02. September 2022
UmwG § 20; WEG § 10

Gestreckte Begründung von Sondernutzungsrechten; Übergang des Zuweisungsrechts bei Verschmelzung der aufteilenden Bauträger-GmbH

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 191150
letzte Aktualisierung: 02. September 2022

WEG § 10; UmwG § 20
Gestreckte Begründung von Sondernutzungsrechten; Übergang des Zuweisungsrechts
bei Verschmelzung der aufteilenden Bauträger-GmbH

I. Sachverhalt
Im Jahre 2000 hat die F. Wohnbau GmbH Grundbesitz gemäß § 8 WEG in Wohnungs- und
Teileigentum aufgeteilt; diese Urkunde enthält zugleich die Gemeinschaftsordnung. Gemäß dieser
sind Sondernutzungsrechte an oberirdischen Pkw-Stellplätzen zur Vergabe vorbehalten, die durch
Eintritt der entsprechenden Zuweisungsbedingung entstehen können; in der Urkunde heißt es
auszugsweise:

„[…] Auf dem Grundstück befinden sich oberirdische Pkw-Stellplätze,
die im beigefügten Sondernutzungsplan dargestellt und als
Stellplatz Nr. 1 bis einschließlich Nr. 9 gekennzeichnet sind. Bei
der Beurkundung der Verträge über die erstmalige rechtsgeschäftliche
Veräußerung von Raumeigentum wird festgelegt, ob und
gegebenenfalls welcher Stellplatz dem betreffenden Erwerber und
künftigen Raumeigentümer zur alleinigen unentgeltlichen Nutzung
zusteht. Der die Teilungserklärung erstellende derzeitige Eigentümer
kann eine solche Bestimmung auch ohne Veräußerung
durch notariell beglaubigte Erklärung treffen, wobei mit Zugang
beim Grundbuchamt die Zuordnungsbedingung wirksam wird.
Diese Sondernutzungsrechte sind bereits unter der aufschiebenden
Bedingung bestellt, daß der jeweils allein berechtigte Raumeigentümer
in einer der vorgenannten notariellen Urkunden bestimmt
wird und diese dem Grundbuchamt zugegangen sind. Die anderen
Raumeigentümer sind von der Nutzung der PKW-Stellplätze ausgeschlossen
und haben die unentgeltliche Sondernutzung zu
dulden; mit Eintritt der Bedingung wird der Ausschluß der
Raumeigentümer vom Mitgebrauch wirksam. […]“

Die seinerzeit aufteilende F. Wohnbau GmbH existiert in dieser Form heute nicht mehr, vielmehr
ist die Gesellschaft laut Handelsregister aufgrund Verschmelzungsvertrags vom 12.01.2007 sowie
des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom selben Tag mit dem Vermögen des Alleingesellschafters
F. verschmolzen. Das Unternehmen wird als Einzelfirma unter der Firma G. F. e.
K. geführt. Die Verschmelzung wurde erst mit Eintragung der Einzelfirma wirksam; die Einzelfirma
wurde am 7.2.2007 in das Handelsregister eingetragen. Das Einzelunternehmen G. F. e. K.
dürfte somit der Gesamtrechtsnachfolger der F. Wohnbau GmbH sein. Von den ursprünglich
neun Wohnungen wurden zwischenzeitlich alle bis auf drei verkauft. Von diesen verbleibenden
drei Wohnungen möchte Herr F. nun die Wohnung Nr. 2 erstmals verkaufen und dieser mit Verweis
auf die vorstehend zitierten Bestimmungen der Teilungserklärung den oberirdischen Stellplatz
Nr. 4 zuordnen (nach Angabe ist dieser bislang noch keiner Wohnung zugeordnet worden).
Als Eigentümer der Wohnung Nr. 2 ist im Grundbuch das Einzelunternehmen G. F. e. K. eingetragen
(nicht Herr F.).

II. Fragen
Ist die Befugnis zur Zuordnung der Sondernutzungsrechte im Wege der Verschmelzung auf das
Einzelunternehmen bzw. Herrn F. übergegangen? Kann Herr F. allein den Stellplatz Nr. 4 wirksam
der Wohnung Nr. 2 im Rahmen des Kaufvertrags zuordnen?

