18. Oktober 2016
BGB § 877; BGB § 876; WEG § 1; WEG § 15; WEG § 5; WEG § 10

Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt; Begründung von „Wohnungs- und Teileigentum“ zum Zwecke einer gemischten oder alternativen Nutzung einer Sondereigentumseinheit

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 150061
letzte Aktualisierung: 18. Oktober 2016

WEG §§ 1, 5, 10, 15; BGB §§ 877, 876
Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt; Begründung von
„Wohnungs- und Teileigentum“ zum Zwecke einer gemischten oder alternativen Nutzung
einer Sondereigentumseinheit

I. Sachverhalt
Ein Haus wurde in Eigentumseinheiten aufgeteilt, wobei alle bis auf eine Einheit Wohnungseigentum
sind. Die letzte Einheit ist als Teileigentum der Gewerbenutzung vorbehalten. Der
Eigentümer dieser Einheit möchte die Räume verkaufen und der Käufer möchte dort wohnen.
Der Verkäufer ist nicht bereit, jetzt schon an einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer mitzuwirken,
dass das Teileigentum in Wohnungseigentum umgewandelt wird, weil er bereits zuvor
einen Kaufvertrag über diese Räume geschlossen hatte, von den er dann wegen Nichtzahlung des
Kaufpreises zurücktreten musste. Eine Umwandlung der Nutzung von Gewerbe zu Wohnungsnutzung
soll deshalb erst erfolgen, wenn der Kaufpreis gezahlt ist.
Dies ist keine ausreichende Sicherung für die Käufer. Eine auch im Grundbuch eingetragene
Änderung der Vereinbarung ist nach Auffassung der Beteiligten aber erforderlich, damit die
Vereinbarung auch den Rechtsnachfolgern der jetzigen Eigentümer gegenüber wirksam ist.
In einer anderen Teilungserklärung stand eine Klausel, dass bei einer Gewerbeeinheit „auch die
Wohnungsnutzung zulässig“ ist. Eine solche Vereinbarung soll auch im vorliegenden Fall
getroffen werden. Das Grundbuchamt ist jedoch der Auffassung, dass nur eine Wohnungsnutzung
oder eine gewerbliche Nutzung möglich ist, nicht die Bestimmung, dass bei einer
Gewerbeeinheit auch eine Wohnnutzung zulässig sei. Ist diese Auffassung zutreffend?
Für den Fall, dass nur entweder eine Wohnungs- oder eine gewerbliche Nutzung zulässig ist,
könnte vereinbart werden, dass der Kaufpreis auf ein Notaranderkonto gezahlt wird und anschließend
die Vereinbarung getroffen wird. Für den Fall, dass eine solche Vereinbarung nicht
zustande kommt, müsste dem Käufer ein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag eingeräumt werden.

II. Fragen
1. Ist es möglich, in der Teilungserklärung für eine Einheit sowohl gewerbliche als auch
Wohnraumnutzung vorzusehen?
2. Trifft es zu, dass sämtliche in Abt. II und III der Grundbücher aller Eigentümer eingetragenen
Gläubiger der Nutzungsänderung zustimmen müssten?
3. Gibt es noch eine „elegantere“ Lösung als den Abschluss eines Kaufvertrages mit Rücktrittsvorbehalt
und die Einschaltung eines Notaranderkontos zur Absicherung des Käufers?

