26. September 2019
EGBGB Art. 15

Italien: Güterstand italienischer Eheleute

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 172451
letzte Aktualisierung: 26. September 2019

EGBGB Art. 15 a. F.
Italien: Güterstand italienischer Eheleute

I. Sachverhalt

Italienische Eheleute, die beide in Deutschland leben, haben 2006 geheiratet. Der Mann möchte
nun gerne hier ein Grundstück zu Alleineigentum erwerben. Eine güterrechtliche Rechtswahl
soll aber nicht getroffen werden.

II. Fragen

Zur Frage, ob ein Alleinerwerb möglich sei oder in welchem Güterstand das Grundstück sonst
erworben werden würde.

III. Zur Rechtslage

Die Art. 14 ff. EGBGB sind mit dem Inkrafttreten der Europäischen Güterrechtsverordnung
(EuGüVO) am 29.1.2019 neu gefasst worden. Für zuvor geschlossene Ehen bestimmt Art. 229
§ 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB die Weitergeltung der Vorschriften in ihrer bisherigen Fassung. Das
auf den ehelichen Güterstand anwendbare Recht bestimmt sich hier also weiterhin nach Art. 15
EGBGB a. F., nicht etwa nach der Europäischen Güterrechtsverordnung.

Art. 15 Abs. 1 EGBGB a. F. erklärt das zum Zeitpunkt der Eheschließung für die allgemeinen
Ehewirkungen maßgebliche Recht für anwendbar. Nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 a. F. entscheidet
die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten. Dies führt hier zum italienischen Recht, und
zwar im Wege der Gesamtverweisung nach Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB unter Einschluss des
dortigen Kollisionsrechts.

Das italienische Recht knüpft gem. Art. 30 Abs. 1 S. 1, 29 Abs. 1 ital. IPRG ebenfalls an die gemeinsame
Staatsangehörigkeit an, nimmt die Verweisung also an. In der deutschen Übersetzung
von de Meo (in: Riering, IPR-Gesetze in Europa, 1997, S. 57) lauten die Art. 29, 30 IPRG wie
folgt:

Art. 29 [Persönliche Rechtsbeziehung zwischen den Ehegatten]

(1) Die persönlichen Rechtsbeziehungen zwischen Ehegatten werden durch das
gemeinsame Heimatrecht bestimmt.

(2) Die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten, die unterschiedliche
Staatsangehörigkeiten oder mehrere gemeinsame Staatsangehörigkeiten besitzen,
werden durch das Recht des Staates bestimmt, indem die eheliche Lebensgemeinschaft
ihren Schwerpunkt hat.

Art. 30 [Güterrechtliche Verhältnisse zwischen Ehegatten]

(1) Die güterrechtlichen Verhältnisse zwischen Ehegatten werden durch das Recht
bestimmt, das für ihre persönlichen Rechtsbeziehungen maßgeblich ist. Die Ehegatten
können jedoch schriftlich vereinbaren, dass ihre güterrechtlichen Verhältnisse
durch das Recht des Staates bestimmt werden, dessen Staatsangehörigkeit
mindestens einer von ihnen besitzt oder in dem mindestens einer von
beiden seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

(2) Die Vereinbarung der Ehegatten über das anwendbare Recht ist wirksam,
wenn sie von dem Recht des Staates, dessen Recht für anwendbar erklärt wurde,
oder von dem Recht des Staates, in dem die Vereinbarung abgeschlossen wurde,
als rechtswirksam erachtet wird.

(3) Der eheliche Güterstand, auf den ausländisches Recht anwendbar ist, kann
Dritten nur dann entgegengehalten werden, wenn diese davon Kenntnis hatten
oder den ausländischen Güterstand aus eigenem Verschulden nicht kannten. In
Bezug auf dingliche Rechte an unbeweglichem Vermögen kann der ausländische
Güterstand Dritten nur dann entgegengehalten werden, wenn die gesetzlichen
Publizitätsvorschriften des Staates beachtet wurden, in dem sich die Vermögensgegenstände
befinden.

Im Ergebnis kommt also italienisches Güterrecht zur Anwendung.

