02. Dezember 2022
ErbStG § 9 Abs. 1

Änderungen des Bewertungsgesetzes durch das Jahressteuergesetz 2022; Ausführung einer Zuwendung im Sinne des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes

JStG 2022 Art. 12; ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2
Änderungen des Bewertungsgesetzes durch das Jahressteuergesetz 2022; Ausführung einer Zuwendung im Sinne des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes

I. Sachverhalt
Eine Immobilie im Wert von ca. 800.000 Euro soll der gemeinschaftlichen Tochter der Eigentümer überlassen werden.

Variante 1: Die Tochter wird von den Veräußerern vollmachtlos vertreten. Die Genehmigung durch die Tochter erfolgt voraussichtlich erst im Januar 2023.

Variante 2: Die Tochter ist minderjährig. Es soll eine Gegenleistung der Tochter vereinbart werden. Zur Wirksamkeit des Vertrags bedarf es der familiengerichtlichen Genehmigung.
Variante 3: Bei der Immobilie handelt es sich um eine Eigentumswohnung, zu deren Übertragung die Zustimmung des Verwalters erforderlich ist.

Variante 4: Gegenstand der Überlassung ist eine noch nicht vermessene Teilfläche.

Variante 5: Eigentümerin der Immobilie ist eine KG oder GmbH. Anteile an der Gesellschaft sollen der Erwerberin überlassen werden.

II. Frage
Wie ist die Beurkundung zu gestalten, damit angesichts der voraussichtlich durch das Jahressteuergesetz 2022 eintretenden Änderungen des Bewertungsgesetzes noch die bewertungsrechtlichen Maßstäbe des Jahres 2022 zur Anwendung kommen?

III. Zur Rechtslage
1. Änderung des BewG durch das JStG 2022
Der Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes (JStG) 2022 sieht in Art. 12 Änderungen des Bewertungsgesetzes (BewG) vor, insb. der §§ 177-198 BewG (BT-Drucks. 20/3879). Die Änderungen des BewG können für Zwecke der Schenkungsteuer zu einer höheren Bewertung von überlassenem Grundbesitz führen, § 12 ErbStG.

Abhängig u.a. davon, ob der Grundbesitz unbebaut oder bebaut ist, ob es sich um Wohnungs- oder Teileigentum handelt und ob der Grundbesitz vermietet ist oder geschäftlich genutzt wird, kommen der Bodenwert, der Vergleichswert, der Ertragswert oder der Sachwert zum Ansatz (s. zu den allg. Maßstäben der Immobilienbewertung bei Überlassungen Dorn, DStR 2022, 2289 f.).

Ziel der Änderungen durch das JStG 2022 ist es zum einen, die bestehenden Vorschriften zur Bewertung von Grundbesitz nach dem BewG an die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) v. 14.7.2021 anzupassen. Zum anderen sollen mit den reformierten Bewertungsregelungen die derzeit erzielbaren Marktwerte genauer abbildbar sein. Hierdurch können sich ab 1.1.2023 höhere Bewertungen insbesondere bei Anwendung des Ertragswert- und des Sachwertverfahrens etwa daraus ergeben, dass die Gesamtnutzungsdauer für manche Gebäudearten entsprechend Anlage 1 zur ImmoWertV von vormals 70 Jahren auf nunmehr 80 Jahre erhöht wird (Anlage 22 zum BewG-E; s. RefE z. JStG 2022, S. 103). Reflexartig vermindert sich hierdurch der Alterswertminderungsfaktor. Betroffen sind u.a. Ein- und Zweifamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und Wohnungseigentum. Das gilt jedoch nicht, wenn das Vergleichswertverfahren zur Anwendung kommt. Insoweit erfolgt durch das JStG 2022 keine Änderung, die pauschal betrachtet zu einer höheren Immobilienbewertung führt. Die Bewertung von Erbbaurechtsfällen wird sowohl hinsichtlich des Erbbaurechts als auch hinsichtlich des Erbbaurechtsgrundstücks ebenfalls neu strukturiert, vgl. §§ 193, 194 BewG-E.

Die Prinzipien, nach denen sich richtet, ob eine Überlassung für steuerliche Zwecke noch nach den Maßstäben des laufenden Kalenderjahres oder schon nach den Maßstäben des Folgejahres bewertet wird, ändern sich durch das JStG 2022 voraussichtlich nicht. Ebenso sieht der Entwurf des JStG 2022 keine Änderungen des ErbStG vor.