III. Zur Rechtslage
I. Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt
1. Zweckbestimmung im engeren und weiteren Sinne
Im Rahmen des Wohnungseigentumsrechts gilt es, zwischen zwei Arten von Zweckbestimmungen
zu unterscheiden. Mit der Zweckbestimmung im weiteren Sinne meint
man die Unterscheidung von Wohnungseigentum gem. § 1 Abs. 2 WEG (Sondereigentum
an einer Wohnung) einerseits und Teileigentum gem. § 1 Abs. 3 WEG
(Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen) andererseits. Diese
Zweckbestimmung erfolgt innerhalb des sachenrechtlichen Aufteilungsakts, also in der
Teilungserklärung im engeren Sinne. Darüber hinaus kann die Teilungserklärung bzw.
die Gemeinschaftsordnung eine sog. Zweckbestimmung im engeren Sinne enthalten,
aus der sich ergibt, wie das jeweilige Wohnungs- bzw. Teileigentum genutzt oder nicht
genutzt werden darf (beispielsweise zum Zweck des Betreuten Wohnens oder als Arztpraxis).
Die letztgenannte Zweckbestimmung kann, muss aber nicht notwendigerweise
vorgenommen werden.
a) Rechtsnatur der Zweckbestimmung im engeren Sinne
Die Zweckbestimmung im engeren Sinne ist anerkanntermaßen eine (schuldrechtliche)
Vereinbarung der Miteigentümer untereinander, also eine Vereinbarung
gem. §§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, 15 WEG. Derartige Gebrauchsregelungen
müssen nicht zwingend in dem als „Gemeinschaftsordnung“ überschriebenen
Teil der Teilerklärung enthalten sein, sondern können sich auch in der
Teilungserklärung im engeren Sinne, also im sachenrechtlichen Aufteilungsakt
selbst befinden. Es ist freilich einzuräumen, dass die Zweckbestimmung im engeren
Sinne dem – rechtsdogmatischen – Grunde nach in die Gemeinschaftsordnung gehört,
weil sie das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander und nicht die
sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft regelt. Letztlich ist aber der Ort,
wo sich die Gebrauchsregelung in der Teilungsurkunde befindet, irrelevant (vgl.
Elzer/Schneider, in: Riecke/Schmid, 4. Aufl. 2015, § 3 Rn. 24 m. w. N).
b) Rechtsnatur der Zweckbestimmung im weiteren Sinne
Die Rechtsnatur der Zweckbestimmung im weiteren Sinne – Wohnungseigentum
versus Teileigentum – ist demgegenüber umstritten.
Nach einer Ansicht ist sie ein Teil des sachenrechtlichen Begründungsakts (KG
NZM 2004, 624, 625; OLG Celle ZWE 2001, 33 f.; BayObLG WuM 1994, 222;
Ott, ZfIR 2005, 129, 131; Wenzel, ZWE 2006, 62, Schneider, in: Riecke/Schmid,
WEG, 3. Aufl. 2010 [Vorauflage], § 3 Rn. 22). Nach diesem sachenrechtlichen
Verständnis bedarf die Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum oder
umgekehrt einer sachenrechtlichen Inhaltsänderung gemäß §§ 873, 877 BGB.
Nach anderer Meinung hat die Zweckbestimmung im weiteren Sinne den
Charakter einer Vereinbarung (OLG Hamburg ZMR 2003, 697; OLG Bremen
ZWE 2002, 184; BayObLG RNotZ 2001, 118; OLG Köln ZMR 1997, 377; Hügel,
ZWE 2008, 120, 121 m. w. N.; Elzer/Schneider, in: Riecke/Schmid, § 1 Rn. 43
m. w. N; Hügel/Elzer, WEG, 2015, § 1 Rn. 22).
In diesem Sinne hat sich – soweit ersichtlich – zuletzt das KG geäußert und ausgeführt:
aa) Die Bestimmung der hier betroffenen Einheit als nicht zu
Wohnzwecken dienende Räume hat den Charakter einer
Vereinbarung der Wohnungseigentümer über ihr Verhältnis
untereinander und ist durch die Eintragung im Grundbuch zum
Inhalt des Sondereigentums geworden, § 10 Abs. 3 WEG. Die
Umwandlung des Teileigentums in Wohnungseigentum setzt
deshalb grundsätzlich ebenfalls eine solche Vereinbarung
und die Eintragung im Grundbuch voraus (Senat, Beschluss
vom 23. 4. 2013, FGPrax 2013, 191, 192 = RNotZ 2013, 428
