01. Januar 2001
BayGO Art. 83 Abs. 4; EGBGB Art. 164; GBO § 47

Nutzanteile an Körperschaftswaldungen in Bayern; Rechtsnatur eines "Waldverbandes"; Vertretungsberechtigung; Aufhebung der Gemeinschaft; Veräußerung von Nutzanteilen

DNotI
Deutsches Notarinstitut Dokumentnummer: letzte Aktualisierung: 11212 26. Februar 2001

EGBGB Art. 164, 83; GBO § 47; BayGO Art. 83 Abs. 4 Nutzanteile an Körperschaftswaldungen in Bayern; Rechtsnatur eines "Waldverbandes"; Vertre tungsberechtigung; Aufhebung der Gemeinschaft; Veräußerung von Nutzanteilen

I. Zum Sachverhalt Im Grundbuch ist als Eigentümer mehrerer Grundstücke eingetragen: "Waldverband X" Weiter ist in Abt. I. eingetragen: ,,Das Eigentum steht der Gesamtheit der Teilhaber ,,Körperschaft" zu. Die Zahl der Nutzanteile beträgt 23. Dieselben sind frei veräußerlich und teilbar. Die Aufsicht über die Waldung führt die Forstbehörde. Es besteht eine zwanzigjährige Umtriebsfrist. Die Geschäfte der Körperschaft führt die Gemeinde X. Die Verteilung der alljährlich anfallenden Holznutzungen erfolgt durch die Feldgeschworenen. Das Oberholz, das heißt die überständigen Stämme "Bau- oder Stammholz" hat die politische Gemeinde X zu beanspruchen, die ihrerseits die Kosten der Kulturarbeiten und der Beaufsichtigung des Waldes zu tragen hat". Dieser Waldverband X hat bereits seit Jahrzehnten keinen Vorstand mehr. Eine Satzung oder dergleichen ist nicht auffindbar und auch nicht bekannt. Die Nutzanteile an dieser Körperschaftswaldung sind im Grundbuch auf einem separaten Grundbuchblatt gebucht. Nutzanteilsberechtigte sind verschiedene Privatpersonen. Mehrere der im Grundbuch eingetragenen Privatpersonen sind nicht bekannt. Die Gemeinde X möchte die Grundstücke erwerben, damit wieder jemand über die Grundstücke bei evtl. Vermessungen oder dergleichen verfügen kann.

II. Fragestellung
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ho gut 0201

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Kann für den Waldverband X ohne Einladung der unbekannten Nutzanteilsberechtigten ein vertretungsberechtigter Vorstand gebildet werden? Wenn ja, welche Formvorschriften sind bei der Einladung und bei der Beschlussfassung zu beachten. Sofern ein vertretungsberechtigter Vorstand für den Waldverband handeln könnte und den Grundbesitz an die Gemeinde X veräußern würde, was geschieht dann mit den Nutzanteilen, sind dann die Nutzanteilsberechtigten weiterhin zur Nutzung des "Unterholzes" (ohne Stammholz) berechtigt? Bleiben die Nutzanteile an den separaten Grundbuchstellen in diesem Fall bestehen und müssen diese Nutzanteilsberechtigte eigens abgelöst werden? Gilt für den Erwerb der Nutzanteile die Formvorschrift des § 313 BGB i.V. mit § 925 BGB oder können die Erwerber dieser Nutzanteile per Unterschriftsbeglaubigung erfolgen? Können die Nutzanteilsberechtigten im Wege des Aufgebotsverfahrens gem. § 927 BGB von ihrem Recht ausgeschlossen werden (§ 927 BGB gilt nicht für Gesamthandsanteile)? Können evtl. einzelne Nutzanteilsberechtigte die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen und Teilungsversteigerung beantragen? Wenn ja, ist im Antrag auf Zwangsversteigerung unbedingt der wahre Nutzanteilsberechtigte anzugeben oder gibt es hierbei Ausnahmevorschriften?

