20. November 2023
BGB § 167; BGB § 177; BGB § 130 Abs. 1; FamFG § 26; GmbHG § 9c Abs. 1

Rechtsgeschäftliche Vertretung bei Gründung einer Ein-Mann-GmbH; keine Möglichkeit der Genehmigung bei einseitigen Rechtsgeschäften; Vorlage der formgerechten Vollmacht nach Beurkundung; Abhandenkommen der Vollmachtsurkunde

BGB §§ 125, 130 Abs. 1, 141, 167, 177, 180, 184; FamFG §§ 26, 378 ff.; GmbHG §§ 2 Abs. 2, 9c Abs. 1
Rechtsgeschäftliche Vertretung bei Gründung einer Ein-Mann-GmbH; keine Möglichkeit der Genehmigung bei einseitigen Rechtsgeschäften; Vorlage der formgerechten Vollmacht nach Beurkundung; Abhandenkommen der Vollmachtsurkunde

I. Sachverhalt
Im Rahmen der Gründung einer GmbH wurde der alleinige Gesellschafter (seinerseits eine Gesellschaft ausländischen Rechts) aufgrund einer formgerechten Vollmacht (beglaubigt nebst Apostille und Vertretungsnachweis) durch einen Rechtsanwalt vertreten. Bei Beurkundung lag die Vollmacht als Ausdruck einer dem Notar übersandten PDF-Scandatei vor; das Original befand sich nach Angabe auf dem Postweg. Der Ausdruck der PDF-Scandatei wurde der Urkunde beigefügt; vom Original sollte der Urkunde nach Vorlage zusätzlich eine beglaubigte Abschrift beigefügt werden. Nunmehr hat sich ergeben, dass das Original der Vollmacht auf dem Postweg möglicherweise verlorengegangen ist; jedenfalls ist es nach Angabe der Beteiligten vom Absender versandt worden, jedoch beim Empfänger nicht angekommen und derzeit nicht auffindbar.

Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass dies vorliegend möglicherweise im Hinblick auf § 180 S. 1 BGB, § 2 Abs. 2 GmbHG problematisch sei, weil es sich um eine Ein-Personen-Gründung handelt.

II. Fragen
Besteht in diesem Fall trotz § 180 S. 1 BGB, § 2 Abs. 2 GmbHG die Möglichkeit einer formgerechten Vollmachtsbestätigung, weil sich aus der PDF-Scandatei ergibt, dass eine formgerechte Vollmacht vor Beurkundung tatsächlich existiert hat oder ist von einer Nichtigkeit der Gründung auszugehen, falls sich das Original der Vollmacht nicht mehr auffinden lässt?

III. Zur Rechtslage
1. Allgemeines zur vollmachtlosen Gründung einer Ein-Personen-GmbH
Gem. § 2 Abs. 2 S. 1 GmbHG muss der Bevollmächtigte eines GmbH-Gründers aufgrund einer notariell errichteten oder beglaubigten Vollmacht handeln (zur Form, auch nach § 10 KonsularG, vgl. MünchKommGmbHG/Heinze, 4. Aufl. 2022, § 2 Rn. 91 ff.; Scholz/Cramer, GmbHG, 13. Aufl. 2022, § 2 Rn. 30 ff.; Herrler/Haines, Gesellschaftsrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, 2. Aufl. 2021, § 6 Rn. 28 f.). Die Form ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Vollmacht, sodass eine nicht formgerechte Vollmacht gem. § 125 S. 1 BGB nichtig ist (Bormann/Stelmaszczyk, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl. 2023, § 2 Rn. 73; MünchKommGmbHG/Heinze, § 2 Rn. 102).

Daher handelt ein bloß mündlich oder privatschriftlich Bevollmächtigter als falsus procurator (Scholz/Cramer, § 2 Rn. 36; MünchKommGmbHG/Heinze, § 2 Rn. 102; Heckschen, in: Heidinger/Heckschen, Die GmbH in der Gestaltungs- und Beratungspraxis, 5. Aufl. 2023, Kap. 2 Rn. 30; Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl. 2023, § 2 Rn. 30; BeckOK-GmbHG/C. Jaeger, Std.: 1.8.2023, § 2 Rn. 24). Soweit der formlos Bevollmächtigte eine Ein-Personen-GmbH gründet, ist das Gründungsgeschäft unheilbar nichtig gem. § 180 S. 1 BGB (OLG Frankfurt MittBayNot 2017, 508 Rn. 12; KG RNotZ 2012, 240, 241; Heckschen, Kap. 2 Rn. 30; Gutachten DNotI-Report 2018, 177, 177 f.; MünchKommGmbHG/Heinze, § 2 Rn. 104).

