Rumänien: Formerfordernisse bei Abschluss eines Ehevertrages und bei güterrechtlicher Rechtswahl nach Art. 22 EuGüVO
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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 175399
letzte Aktualisierung: 20. Januar 2023
EuGüVO Art. 23
Rumänien: Formerfordernisse bei Abschluss eines Ehevertrages und bei
güterrechtlicher Rechtswahl nach Art. 22 EuGüVO
I. Sachverhalt
Die Beteiligten, beide rumänische Staatsangehörige mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland,
möchten eine Scheidungsvereinbarung treffen und darin u. a. den Güterstand wechseln
und eine Rechtswahl treffen. Ein persönliches Treffen der Beteiligten, d. h. eine gleichzeitige
Anwesenheit der Beteiligten, ist aus verschiedenen Gründen ausgeschlossen. Deshalb möchte
sich die Ehefrau in der Beurkundung (durch einen Rechtsanwalt) vertreten lassen.
II. Frage
Wie ist in diesem Fall richtiger- bzw. sinnvollerweise vorzugehen, da gegen die Beurkundung
einer Rechtswahl mit Vertretern gem. Art. 22, 23 EuGüVO im Gutachten DNotI-Report 2019,
1, 4 Bedenken geäußert wurden?
III. Zur Rechtslage
Der zeitliche Anwendungsbereich der Europäischen Güterrechtsverordnung ist im vorliegenden
Fall bereits eröffnet (Art. 69 Abs. 3 Var. 2 EuGüVO). Rumänien ist zwar nicht Mitgliedsstaat
der Europäischen Güterrechtsverordnung, da es nicht an der verstärkten Zusammenarbeit innerhalb
der EU teilnimmt. Die in Kap. 3 der EuGüVO jeweils bezeichnete Rechtsordnung ist
aber unabhängig hiervon aus Sicht der teilnehmenden Mitgliedstaaten, mithin auch aus Sicht des
deutschen Rechts, anzuwenden (Art. 20 EuGüVO; loi uniforme).
Bei einer Rechtswahl nach Art. 22 EuGüVO sind dem entsprechend die Basisformerfordernisse
aus Art. 23 Abs. 1 EuGüVO einzuhalten. Wie im Gutachten
lit. a) bereits dargestellt, wird hierzu teilweise vertreten, dass sich hieraus die Notwendigkeit
einer höchstpersönlichen Mitwirkung der Ehegatten bei der Rechtswahl ergebe, so dass der
Einsatz von Vertretern insoweit ausgeschlossen ist. Dafür werden der Wortlaut, aber auch der
Sinn und Zweck der Vorschrift angeführt, der die Gleichberechtigung der Ehegatten sichern
soll. Die Gegenauffassung nimmt an, dass sich die Möglichkeit der Stellvertretung nach dem
gewählten Recht richte.
Darüber hinaus sind die Formerfordernisse gem. Art. 23 Abs. 2 EuGüVO einzuhalten: Da
beide Eheleute im vorliegenden Fall ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, gilt
zusätzlich
Vereinbarungen über den ehelichen Güterstand (vgl. Art. 23 Abs. 2 EuGüVO).
verbietet durch das Erfordernis gleichzeitiger Anwesenheit der Eheleute eine
Sukzessivbeurkundung gem.
nicht den Einsatz von Vertretern (s. zum aus bisheriger Sicht zulässigen Einsatz einer gem.
BGH
Angesichts der zu Art. 23 Abs. 1 EuGüVO noch ungeklärten Rechtslage dürfte es sich
empfehlen, nach dem Prinzip des sichersten Weges (hierzu nur Winkler, BeurkG, 20. Aufl. 2022,
§ 17 Rn. 210) mit der strengeren Auffassung von der Notwendigkeit einer höchstpersönlichen
Mitwirkung der Eheleute gem. Art. 23 Abs. 1 EuGüVO auszugehen. Hierbei müsste den
Formerfordernissen aus Art. 23 Abs. 1 EuGüVO einerseits sowie aus Art. 23 Abs. 2 EuGüVO
i. V. m.