2. Zeitpunkt der Entstehung der Schenkungsteuer bei der Überlassung von Immobilien (Grundfall)
Nach § 265 Abs. 14 BewG-E sollen die geänderten Bewertungsvorschriften ab dem Bewertungsstichtag 1.1.2023 gelten. Schenkungsteuerlicher Bewertungsstichtag ist gemäß § 11 ErbStG der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Entstehen der Schenkungsteuer bei Schenkungen unter Lebenden ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG die Ausführung der Zuwendung.

Die Zuwendung ist grundsätzlich dann ausgeführt, wenn der Beschenkte erhalten hat, was ihm nach der Schenkungsabrede verschafft werden soll. Zur Ausführung einer Sachschenkung muss der Beschenkte daher grundsätzlich das Eigentum erhalten. Eine Ausnahme besteht jedoch bei Grundstücksschenkungen. Hier ist der Zeitpunkt des Entstehens der Schenkungsteuer gegenüber dem Zeitpunkt des zivilrechtlichen Eigentumsübergangs vorverlagert, da der Zeitpunkt der Steuerentstehung nicht von der Bearbeitungsdauer im Grundbuchamt abhängen soll.

Mit der Frage, wann bei einer Grundstücksüberlassung die Zuwendung in diesem Sinne ausgeführt ist, befassen sich die für die Finanzverwaltung maßgeblichen Erbschaftsteuerrichtlinien (R E 9.1. ErbStR). Grundsätzlich gilt, dass es bei Grundbesitzschenkungen nicht auf den Übergang des „wirtschaftlichen Eigentums“ (Besitz, Nutzung und Lasten) ankommt. Vielmehr genügt es für die Entstehung der Steuer, dass die Parteien die Voraussetzungen für den Eigentumswechsel geschaffen haben und nur noch die Eintragung im Grundbuch aussteht (Milatz/Christopeit, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 4. Aufl. 2022, § 9 ErbStG, Rn. 24; Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Aufl. 2021, § 9 Rn. 50). Der BFH verlangt, dass die Parteien die für die Rechtsänderung im Grundbuch erforderlichen Erklärungen in der nötigen Form abgegeben haben, sodass der Erwerber in der Lage ist, seine Eintragung selbst herbeizuführen (BFH BStBl. II 1979, 642; DStR 2005, 1937; vgl. auch R E 9.1. Abs. 1 S. 1 ErbStR). Konkret bedeutet dies, dass die Auflassung nach § 925 BGB sowie die unbedingte Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) durch den Veräußerer erklärt sein müssen. Auf die Stellung des Eintragungsantrags (§ 13 GBO) kommt es hingegen nicht an (R E 9.1 Abs. 1 S. 5 ErbStR: hierzu kritisch Gottschalk, in: Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, Std. Februar 2022, § 9 Rn. 96). Der BFH fordert zusätzlich, dass die Eigentumsumschreibung tatsächlich nachfolgt (BFH BStBl. II 2005, 892; so auch R E 9.1 Abs. 1 S. 9 ErbStR; vgl. zur Entbehrlichkeit der Zwischeneintragung bei Kettenschenkungen Gottschalk, § 9 Rn. 96 a.E., 100).

Zu beachten ist, dass in – bei Überlassungsverträgen zwar seltenen, aber denkbaren – bestimmten Konstellationen trotz des vermeintlichen Vorliegens beider Voraussetzungen die Steuer dennoch nicht entsteht. Gemeint sind hiermit Fälle, in denen der Notar etwa im Wege der Kopier- oder der Bewilligungslösung daran mitwirkt, dass der Eigentumsübergang noch nicht sofort in das Grundbuch eingetragen wird, sondern erst nach Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (z.B. Haftungsfreistellungserklärung einer am Vertragsobjekt grundpfandrechtlich abgesicherten Bank). In einem solchen Fall wäre der dingliche Rechtsübergang noch nicht unmittelbar eingeleitet (R E 9.1. Abs. 1 S. 4, 7, 8). Dürfte der Notar in einer solchen Konstellation die mittels Eigenurkunde erwirkte Bewilligung bzw. die Auflassung dem Grundbuchamt erst nach dem 31.12.2022 aufgrund des Eintretens der insoweit vereinbarten Voraussetzungen vorlegen, so wären für die betroffene Überlassung die bewertungsrechtlichen Vorgaben in der durch das JStG 2022 geänderten Form maßgeblich.

3. Relevanter Zeitpunkt bei Genehmigung des Rechtsgeschäfts (Varianten 1, 2 und 3)
Zu prüfen ist, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn zur Wirksamkeit der Überlassung eine Genehmigung (im weiteren Sinne) erforderlich ist.