III. Zur Rechtslage
1. Vorbemerkung
Die aufgeworfene Rechtsfrage betrifft im Wesentlichen die Auslegung einer bereits beurkundeten
Teilungserklärung. Bei der Auslegung von Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen
kommt es üblicherweise nicht auf den Willen der Verfasser der Teilungserklärung
an, sondern allein auf den Wortlaut und Sinn der betroffenen Regelung, wie er sich
für einen unbefangenen Leser als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen oder in Bezug
Genommenen ergibt (BGH v. 13.10.1983, BGHZ 88, 302, 306; BayObLG v. 7.7.1988,
DNotZ 1989, 426; BayObLG v. 23.3.1983, BayObLGZ 1983, 73, 78 f. m. w. N.). Wie die
hier in Frage stehende Auslegungsproblematik einmal von einem Gericht entschieden werden
wird, kann das Deutsche Notarinstitut (DNotI) nicht vorwegnehmen, sondern nur einige
Aspekte darlegen, die bei der Auslegung ggf. zu beachten sind. Nur das im Einzelfall zur
Entscheidung berufene Gericht kann darüber nach Ausschöpfung aller Beweismittel entscheiden
und für die Parteien ein verbindliches Auslegungsergebnis feststellen. Wir bitten
daher, die nachfolgenden Ausführungen unter diesen Einschränkungen zu sehen.

2. Gestreckte Begründung von Sondernutzungsrechten
a) Definition des Sondernutzungsrechts
Sondernutzungsrechte sind nach allgemeiner Definition Gebrauchs- oder Nutzungsrechte
an einem Teil des Gemeinschaftseigentums zugunsten eines oder mehrerer
Wohnungseigentümer (positive Komponente), verbunden mit dem Ausschluss des Mitgebrauchsrechts
der übrigen Wohnungseigentümer (negative Komponenten) (BGH
NJW-RR 2018, 776, 777 Tz. 8; BGH NJW 2012, 676, 677 Tz. 10; BeckOGKWEG/
Falkner, Std.: 1.3.2022, § 10 Rn. 357 ff.; Falkner, ZNotP 2017, 251).

b) Gestreckte Begründung eines Sondernutzungsrechts
Nach einhelliger Auffassung ist es rechtlich zulässig, die Begründung von
Sondernutzungsrechten zugunsten eines Wohnungseigentümers von einer späteren Zuweisung
durch den teilenden Eigentümer abhängig zu machen, sofern die betroffenen
Flächen genau bestimmt sind (BGH DNotZ 2012, 684; BayObLG NJW-RR 1986, 93;
NJW-RR 1989, 721; OLG Düsseldorf NJW-RR 1987, 1492; BeckOGK-WEG/Falkner,
§ 10 Rn. 392 ff.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl. 2020, Rn. 2913a; Falkner,
ZNotP 2017, 251).

Denkbar sind dabei im Grunde zwei unterschiedliche Vertragsgestaltungen. Entweder
sind alle Wohnungseigentümer bis auf den Bauträger nach der Gemeinschaftsordnung
von vornherein (Möglichkeit 1) oder lediglich aufschiebend bedingt (§ 158 Abs. 1 BGB)
auf Zuweisung des Sondernutzungsrechts durch den Bauträger (Möglichkeit 2) vom Mitgebrauch
ausgeschlossen (vgl. BayObLG ZWE 2002, 78; OLG Stuttgart NZM 2002,
884; KG RNotZ 2007, 151; BayObLG DNotZ 1986, 479; Falkner, ZNotP 2017, 251,
256; BeckOGK-WEG/Falkner, § 10 Rn. 392 ff.).

