17. Januar 2013
EGBGB Art. 14

Polen: Güterstand polnisch-deutsch/polnischer Eheleute

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G u t a c h t e n d e s D e u t s c h e n No t a r i n s t i t u t s Abruf-Nr.: 122201 l e t zt e A k t u a l i s i e r un g : 18. Januar 2013

EGBGB Art. 14, 15 Polen: Güterstand polnisch-deutsch/polnischer Eheleute

I. Sachverhalt Es geht um einen Grundstückskaufvertrag. Käufer sind aus Polen stammende Eheleute. Die Ehefrau hat die polnische Staatsangehörigkeit, der Ehemann hat neben der deutschen Staatsangehörigkeit auch die polnische Staatsangehörigkeit. Bis zu ihrer Hochzeit im Jahre 2007 haben die Käufer in Polen gelebt, nach der Hochzeit haben sie ihre erste gemeinsame Wohnung in Deutschland genommen. II. Frage Welches Güterrecht gilt für die Ehe? III. Zur Rechtslage 1. Güterstatut Aus deutscher Sicht unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe nach Art. 15 Abs. 1 EGBGB dem im Zeitpunkt der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgeblichen Recht. Gem. Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ist in erster Linie das gemeinsame Heimatrecht der Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung berufen. Zwar hatten die Eheleute vorliegend beide zum Zeitpunkt der Eheschließung die polnische Staatsangehörigkeit, jedoch hatte der Ehemann neben der polnischen Staatsangehörigkeit auch die deutsche. Damit aber kommt eine Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit nicht in Betracht, weil aus deutscher Sicht die Regelung des Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB durchgreift. Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB bestimmt, dass, wenn ein Doppelstaater neben seiner ausländischen auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, die Rechtsstellung als Deutscher allein maßgibt. Gem. Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB findet auf das Güterrecht in zweiter Linie das Recht desjenigen Staates Anwendung, in dem beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Da hier die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt wohl noch in Polen hatten, ist nach Art. 15 Abs. 1 i. V. m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB aus deutscher
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Sicht das polnische Recht berufen. Diese Verweisung auf das polnische Recht haben wir als sog. Gesamtverweisung (Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB) zu verstehen, so dass auch das polnische Kollisionsrecht zu beachten ist. Das auf die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe anwendbare Recht ist aus polnischer Sicht in Art. 51 f. des Gesetze über das Internationale Privatrecht vom 4.2.2011 geregelt. Diese Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:
Art. 51 1. Die persönlichen und vermögensrechtlichen Verhältnisse zwischen den Ehegatten unterliegen ihrem gemeinsamen Heimatrecht. 2. Mangels eines gemeinsamen Heimatrechts ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem beide Ehegatten ihren Wohnsitz haben, und mangels eines Wohnsitzes in demselben Staat, das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Falls die Ehegatten keinen gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat haben, ist das Recht des Staates anzuwenden, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind. Art. 52 1. Die Ehegatten können ihre vermögensrechtlichen Verhältnisse dem Heimatrecht eines Ehegatten oder dem Recht des Staates, in dem einer von ihnen seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, unterwerfen. Die Rechtswahl kann auch vor der Eheschließung getroffen werden. 2. Ein Ehevertrag unterliegt dem von den Parteien nach Abs. 1 gewählten Recht. Mangels einer Rechtswahl ist auf den Ehevertrag das auf die persönlichen und vermögensrechtlichen Verhältnisse zwischen den Ehegatten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgebende Recht anzuwenden. 3. Bei der Wahl des Rechts für die vermögensrechtlichen Verhältnisse oder für den Ehevertrag genügt es, die Form zu wahren, die für die Eheverträge nach dem gewählten Recht oder dem Recht des Staates, in dem die Rechtswahl getroffen worden ist, vorgeschrieben ist.

(Gesetzestext in dt. Übersetzung von Wowerka, Gesetz der Republik Polen vom 4.2.2011: Das Internationale Privatrecht, in: IPRax 2011, S. 609).

Auch das polnische Recht knüpft also in erster Linie an das gemeinsame Heimatrecht der Eheleute an (Art. 51 Abs. 1 IPRG). Das polnische Recht kennt eine dem Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB entsprechende Vorschrift, nämlich Art. 2 Abs. 1 poln. IPRG. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut (zur deutschen Übersetzung vgl. Wowerka, S. 609):
Art. 2 1. Sieht das Gesetz die Anwendbarkeit des Heimatrechts vor, so unterliegt ein polnischer Staatsangehöriger dem polnischen Recht auch dann, wenn das Recht eines anderen Staates ihn als einen Staatsangehörigen dieses Staates anerkennt.

Aus polnischer Sicht handelt es sich hier also um eine rein polnische Ehe, so dass das polnische Recht die Verweisung auf eine eigene Rechtsordnung annimmt.

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Gesetzlicher Güterstand nach polnischem Recht und Möglichkeit einer güterrechtlichen Vereinbarung Da die Ehegatten offensichtlich keine besonderen Vereinbarungen zum Güterstand getroffen haben, leben sie im gesetzlichen Güterstand des polnischen Rechtes. Nach polnischem Recht ist dieser eine Gütergemeinschaft in der Sonderform der Errungenschaftsgemeinschaft (vgl. hierzu und zum Folgenden: Ludwig, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, 2006, Länderbericht Polen, Rn. 10 ff.). Die Eheleute müssten hier das Grundstück also in Errungenschaftsgemeinschaft nach polnischem Recht erwerben.

Gutachten/Abruf-Nr:

122201

Erscheinungsdatum:

17.01.2013

Rechtsbezug

International

Normen in Titel:

EGBGB Art. 14