28. Mai 2021
BGB § 1597a

Weiteres Verfahren nach Aussetzung der Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung gem. § 1597a Abs. 2 BGB und nachfolgender Vorlage eines die Vaterschaft bestätigenden Abstammungsgutachtens

BGB § 1597a
Weiteres Verfahren nach Aussetzung der Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung gem. § 1597a Abs. 2 BGB und nachfolgender Vorlage eines die Vaterschaft bestätigenden Abstammungsgutachtens

I. Sachverhalt
Eine Vaterschaftsanerkennung für ein zum Zeitpunkt der Antragstellung noch ungeborenes Kind wurde nach § 1597a BGB ausgesetzt. Die entsprechende Mitteilung wurde an die nach § 1597a Abs. 2 S. 1 BGB zuständige Behörde gesandt. Nunmehr wurde ein Abstammungsgutachten vorgelegt, laut dem der Antragsteller zu 99,99999999 % der leibliche Vater des nunmehr geborenen Kindes ist. Die nach § 1597a Abs. 2 S. 1 BGB zuständige Behörde hat sich bisher nicht geäußert.

II. Frage
Kann die Vaterschaftsanerkennung aufgrund der Übersendung des Ab­stammungsgutachtens beurkundet werden oder ist erst die diesbezügliche Entscheidung der nach § 1597a Abs. 2 S. 1 BGB zuständigen Behörde abzuwarten?

III. Zur Rechtslage
1. Gesetzliche Ausgangslage
Bestehen konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft, hat die beurkundende Behörde oder die Urkundsperson dies der nach § 85a AufenthG zuständigen Behörde nach Anhörung des Anerkennenden und der Mutter mitzuteilen und die Beurkundung auszusetzen (§ 1597a Abs. 2 S. 1 BGB). Solange die Beurkundung gem. Abs. 2 S. 1 ausgesetzt ist, kann die Anerkennung auch nicht wirksam von einer anderen beurkundenden Behörde oder Urkundsperson beurkundet werden (§ 1597a Abs. 3 S. 1 BGB).

Das AufenthG regelt hierzu des Weiteren: Wird der Ausländerbehörde von einer beurkundenden Behörde oder einer Urkundsperson mitgeteilt, dass konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft im Sinne von § 1597a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehen, prüft die Ausländerbehörde, ob eine solche vorliegt. Ergibt die Prüfung, dass die Anerkennung der Vaterschaft nicht missbräuchlich ist, stellt die Ausländerbehörde das Verfahren ein (§ 85a Abs. 1 S. 1, 3 AufenthG). Dies teilt sie der beurkundenden Behörde oder der Urkundsperson, den Beteiligten und dem Standesamt schriftlich oder elektronisch mit (§ 85a Abs. 3 S. 2 AufenthG).

2. Verfahrensherrschaft nach Aussetzungsentscheidung durch den Notar
Die bürgerlich-rechtliche Kommentarliteratur führt zu diesem Regelungszusammenhang weiter aus, dass nach der Verfahrenseinstellung durch die Ausländerbehörde gem. § 85a Abs. 3 S. 2 AufenthG die ursprünglich abgegebene Anerkennungserklärung zu beurkunden sei. Auf Grundlage der Entscheidung der Ausländerbehörde habe die beurkundende Behörde oder Urkundsperson sodann das Verfahren wieder aufzunehmen und die Beurkundung abzulehnen bzw. vorzunehmen (vgl. MünchKommBGB/Wellenhofer, 8. Aufl. 2020, § 1597a Rn. 29; BeckOGK-BGB/Balzer, Std.: 1.5.2021, § 1597a Rn. 101 f.; BeckOK-BGB/Hahn, Std.: 1.2.2021, § 1597a Rn. 13 a. E.). Die öffentlich-rechtliche Kommentarliteratur (BeckOK-AuslR/Tewocht, Std.: 1.1.2021, § 85a AufenthG Rn. 4 ff., 36 ff.; ähnlich unterscheidend auch Bergmann/Dienelt/Samel, AufenthG, 13. Aufl. 2020, § 85a Rn. 7 ff., 12 ff.) gliedert den Regelungsstoff noch klarer in eine „Verfahrensstufe 1: Missbrauchsverdacht der beurkundenden Stelle“ sowie eine nachfolgende „Verfahrensstufe 2: Missbrauchskontrolle durch die Ausländerbehörde“. Dort ist inhaltlich übereinstimmend ausgeführt: Stellt die Behörde das Verfahren gem. § 85a Abs. 1 S. 3 AufenthG ein, so teilt sie dies der beurkundenden Stelle, den Beteiligten und dem Standesamt mit (§ 85a Abs. 3 S. 2 AufenthG). Die Beurkundung kann dann fortschreiten (BeckOK-AuslR/Tewocht, § 85a AufenthG Rn. 47).

Auch wenn dies in den genannten Literaturstellen nicht explizit ausgesprochen ist, möchten wir aus diesen Darstellungen doch folgern, dass die Herrschaft über das Verfahren der potentiell missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft nach der Aussetzungsentscheidung durch den beurkundenden Notar gem. § 1597a Abs. 2 S. 1 BGB ohne Durchbrechungen auf die Ausländerbehörde übergeht. Allein der Ausländerbehörde obliegt sodann im Hinblick auf ihre Sachnähe zu der entscheidungserheblichen Frage die weitere Prüfung, ob die Anerkennung der Vaterschaft tatsächlich missbräuchlich ist oder nicht (§ 85a Abs. 1 S. 2, 3, Abs. 3 AufenthG). Daraus ist u. E. zu folgern, dass der beurkundende Notar, der zuvor die Aussetzungsentscheidung nach § 1597a Abs. 2 S. 1 BGB getroffen hat, das weitere Verfahren nicht eigenmächtig unter Berufung auf § 1597a Abs. 5 BGB und ein die Vaterschaft bestätigendes Abstammungsgutachten wieder an sich ziehen kann. Damit würde er unzulässig in die nach der gesetzlichen Systematik vorgesehene Verfahrensherrschaft der Ausländerbehörde infolge seiner vorangegangenen Aussetzungsentscheidung gem. § 1597a Abs. 2 S. 1 BGB eingreifen. Auch in einem derartigen Fall hat der Notar vielmehr das Ergebnis der Prüfung durch die zuständige Ausländerbehörde abzuwarten. Je nach Prüfungsergebnis gilt sodann: Hat die nach § 85a Auf­enthG zuständige Behörde gem. § 85a Abs. 1 AufenthG das Vorliegen einer missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft festgestellt und ist diese Entscheidung unanfechtbar, so ist die Beurkundung abzulehnen (§ 1597a Abs. 2 S. 4 BGB). Ergibt die Prüfung im Gegenteil, dass die Anerkennung der Vaterschaft nicht missbräuchlich ist und stellt sie deswegen das Verfahren ein (§ 85a Abs. 1 S. 3 AufenthG), so hat der Notar erst dann und auf der Grundlage dieser Entscheidung der Ausländerbehörde die Beurkundung vorzunehmen.

3. Ergebnis
Im unterbreiteten Sachverhalt muss folglich die Entscheidung der nach § 1597a Abs. 2 S. 1 BGB zuständigen Ausländerbehörde abgewartet werden, bevor die Vaterschaftsanerkennung beurkundet werden kann.

Gutachten/Abruf-Nr:

177959

Erscheinungsdatum:

28.05.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Abstammung (incl. künstliche Befruchtung), Adoption

Erschienen in:

DNotI-Report 2021, 84-85

Normen in Titel:

BGB § 1597a