30. Oktober 2020
WEG § 24; WEG § 23

Wohnungseigentümerversammlung als Ein-Personen-Versammlung; Bevollmächtigung des Verwalters bei Unmöglichkeit Präsenzversammlung auf Grund der Corona- Pandemie

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 177331
letzte Aktualisierung: 30. Oktober 2020

Anm. des DNotI v. 23.12.2020: Die in diesem Gutachten zitierte Entscheidung des AG Kassel wurde durch das LG Frankfurt mit Urteil vom 17.12.2020 aufgehoben (LG Frankfurt a. M. BeckRS 2020, 35684)

WEG §§ 23, 24
Wohnungseigentümerversammlung als Ein-Personen-Versammlung; Bevollmächtigung
des Verwalters bei Unmöglichkeit Präsenzversammlung auf Grund der Corona-
Pandemie

I. Sachverhalt

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft möchte aufgrund der Corona-Pandemie die Versammlung
der Wohnungseigentümer wie folgt abhalten: Im Vorfeld werden sämtliche Wohnungseigentümer
gebeten, dem Verwalter unter Befreiung von § 181 BGB eine Vollmacht zu
erteilen, für sie an der Versammlung teilzunehmen, ihr Stimmrecht auszuüben und die Ladung
für die Versammlung entgegen zu nehmen. Sodann richtet der Verwalter die Einberufung ausschließlich
an sich selbst und hält sodann eine Ein-Personen-Versammlung ab.

II. Fragen

1. Bestehen Bedenken gegen die Abhaltung einer Ein-Personen-Versammlung unter Bevollmächtigung
des Verwalters durch sämtliche Wohnungseigentümer?

2. Was ist die Rechtsfolge, wenn nicht sämtliche Wohnungseigentümer bereit sind, eine Vollmacht
zu erteilen, die Versammlung aber gleichwohl abgehalten wird?

III. Zur Rechtslage

I. Möglichkeit der Vertretung in der Wohnungseigentümerversammlung

1. Nach einhelliger Auffassung können sich Wohnungseigentümer auf der Eigentümerversammlung
(§ 23 Abs. 1 WEG) durch Dritte vertreten lassen (BGH NJW 1987,
650; Staudinger/Häublein, BGB, Neubearbeitung 2018, § 25 WEG Rn. 80). Grundsätzlich
kann der Wohnungseigentümer jede dritte Person zur Wahrnehmung seines
Teilnahme- und Stimmrechts rechtsgeschäftlich bevollmächtigen (§ 164 BGB). § 38 S. 2
BGB findet keine entsprechende Anwendung (BayObLGZ 1981, 161, 164). Allerdings
darf der Wohnungseigentümer nicht zugleich an der Versammlung teilnehmen, wenn er
sich durch einen Dritten vertreten lässt (Armbrüster/Roguhn, ZWE 2016, 105, 107;
Staudinger/Häublein, § 25 Rn. 80).

2. Nach § 10 Abs. 2 S. 2 WEG können die Wohnungseigentümer durch Vereinbarung
von den Bestimmungen des WEG in der Gemeinschaftsordnung abweichen, sofern der
Vereinbarung nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen. Nach h. M.
ist ein vollständiger Ausschluss von der Möglichkeit, sich auf der Versammlung ver-
treten zu lassen, mit dem unverzichtbaren Kernbereich der Rechte der Wohnungseigentümer
nicht zu vereinbaren (LG Köln, Urt. v. 27.9.2012 – 29 S 61/12,
BeckRS 2013, 05291; Staudinger/Häublein, § 25 Rn. 82). Entsprechendes soll für die
Beschränkung der Vertretungsmöglichkeit auf die Person des Verwalters gelten
(LG Köln, Urt. v. 27.9.2012 – 29 S 61/12, BeckRS 2013, 05291; Staudinger/Häublein,
§ 25 WEG Rn. 83; Armbrüster/Roguhn, ZWE 2016, 105, 108; Bärmann/Merle, WEG,
14. Aufl. 2018, § 25 Rn. 89).

