09. Oktober 2020
GBO § 15 Abs. 2; GBO § 13

Antragsrecht des Käufers bzgl. Löschung einer Belastung, die der Verkäufer zu löschen hat

GBO §§ 13, 15 Abs. 2
Antragsrecht des Käufers bzgl. Löschung einer Belastung, die der Verkäufer zu löschen hat

I. Sachverhalt
Im Rahmen der Kaufvertragsabwicklung stellte der Urkundsnotar gem. § 15 GBO einen Antrag auf Eigentumsumschreibung und auf Löschung von Vorlasten in Abt. III, ohne zusätzlich anzugeben, für wen die einzelnen Anträge gestellt wurden. Im notariellen Kaufvertrag ist der Löschungsantrag des Verkäufers enthalten. Das Grundbuchamt stellte die Löschungskosten dem Käufer und nicht dem Verkäufer in Rechnung. Aufgrund der Antragstellung ohne zusätzliche Angabe, für wen die einzelnen Anträge gestellt werden, betrachtet das Grundbuchamt sämtliche Beteiligten der Kaufvertragsurkunde für sämtliche Anträge als Antragsteller i. S. d. § 22 Abs. 1 GNotKG und damit als Kostenschuldner.

Gem. § 15 Abs. 2 GBO gilt der beurkundende Notar als ermächtigt, im Namen eines Antragsberechtigten die Eintragung zu beantragen. Antragsberechtigt für Löschungsanträge zu Vorlasten sind jedoch nur der Eigentümer und der jeweilige Gläubiger.

II. Fragen
Wie ist der Antrag des Notars gem. § 15 GBO auszulegen, wenn er keine zusätzlichen Angaben darüber enthält, für wen der Antrag gestellt ist? Stellt der Notar den Löschungsantrag zu Vorlasten in Abt. III nur für den antragsberechtigen und an der Urkunde beteiligten Verkäufer (Eigentümer) oder auch für die berechtigten Gläubiger bzw. den Käufer?

III. Zur Rechtslage
1. Allgemeines zu § 15 Abs. 2 GBO
Gem. § 15 Abs. 2 GBO gilt ein Notar als ermächtigt, im Namen eines Antragsberechtigten Eintragungen im Grundbuch zu beantragen, wenn die zur Eintragung erforderliche Erklärung von diesem Notar beglaubigt oder beurkundet worden ist. Daraus folgt kein eigenes Antragsrecht des Notars, sondern vielmehr eine vermutete Vertretungsmacht des Notars (statt aller BeckOK-GBO/Reetz, Std.: 1.6.2020, § 15 Rn. 37; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 176 – jew. m. w. N.)

Verfährt der antragstellende Notar nach § 15 Abs. 2 GBO und überbringt er nicht lediglich fremde Anträge der Beteiligten als Bote, so hat er gegenüber dem Grundbuchamt ausdrücklich anzugeben, für wen er einen Antrag stellt (vgl. etwa BayObLGZ 1952, 271, 272; BeckOK-GBO/Reetz, § 15 Rn. 40 m. w. N.). Versäumt der Notar dies und ergibt sich auch sonst kein hinreichender Anhaltspunkt, für wen der Antrag gestellt werden sollte, so gilt die Auslegungsregel, dass der eingereichte Antrag als Antrag im Namen aller Antragsberechtigten zu behandeln ist (vgl. OLG München FGPrax 2012, 222; BeckOK-GBO/Reetz, § 15 Rn. 40 m. w. N.).

2. Antragsberechtigung als Voraussetzung
Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich, dass die Fiktion des § 15 Abs. 2 GBO nur die Antragstellung im Namen eines überhaupt Antragsberechtigten i. S. d. §§ 13 Abs. 1 S. 2, 14 GBO (vgl. BeckOK-GBO/Reetz, § 15 Rn. 37) erfasst.

Ein – auch vormerkungsgesicherter – Käufer ist jedoch für die Löschung einer Grundschuld zulasten des veräußernden Eigentums in Abt. III des Grundbuchs nicht an­tragsberechtigt i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 2 GBO. Antragsberechtigt ist nur derjenige Beteiligte, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird („verlierender Teil“) oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll („gewinnender Teil“, vgl. BeckOK-GBO/Reetz, Std.: 1.6.2020, § 13 Rn. 56).