Praktisch kommen hierfür wohl zweierlei geeignete Verfahrensweisen in Betracht:
Entweder verzichtet man auf den Einsatz des Rechtsanwaltes als Vertreter, und beide
Ehegatten nehmen entgegen der ursprünglichen Planung dennoch persönlich an der
Beurkundung teil.
Ein alternativ gangbarer Weg hierzu dürfte darin bestehen, dass einerseits die Beurkundung
wie geplant stattfindet und die Ehefrau hierbei durch den Rechtsanwalt vertreten wird.
Dies genügt Art. 23 Abs. 2 EuGüVO i. V. m.
Formerfordernis gem. Art. 23 Abs. 1 EuGüVO in der strengeren Auslegung zu erfüllen, könnte
im Nachgang zur Beurkundung die Ehefrau die bereits vorliegende notarielle Urkunde
(zweckmäßigerweise jedenfalls alle herausgegebenen Ausfertigungen) noch am Ende, also
räumlich nach allen bereits geleisteten Unterschriften einschließlich der des Notars, zusätzlich
privatschriftlich unterzeichnen. Auf Wunsch könnte noch eine Unterschriftsbeglaubigung
gem.
denn die Notwendigkeit einer gleichzeitigen Mitwirkung beider Eheleute ist aus Art. 23 Abs. 1
EuGüVO nicht begründbar (s. nur die Erläuterung bei BeckOK-BGB/Wiedemann, Std.:
1.8.2022, Art. 23 EuGüVO Rn. 1 ff.; Hausmann, in: Hausmann, Internationales und
Europäisches Familienrecht, 2. Aufl. 2018, 1. Teil B Rn. 337). Bestätigende (oder auch
abweichende) Stellungnahmen zu dieser Praxisfrage sind allerdings bislang nicht ersichtlich,
worauf ausdrücklich hinzuweisen ist.
Die geschilderte Problematik aus Art. 23 Abs. 1 EuGüVO kehrt darüber hinaus bei Art. 25
Abs. 1 EuGüVO wieder, der für Vereinbarungen über den ehelichen Güterstand ebenfalls die
Schriftform und die Unterzeichnung durch beide Ehegatten verlangt. Damit ist zusätzlich die
Problematik angeschnitten, ob die neu aufgeworfene Frage nach der Zulässigkeit des Einsatzes
von Vertretern bei Eheverträgen sogar Eingang in rein nationale Fälle ohne
Auslandsberührung finden könnte. Nimmt man an, dass Art. 23 Abs. 1, 25 Abs. 1 EuGüVO
ein Verbot des Einsatzes von Vertretern enthalten, so würde dies wegen Art. 25 Abs. 1
EuGüVO auch für rein nationale Fälle – entgegen dem bisher zu
Geltung beanspruchen, wenn man davon ausgeht, dass die Anwendung des Art. 25 Abs. 1
EuGüVO kein irgendwie geartetes internationales Element voraussetze (s. zur Problematik
bereits Gutachten
Auslandsberührung als Voraussetzung der Anwendung des Art. 25 Abs. 1 EuGüVO hat sich der
Meinungsstand seit Erstattung des eben genannten Gutachtens bislang soweit ersichtlich nicht
substantiell verändert; zumeist wird die Frage nicht eigens problematisiert. Im Hinblick auf
ErwG 14 zur EuGÜVO, wonach die Verordnung auf eheliche Güterstände „mit
grenzüberschreitendem Bezug“ Anwendung finden soll, dürften im Umkehrschluss Art. 23
Abs. 1, 25 Abs. 1 EuGüVO für reine Inlandsfälle nicht gelten.
175399
Erscheinungsdatum:23.01.2023
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Ausländisches Recht (nach Ländern)