Ehevertrages durch einen Bevollmächtigten lässt sich zunächst festhalten, dass vorliegend eine umfassende Vorsorgevollmacht vorliegt. Es wird davon ausgegangen, dass es sich – wie bei der Vorsorgevollmacht üblich – im vermögensrechtlichen Bereich um eine Generalvollmacht handelt, die grundsätzlich zur Vornahme von allen Rechtsgeschäften und geschäftsähnlichen Handlungen berechtigt, bei denen eine Vertretung zulässig ist (Grüneberg/Ellenberger, BGB, 82. Aufl. 2023, § 167 Rn. 7).
Bei einem Ehevertrag handelt es sich um ein Rechtsgeschäft, das grundsätzlich Stellvertretung erlaubt (vgl. Staudinger/Thiele, BGB, 2018, § 1410 Rn. 5). Eine General- und Vorsorgevollmacht deckt daher grundsätzlich den Abschluss eines Ehevertrages ab (Langenfeld/Milzer, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, 8. Aufl. 2019, § 3 Rn. 33; Schäfer,
Es bleibt allerdings darauf hinzuweisen, dass auch Generalvollmachten auslegungsfähig sind und in ihrem Umfang begrenzt sein können (vgl. OLG Zweibrücken
Eine Einschränkung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis – nur diese hat der Notar grundsätzlich zu prüfen – kann sich auch aus einem Missbrauch der Vertretungsmacht ergeben. Der Grundsatz, wonach ein Vollmachtsmissbrauch im Fall der Evidenz oder Kollusion auf das Außenverhältnis „durchschlägt“, gilt auch im Rahmen eines Insichgeschäfts des von
2. Sonderfall: Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers
Der Vorsorgebevollmächtigte ist grundsätzlich – wie eben ausgeführt – zur Vertretung des Vollmachtgebers auch bei Abschluss eines Ehevertrages befugt. Ist der Vollmachtgeber aber geschäftsunfähig i. S. v.
Nach
Hierfür spricht auch die Kommentierung von Reetz (BeckOGK-BGB/Reetz, Std.: 1.11.2022, § 1411 Rn. 26) in welcher explizit ausgeführt ist [Hervorhebungen i. F. durch das DNotI]:
„Trotz § 1896 Abs. 2 S. 2 (= Subsidiaritätsgrundsatz der Betreuung) ist ein Vorsorgebevollmächtigter, den der Ehegatte zeitlich vor Eintritt seiner Geschäftsunfähigkeit wirksam bestellt hat, nicht abschlussbefugt. Vielmehr liegt in Abs. 2 eine abschließende Zuweisung an den gesetzlichen Vertreter. Damit soll sichergestellt werden, dass die Genehmigungserfordernisse durch das Betreuungsgericht, die nicht auf das Vertreterhandeln eines Vorsorgebevollmächtigten anwendbar wären, zum Schutz des Ehegatten anwendbar bleiben. Aus Abs. 2 S. 1 folgt damit auch, dass trotz einer umfassenden Vorsorgevollmacht ein Betreuer mit entsprechendem Wirkungsbereich bestellt werden muss, wenn ehevertragliche Vereinbarungen mit einem geschäftsunfähigen Ehegatten erfolgen sollen.“
3. Ergebnis
Im vorliegenden Fall kann der gewünschte Ehevertrag wegen
Sollte die Ehefrau nicht geschäftsunfähig sein, könnte sie den Ehevertrag noch selbst schließen oder sich durch ihren Ehemann aufgrund der erteilten Vorsorgevollmacht vertreten lassen. Das Vorliegen eines etwaigen Vollmachtsmissbrauchs ist hingegen eine im Einzellfall zu untersuchende Tatfrage.
196777
Erscheinungsdatum:14.04.2023
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Ehevertrag und Eherecht allgemein
Erschienen in: Normen in Titel:BGB § 1411