m. Anm. Rapp). Wegen des Erfordernisses einer Vereinbarung
sind von dieser Eintragung sämtliche Miteigentümer betroffen,
so dass deren Bewilligung erforderlich ist (BGH,
NJW-RR 2015, 645, 646; Senat, a.a.O. und Beschluss vom
29.11.2010 – 1 W 325/10, NJW-RR 2011, 517, 518).“
(KG RNotZ 2015, 504, 506; in diesem Sinne auch OLG
München MittBayNot 2014, 244)
Der BGH hat sich in seinem Urteil v. 11.5.2012, V ZR 189/11, wie folgt geäußert:
„Zwar wendet die Revision zu Recht ein, dass die Umwandlung
von Teileigentum in Wohnungseigentum die sachenrechtlichen
Grundlagen der Gemeinschaft nicht berühre, so dass ein entsprechendes
Änderungsverlangen anhand von § 10 Abs. 2 Satz 3
WEG zu beurteilen wäre.“
(BGH ZWE 2012, 361, 362)
In einer Entscheidung vom 4.12.2014, V ZB 7/13, hat der BGH entschieden, dass
es sich bei unselbstständigem Teileigentum einer Einheit (im konkreten Fall ein
Kellerraum einer Wohnungseinheit) um eine Zweckbestimmung mit
Vereinbarungscharakter handelt (BGH NJW-RR 2015, 645 Rn. 10). In dieser
Entscheidung hat der BGH außerdem ausgeführt, dass es sich um eine Änderung
der Zweckbestimmung i. S. v. § 10 Abs. 3 WEG handelt, wenn eine Umwandlung
des unselbständigen Teileigentums in Wohnungseigentum im Zusammenhang mit
einer Unterteilung der Einheit erfolgen soll (BGH NJW-RR 2015, 645 Rn. 20).
Die BGH-Entscheidungen lassen sich wohl in dem Sinn verstehen, dass die
Einordnung als Wohnungs- oder Teileigentum nur eine Vereinbarung i. S. v. § 10
Abs. 2 WEG darstellt (BeckOGK-BGB/Müller, Std.: 01.07.2016, § 1 WEG
Rn. 144). Die Entscheidungsgründe lassen indes eine vertiefte Auseinandersetzung
mit dem Meinungsstand vermissen, weil dieser nicht entscheidungserheblich war.
Es bleibt somit letztlich ungewiss, wie der BGH den Meinungsstreit entscheiden
würde.
Der Diskurs ist nicht nur akademischer Natur, sondern hat durchaus praktische
Konsequenzen (vgl. Übersicht bei Elzer/Schneider, in: Riecke/Schmid, 4. Aufl.
2015, § 1 Rn. 42 ff.). Dies gilt beispielsweise hinsichtlich der Frage, ob eine verdinglichte
Ermächtigung zur Änderung der Zweckbestimmung in Betracht
kommt (vgl. hierzu Schneider, in: Riecke/Schmid, § 1 Rn. 45 m. w. N.;
Jennißen/Zimmer, WEG, 4. Aufl. 2015, § 1 Rn. 25 m. w. N.; Bärmann/Armbrüster,
WEG, 13. Aufl. 2015, § 1 Rn. 38, 42 m. w. N.). Darüber hinaus knüpft hieran die
Frage an, ob die Ausnahmebestimmung des § 5 Abs. 4 S. 2 WEG zur Anwendung
gelangt.
c) (Nicht-)Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4 S. 2 WEG
Sieht man mit der ersten Ansicht in der Umwandlung von Teileigentum in
Wohnungseigentum (oder umgekehrt) einen sachenrechtlichen Änderungsakt, so
wäre gemäß § 877, 876 BGB die Zustimmung dinglicher Berechtigter (z. B. von
Grundpfandrechtsgläubigern) erforderlich, weil die Ausnahmevorschrift des § 5
Abs. 4 S. 2 WEG nicht eingreifen würde.
Folgt man demgegenüber der zweiten Meinung, so wäre die Bestimmung des § 5
Abs. 4 S. 2 WEG anwendbar. Im letztgenannten Sinne hat sich jüngst das OLG
München geäußert und entschieden:
„a) Die Kennzeichnung als Wohnungs- oder Teileigentum (§ 1
Abs. 1 WEG) stellt sich als Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter
gemäß § 15 Abs. 1 WEG dar (BayObLG
FGPrax 2005, 11; KG ZMR 2007, 299; Vandenhouten in
Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten WEG 10. Aufl. § 1
Rn. 20). Eine Umwandlung ist Inhaltsänderung des Sondereigentums
(§ 5 Abs. 4 Satz 1, § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG; § 877
BGB; siehe BGH NJW-RR 2012, 1036; BayObLG Rpfleger
1986, 177; auch Rapp in Beck'sches Notarhandbuch 5. Aufl. A