3. Im Übrigen sind Vertretungsbeschränkungen aber zulässig. So hat der BGH beispielsweise
entschieden, dass in einer Gemeinschaftsordnung bestimmt werden kann, dass
der Wohnungseigentümer sich nur durch einen Ehegatten, einen Wohnungs- oder Teileigentümer
und den Verwalter vertreten lassen kann (BGH NJW 1987, 650, 651).

Dementsprechend ist die Bevollmächtigung eines Dritten in einer Wohnungseigentümerversammlung
grundsätzlich möglich; die jeweilige Gemeinschaftsordnung kann
aber Beschränkungen hinsichtlich der konkreten Person des Dritten enthalten.

Dies wäre im Einzelfall zu prüfen.

II. Zulässigkeit einer „Ein-Personen-Versammlung“

1. Wie der Begriff „Versammlung“ schon verdeutlicht, handelt es sich hierbei grundsätzlich
um eine Zusammenkunft der Eigentümer an einem gemeinsamen Ort (BeckOKWEG/
Bartholome, Stand: 1.8.2020, WEG § 23 Rn. 2). Dennoch stehen der Bevollmächtigung
– vorsorglich unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB
nur einer Person durch alle Wohnungseigentümer an sich, keine grundsätzlichen
rechtlichen Bedenken entgegen. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen handelt der
rechtsgeschäftliche Vertreter im Namen des jeweiligen Vertretenen, nimmt also auch in
dessen Namen die dem jeweiligen Wohnungseigentümer zustehenden Rechte und
Pflichten wahr. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes ist dem WEG nicht unmittelbar
zu entnehmen.

2. Dementsprechend ist in Rechtsprechung (BayObLG NJW-RR 1996, 524; OLG
München MittBayNot 2008, 290) und Literatur (Staudinger/Häublein§ 23 Rn. 133, 170;
vgl. auch umfassend zur Verwalterbestellung auf der Ein-Personen-Versammlung
DNotI-Report 1996, 201 ff.) im Grundsatz die rechtliche Zulässigkeit einer sog. Ein-
Personen-Versammlung, d. h. einer Versammlung, auf der nur eine Person anwesend
ist, z. B. der Verwalter, der neben der Versammlungsleitung die Vertretung der
abwesenden Eigentümer übernommen hat, anerkannt. Auf dieser Versammlung
können daher Beschlüsse gefasst werden; die physische Anwesenheit mehrerer
Personen auf einer Versammlung ist keine Voraussetzung einer wirksamen Willensbildung
auf einer Wohnungseigentümerversammlung. Zwar kann die anwesende
Person nicht zugleich (im eigenen Namen und/oder als Vertreter der Eigentümer) die
Stimme abgeben und diese (als Versammlungsleiter) empfangen, sodass ein Eigentümerbeschluss
nicht auf herkömmlichem Wege zustande kommen kann; die Stimmabgabe
ist in diesem Fall aber keine empfangsbedürftige Willenserklärung. Für unverzichtbar
hält die Rechtsprechung gleichwohl die Kundgabe der Stimme in der
Versammlung (BayObLG NJW-RR 1996, 524, 525; OLG München MittBayNot
2008, 290, 290). Diese könne durch schriftliche Niederlegung der Abstimmung oder
durch vorläufige Aufzeichnung auf einem Ton- oder Datenträger erfolgen. Andernfalls
komme kein Beschluss zustande, insbesondere soll das spätere Abfassen einer Niederschrift
nicht ausreichen (BayObLGZ NJW-RR 1996, 524, 525; OLG München
MittBayNot 2008, 290, 290; Bärmann/Merle, WEG, 14. Aufl. 2018, § 23 Rn. 29; dieses
Erfordernis ablehnend Staudinger/Häublein, WEG § 23, Rn. 171). Ebenso unverzichtbar
für die Rechtswirksamkeit des Beschlusses in der Ein-Personen-
Versammlung ist nach Ansicht des OLG München die Feststellung der Bekanntgabe
des Beschlussergebnisses durch den Versammlungsleiter (OLG München
MittBayNot 2008, 290, 290; ebenso BeckOGK/Hermann, Std.: 1.12.2019, WEG § 23
Rn. 29; Staudinger/Häublein, WEG § 23 Rn 169).

