30. April 2021
GmbHG § 9c; AO § 51; GmbHG § 8; GmbHG § 5a Abs. 1; HGB § 18 Abs. 2

Firma „gUG (haftungsbeschränkt)“; registergerichtliche Prüfungsbefugnis; Verlangen eines Nachweises bzgl. der Anerkennung als gemeinnützig

GmbHG §§ 5a Abs. 1, 4 S. 2, 8, 9c; HGB § 18 Abs. 2; AO §§ 51 ff., 60a
Firma „gUG (haftungsbeschränkt)“; registergerichtliche Prüfungsbefugnis; Verlangen eines Nachweises bzgl. der Anerkennung als gemeinnützig

I. Sachverhalt
Es ist eine gemeinnützige UG (haftungsbeschränkt) mit zulässiger Firma gegründet worden. Der Rechtsformzusatz soll „gUG (haftungsbeschränkt)“ lauten. Das Registergericht verlangt von der Geschäftsführung einen Nachweis, dass das Finanzamt die Anerkennung als gemeinnützig in Aussicht gestellt hat.

II. Frage
Kann das Registergericht einen solchen Nachweis verlangen?

III. Zur Rechtslage
1. Zulässigkeit der Firmierung mit „gUG (haftungsbeschränkt)“
Hinsichtlich der Firmierung sind im vorliegenden Fall zwei Vorschriften in Einklang zu bringen: Zum einen bestimmt § 4 S. 2 GmbHG, dass die Firma der GmbH den Bestandteil „gGmbH“ enthalten kann, wenn sie ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte Zwecke nach den §§ 51-58 AO verfolgt. Zum anderen muss die Unternehmergesellschaft gem. § 5a Abs. 1 GmbHG in der Firma die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG (haftungsbeschränkt)“ führen. Bis vor kurzem war umstritten, ob das Zusammenspiel dieser Regelungen auch die Bezeichnung „gUG (haftungsbeschränkt)“ zulässt. Dies wurde verbreitet mit dem Argument abgelehnt, dass § 5a Abs. 1 GmbHG als lex specialis § 4 GmbHG verdränge (s. etwa OLG Karlsruhe RNotZ 2019, 486 Rn. 18; MünchKommGmbHG/Heinze, 3. Aufl. 2018, § 4 Rn. 18a; vgl. auch Gutachten DNotI-Report 2013, 181, 182). Der BGH ist dieser Ansicht indes nicht gefolgt und hat die Firmierung mit „gUG (haftungsbeschränkt)“ jüngst akzeptiert (DNotZ 2020, 945 Rn. 10 ff. m. Anm. Pietzarka; s. auch Ott, notar 2020, 235). Seiner Ansicht nach verbietet § 5a Abs. 1 GmbHG Zusätze vor „UG“ nicht (Rn. 12), sondern enthält nur eine Sonderregelung für den Rechtsform­zusatz der Unternehmergesellschaft (Rn. 13).

2.Registergerichtliche Prüfung bzgl. der Anerkennung als gemeinnützig
a) Einordnung und Meinungsstand
Im vorliegenden Fall bezweifelt offenbar weder der Notar noch das Registergericht die grundsätzliche Zulässigkeit der gewählten Firma. Es geht vielmehr um die registerrechtliche Frage, inwieweit das Registergericht die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Firma überprüfen darf, in concreto: die (bevorstehende) Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Diese Frage (letztlich eine solche der Firmenwahrheit oder des Irreführungsverbots, § 18 Abs. 2 HGB) ist nicht neu, sondern hat sich schon vor der Entscheidung des BGH im Hinblick auf die „gGmbH“ gestellt. Soweit sich die Literatur damit auseinandersetzt, hält sie es für ausreichend, dass die Satzung der GmbH die Einordnung als gemeinnützig rechtfertigt; einen Feststellungsbescheid gem. § 60a AO könne das Registergericht nicht verlangen (Scholz/Cziupka, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 4 Rn. 13, mit dem Hinweis in Rn. 12, dass § 4 S. 2 GmbHG mit „gemeinnützig“ einen eigenen firmenrechtlichen Begriff zugrunde lege, der aus der AO nicht hervorgehe; Wicke, GmbHG, 4. Aufl. 2020, § 4 Rn. 11; Wachter, GmbHR 2013, R145, R146; Altmeppen, GmbHG, 10. Aufl. 2021, § 4 Rn. 20; wohl ebenso BeckOK-GmbHG/C. Jaeger, Std.: 1.2.2021, § 4 Rn. 21a; a. A. Roth/Altmeppen/Roth, 8. Aufl. 2015, § 4 Rn. 48a) und auch keine sonstige Stellungnahme des Finanzamts (so ausdrücklich Wachter, GmbHR 2013, R145, R146; MünchKommGmbHG/Heinze, § 4 Rn. 71a). Anderes dürfte jedoch bei abweichenden Anhaltspunkten gelten (vgl. § 18 Abs. 2 S. 2 HGB und Scholz/Cziupka, § 4 Rn. 13).

b) Stellungnahme
Die wohl überwiegende Ansicht erscheint uns überzeugend, denn das Prüfungsrecht des Registergerichts ist im Eintragungsverfahren gem. § 9c GmbHG prinzipiell begrenzt (vgl. auch MünchKommGmbHG/Heinze, § 4 Rn. 71a). Darüber hinaus wird gem. § 18 Abs. 2 S. 2 HGB im Registerverfahren nur die ersichtliche Irreführung berücksichtigt. Dies dürfte es dem Registergericht verbieten, besondere Nachweise ohne weitere Anhaltspunkte zu verlangen. Es kann also nicht standardmäßig eine Erklärung des Finanzamts verlangen, und sei es eine vorläufige.

Auch die Ansicht, dass das Registergericht – trotz Abschaffung von § 8 Abs. 1 Nr. 6 GmbHG – ausnahmsweise bei „firmenrechtlicher Relevanz“ öffentlich-rechtliche Genehmigungen einfordern könne (Leitzen, GmbHR 2009, 480, 482 f.), steht dieser Einschätzung nicht zwingend entgegen. Die erörterten Fälle betreffen berufsrechtliche Firmenzusätze, die „schlechthin nur dann“ geführt werden dürfen, wenn eine entsprechende Zulassung erteilt worden ist (Leitzen, GmbHR 2009, 480, 482; vgl. § 59k Abs. 2 BRAO, § 43 Abs. 4 StBerG, Art. 10 Abs. 2 BayBauKAG). Der auf Gemeinnützigkeit hinweisende Zusatz ist jedoch nicht verpflichtend und vom Gesetz nicht speziell vor missbräuchlicher Verwendung geschützt. Dass das Registergericht nach Eintragung gegen unzulässigen Firmengebrauch einschreiten (vgl. § 392 FamFG) und eine Streichung des „g“ verlangen kann, wenn die Gesellschaft tatsächlich keine steuerbegünstigten Zwecke verfolgt, steht auf einem anderen Blatt. Eine derartige Befugnis ergibt sich aus allgemeinen Grundsätzen.

3. Ergebnis
Auch wenn die Grenzen der Prüfungsbefugnis des Registergerichts nicht abschließend geklärt sind, kann das Registergericht nach unserer Auffassung eine entsprechende Bescheinigung des Finanzamts nicht verlangen.

Gutachten/Abruf-Nr:

180885

Erscheinungsdatum:

30.04.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

GmbH
sonstiges Handels- und Gesellschaftsrecht
Sonstiges Steuerrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2021, 65-66

Normen in Titel:

GmbHG § 9c; AO § 51; GmbHG § 8; GmbHG § 5a Abs. 1; HGB § 18 Abs. 2