III Rn. 110). Nach der bis 30.6.2007 gültigen Rechtslage war
für die Umwandlung die Zustimmung der dinglich Berechtigten
an der betroffenen Einheit, aber auch die Zustimmung
der dinglich Berechtigten an den anderen Einheiten
in derselben Wohnanlage erforderlich (BayObLGZ
1989, 28; Rapp a. a. O.).
Seit dem 1.7.2007 bestimmt § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG, dass im
Falle der Belastung des Wohnungseigentums mit einer
Hypothek, einer Grund- oder Rentenschuld oder einer Reallast
die Zustimmung dieser Gläubiger im Fall einer Nutzungsänderung
entfällt. Denn nur erforderlich ist die Zustimmung
der aufgeführten Drittberechtigten, wenn es um die Begründung
eines Sondernutzungsrechts (zum Begriff etwa
BGHZ 145, 158; Senat vom 19.5.2009, 34 Wx 36/09 =
Rpfleger 2009, 562) zugunsten einer anderen Wohnung oder
aber um die Aufhebung, Änderung oder Übertragung eines mit
dem belasteten Sondereigentum verbundenen Sondenutzungsrechts
geht (Vandenhouten in Niedenführ/Kümmel/
Vandenhouten § 5 Rn. 61). Hingegen bedarf es keiner
Zustimmung der Gläubiger für die Umwandlung von Teilin
Wohnungseigentum oder umgekehrt (KG Rpfleger 2011,
268; auch Demharter Anhang zu § 3 Rn. 95 und 79).“
(OLG München ZWE 2014, 164; ebenso KG NJW-RR 2011,
517; offengelassen OLG Frankfurt/M. ZWE 2015, 320; Rapp,
in: Beck´sches Notar-Handbuch, 6. Aufl. 2015, A. III.
Wohnungseigentum, Rn. 110; BeckOK-WEG/Hügel, 39. Ed.
1.5.2016, § 1 Rn. 7; BeckOK-WEG/Dötsch, 27. Ed. 1.6.2016,
§ 15 Rn. 12.1; BeckOK-WEG/Gerono, 27. Ed. 1.6.2016, § 5
Rn. 73).
Nach der letztgenannten Ansicht wäre demzufolge weder die Zustimmung der
Grundpfandrechts- und Reallastgläubiger an der von der Zweckänderung betroffenen
Sondereigentumseinheit noch die Zustimmung dieses Kreises von
Gläubigern an den übrigen Einheiten erforderlich (vgl. Rapp, in: Beck´sches Notar-
Handbuch, 6. Aufl. 2015, A. III. Wohnungseigentum, Rn. 110).
Zu beachten ist aber freilich, dass die Ausnahmebestimmung des § 5 Abs. 4 S. 2
WEG nur für Hypotheken, Grund- oder Rentenschulden sowie Reallasten gilt,
so dass es in Ansehung sonstiger Berechtigter (z. B. Dienstbarkeitsberechtigte)
weiterhin bei dem potenziellen Zustimmungserfordernis für die Inhaltsänderung
bleibt. Dies gilt auch für die Drittberechtigten an den übrigen Einheiten, die nicht
unmittelbar von der Umwandlung betroffen sind (vgl. BeckOGK-WEG/Müller,
Stand: 1.4.2016, § 1 Rn. 170, 181 Bärmann/Suilmann, WEG, 13. Aufl. 2015, § 10
Rn. 94).
2. Ergebnis
Die wohl überwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur geht davon aus, dass
die Zweckbestimmung im weiteren Sinne den Charakter einer Vereinbarung hat und
demzufolge die Ausnahmebestimmung gem. § 5 Abs. 4 S. 2 WEG zur Anwendung gelangt.
Dies gilt sowohl für die Grundpfandrechts- und Reallastgläubiger, die an der von
der Zweckänderung unmittelbar betroffenen Einheit eingetragen sind, als auch – erst
recht – für diesen Kreis von Gläubigern, die ein Grundpfandrecht oder eine Reallast an
den sonstigen Sondereigentumseinheiten innehaben. Eine höchstrichterliche Entscheidung
zur rechtlichen Qualität der Zweckbestimmung im weiteren Sinne steht indes
noch aus, weshalb die Rechtslage noch nicht abschließend geklärt ist.
Nach bisherigem Meinungsstand weiterhin erforderlich ist aber die Zustimmung der in
Abteilung II verzeichneten Berechtigten (ausgenommen von Reallastgläubigern, sofern
man § 5 Abs. 4 S. 2 WEG für anwendbar hält). Dies gilt sowohl für die Berechtigten an
der von der Zweckänderung unmittelbar betroffenen Einheit als auch für die
Berechtigten an den sonstigen Sondereigentumseinheiten.