Denkbar sind hierbei zunächst Fälle, in denen der Vertrag einer privatrechtlichen Genehmigung bedarf, wenn etwa eine der Parteien vollmachtlos vertreten wurde oder aber auch z.B. ein Verwalter nach WEG der Veräußerung einer Wohnung bzw. ein Erbbaugrundstückseigentümer der Übertragung eines Erbbaurechts zustimmen muss.

Privatrechtliche „Nachgenehmigungen“ nicht erschienener Vertragsparteien wirken zivilrechtlich nach § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück. Dies gilt allerdings ausweislich der Erbschaftsteuerrichtlinien aber nicht für steuerliche Zwecke. Die zivilrechtliche Rückwirkung ist in diesen Fällen steuerlich unbeachtlich (vgl. R E 9.1 Abs. 3 S. 3 ErbStR; BFH DStR 2005, 1937). Auch andere privatrechtliche Genehmigungen wie etwa die Verwalterzustimmung oder die Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Erbbaurechtsübertragung wirken steuerlich ex nunc und mithin nicht zurück auf den Zeitpunkt der Beurkundung. Begründet wird dies mit dem allgemeinen Prinzip, wonach eine Verkehrsteuer nicht rückwirkend entstehen kann (Milatz/Christopeit, in: Burandt/Rojahn, § 9 ErbStG, Rn. 26). Daher ist insbesondere bei der Überlassung von Sondereigentum sowie Erbbaurechten und Erbbaugrundstücken und in Fällen, in denen ein Vertragsteil vollmachtlos vertreten wird, zu beachten, dass bei Erteilung dieser Art von Genehmigungen ab dem 1.1.2023 die neuen bewertungsrechtlichen Maßstäbe zur Anwendung gelangen werden.

Nicht höchstrichterlich geklärt ist – soweit ersichtlich – der Fall, dass eine Vertragspartei aufgrund mündlich oder privatschriftlich erteilter Vollmacht handelt und erst nach Jahreswechsel eine Vollmachtsbestätigung in der Form des § 29 GBO erfolgt. Hierzu verhalten sich weder die Erbschaftsteuerrichtlinien noch die Kommentarliteratur ausdrücklich. Nach dem BFH kommt es darauf an, dass die Vertragsparteien die für die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben und der Begünstigte aufgrund dieser Erklärung in der Lage ist, seine Eintragung herbeizuführen (BFH/NV 2001, 1407). Dies spräche dafür, danach zu differenzieren, ob der Vertretene auf Veräußerer- oder Erwerberseite steht. Steht der Vertretene auf Veräußererseite, so hat er das „unmittelbare Einleiten des dinglichen Rechtsübergangs“ noch in der Hand und kann es verzögern. Steht der Vertretene hingegen auf Erwerberseite, so ist er als Begünstigter in der Lage, seine Eintragung herbeizuführen, indem er eine Vollmachtsbestätigung in Form des § 29 GBO beibringt und den Eintragungsantrag stellt. Da § 925 Abs. 1 S. 1 BGB für die Auflassung keine Erklärungsform vorschreibt (Grüneberg/Herrler, BGB, 81. Aufl. 2022, § 925 Rn. 3), ist es für deren Wirksamkeit auch ohne Rückgriff auf § 167 Abs. 2 BGB unerheblich, wenn die Vollmacht nur mündlich oder privatschriftlich erteilt wäre. Materiell-rechtlich betrachtet ist die Auflassung wirksam.

Versteht man hingegen die Aussage des BFH so, dass zwingend beide Voraussetzungen („gehörige Form“ und „Ermächtigung“ des Erwerbers) vorliegen müssen (so wohl Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, § 9 Rn. 50), so ließe sich argumentieren, dass mangels Vorliegen der „gehörigen Form“ die Zuwendung noch nicht als ausgeführt anzusehen ist (Gottschalk, § 9 Rn. 94). Dieser Ansicht folgt auch das FG Hamburg in einer Entscheidung aus dem Jahr 1989 (EFG 1990, 478; a. A. Krauß, in: Beck’sches Notarhandbuch, 7. Auflage 2019, § 5 Rn. 30 a.E.).

