Zertifizierter Verwalter; bauliche Maßnahmen; Abdingbarkeit; Veräußerungszustimmung; Hausgeldrückstand als wichtiger Grund
WEG §§ 12, 19 Abs. 2 Nr. 6, 20 Abs. 3, 26a, n. F.
Zertifizierter Verwalter; bauliche Maßnahmen; Abdingbarkeit; Veräußerungszustimmung; Hausgeldrückstand als wichtiger Grund
I. Sachverhalt
Es soll eine Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung für eine Wohnungsanlage mit fünf Einheiten beurkundet werden. Den Beteiligten ist der Kostenaufwand für die Bestellung eines zertifizierten Verwalters zu hoch. Zudem soll eine Regelung aufgenommen werden, wonach die Zustimmung zur Veräußerung auch bei Wohngeldrückständen versagt werden kann. Des Weiteren soll § 20 Abs. 3 WEG bzgl. der Kostentragung modifiziert werden.
II. Fragen
1. Ist § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG i. V. m.
2. Kann in die Teilungserklärung eine Vereinbarung aufgenommen werden, wonach ein wichtiger Grund für die Versagung der Veräußerungszustimmung auch ein bestehender Rückstand an Wohngeld oder sonstigen Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft ist?
3. Kann in der Teilungserklärung wirksam vereinbart werden, dass der Eigentümer, der bauliche Maßnahmen nach § 20 Abs. 3 WEG verlangt, die Kosten der Errichtung, der Unterhaltung und der Entfernung einschließlich Wiederherstellung des früheren Zustandes zu tragen hat?
III. Zur Rechtslage
1. Voraussetzungen für einen Anspruch auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters
§ 19 Abs. 1 WEG sieht vor, dass die Wohnungseigentümer eine ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschließen. § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG bestimmt, dass zur ordnungsmäßigen Verwaltung und Benutzung insbesondere die Bestellung eines zertifizierten Verwalters i. S. d.
§ 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG sieht jedoch Ausnahmen von diesem Anspruch vor. Die Bestellung eines zertifizierten Verwalters kann demnach nicht verlangt werden, wenn weniger als neun Sondereigentumsrechte bestehen, ein Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt wurde und (als Gegenausnahme) nicht mehr als ein Drittel der Wohnungseigentümer verlangt, dass ein zertifizierter Verwalter bestellt wird. Der vorliegende Fall wäre also von der Bereichsausnahme umfasst, wenn ein Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt würde und nicht mehr als ein Drittel der Wohnungseigentümer die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangen.
2. Zur Abdingbarkeit der Regelungen zum zertifizierten Verwalter
Zur Abdingbarkeit des Anspruchs lässt sich zunächst sagen, dass aufgrund der eindeutigen Äußerung in der Gesetzesbegründung als gesichert gilt, dass es jedenfalls – wie bei jedem anderen zivilrechtlichen Anspruch auch – zulässig ist, dass sämtliche Wohnungseigentümer von einer Geltendmachung ihres Anspruchs absehen (BT-Drs. 19/22634, S. 43; Lehmann-Richter/Wobst, Rn. 562; Grüneberg/Wicke, § 19 WEG Rn. 21). Zudem wird sich aus der Norm kein gesetzliches Verbot i. S. d. § 134 BGB dahingehend ableiten lassen, dass die Bestellung eines nicht zertifizierten Verwalters unzulässig ist. Die Bestellung eines nicht zertifizierten Verwalters entgegen den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung stellt lediglich einen Anfechtungsgrund bezüglich des entsprechenden Beschlusses dar (Dötsch/Schultzky/Zschieschack, Kap. 9 Rn. 38).