II. Alternative und kumulative Zweckbestimmung im weiteren Sinne
1. Zulässigkeit einer gemischten Nutzung als Wohnungs- und Teileigentum
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Nach wohl h. M. in der Literatur ist es zulässig, eine Sondereigentumseinheit ausdrücklich
zur Nutzung zu Wohnzwecken und nicht zu Wohnzwecken, also zur gemischten
Nutzung zu bestimmen. In diesem Fall ist nach § 2 S. 2 WGV das Grundbuchblatt
als „Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuch“ anzulegen (vgl.
Bärmann/Armbrüster, WEG, 13. Aufl. 2015, § 1 Rn. 26; Jennißen/Zimmer, WEG,
4. Aufl. 2015, § 1 Rn. 23; Weitnauer, WEG, 9. Aufl. 2005, § 1 Rn. 23; BeckOKWEG/
Timme, 26. Ed. 1.2.2016, § 1 Rn. 152; Riecke/Schmid/Schneider, WEG, 4. Aufl.
2015, § 1 Rn. 37; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl. 2015, § 1
Rn. 19).
2. Zulässigkeit einer alternativen Nutzung als Wohnungs- und/oder Teileigentum
Die von Ihnen geschilderte Sachverhaltskonstellation einer alternativen Nutzung, also
zu Wohnzwecken und/oder nicht zu Wohnzwecken, wird ausdrücklich von Armbüster
(a. a. O) und Schneider (in: Riecke/Schmid, WEG, 4. Aufl. 2015, § 7 Rn. 5a)
thematisiert und für zulässig erachtet. Sie nehmen hierbei Bezug auf eine Entscheidung
des Kammergerichts vom 3.12.2007 – 24 U 71/07, MittBayNot 2008, 209.
Das KG führt in dieser Entscheidung aus:
„Da eine Umwandlung von Wohnungs- in Teileigentum und umgekehrt
eine Änderung des durch die Gemeinschaftsordnung festgelegten
Gebrauchs und folglich eine Inhaltsänderung i. S. v. § 5
Abs. 4 WEG darstellt und damit jeweils der Zustimmung aller Eigentümer
bedarf, es den Miteigentümern bzw. dem teilenden Eigentümer
aber zuzubilligen ist, dem jeweiligen Sondereigentümer
eine möglichst große Flexibilität hinsichtlich der Nutzung seines
Sondereigentums zu verschaffen, kann eine Bestimmung der Nutzungsart
in der Teilungserklärung bzw. der Gemeinschaftsordnung
auch gänzlich unterbleiben (LG Koblenz NZM 1998, 676 =
MittRhNotK 1998, 134).
Um verschiedene – möglichst weitgehende – Nutzungsmöglichkeiten
zuzulassen, ohne dass es der Zustimmung aller Wohnungseigentümer
bedarf, muss es daher auch möglich sein, eine Sondereigentumseinheit
(ausdrücklich) zur gemischten oder alternativen
Nutzung, nämlich zur Nutzung zu Wohnzwecken und/oder
nicht zu Wohnzwecken, zu bestimmen.“
(KG MittBayNot 2008, 209, 210; Hervorhebung durch DNotI)
Mit Blick auf die vom KG angesprochene Möglichkeit, die Nutzung gänzlich offen zu
lassen – also auf eine ausdrückliche Nutzungsbestimmung zu verzichten – sei vorsorglich
auf Zimmer (a. a. O.) hingewiesen, der anmerkt, dass in diesem Fall das
Grundbuchamt die Eintragung nach dem überwiegenden Nutzungszweck vornehmen
wird. Sollte bei einer späteren Veräußerung die Sondereigentumseinheit als
„Wohnungseigentum“ verkauft werden, aber als „Teileigentum“ eingetragen sein, kann
dies einen Mangel begründen. Entsprechendes gilt im umgekehrten Fall. Es erscheint
daher sinnvoll, die gemischte oder alternative Nutzung ausdrücklich zu bestimmen.
Aus dem Schweigen unter Ziffer 1 genannten weiteren Literaturstimmen zur
alternativen Nutzung kann u. E. nicht auf eine ablehnende Haltung geschlossen werden,
denn auch die vorgenannten Kommentare weisen zutreffend darauf hin, dass zwischen
Wohnungs- und Teileigentum keine strukturellen Rechtsunterschiede bestehen.
Vielmehr ordnet § 1 Abs. 6 WEG an, dass für das Teileigentum die Vorschriften über
das Wohnungseigentum entsprechend gelten (vgl. Riecke/Schmid/Schneider, WEG, § 1
Rn. 37; BeckOK-WEG/Timme, 26. Ed. 1.2.2016, § 1 Rn. 165). Überdies richtet sich die