Gesetzlicher Güterstand in Italien ist die Gütergemeinschaft (comunione legale), die ihrer Natur
nach eine Form der Errungenschaftsgemeinschaft ist. Bei der comunione legale werden während
der Ehe fünf verschiedene Vermögensmassen gebildet: Das Gesamtgut (beni comuni), das Eigengut
des jeweiligen Ehegatten (beni personali) und das sog. Vorbehaltsgut jedes Ehegatten
(comunione de residuo).

Was in das Gesamtgut fällt, ist in Art. 177 codice civile (c. c.) aufgezählt. Es umfasst u. a. die
Vermögensgegenstände, die die Ehegatten gemeinsam oder jeder von ihnen getrennt während
der Ehe erworben haben. Vom Gesamtgut sind lediglich die in Art. 179 c. c. aufgezählten persönlichen
Güter ausgenommen, die im Alleineigentum des betreffenden Ehegatten verbleiben.
In der deutschen Übersetzung von Henrich (in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und
Kindschaftsrecht, Italien, Std.: 15.5.2017) lautet Art. 179 c. c. wie folgt:

Art. 179

(1) Gegenstand der Gemeinschaft sind nicht und persönliches Vermögen des
Ehegatten sind:

a) Vermögensgegenstände, an denen der Ehegatte vor der Eheschließung
Eigentum oder ein dingliches Nutzungsrecht hatte;

b) Vermögensgegenstände, die nach der Eheschließung aufgrund Schenkung oder
Erbschaft erworben wurden, wenn nicht in der Schenkungsurkunde oder im
Testament bestimmt wurde, dass sie der Gemeinschaft gehören sollten;

c) die Vermögensgegenstände des ausschließlich persönlichen Gebrauchs eines
jeden der Ehegatten und deren Zubehör;

d) die Vermögensgegenstände, die der Berufsausübung der Ehegatten dienen,
ausgenommen diejenigen, die dem Betrieb einer Firma dienen, die Teil der
Gemeinschaft ist;

e) die Vermögensgegenstände, die als Schadenersatz erlangt wurden, sowie die
Rente, die einen vollständigen oder teilweisen Verlust der Erwerbsfähigkeit zum
Grund hat;

f) die Vermögensgegenstände, die aus dem Erlös der Veräußerung persönlichen
Vermögens, wie vorstehend ausgeführt, oder in deren Austausch erworben
wurden, sofern dies bei dem Erwerb ausdrücklich erklärt wurde.

(2) Der Erwerb von unbeweglichen oder der in Artikel 2683 aufgezählten beweglichen
Sachen, der nach der Eheschließung erfolgt, ist von der Gütergemeinschaft
gemäß den Buchstaben c, d und f des vorhergehenden Absatzes ausgeschlossen,
wenn dieser Ausschluss aus dem Erwerbsakt hervorgeht und auch der andere
Ehegatte Partei dieses Erwerbsakts ist.

Wenn keiner dieser Ausnahmetatbestände vorliegt, das Grundstück insbes. nicht ausschließlich
mit Eigenmitteln finanziert wird, erwerben die Ehegatten in gesetzlicher Gütergemeinschaft
nach italienischem Recht und sind als solche im Grundbuch einzutragen.