Damit ist aber die Frage, ob der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters in der Gemeinschaftsordnung auch mit Wirkung für die Zukunft abbedungen werden kann, noch nicht beantwortet. Für eine solche Abdingbarkeit streitet zunächst der Wortlaut des § 19 Abs. 1 WEG, der besagt, dass die Wohnungseigentümer eine ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschließen „soweit nicht durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer geregelt“ (Grüneberg/Wicke, § 19 WEG Rn. 1). Dafür spricht auch der allgemeine Grundsatz des
Hieran könnte man allenfalls dann Zweifel hegen, wenn man davon ausginge, dass der Gesetzgeber mit der Norm auch ordnungspolitische Ziele verfolgt oder Drittinteressen geschützt werden sollen. Zunächst wurde in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe vorgeschlagen, einen Sachkundenachweis als öffentlich-rechtliche Regelung in die Gewerbeordnung bzw. die MaBV aufzunehmen (vgl. den Bericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, abgedruckt etwa in
Auch eine Intention des Gesetzgebers dahingehend, dass vor allem Drittinteressen geschützt werden sollen, lässt sich nicht erkennen. Zwar vertritt der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gem. § 9b Abs. 1 WEG nach außen. Es besteht also durchaus ein Interesse des Rechtsverkehrs daran, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch qualifizierte Personen vertreten wird. Hätte der Gesetzgeber jedoch dieses Ziel im Blick gehabt, so ergäbe eine Ausgestaltung als zivilrechtlicher Anspruch zugunsten einzelner Wohnungseigentümer keinen rechten Sinn. Denn wenn der zertifizierte Verwalter dadurch verhindert werden kann, dass schlicht kein Wohnungseigentümer seinen Anspruch geltend macht, so lässt sich das Argument des Drittschutzes nicht gegen eine Abdingbarkeit ins Feld führen.
Im Ergebnis würden wir also – insbesondere aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 19 Abs. 1 WEG – davon ausgehen, dass die Norm des § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG zur Disposition der Wohnungseigentümer steht. Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass einschlägige Rechtsprechung hierzu naturgemäß noch nicht ergangen ist.
3. Rückstand an „Wohngeld“ als wichtiger Grund i. S. d. § 12 Abs. 2 S. 1 WEG
Ist als Inhalt des Sondereigentums vereinbart, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung des Verwalters bedarf, so darf der Verwalter die Zustimmung nach § 12 Abs. 2 S. 1 WEG nur aus wichtigem Grund versagen. Da die Regelung zur Veräußerungsbeschränkung in § 12 WEG den Wohnungseigentümern die Möglichkeit geben will, das Eindringen störender oder zahlungsunfähiger Personen in die Wohnungseigentümergemeinschaft zu verhindern (vgl. BGH
§ 12 Abs. 2 S. 1 WEG ist nach ganz h. M. unabdingbar, sodass Regelungen in einer Gemeinschaftsordnung, die die Möglichkeit zur Zustimmungsverweigerung ausweiten, unwirksam sind (Hügel/Elzer, § 12 Rn. 55; Hügel,
Wir würden deshalb im Ergebnis davon ausgehen, dass ein durch den Veräußerer verursachter Rückstand an „Wohngeld“ und sonstigen Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zum wichtigen Grund i. S. d. § 12 Abs. 2 S. 1 WEG erhoben werden kann.
4. Pflicht zur Kostentragung bezüglich baulicher Maßnahmen
Gem. § 20 Abs. 3 WEG kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind. Kurz gesagt, sind bauliche Maßnahmen zu gestatten, wenn sie niemanden (der nicht zugestimmt hat) in relevanter Weise beeinträchtigen. Die Norm gewährt dem einzelnen Wohnungseigentümer lediglich einen Anspruch auf Beschlussfassung, ein eigenmächtiges Bauen ist nicht gestattet (Lehmann-Richter/Wobst, Rn. 993; Grüneberg/Wicke, § 20 WEG Rn. 6, sowie Rn. 24 zu den Rechtsfolgen einer unzulässigen baulichen Veränderung). Weigern sich die Wohnungseigentümer einen entsprechenden Gestattungsbeschluss zu fassen, so kann der Anspruchsberechtigte gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gemäß
Gem.
Es stellt sich also schon die Frage, ob die vorliegend beabsichtigte Regelung überhaupt über das gesetzliche Modell hinausgehende Kostentragungspflichten vorsieht. Das Gesetz spricht dem Wortlaut nach nur von den Kosten einer „baulichen Veränderung“, ohne dies weiter zu präzisieren. Aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich jedoch, dass die Pflicht zur Kostentragung alle kausal auf der baulichen Veränderung beruhenden Kosten, also auch die Folgekosten für Betrieb und Erhaltung erfasst (BT-Drs. 19/18791, S. 69; Lehmann-Richter/Wobst, Rn. 1055).
Die vorliegende Regelung dürfte also allenfalls bezüglich der Entfernung einschließlich der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands über die Regelung des
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Erscheinungsdatum:01.04.2022
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:WEG
Erschienen in: Normen in Titel:WEG § 26a