3. Probleme können sich bei der Ein-Personen-Versammlung auch mit Blick auf § 24
Abs. 6 WEG ergeben. Danach ist über die in der Versammlung gefassten Beschlüsse
eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift ist von dem Vorsitzenden – regelmäßig
dem Verwalter, § 24 Abs. 5 WEG – und einem Wohnungseigentümer und, falls
ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, auch von dessen Vorsitzenden oder seinem Stellvertretern
zu unterschreiben. Insofern ist zu beachten, dass nur derjenige, der in der
Versammlung zugegen war, die Niederschrift unterschreiben kann, weil nur dann die
Funktion der Unterschriften, eine Gewähr für die Richtigkeit der Niederschrift zu
bieten, gewahrt ist (OLG Hamm NJW-RR 2008, 1545, 1547;
MünchKommBGB/Engelhardt, 8. Aufl. 2020, WEG § 24 Rn. 52). In der Literatur wird
mit Blick auf die Ein-Personen-Versammlung vertreten, dass für den Fall, dass in der
Wohnungseigentümerversammlung überhaupt nur eine Person anwesend ist, auch nur
diese das Protokoll zu unterschreiben habe. Im Protokoll sollte in diesem Fall lediglich
vermerkt werden, dass nur der Unterzeichner anwesend war (so BeckOGK/Hermann,
§ 24 Rn. 181; Staudinger/Häublein (2018) WEG § 23 Rn 173; § 24 Rn. 238). Dieser
Auffassung haben sich auch das OLG Hamm (NJOZ 2013, 965, 965) und in einem
obiter dictum wohl auch der BGH (NJW 2016, 568, 570 dort in der Sache zur Auslegung
einer entsprechenden Vereinbarung) angeschlossen.

4. Zu beachten ist freilich, dass alle Wohnungseigentümer, auch wenn diese vertreten
werden sollen, ordnungsgemäß gem. § 23 WEG zur Versammlung geladen werden
müssen. Es ist deshalb jedenfalls empfehlenswert in der Vollmacht ausdrücklich zum
Ausdruck zu bringen, dass der Bevollmächtigte auch befugt ist, die Ladung zur Wohnungseigentümerversammlung
entgegenzunehmen. Dies dürfte sich praktisch nur umsetzen
lassen, wenn die Vollmachterteilung vor der Ladung selbst erfolgt (bspw. aufgrund
einer entsprechenden formlosen Bitte des Verwalters). In der Praxis dürfte dieses
Verfahren deshalb allenfalls bei überschaubaren Gemeinschaften in Betracht kommen.

III. Keine Pflicht zur Bevollmächtigung; keine Erleichterungen durch das MaßnG-GesR
Allerdings dürfte auch in der derzeitigen, durch die Corona-Pandemie ausgelösten Ausnahmesituation,
freilich klar sein, dass es eine Pflicht des einzelnen Mitglieds der Wohnungseigentümergemeinschaft
zur Bevollmächtigung eines Dritten nicht gibt (so wohl auch
Zschieschack, NZM 2020, 297, 299). Denn nicht nur das Stimmrecht, sondern auch das
Präsenzrecht und das Recht auf Wortmeldung auf der Eigentümerversammlung, gehört zu
den elementaren Rechten eines Wohnungseigentümers (Zschieschack, NZM 2020, 297,
299). Die Wohnungseigentümerversammlung ist die zentrale Plattform für den
Information- und Meinungsaustausch der Eigentümer und dient der gemeinschaftlichen
Willensbildung und Entscheidungsfindung (BeckOK-WEG/Bartholome, Stand: 1.2.2020,
§ 23 Rn. 1). Fehlt also nur die Bevollmächtigung durch einen Eigentümer, dürfte das Verfahren
von vornherein ausscheiden. Der Gesetzgeber hat sich auch im Rahmen der Corona-
Gesetzgebung nicht dafür entschieden, Erleichterungen bezüglich der Versammlung oder
bezüglich des Umlaufverfahrens (wie beispielsweise beim Verein) bei der WEG einzu-
führen. Es war eine bewusste Entscheidung, die Maßnahmen bezüglich der WEG darauf zu
beschränken, den Verwalter auf unbestimmte Zeit im Amt zu belassen und die Fortgeltung
des Wirtschaftsplanes festzulegen (vgl. § 6 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-
, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der
Auswirkung der COVID-19-Pandemie, BGBl. I 2020, S. 570, dort Art. 2; im Folgenden
kurz: MaßnG-GesR).