Bedarf der Vertrag hingegen zu seiner Wirksamkeit einer Genehmigung nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften, etwa nach § 2 GrdStVG, so ist es nach Ansicht der Finanzverwaltung für die Ausführung der Zuwendung ausreichend, wenn die Beteiligten alles getan haben, um die Genehmigung herbeizuführen, insbesondere die erforderlichen Erklärungen in gehöriger Form abgegeben haben, R E 9.1 Abs. 3 S. 4 ErbStR. Sofern also die Beteiligten dem Notar keine Vollzugsanweisung erteilen, etwa erforderliche behördliche Genehmigungen zeitverzögert einzuholen, ist für die Ausführung der Zuwendung im Übrigen der Tag der Beurkundung maßgeblich. Verzögerte Bearbeitungszeiten bei den Behörden wirken sich mithin nicht zulasten der Parteien aus.

Eine eigene Fallgruppe bilden gerichtliche Genehmigungserfordernisse, etwa der Fall, dass die Überlassung an einen Minderjährigen nicht unentgeltlich erfolgt und daher der familiengerichtlichen Genehmigung nach §§ 1643 Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 5 BGB bzw. (ab 1.1.23) §§ 1643 Abs. 1, 1850 Nr. 6 BGB n.F. bedarf. Die Hinweise zu den Erbschaftsteuerrichtlinien nennen diese Kategorie der Genehmigung zwar (HE 9.1 ErbStH), schweigen allerdings zu ihren Merkmalen.

Die Besonderheit bei gerichtlichen Genehmigungserfordernissen besteht darin, dass bis zur Erteilung der Genehmigung keine Bindungswirkung entsteht und zudem später ein Tätigwerden des Vertreters erforderlich ist, welcher gemäß § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB (i. V. m. § 1643 Abs. 3 BGB bzw. § 1915 Abs. 1 BGB) die Genehmigung zu ihrer Wirksamkeit dem anderen Teil mitteilen muss. Soweit ersichtlich, sind hierzu noch keine gerichtlichen Entscheidungen ergangen, sodass die Rechtslage für die Praxis ungeklärt ist. Die Literatur geht stellenweise davon aus, dass es insoweit auf den Zeitpunkt der Rechtskraft und Mitteilung gem. § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB ankomme (Krauß, § 5 Rn. 30), stellenweise setzt sie familiengerichtliche Genehmigungen mit behördlichen Genehmigungserfordernissen gleich (Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, § 9 Rn. 48 a.E.).

4. Besonderheiten bei der Überlassung noch nicht vermessener Teilflächen (Variante 4)
Soll hingegen eine noch nicht vermessene Teilfläche überlassen werden, so stellt sich die Frage, wie es sich auswirkt, dass die Auflassung sowie eine den Anforderungen des § 28 S. 1 GBO entsprechende Bewilligung üblicherweise erst nach Abschluss der Vermessung erfolgen. Nach den genannten Kriterien des BFH wäre die Zuwendung noch nicht alleine durch die Beurkundung des schuldrechtlichen Teils der Überlassung ausgeführt. Denn zu diesem Zeitpunkt können weder die Auflassung noch die Bewilligung mit dem Inhalt des § 28 S. 1 GBO (Angabe des Grundstücks in Übereinstimmung mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt) erklärt werden.

Die Erbschaftsteuerrichtlinien führen zu dieser Konstellation nur sehr knapp aus. Dort heißt es in den Hinweisen: „Bei Schenkung einer Grundstücksteilfläche gilt R E 9.1 Absatz 1 entsprechend, auch wenn das Vermessungsverfahren zur Bildung einer eigenen Flurnummer noch nicht abgeschlossen wurde“ (H E 9.1 ErbStH). Dies dürfte jedenfalls dahingehend zu verstehen sein, dass allein die Dauer des Vermessungsverfahrens nicht dazu führt, dass die Schenkung erst nach dessen Abschluss bzw. der darauf folgenden Bildung einer eigenen Flurnummer i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt ist.

Dem Verweis auf Abs. 1 der Richtlinie dürfte jedoch auch zu entnehmen sein, dass die Auflassung bereits erklärt sein muss, was gerade nicht der typischen Vertragsgestaltung bei der Überlassung von Teilflächen entspricht. Die Erteilung einer Auflassungsvollmacht (etwa an den Bürovorsteher des Notars) genügt insoweit nach Ansicht des BFH nicht (BFH BStBl. II 1983, 19). In der Literatur wird daher empfohlen, trotz vorläufiger grundbuchlicher Nichtverwendbarkeit die Auflassung der noch nicht vermessenen Teilfläche zu erklären und die Eigentumsumschreibung zu bewilligen (Krauß, § 5 Rn. 30), sodass nach Vermessung lediglich eine sog. ergänzende Identitätserklärung sowohl bzgl. der Auflassung als auch bzgl. der Bewilligung durch den Notar im Wege der Eigenurkunde erfolgt (vgl. hierzu Krauß, Immobilienkaufverträge in der Praxis, 9. Aufl. 2020, Rn. 1623 ff.).