In beiden Fällen ist der Ausschluss der Wohnungseigentümer vom Mitgebrauch der betroffenen
Teile, Räume und Flächen bereits in der Teilungserklärung angelegt (negative
Komponente) (BayObLG NJW-RR 1986, 94; OLG Hamm ZMR 2000, 124). Die nachträgliche
Zuweisung des Sondernutzungsrechts an einen Wohnungseigentümer stellt
dann nur noch die Begründung der positiven Komponente des Sondernutzungsrechts
dar. Da sich hierdurch nur die von vornherein angelegte Beschränkung verwirklicht, sind
die übrigen Wohnungseigentümer bzw. die dinglich Berechtigten durch die nachträgliche
Zuweisung nicht in ihrer Rechtsstellung betroffen, sodass ihre Mitwirkung (§§ 877, 876
BGB bzw. § 19 GBO) entbehrlich ist (BGH DNotZ 2012, 684; BayObLG NJW-RR
1986, 94; OLG Stuttgart ZMR 2012, 715 f.; OLG Düsseldorf ZMR 2012, 715).
Die dritte, in der notariellen Praxis geläufige Variante ist das sog. „Parken“ von Sondernutzungsrechten.
Hier entsteht das Sondernutzungsrecht indes sofort, wird also gerade
nicht zeitlich gestreckt begründet.

3. Dauer und Rechtsinhaber des Zuweisungsrechts
a) Dauer des Zuweisungsrechts
Bis zu welchem Zeitpunkt das Zuweisungsrecht ausgeübt werden kann und wer zur Ausübung
befugt ist, bestimmt die Gemeinschaftsordnung (BeckOGK-WEG/Falkner, § 10
Rn. 404). Sofern in der Teilungserklärung keine zeitliche oder sachliche Grenze des Zuweisungsvorbehalts
vorgesehen ist, wäre zu fragen, ob ein zeitlich und sachlich unlimitiertes
Zuweisungsrecht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt (vgl., im konkreten
Fall aber ablehnend, OLG Stuttgart ZWE 2012, 488; siehe auch BeckOGKWEG/
Falkner, § 10 Rn. 406.1).

Zu einer zeitlichen Limitierung der Zuweisungsbefugnis verhält sich der geschilderte
Sachverhalt nicht. Wir unterstellen, dass – wie wohl üblich – die Zuweisungsbefugnis
insoweit beschränkt ist, als sie der teilende Eigentümer nur solange ausüben darf, wie er
selbst Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist.

Das entspricht i. Ü. auch der Rechtsprechung des BGH, der auch ohne ausdrückliche
zeitliche Begrenzung der Zuweisungsbefugnis in der Teilungserklärung davon ausgeht,
dass diese mit der letzten Veräußerung einer Sondereigentumseinheit endet:

„Die Ermächtigung ist zeitlich nicht unbegrenzt. Auch ohne ausdrückliche
Regelung versteht es sich, dass die Ermächtigung, die
nur der teilenden Eigentümerin zugewiesen ist, mit der letzten Veräußerung
von Wohnungseigentum an einen Erwerber endet. Zeitlich
nachfolgende Konkretisierungen oder Änderungen des
Sondernutzungsinhalts wären nicht mehr von der Ermächtigung
gedeckt. Auch mit der jeweiligen Zuweisung von Sondernutzungsrechten
endet insoweit die Abänderungsbefugnis der teilenden
Eigentümerin.“

(BGH NJW 2012, 676 Rn. 16)

b) Rechtsinhaber des Zuweisungsrechts
Fraglich ist, ob das Zuweisungsrecht durch die Verschmelzung der F. Wohnbau GmbH,
die ursprünglich die aufteilende Eigentümerin war, erloschen ist. Das ist dann nicht der
Fall, wenn das Zuweisungsrecht auf den übernehmenden Rechtsträger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge
nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG übergegangen ist und damit fortbesteht.
§ 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG ordnet eine Gesamtrechtsnachfolge an. Mit Eintragung der
Verschmelzung in das Register des übernehmenden Rechtsträgers geht das gesamte Vermögen
des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger über.
Dieser Übergang vollzieht sich automatisch kraft Gesetzes und ist hinsichtlich Rechtsfolge
und Umfang zwingend, insbesondere können nicht einzelne Vermögensgegenstände
von der Rechtsfolge ausgenommen werden (vgl. BeckOGK-UmwG/Rieckers/
Cloppenburg, Std.: 1.1.2022, § 20 Rn. 5-7 m. w. N.).