Nur bei der Mehrpersonengründung greift § 177 BGB ein und das Handeln kann – unter Wahrung der Form des § 2 Abs. 2 GmbHG – genehmigt und die Gründung damit rückwirkend (§ 184 Abs. 1 BGB) wirksam werden (vgl. hierzu etwa OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 550; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl. 2023, § 2 Rn. 34; MünchKommGmbHG/Heinze, § 2 Rn. 102; Raff in: Rowedder/Pentz, GmbHG, 7. Aufl. 2022, § 2 Rn. 97). Die Möglichkeit der nachträglichen Genehmigung nach § 180 S. 2 BGB ist bei der Gründung einer Ein-Personen-GmbH nach h.M. hingegen gerade nicht eröffnet (KG RNotZ 2012, 240, 241; Stenzel, GmbHR 2015, 567, 576; Wachter, GmbHR 2003, 660, 661; Bayer, § 2 Rn. 34; MünchKommGmbHG/Heinze, § 2 Rn. 104; Gutachten DNotI-Report 2018, 177, 178 m. N.; kritisch aber etwa Wicke, GmbHG, 4. Aufl. 2020, § 2 Rn. 8; Tonikidis, MittBayNot 2014, 514, 515; Dürr, GmbHR 2008, 408, 411 f.).

Möglich ist allein die Bestätigung eines unwirksamen Rechtsgeschäfts gem. § 141 BGB, der jedoch nur ex-nunc-Wirkung zukommt (OLG Frankfurt MittBayNot 2017, 508 Rn. 12; Gutachten DNotI-Report 2018, 177, 178; MünchKommGmbHG/Heinze, § 2 Rn. 104; Bormann/Stelmaszczyk, § 2 Rn. 74). Dies ist allerdings ein „schwacher Trost“, da es sich letztlich um eine Neuvornahme handelt (zur fehlenden Rückwirkung auch etwa OLG Frankfurt MittBayNot 2017, 508 Rn. 12 m. N.). Der Gesellschaftsvertrag müsste im Ganzen beurkundet werden, wohingegen bei der Genehmigung eine unterschriftsbeglaubigte Erklärung ausreichen würde (MünchKommGmbHG/Heinze, § 2 Rn. 104; vgl. auch KG RNotZ 2012, 240, 241). Denn gemäß dem Gebot des sichersten Wegs sollte nicht nur die Bestätigungserklärung als solche, sondern die gesamte Gründungsurkunde einschließlich der Satzung (erneut) beurkundet werden. Eine Verweisung auf die vorherige Urkunde nach § 13a BeurkG ist aber als zulässig einzustufen, sofern eine notariell ordnungsgemäß errichtete Niederschrift vorliegt, sei darin auch ein nichtiges Rechtsgeschäft enthalten (vgl. dazu Gutachten DNotI-Report 2018, 177, 181).

2. Beurkundung ohne Vorlage der Vollmacht
Vorliegend wird das Vorhandensein einer formgerechten Vollmacht behauptet, die jedoch bei Beurkundung nicht vorlag und nun auf dem Postweg verloren gegangen sei.

a) Existenz der Vollmacht zum Zeitpunkt der Beurkundung
Sollte die Vollmacht formwirksam erteilt worden sein und dem Notar lediglich im Zeitpunkt der Beurkundung noch nicht vorgelegen haben, so ist damit keine Nichtigkeit der Gründung der GmbH (dazu oben Ziff. 1) verbunden. Die Vorlage der Vollmacht im Zeitpunkt der Beurkundung beim Notar ist nicht notwendig. Es reicht aus, wenn die Vollmacht im Beurkundungszeitpunkt existiert und dem beurkundenden Notar zwecks Registervollzugs nachgereicht wird (Scholz/Cramer, § 2 Rn. 31; Heidinger/Knaier, in: Heckschen/Heidinger, Kap. 3 Rn. 77; Herrler/Haines, § 6 Rn. 33; Wobst, in: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, 6. Aufl. 2023, § 5 Rn. 29; Wachter, GmbHR 2003, 660, 662; vgl. zu § 23 Abs. 1 S. 2 AktG MünchKommAktG/Pentz, 5. Aufl. 2019, § 23 Rn. 17; a. A. wohl Heinze, NJW 2020, 1421).