Abgrenzung zwischen Wohnungs- und Teileigentum nicht nach der jeweiligen tatsächlichen
Nutzung, sondern nach der baulichen Ausstattung der Räumlichkeiten und
der sich hieraus ergebenden Zweckbestimmung. Wenn also die Räumlichkeiten sowohl
den baulichen Vorgaben für Wohnung- als auch für Teileigentum gerecht werden, ist
kein Grund ersichtlich, weshalb eine gemischte Nutzung zulässig, aber eine alternative
Nutzung unzulässig sein sollte. Die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung
von Bescheinigungen gemäß § 7 Abs. 4 WEG“ ist freilich zu beachten. Ob die
bauliche Ausstattung der Sondereigentumseinheiten die Annahme von Wohnungseigentum
(vgl. insbesondere Ziffer 4 der AVV) rechtfertigen wird, ist eine Tatfrage, die
wir naturgemäß nicht beurteilen können.
Der Umstand, dass eine etwaige spätere Nutzungsänderung (alternative Nutzung) ggf.
die Erforderlichkeit einer neuen Baugenehmigung nach sich ziehen kann, ist für die Begründung
des Sondereigentums u. E. ebenfalls nicht maßgebend. Mit Beschluss vom
30.06.1992 hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes - GmSOGB
1/91 – entschieden, dass sich die Abgeschlossenheit im Sinne von § 3 Abs. 2
Satz 1 WEG nicht nach den Anforderungen des Bauordnungsrechtes richtet
(MittBayNot 1992, 387). Konsequenterweise ist davon auszugehen, dass sich die Abgrenzung
zwischen Wohnungs- und Teileigentum nicht an der Baugenehmigung oder
der tatsächlichen Nutzung, sondern vielmehr an der baulichen Ausstattung und der
Zweckbestimmung zu orientieren hat. In diese Richtung geht auch eine Entscheidung
des OLG München (ZWE 2011, 265), wonach ein etwaiger Verstoß gegen Auflagen
oder Bedingungen in der Baugenehmigung durch die Zuweisung von Sondernutzungsrechten
für das Grundbuchverfahren bedeutungslos ist. Das Grundbuchamt hat
insoweit keine Ermittlungspflicht. Die zur Eintragung erforderlichen Unterlagen ergeben
sich aus § 7 Abs. 4 WEG; die öffentlich-rechtliche Baugenehmigung gehört
nicht hierzu. Das Grundbuchamt ist zur Anstellung von Ermittlungen weder berechtigt
noch verpflichtet. Es hat die Eintragung vorzunehmen, außer es hat sicher
Kenntnis davon, dass das Grundbuch dadurch unrichtig wird. Dies kann u. E. aber bei
Verstoß gegen eine baurechtliche Vorschrift nicht angenommen werden; allenfalls
denkbar sind öffentlich-rechtliche Maßnahmen, wie insb. eine Nutzungsuntersagung.
3. Ergebnis
Im Ergebnis vertreten wird daher die Ansicht, dass eine Nutzungsbestimmung zu
Wohnzwecken und/oder nicht zu Wohnzwecken, also eine gemischte oder alternative
Nutzung zulässig ist.

III. Weitere Hinweise
Die praktische Schwierigkeit dürfte im vorliegenden Fall vor allem darin bestehen, dass die
Zweckänderung eine Mitwirkung sämtlicher Sondereigentümer voraussetzt und es darüber
hinaus auch einer Zustimmung der (zumindest) in Abteilung II verlautbarten Berechtigten
sämtlicher Wohnungs-/Teileigentumsblätter bedarf. Des Weiteren wäre eine
Kontaktaufnahme mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde erforderlich, um die Frage zu
klären, ob eine „Wohnnutzung“ der in Rede stehenden Einheit von der Baugenehmigung
gedeckt ist. Es erscheint indes schwer vorstellbar, dass der Veräußerer solange auf sein Geld
warten möchte, zumal er in seiner wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt
wird, solange der endgültige Vollzug bzw. das endgültige Scheitern des Kaufvertrages nicht
feststeht.

Gutachten/Abruf-Nr:

150061

Erscheinungsdatum:

18.10.2016

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

WEG
Sachenrecht allgemein

Normen in Titel:

BGB § 877; BGB § 876; WEG § 1; WEG § 15; WEG § 5; WEG § 10