Zu den von der Gesamtrechtsnachfolge betroffenen Rechten dürfte u. E. auch das Zuweisungsrecht
für Sondernutzungsrechte zählen. Denn die Gemeinschaftsordnung der
Wohnungseigentümer enthält die zwischen den Wohnungseigentümern getroffenen Vereinbarungen
und gestaltet so die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus. In diese Gemeinschaftsordnung
als Bündel von Rechten und Pflichten „tritt“ der übernehmende
Rechtsträger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ein. Um ein solches Recht handelt es
sich auch bei dem Zuweisungsrecht. Hierdurch wird dessen Inhaber berechtigt,
Sondernutzungsrechte – und damit Vermögenswerte – einzelnen Sondereigentumseinheiten
zuzuweisen. Explizite Nachweise hierzu in Rechtsprechung oder Literatur
konnten wir jedoch nicht auffinden.

Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge i. R. d. § 20 UmwG gilt
(wie auch i. R. d. § 1922 BGB, vgl. Burandt/Rojahn/Große-Boymann, BGB, Erbrecht,
3. Aufl. 2019, § 1922 Rn. 25) nur für höchstpersönliche Rechte. Diese gehen mit Wirksamwerden
der Verschmelzung unter, da sie ausschließlich der begünstigten Person zustehen
und diese erlischt (BeckOGK-UmwG/Rieckers/Cloppenburg, § 20 Rn. 18).

Fraglich ist, ob das dem aufteilenden Eigentümer vorbehaltene Zuweisungsrecht ein
solches höchstpersönliches Recht ist. In diesem Fall wäre es mit der Eintragung der Verschmelzung
erloschen, der übernehmende Rechtsträger könnte davon keinen Gebrauch
machen.

Diese Frage ist in Rechtsprechung und Literatur bisher nicht geklärt. U. E. spricht im
geschilderten Sachverhalt jedoch viel dafür, nicht von einer Höchstpersönlichkeit des
Zuweisungsrechts auszugehen und damit einen Übergang im Zuge der Verschmelzung
auf G. F. e. K. anzunehmen.

Dafür spricht zunächst der Umstand, dass das Zuweisungsrecht vorliegend einer juristischen
Person, der F. Wohnbau GmbH, eingeräumt wurde. Zwar ist die Einräumung von
höchstpersönlichen Rechten zugunsten juristischer Personen nicht von vorneherein ausgeschlossen
(BeckOGK-UmwG/Rieckers/Cloppenburg, § 20 Rn. 19), sie ist jedoch eher
fernliegend. Denn höchstpersönliche Rechte werden in aller Regel nur mit Rücksicht auf
eine bestimmte Person und aufgrund einer persönlichen Vertrauensbeziehung eingeräumt.
Dass eine solche Beziehung zu einer juristischen Person bestehen soll, die unabhängig
von Wechseln im Bestand an Mitgliedern und Organen fortbesteht, erscheint
unwahrscheinlich. Zudem wird das Zuweisungsrecht bei lebensnaher Betrachtung nicht
in Ansehung der Person des aufteilenden Eigentümers diesem eingeräumt. Vielmehr
räumt er es sich typischerweise bei einer Aufteilung nach § 8 Abs. 1 WEG selbst ein, um
im Nachgang bei der Veräußerung der Sondereigentumseinheiten flexibel auf die
Wünsche der Erwerber reagieren zu können. Eine besondere Vertrauens- oder Nähebeziehung
ist damit nicht verbunden.

Ergebnis:
U. E. kann F. als Inhaber des Handelsgeschäfts G. F. e. K. weiterhin von dem Zuweisungsrecht
hinsichtlich der Sondernutzungsrechte Gebrauch machen, da das Zuweisungsrecht im Wege der
Gesamtrechtsnachfolge gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG von der F. Wohnbau GmbH auf G. F.
e. K. übergegangen ist.

Gutachten/Abruf-Nr:

191150

Erscheinungsdatum:

02.09.2022

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

WEG
Umwandlungsrecht

Normen in Titel:

UmwG § 20; WEG § 10