Freilich müsste die Vollmacht dem Bevollmächtigten gegenüber wirksam erteilt worden sein (§ 167 Abs. 1 BGB). Die hier in Rede stehende Innenvollmacht wird erst wirksam, wenn die Erklärung dem Bevollmächtigten – formgerecht – zugegangen ist (vgl. MünchKommBGB/Einsele, 9. Aufl. 2021, § 130 Rn. 33). Hierzu gibt der Sachverhalt keine weitergehenden Informationen. Zu bedenken ist aber, dass § 130 Abs. 1 BGB insofern dispositiv ist (vgl. BGH NJW 1995, 2217; MünchKommBGB/Einsele, § 130 Rn. 33) und es daher in Betracht kommt, dass die Beteiligten auf den Zugang der formgerechten Vollmacht verzichtet haben. Wenn der Vertreter – hier der Rechtsanwalt – mit dem PDF-Dokument beim Notar vorstellig wird und dort als formell Beteiligter die Gründung vornimmt, spricht prima facie vieles für einen Verzicht auf den formgerechten Zugang der Erklärung (vgl. auch Scheller, in: Kersten/Bühling, Formularbuch und Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit, 27. Aufl. 2023, § 135 Rn. 15). Demgemäß dürfte das Handeln aufgrund Vollmacht vorliegend wohl auch nicht daran scheitern, dass die Vollmacht nicht (formgerecht) erteilt wurde.

b) Erfordernis des Nachreichens des Originals
Problematisch ist im zu begutachtenden Sachverhalt, dass das Original bzw. die Ausfertigung der Vollmachtsurkunde nicht mehr vorgelegt werden kann.

Wachter formuliert:

„Die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister kann in diesem Fall allerdings erst dann erfolgen, wenn die formgerecht erteilte Vollmacht im Original vorliegt.“

(Wachter, GmbHR 2003, 660, 662; Herv. d. DNotI)

Auch sonst wird davon ausgegangen, dass das Original der Vollmachtsurkunde nachgereicht und der Gründungsurkunde nachträglich beigefügt werden könne (Wobst, § 5 Rn. 29; Herrler/Haines, § 6 Rn. 33; Scheller, § 135 Rn. 15 m. Fn. 51, dort auch ablehnend zur strengeren Ansicht etwa von Heinze, NJW 2020, 1421, der zufolge eine nachträgliche Bestätigung erforderlich sein soll).

Obgleich eine Kopie bzw. hier der PDF-Scan nahelegen könnte, dass die Vollmacht im Beurkundungszeitpunkt formgerecht erteilt wurde, müsste auf dieser Basis für die Eintragung in das Handelsregister die Vollmacht im „Original“ (Urschrift) bzw. bei beurkundeter Vollmacht in Ausfertigung (§ 47 BeurkG) vorliegen. Dies ist hier nicht der Fall; das Original der beglaubigten Vollmachtsurkunde kann nicht nachgereicht werden. Das Registergericht dürfte daher die GmbH grundsätzlich – zur ggf. einschlägigen Ausnahme der Vollmachtsbestätigung sogleich unter Ziff. 3 – nicht in das Handelsregister eintragen. Zur etwaigen Heilung des Mangels bei gleichwohl erfolgter Eintragung der GmbH sei auf die entsprechende Literatur verwiesen (Gutachten DNotI-Report 2018, 177, 178 ff.; Servatius, in: Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 23. Aufl. 2022, § 2 Rn. 23; GroßkommGmbHG/Ulmer/Löbbe, 3. Aufl. 2019, § 2 Rn. 46 f.; Heidinger/Knaier, Kap. 3 Rn. 79 ff.).