Erforderlich ist dabei nach wohl allgemeiner Meinung, dass die begehrte Eintragung unmittelbar und nicht nur mittelbar zugunsten des Antragstellers wirkt (Meikel/Böttcher, GBO, 11. Aufl. 2015, § 13 Rn. 37 m. w. N.; BeckOK-GBO/Reetz, § 13 Rn. 64). Unmittelbar begünstigt in diesem Sinne ist aber bei einem Kaufvertrag, in dessen Rahmen vom ver­äußernden Eigentümer Belastungen wegzufertigen sind, nur dieser selbst (OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 1482, 1483; Demharter, GBO, 31. Aufl. 2018, § 13 Rn. 47). Das OLG Frankfurt führt im Einzelnen aus (NJW-RR 1996, 1482, 1483):

„Als gewinnender Teil antragsberechtigt kann somit nur der eingetragene Eigentümer sein, dessen Begünstigung die Eintragung unmittelbar bezweckt. Er allein erlangt im abstraktrechtlichen Sinn durch die Löschung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil. Der Umstand, daß sie sich in wirtschaftlichem Sinn auch für den Vormerkungsberechtigten günstig auswirkt, macht den Vormerkungsberechtigten nur mittelbar betroffen und gibt ihm deshalb kein Antragsrecht.“

Im Einzelnen ließe sich weiter differenzieren: Die konstitutive Eintragung der Löschung eines Rechts, das gem. § 875 BGB rechtsgeschäftlich aufgehoben werden soll, kann ein durch die Löschung aufrückender Berechtigter eines nachrangig eingetragenen Rechts oder einer nachrangigen Rechtsposition – wie vorliegend der vormerkungsgesicherte Käufer – nicht beantragen, da er nur mittelbar begünstigt wird; dem steht nicht entgegen, dass die materiell-rechtliche Aufhebungserklärung gem. § 875 Abs. 1 S. 2 BGB auch ihm gegenüber wirksam abgegeben werden kann (Meikel/Böttcher, § 13 Rn. 49; BeckOK-GBO/Reetz, § 13 Rn. 70).

Anders verhält es sich nur bei der deklaratorischen, bloß berichtigenden Eintragung der Löschung eines Rechts, das außerhalb des Grundbuchs entweder nicht entstanden oder bereits erloschen ist, denn diesbezüglich ist der scheinbar nachrangig Berechtigte aufgrund seines Grundbuchberichtigungsanspruchs gem. § 894 BGB unmittelbarer Begünstigter der vorzunehmenden Eintragung (OLG Stuttgart NJOZ 2012, 1307; BayObLG BWNotZ 1988, 165, 166 = MittRhNotK 1989, 52; Meikel/Böttcher, § 13 Rn. 55; BeckOK-GBO/Reetz, § 13 Rn. 70). Demnach kommt der Antrag auf Löschung eines vorrangigen Rechts durch einen nachrangig eingetragenen Berechtigten in erster Linie in solchen Fällen in Betracht, in denen die Unrichtigkeit der zu löschenden Eintragung gem. § 22 Abs. 1 GBO nachgewiesen werden kann – was vorliegend nicht der Fall ist.

Ein Antragsrecht lässt sich auch nicht damit begründen, dass der vormerkungsberechtigte Käufer nach Eigentumsumschreibung im Grundbuch als Eigentümer unstreitig antragsberechtigt wäre, § 13 Abs. 1 S. 2 GBO. Denn in dem Zeitpunkt, in dem der Notar gem. § 15 Abs. 2 GBO den Antrag stellte, war der Käufer gerade noch nicht Eigentümer.

3. Fazit
Mangels Antragsberechtigung des Käufers im Zeitpunkt des Löschungsantrags wurde der Löschungsantrag nicht (auch) gem. § 15 Abs. 2 GBO im Namen des Käufers gestellt.

Da der Notar bei der Antragstellung nicht präzisiert hat, dass der Löschungsantrag (nur) im Namen des Verkäufers gestellt wurde, gilt der Antrag als im Namen aller Antragsberechtigten gestellt – also auch im Namen der Gläubiger der wegzufertigenden Belastungen (vgl. OLG München FGPrax 2012, 222), nicht jedoch im Namen des Käufers. Für die Einordnung als Kostenschuldner i. S. d. § 22 Abs. 1 GNotKG ist zwar nicht erforderlich, dass der Antrag zulässig ist (Sommerfeldt, in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 3. Aufl. 2019, § 22 Rn. 7; Korintenberg/Wilsch, GNotKG, 21. Aufl. 2020, § 22 Rn. 6). Wenn jedoch die Auslegung ergibt, dass der Antrag nicht im Namen des Käufers gestellt wurde, dürfte eine Verpflichtung als Antragsteller gem. § 22 Abs. 1 GNotKG ausscheiden.

Gutachten/Abruf-Nr:

178250

Erscheinungsdatum:

09.10.2020

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Grundbuchrecht

Erschienen in:

DNotI-Report 2020, 156-158

Normen in Titel:

GBO § 15 Abs. 2; GBO § 13