5. Überlassung von Gesellschaftsanteilen (Variante 5)
Werden anstelle von Immobilien Anteile an Gesellschaften überlassen, die ihrerseits Immobilien halten, so ist Objekt der Zuwendung, welche gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt sein muss, ein Gesellschaftsanteil. Für diesen gelten andere Regeln als für Immobilien. Maßgeblich ist sowohl für Anteile an Personengesellschaften als auch an Kapitalgesellschaften die Wirksamkeit der Abtretung (Milatz/Christopeit, § 9 ErbStG, Rn. 19; zur Differenzierung danach, ob eine Verfügung über ein bestehende Beteiligung oder Aufnahme in eine Personengesellschaft vorliegt, vgl. Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 7. Aufl. 2020, § 9 Rn. 89 sowie Fumi, in: von Oertzen/Loose, ErbStG, 2. Aufl. 2020, § 9 Rn. 148 und Mirbach/Mirbach, in: Wilms/Jochum, ErbStG, Std. Juli 2022, § 9 Rn. 20.2).

Erfolgt hingegen die Abtretung unter einer aufschiebenden Bedingung – etwa zur Vermeidung der Haftung nach § 176 Abs. 2 HGB unter der Bedingung der Eintragung im Handelsregister – so ist der Eintritt der Bedingung maßgeblich, § 4 BewG i.V.m. § 12 Abs. 1 ErbStG (BFH/NV 2010, 900; Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, § 9 Rn. 47; Milatz/Christopeit, § 9 ErbStG, Rn. 22). Entsprechendes gilt, wenn die Übertragung zu ihrer Wirksamkeit, etwa aufgrund einer Vinkulierungsklausel im Gesellschaftsvertrag, der Zustimmung Dritter (z.B. der anderen Gesellschafter) bedarf (Fumi, § 9 Rn. 148).

Nicht eindeutig geklärt ist nach Ansicht des BFH zudem, welchem Kalenderjahr eine Abtretung zuzuordnen ist, die „mit Ablauf des 31.12.“ wirksam werden soll (BFHE 113, 195). Es komme auf die Umstände des Einzelfalles an, sodass nicht pauschal davon auszugehen sei, dass bei solcherart aufschiebend befristeten Übertragungen stets das Recht vor Inkrafttreten der Änderungen des BewG anzuwenden sei.

Eine Besonderheit soll bei Anteilen an gewerblich geprägten Personengesellschaften (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) gelten. Hier soll es nach einer Literaturauffassung stets auf den Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister ankommen (Milatz/Christopeit, § 9 ErbStG, Rn. 18 a.E.; a. A. Mirbach/Mirbach, § 9 Rn. 20.2). Eine Erläuterung zu dieser Besonderheit oder Fundstellen aus der Rechtsprechung sind – soweit ersichtlich – allerdings nicht vorhanden. Denkbar wäre, dass Milatz/Christopeit den Fall des Beitritts zu einer bereits bestehenden vermögensverwaltenden Gesellschaft meinen, für deren Entstehen nach § 105 Abs. 2 i. V. m. § 161 Abs. 2 HGB die Eintragung ins Handelsregister konstitutiv ist, nicht jedoch den Fall erfassen wollen, in dem eine bereits bestehende Beteiligung übertragen wird.

Zahlreiche Folgefragen ergeben sich hingegen für den Fall, dass sich das Grundstück nicht im Vermögen der Gesellschaft befindet, sondern zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters zählt. Die Literatur weist für diesen Sonderfall darauf hin, dass auf die gleichzeitige Übertragung beider Vermögensgegenstände zu achten sei (Mirbach/Mirbach, § 9 Rn. 20.2). Mit den erbschaftsteuerlichen Konsequenzen der nicht gleichzeitigen Übertragungen hatte sich erst kürzlich der BFH zu befassen (BFH ZEV 2020, 787 m. Anm. Hübner auch zu den ertragssteuerlichen Konsequenzen).

Erscheinungsdatum:

02.12.2022

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Erbschafts- und Schenkungsteuer

Erschienen in:

DNotI-Report 2022, 177-181

Normen in Titel:

ErbStG § 9 Abs. 1