In einer kürzlich im einstweiligen Rechtsschutz ergangenen Entscheidung des Amtsgerichts
Kassel vertrat das Gericht die Auffassung, dass vorrangig ein Raum zu organisieren sei, in
dem die Vorgaben der landesrechtlichen Schutzverordnungen eingehalten werden können
(AG Kassel, Urteil vom 27. August 2020 – 800 C 2563/20 – juris). In besagter Entscheidung
hatte der Verwalter jedoch ein anderes Verfahren als das vorliegende gewählt. Er
hatte zu einer Versammlung der Wohnungseigentümer geladen und darauf hingewiesen,
dass die Anzahl der anwesenden Eigentümer von vornherein auf zehn Personen (inklusive
Verwalter) beschränkt sei. Die Wohnungseigentümer wurden deshalb gebeten, „möglichst“
dem Verwaltungsbeirat oder dem Verwalter eine Vollmacht zu erteilen, da ansonsten die
Durchführbarkeit der Versammlung nicht gewährleistet sei (AG Kassel, Urteil vom 27.
August 2020 – 800 C 2563/20 – juris Rn. 3).

In dieser Aufforderung sah das AG Kassel einen Eingriff in den Kernbereich der Rechte
der Wohnungseigentümer, da die Mitwirkungsrechte entzogen worden seien. Das Teilnahme-
und Stimmrecht sei dadurch eingeschränkt, dass einzelnen (in der konkreten Entscheidung
mindestens zwei) Wohnungseigentümern die Teilnahme an der Versammlung
versagt sei (AG Kassel, Urteil vom 27. August 2020 – 800 C 2563/20 – juris Rn. 16). Die
Wohnungseigentümer dürften nicht zur Erteilung einer entsprechenden Vollmacht
gezwungen werden, da auch das persönliche Teilnahmerecht zum Kernbereich zähle. Ein
derartiger Eingriff in den Kernbereich der Rechte der Wohnungseigentümer führe zu einer
Nichtigkeit der auf der Versammlung gefassten Beschlüsse.

Allgemeine Lehren dürften sich aus der Entscheidung gleichwohl nicht ableiten lassen.

Denn maßgeblich kam es im konkreten Einzelfall darauf an, dass durch die gewählte
Formulierung in der Einladung Druck auf die Wohnungseigentümer dahingehend ausgeübt
worden sei, dass sie potentiell von vornherein von einem Erscheinen absehen könnten (AG
Kassel, Urteil vom 27. August 2020 – 800 C 2563/20 – juris Rn. 18). Hinzu kam, dass bei
der übersichtlichen Größe der Eigentümergemeinschaft (lediglich 13 Einheiten) eine Abhaltung
der Versammlung zu dem gegebenen Zeitpunkt öffentlich-rechtlich möglich
gewesen wäre.

Zudem unterscheidet sich das dort gewählte Verfahren von dem hier vorliegend
beabsichtigten Verfahren nicht unerheblich. Während vorliegend geplant ist, nur bei einvernehmlicher
Bevollmächtigung eine Ein-Personen-Versammlung abzuhalten, stand in
dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt im Raum, dass eine Versammlung
der Wohnungseigentümer abgehalten wird, einzelne Eigentümer aber nicht teilnehmen
können. Gleichwohl dürfte die Entscheidung zur Vorsicht mahnen, da dort zum Ausdruck
kommt, dass das Teilnahmerecht ein besonders hohes Gut ist. Unseres Erachtens ist es aber
nicht tangiert, wenn die Wohnungseigentümer im Vorfeld einer Versammlung freiwillig ihre
Bereitschaft zur Bevollmächtigung erklären.

