01. Januar 2001
GBMaßnG § 28; BGB § 1170

Löschung einer auf Goldmark lautenden Hypothek aus den Jahren vor 1923

DNotI
Deutsches Notarinstitut Dokumentnummer: letzte Aktualisierung: 11218 21. April 2001

BGB § 1170; GBMaßnG § 28 Löschung einer auf Goldmark lautenden Hypothek aus den Jahren vor 1923

I.

Sachverhalt Ein Kaufvertrag wurde über ein Grundstück beurkundet, das in Abteilung III, lfd. Nr. 4, 6, eingetragen in 1906 bzw. 1908, mit zwei Hypotheken über 250 Goldmark bzw. 325 Goldmark belastet ist. Die eingetragenen Berechtigten sind zwischenzeitlich ­ naheliegenderweise ­ verstorben; deren Erben können nur schwer ermittelt werden.

II. Frage Wie können die Rechte ohne Bewilligung der Betroffenen gelöscht werden können? III. Rechtslage 1. ,,Verzicht" des Eigentümers auf Rechte aus Aufwertungsgesetz von 1925 a) In der Veränderungsspalte ist zu den betroffenen Rechten vermerkt: ,,Der Eigentümer hat auf seine Rechte aus § 7 des Aufwertungsgesetzes vom 16.07.1925 verzichtet". Damit hat es folgendes auf sich: Im Zuge der gesetzliche n Aufarbeitung der Hyperinflation 1923/24 wurden u. a. die eingetragenen Grundpfandrechte durch das genannte Aufwertungsgesetz vom 16.07.1925 aufgewertet. So bestimmte § 4 des Gesetzes: ,,Hypotheken werden auf 25 vom 100 des Goldmarkbetrages, jedoch nicht höher aufgewertet als die durch sie gesicherten Forderungen (Aufwertungsbetrag)." Gewissermaßen als ,,Entschädigung" für den Eigentümer sah dann das Gesetz in § 7 einen Rangvorbehalt für den Eigentümer vor. Mit anderen Worten wurde also zu Lasten des Eigentümers die Hypothek aufgewertet; der Eigentümer wurde aber durch einen kraft Gesetzes angeordneten Rangvorbehalt entschädigt, indem er nun im Zuge des Aufwertungsbetrages (nämlich ebenfalls in Höhe von 25 %) eine vorrangige Hypothek bestellen konnte. Auf diesen gesetzlich zugestandenen Rangvorbehalt bezieht sich der Verzicht des Eigentümers . b) Ein Verzicht des Hypothekengläubigers (§ 1168 BGB) ist hierin nicht zu sehen.

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Seite 2 3. Goldmarkhypothek a) Im Hinblick auf die in der Grundbucheintragung benutzte Währungseinheit ,,Goldmark" ist uns die Eintragung jedoch schon unklar. Üblicherweise werden im Grundbuchverfahrensrecht als ,,Goldmarkhypotheken" wertbeständige Grundpfandrechte bezeichnet (etwa Demharter, GBO, 23. Aufl. 2001, Rn. 30 ­ 32 zu § 28 GBO). In diesem Zusammenhang bezeichnet Goldmark nicht etwa eine eigenständige Währungseinheit oder gar ein gesetzliches Zahlungsmittel. Es handelte sich vielmehr um eine reine Recheneinheit, über welche ein Wertbestand des Grundpfandrechts sichergestellt wurde. Eingeführt wurde diese Berechnungsbasis auf ,,Goldmarkbasis" jedoch erst durch Gesetz ,,über wertbeständige Hypotheken" vom 23.06.1923 (!), Reichsgesetzblatt I, 407. Dort heißt es in § 1: ,,Eine Hypothek kann in der Weise bestellt werden, dass die Höhe der aus dem Grundstück zu zahlenden Geldsumme durch den amtlich festgestellten oder festgesetzten Preis einer bestimmten Menge von Roggen, Weizen oder Feingold bestimmt wird." Durch die ergänzende Verordnung über wertbeständige Rechte vom 16.11.1940, RGBl I, 1521, wurde für die Feingoldbasis der von der Reichsbank festgesetzte Feingoldpreis für verbindlich erklärt. b) Entscheidend ist, dass insofern die Goldmarkhypothek erst durch Gesetz aus dem Jahre 1923 zugelassen wurde, eine solche Eintragung also in den Jahren 1906, 1908 nicht zur Verfügung stand. Dementsprechend hatte auch die ,,Goldklausel" in der Zeit vor 1923 eine ganz andere gesetzlich nicht definierte und deswegen unklare Bedeutung (Einze lheiten bei Güthe, GBO, 3. Aufl. 1913, Rn. 14, 15 zu § 28 GBO). Soweit eine solche Klausel überhaupt eintragungsfähig war (sie war es nur, wenn damit kein Wertbestand gesichert werden sollte) handelte es sich lediglich um die Klausel, dass ein bestimmtes Zahlungsmittel (nämlich Reichsgoldmünzen) benutzt werden sollte. Selbst dann hätte aber die Eintragung eine ganz andere Fassung haben müssen (Güthe, a. a. O., Rn. 15 zu § 28 GBO). 3. Ergebnis Für die Auflösung des Sachverhalts ergibt sich aus dieser Unklarheit nun eine Alternativlösung: a) Entweder lautete ursprüngliche Eintragung aus dem Jahre 1906, 1908 nicht auf Goldmark, und die Umstellung der Währungsbezeichnung ist im Zuge der Aufarbeitung der Hyperinflation in einer Weise vorgenommen worden, die nun aus dem derzeitigen Grundbuch nicht mehr ersichtlich ist (weil die entsprechenden Änderungsvermerke nicht übertragen wurden ­ was aber eigenartig wäre, weil der Vermerk über den Eigentümerverzicht übertragen wurde). Dies einmal unterstellt, würde es sich bei den hier eingetragenen Hypotheken um aufgewertete Goldmarkhypotheken handeln, die entsprechend der bei Demharter, a. a. O., Rn. 30 ­ 32 zu § 28 GBO dargestellten Rechtslage abzuarbeiten sind. Es bleibt nur dann die Anwendung der Erleichterung nach § 28 GBMaßnG, die jedoch lediglich eine Formerleichterung darstellt (nämlich Entbindung von der Form des § 29 GBO). Wie aber das BayObLG in MittBayNot 1998, 103 nochmals ausdrücklich klargestellt hat, entbindet die Anwendung des § 28 GBMaßnG nicht