3. Vollmachtsbestätigung
Bei der hier vorliegenden Konstellation stellt sich allerdings die Frage, ob ausnahmsweise eine Vollmachtsbestätigung, die im Grundbuchverfahrensrecht in anderer Form omnipräsent ist, in Betracht kommen könnte. Diese würde allerdings wegen der materiell-rechtlichen Formvorschrift des § 2 Abs. 2 S. 1 GmbHG deutlich über das hinausgehen, was im Grundbuchverfahren für die Zwecke des § 29 Abs. 1 GBO erklärt wird.

Evident ist zunächst, dass eine solche Vollmachtsbestätigung die Zwecke des § 2 Abs. 2 S. 1 GmbHG nicht unterlaufen und damit nicht dazu führen dürfte, dass eine – nur als Vollmachtsbestätigung deklarierte bzw. etikettierte – Genehmigung erfolgt, die bei der Gründung einer Ein-Personen-GmbH gerade unzulässig wäre (vgl. oben Ziff. 1). Um zu verhindern, dass nachträglich lediglich behauptet wird, eine formgerechte (!) Vollmachtsurkunde habe bereits zum Zeitpunkt der Beurkundung existiert (dies ist der Unterschied zum Grundbuchverfahrensrecht, bei welchem das materielle Recht im Grundsatz gerade keine von § 167 Abs. 2 BGB abweichende Vorgabe macht), wird man entsprechende Anhaltspunkte für diesen Tatsachenvortrag verlangen müssen.

Unterstellt man, dass die Vollmacht formgerecht errichtet, auf den Zugang in der Form des § 2 Abs. 2 GmbHG verzichtet und die Vollmacht damit auch gem. § 167 BGB und § 2 Abs. 2 GmbHG wirksam erteilt wurde, besteht letztlich eine Friktion zwischen dem materiellen Recht und dem Verfahrensrecht. Die materiell-rechtlich bestehende Wirksamkeit der Errichtung der GmbH müsste verfahrensrechtlich nachgewiesen werden. Hierfür bedarf der Prüfungsmaßstab des Registergerichts einer genaueren Betrachtung: Dieser ergibt sich bei der Errichtung einer GmbH aus § 9c Abs. 1 GmbHG. Danach prüft das Registergericht auch die formellen Voraussetzungen der Errichtung der GmbH und damit auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 GmbHG (vgl. GroßkommGmbHG/Ulmer/Habersack, § 9c Rn. 11; MünchKommGmbHG/Wicke, 4. Aufl. 2022, § 9c Rn. 4). Insofern gilt bezüglich des Prüfungsumfangs, dass keine volle Überzeugung des Gerichts erforderlich ist, sondern „nur“ kein sachlich begründeter Zweifel bestehen darf (GroßkommGmbHG/Ulmer/Habersack, § 9c Rn. 13; MünchKommGmbHG/Wicke, § 9c Rn. 12; Tebben/Kämper, in: Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, 4. Aufl. 2023, § 9c Rn. 5 f.). Es gilt in diesem Verfahren nach §§ 378 ff. FamFG der Amtsermittlungsgrundsatz des § 26 FamFG, wobei die Beteiligten gleichwohl an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken haben (GroßkommGmbHG/Ulmer/Habersack, § 9c Rn. 58; MünchKommGmbHG/Wicke, § 9c Rn. 14). Die Art und Weise der weiteren Sachverhaltsermittlung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, das sich grundsätzlich aller geeigneten Mittel zur Aufklärung bedienen kann (MünchKommGmbHG/Wicke, § 9c Rn. 14).