Umstritten ist, ob die Ehegatten einen Alleinerwerb durch eine ehevertragliche Regelung herbeiführen
können. Nach Teilen der Literatur soll eine solche Beschränkung nicht möglich sein.
Dieser Ansicht folgt offenbar auch die Rechtsprechung der italienischen Gerichte (Tretter, Eheverträge
im italienischem Recht, 2002, S. 78; Mastropaolo/Pitter, in: Commentario al diritto
italiano della famiglia, Bd. 3, 1992, Art. 191 c. c. Anm. 20 (S. 339 ff.); Cendon, Commentario al
Codice Civile, 1991, Art. 191 c. c. Anm. 5; Emmerling de Oliveira, in: Zehn Jahre Deutsches
Notarinstitut, 2003, 347, 355 f.; Dolce/Lederer/Ludewig, in: Frank/Wachter, Handbuch
Immobilienrecht in Europa, 2. Aufl. 2015, Italien, Rn. 220 mit Nachweisen aus der italienischen
Rechtsprechung). Begründet wird dies damit, dass der vertragliche Ausschluss eines Gegenstandes
aus dem Gesamtgut wirtschaftlich betrachtet eine unzulässige Ausnahme vom Gebot
der Gleichheit der Anteile (Art. 210 Abs. 3 c. c. i. V. m. Art. 194 c. c.) an den Gegenständen der
Errungenschaftsgemeinschaft darstelle (Tretter, S. 78). Zudem wird angeführt, dass mit Art. 191
Abs. 2 c. c. gesetzlich nur die Auflösung des von den Ehegatten in Errungenschaft geführten
Betriebs geregelt sei. Hieraus schließt die Literatur, dass eine darüber hinausgehende Auflösung
oder Auseinandersetzung gerade nicht möglich sein soll.

Eine Gegenansicht in der Literatur geht jedoch davon aus, dass eine Beschränkung des Gesamtgutes
möglich ist (Tretter, S. 78; Kindler, Einführung in das italienische Recht, 2. Aufl. 2008,
§ 12 Rn. 25). Nach dieser Ansicht wurde das Gebot der Gleichheit der Anteile nicht verletzt, da
eine Aufteilung des Gesamtgutes und damit eine Auflösung der Gütergemeinschaft gerade nicht
stattfindet. Ferner sei eine Herausnahme von Gegenständen aus dem Gesamtgut vom Gesetzgeber
nicht verboten worden. Ebenso stehe es den Ehegatten frei, eine Gütertrennung zu vereinbaren
und so den gesetzlichen Güterstand der Gütergemeinschaft insgesamt auszuschließen.

Daher müsse auch der Mittelweg zwischen Gütergemeinschaft und Gütertrennung möglich sein
(Tretter, S. 79). Folgt man dieser Meinung, so bedarf es für die vertragliche Vereinbarung über
den Ausschluss bestimmter Gegenstände von der Gütergemeinschaft eines in öffentlicher Form
abzuschließenden Ehevertrages (Art. 162 Abs. 1 c. c.). Damit Eheverträge auch Dritten gegenüber
wirksam sind, müssen sie in der Heiratsurkunde vermerkt werden (Art. 162 Abs. 4 c. c., vgl.
Hausmann, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Italien,
Std.: 9/2017, S. 40).

Wir gehen allerdings davon aus, dass die zuerst genannte Auffassung in Italien die herrschende
ist, sodass eine Herausnahme einzelner Gegenstände aus dem Gesamtgut nicht möglich ist.
Auf jeden Fall zulässig wäre aber die Vereinbarung der Gütertrennung, die dann allerdings das
gesamte Vermögen der Ehegatten betreffen würde.

Anders wäre ein Alleinerwerb durch den Ehemann nur dadurch herbeizuführen, dass die Ehegatten
deutsches Recht als Güterstatut wählen. Sie würden dann im gesetzlichen Güterstand der
Zugewinngemeinschaft leben. Für eine Rechtswahlvereinbarung gelten gem. Art. 69 Abs. 3
EuGüVO seit dem 29.1.2019 nur noch die Vorschriften der Güterrechtsverordnung, selbst
wenn die Ehe bereits vor diesem Stichtag geschlossen worden sein sollte. Nach Art. 22 Abs. 1
lit. a EuGüVO können die Eheleute das Recht des Staates wählen, in dem wenigstens einer von
ihnen gegenwärtig seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Rechtswahl wäre nach Art. 23
Abs. 2 EuGüVO i. V. m. § 1410 BGB notariell zu beurkunden. Auch eine Rechtswahl kann nur
für das gesamte Vermögen getroffen werden, nicht mehr wie früher unter Art. 15 Abs. 2 Nr. 3
EGBGB a. F. gegenständlich auf eine Immobilie beschränkt.

Gutachten/Abruf-Nr:

172451

Erscheinungsdatum:

26.09.2019

Rechtsbezug

National

Normen in Titel:

EGBGB Art. 15