Seite 3 von § 19 GBO, soll heißen: Eine Betroffenenbewilligung und ein Nachweis des Betroffenseins (wenngleich auf andere Weise als in der Form des § 29 GBO) bleibt weiterhin erforderlich. Können auch diese Nachweise nicht erbracht werden, bleibt nur die Einleitung eines Aufgebotsverfahrens wegen Unbekanntseins des Berechtigten. b) Anders würde sich die Rechtslage darstellen, wenn von vornherein die Eintragung auf Goldmark lautete. Neben § 28 GBMaßnG kann dann nämlich an die weitere Löschungsmöglichkeit nach §§ 22, 29 GBO gedacht werden: Denkbar ist zunächst eine Löschung wegen anfänglicher inhaltlicher Unzulässigkeit. Insoweit war nämlich anerkannt, dass ab dem 1.1.1900 Grundpfandrechte nur noch in Reichswährung, also in Mark bestellt werden konnten. Immerhin bliebe hier noch eine Umdeutung entsprechend der Goldklausel möglich; weiter könnte daran gedacht werden, trotz der irreführenden Bezeichnung eine Umdeutung in die seinerzeit geltende Währung ,,Mark" vorzunehmen, weil die offizielle Währung ,,Reichsgoldwährung" lautete, auch wenn die Währungseinheit die ,,Mark" war (Güthe, a. a. O., Rn. 12, 13 zu § 28 GBO). Entscheidend ist aber, dass unter Zugrundelegung dieser Annahme keine Aufwertung nach der Aufwertungsgesetzgebung stattgefunden hat. Dies führt zu einer Anwendung des Grundbuchbereinigungsgesetzes 1930 wie folgt: § 1 GBBerG 1930 enthielt eine Fristbestimmung, wonach Anträge auf Eintragung von Aufwertungshypotheken nur bis zum 31.3.1931 gestellt werden konnten. § 2 bestimmt im Anschluss daran: ,,Ist der Antrag auf Eintragung der Aufwertung (§ 1) bis zum Ablauf des 31.3.1931 nicht gestellt, so erlischt die aufgewertete Hypothek, deren Geldbetrag im Grundbuch noch in Mark oder in einem anderen nicht mehr geltenden inländischen Währung bezeichnet ist. Soweit sie noch im Grundbuch eingetragen ist, ist sie von Amts wegen zu löschen." Zwar ist das GBBerG 1930 im Zuge der Sammlung des Bundesrechts (Gesetz vom 10.7.1958 sowie Gesetz über den Abschluss der Sammlung des Bundesrechts vom 28.12.1968) durch Nichtaufnahme in das BGBl. III außer Kraft getreten. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass mit dieser Bereinigung des Bundesrechts in A bweichung von §§ 1 ­ 6 GBBerG 1930 Grundbucheintragungen in alten Währungen wieder zulässig sein sollten. Nach unserer Einschätzung fällt dies vielmehr unter den Tatbestand des § 3 Abs. 3 des Gesetzes über die Sammlung des Bundesrechts vom 10.7.1958 mit folgendem Wortlaut: ,,Nicht aufgenommene Rechtsvorschriften bleiben auch für die Zukunft auf Rechtsverhältnisse und Tatbestände anwendbar, die während der Geltung der Vorschriften ganz oder zum Teil bestanden haben oder entstanden sind." Der Tatbestand wäre hier der Tatbestand der Grundbuchunrichtigkeit, und dieser ist entsprechend im oben zitierten Wortlaut des GBBerG 1930 zu dem dort genannten Stichtag verwirklicht worden mit der Folge, dass die hier streitgegenständliche Eintragung der Löschung von Amts wegen unterlag. Dieser Löschungstatbestand

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Seite 4 wirkt nach unserer Einschätzung deswegen auch unter Berücksichtigung der Bereinigung des Bundesrechts fort.

Gutachten/Abruf-Nr:

11218

Erscheinungsdatum:

01.01.2001

Rechtsbezug

National

Normen in Titel:

GBMaßnG § 28; BGB § 1170