Legt man dies zugrunde, ergibt sich nach unserer persönlichen Rechtsauffassung – die allerdings nicht durch Rechtsprechung oder Literatur abgesichert ist – Folgendes: Eine „Vollmachtsbestätigung“ wäre vorliegend denkbar. Eine materiell-rechtlich wirksame Gründungsurkunde muss auch vollziehbar sein. Insofern müsste vom Vollmachtgeber – hier der ausländischen Gesellschaft – bestätigt werden, dass eine i. S. d. § 2 Abs. 2 GmbHG formgerechte Vollmacht zum Beurkundungszeitpunkt existierte und wirksam erteilt wurde, also auch auf deren formgerechten Zugang beim Vertreter verzichtet worden war. Um Zweifel des Registergerichts (vor allem in Bezug auf einen Umgehungsversuch des § 2 Abs. 2 GmbHG und des § 180 S. 1 BGB) zu vermeiden, müsste der damit behauptete Sachverhalt glaubhaft gemacht werden. Dies könnte vorliegend unter anderem dergestalt erfolgen, dass das PDF-Dokument der beglaubigten Vollmacht, welches das Datum der Beglaubigung ausweist, vorgelegt wird (in diese Richtung auch Wachter, GmbHR 2003, 660, 662). Das Konglomerat aus „Vollmachtsbestätigung“ samt den genannten Unterlagen dürfte u. E. geeignet sein, etwaige Zweifel des Registergerichts am Vorliegen einer formgerechten Vollmacht zum Zeitpunkt der Beurkundung zu beseitigen. Überdies könnte man darüber nachdenken, eine „Bestätigung“ des ausländischen Notars über die Beglaubigung und ggf. über die postalische Versendung der Vollmachtsurkunde – letztlich in Anlehnung an § 21 BNotO – als einen weiteren Umstand zu betrachten, den das Registergericht bei seiner Prüfung zu beachten hätte. Die Erklärung der „Vollmachtsbestätigung“ selbst bedarf nicht der Form des § 2 Abs. 2 GmbHG, auch wenn dies freilich für die Überzeugungsbildung des Registergerichts förderlich und daher empfehlenswert sein mag.

Dem hier vertretenen Ergebnis der Möglichkeit einer Bestätigung der Existenz einer formgerechten Vollmacht steht nicht entgegen, dass eine „klassische Vollmachtsbestätigung“ – also eine Bestätigung einer formfrei erteilten Vollmacht in der registerverfahrensrechtlichen Form des § 29 GBO – bei der Gründung einer Ein-Personen-GmbH nicht möglich ist (vgl. nur DNotI-Internetgutachten Nr. 139913 unter Ziff. 3). Denn formbedürftig ist allein die zum Zeitpunkt der Errichtung der GmbH bereits existente Vollmacht. Da diese aber in der entsprechenden Form bestanden haben muss, ergibt sich ein eklatanter Unterschied zur allseits bekannten Vollmachtsbestätigung aus dem Grundbuchverfahrens-recht.
Wir weisen allerdings abschließend darauf hin, dass diese Art der „Vollmachtsbestätigung“ (präziser: Bestätigung einer formgerecht errichteten und erteilten Vollmacht) nicht durch Rechtsprechung oder Literatur abgesichert und daher mit einem Risiko behaftet ist. Dieses bezieht sich zunächst auf das Stadium des Eintragungsverfahrens. Kommt es trotz eines Mangels der Vollmacht gleichwohl zur Eintragung, wird der Vollmachtsmangel nach ganz h.M. geheilt, bildet also keinen Nichtigkeitsgrund i.S.d. § 75 GmbHG (Scholz/Cramer, § 2 Rn. 38; Bormann/Stelmaszczyk, § 2 Rn. 77; Raff, § 2 Rn. 100; Wachter, GmbHR 2003, 660, 661; GroßkommGmbHG/Ulmer/Löbbe, § 2 Rn. 46). Wurde aber überhaupt keine Vollmacht erteilt, erfolgt insofern keine Heilung und die Gesellschaft kann grundsätzlich gem. § 399 Abs. 4 FamFG von Amts wegen aufgelöst werden (Scholz/Scheller, GmbHG, 12. Aufl. 2021, § 60 Rn. 50; GroßkommGmbHG/Ulmer/Löbbe, § 2 Rn. 47; Bormann/Stelmaszczyk, § 2 Rn. 78; MünchKommGmbHG/Heinze, § 2 Rn. 108; Wachter, GmbHR 2003, 660, 661).

Gutachten/Abruf-Nr:

200970

Erscheinungsdatum:

20.11.2023

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung
Verfahrensrecht allgemein (ZPO, FamFG etc.)
GmbH

Erschienen in:

DNotI-Report 2023, 169-172

Normen in Titel:

BGB § 167; BGB § 177; BGB § 130 Abs. 1; FamFG § 26; GmbHG § 9c Abs. 1