IV. Rechtsfolgen für Beschlüsse auf einer gleichwohl abgehaltenen Eigentümerversammlung
Sollte der Verwalter nur von einem Teil der Wohnungseigentümer bevollmächtigt
werden und die Versammlung dennoch – ohne Ladung der übrigen Wohnungseigentümer
– durchführen, stellt sich die Frage, welche Rechtsfolgen dies zeitigen
würde.

Nach § 23 Abs. 4 S. 1 WEG ist ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt
und auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, nichtig. Sofern
eine unverzichtbare Rechtsvorschrift nicht ausdrücklich die Nichtigkeit des Beschlusses
anordnet, entscheidet der Schutzzweck der verletzten Norm, ob der Verstoß die
Nichtigkeit oder nur die Anfechtbarkeit des Beschlusses zur Folge haben
Bärmann/Merle, § 23 Rn. 133).

Das Teilnahmerecht an der Versammlung und das Stimmrecht gehören – wie oben
bereits ausgeführt – zum Kernbereich der Rechte der Wohnungseigentümer (AG
Kassel, Urteil vom 27. August 2020 – 800 C 2563/20 – juris Rn. 16; Bärmann/Merle,
§ 23 Rn. 140a). Die Rechtsprechung geht gleichwohl davon aus, dass die unterbliebene
Einladung eines Wohnungseigentümers zu einer Eigentümerversammlung regelmäßig
nur zur Anfechtbarkeit, nicht aber zur Nichtigkeit der in der Versammlung gefassten
Beschlüsse führt (BGH ZWE 2012, 429; OLG Celle ZWE 2002, 132). Als Ausnahme
davon ist in der Literatur anerkannt, dass jedenfalls eine vorsätzliche Nichtladung einzelner
Wohnungseigentümer zur Nichtigkeit der auf einer solchen Versammlung
gefassten Beschlüsse führt (BeckOK-BGB/Hügel, Stand: 1.8.2020 § 24 Rn. 12;
BeckOGK-WEG/Hermann, Stand: 1.3.2020, § 24 Rn. 42). Entscheidet sich der Verwalter,
zu einer Wohnungseigentümerversammlung nur die Eigentümer zu laden, die
eine Vollmacht erteilt haben, liegt eine bewusste Entscheidung vor, sodass man von
Vorsatz ausgehen können wird (vgl. ausführlich zu den Fallgruppen, unter anderem
auch zur unterbliebenen Ladung wegen eines Rechtsirrtums BeckOGKWEG/
Hermann, Stand: 1.3.2020, § 24 Rn. 42).

V. Ergebnis

Die Abhaltung einer sog. Ein-Personen-Versammlung, bei der alle Wohnungseigentümer
den Verwalter zur Stimmabgabe bevollmächtigen, ist im Grundsatz zulässig, wenn die
hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien eingehalten werden und sämtliche
Wohnungseigentümer eine Vollmacht erteilen. Sollten sich sämtliche Wohnungseigentümer
einig sein, kommt gleichfalls ein Umlaufverfahren gemäß § 23 Abs. 3 WEG in Betracht.

Wird die Versammlung ohne Ladung derjenigen Wohnungseigentümer durchgeführt, die
keine Vollmacht erteilt haben, so dürften die dort gefassten Beschlüsse nichtig sein. Vorsicht
ist mit Blick auf die aktuelle Entscheidung des AG Kassel auch dann geboten, wenn in
irgendeiner Form Druck auf die Wohnungseigentümer ausgeübt wird, eine entsprechende
Vollmacht zu erteilen. Sollte die Durchführung einer Präsenzversammlung öffentlichrechtlich
möglich sein, ist sicherlich zu empfehlen, nach dem Prinzip des sichersten Weges
diese Variante zu wählen.

Gutachten/Abruf-Nr:

177331

Erscheinungsdatum:

30.10.2020

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

WEG

Normen in Titel:

WEG § 24; WEG § 23