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III. Zur Rechtslage 1. Gem. Art. 164 EGBGB bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches bestehenden Realgemeinden und ähnlichen Verbände, deren Mitglieder als solche zu Nutzungen an land- und forstwirtscha ftlichen Grundstücken, an Mühlen, Bräuhäusern und ähnlichen Anlagen berechtigt sind, in Kraft. Unter Art. 164 EGBGB fallen auch die Waldgenossenschaften. Da jedoch auch die weitergehende Vorschrift des Art. 83 EGBGB die Waldgenossenschaft regelt, war lange Zeit strittig, unter welche der beiden Vorschriften die altrechtlichen Körperschaftswaldungen fallen. Nach Prot., VI 484 - 486, 468 hatte der Gesetzgeber des EGBGB bei Art. 83 EGBGB mehr

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die öffentlich-rechtlichen, bei Art. 164 EGBGB mehr die privatrechtlichen Korporationen im Auge (vgl. Staudinger, BGB, 12. Aufl. 1985, Art. 164 EGBGB Rn. 9). Nach einer zur Waldkorporation in Herzogenaurach-Welkenbach ergangenen Entscheidung des Bayerischen Kompetenzkonfliktsgerichtshofs v. 23.12.1966 (BayObLGZ 1966, 447, 466) und dem Beschluss des BayObLG v. 13.4.1971 (MittBayNot 1971, 249, 250) dürfte der privatrechtliche Charakter derartiger Verbände und damit die Anwendbarkeit des Art. 164 EGBGB feststehen. I. d. R. beruht die Verfassung solcher Verbände nur auf Herkommen. Hinsichtlich der Vertretungsbefugnis lassen sich keine allgemeinen Richtlinien aufstellen, schon deshalb nicht, weil die Rechtsnatur dieser Verbände im Einzelfall nicht feststellbar ist. Vielfach haben sie überhaupt keinen Vorstand und bilden dann eine sog. ,,universitas in ordinata" (Oberst, Nutzanteile an Körperschaftswaldungen, MittBayNot 1956, 151, 154). Es gibt in Bayern jedoch keine positiv-rechtlichen Vorschriften für derartige Realverbände (Roellenbleg, MittBayNot 1971, 252). Nichtsdestoweniger sind sie in der Rechtsprechung wiederholt behandelt worden (vgl. BayObLG, MittBayNot 1971, 248 ff. m. w. N.). Solche Verbände können - je nach Ausgestaltung - mannigfaltiger Rechtsnatur sein. In Betracht kommen dabei drei Formen des Eigentums (vgl. Roellenbleg, a. a. O., 252, 253): - Deutschrechtliches Gesamteigentum - Miteigentum nach Bruchteilen - Eigentum eines Einzelnen oder des Verbandes, an dem die Rechtsinhaber nur einzelne Nutzanteile haben. 2. Welche Form der Berechtigung im Einzelfall vorliegt, lässt sich in der Regel nur bei genauer Kenntnis des Entstehungszeitpunkts der Waldkorporation, des damals im betroffenen B ereich örtlich geltenden Rechts sowie der bei Gründung der Waldkorporation getroffenen Vereinbarungen beurteilen. Wir konnten jedoch in der uns zugänglichen Literatur und Rechtsprechung Fälle finden, die dem vorliegenden Fall vergleichbar sein dürften und daher wohl eine Beantwortung der von Ihnen aufgeworfenen Rechtsfrage ermöglichen, ohne dass Sie zunächst alle vorgenannten Sachverhaltsfragen ermitteln müssten: a) Durch Art. 18 BayForstG v. 28.3.1852, neu bekannt gemacht am 11.7.1896 (BayBS IV, 533) wurde angeordnet, dass die Bestimmungen der Art. 6 - 17 dieses Gesetzes auch auf

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die ,,sogenannten Körperschaftswaldungen" Anwendung finden, sofern diese nicht Privatwaldungen sind. Das BayForstG sagt jedoch selbst nichts darüber aus, was unter dem Begriff der Körperschaftswaldungen zu verstehen ist. Nach den Motiven zu Art. 5 - 13 des Gesetzentwurfes sollten sich die Vorschriften über Gemeinde- und Stiftungswaldungen ,,auch auf Waldungen der Körperschaften" erstrecken, wenn diese Waldungen nicht den Privatwaldungen gleich zu erachten sind, d. h. wenn sie nicht in ,,Mit- und Gesamteigentum" stehen, sondern der Körperschaft als juristischer Person angehören oder als Gemeindeeigentum zu betrachten sind (zitiert nach BayObLG, MittBayNot 1971, 249). Damit übereinstimmend hatte sich der Ausschussbericht der Kammer der Abgeordneten (S. 59 Spalte 1) ausgesprochen, der darunter diejenigen Waldungen verstanden wissen wollte, ,,welche einer Körperschaft als juristischer oder moralischer Person angehören, oder welche als Gemeindeeigentum zu betrachten sind, deren Benutzung aber einer gewissen Klasse von Gemeindemitgliedern zusteht". Im Anschluss daran ist auch die Kommentarliteratur des 19. Jahrhunderts davon ausgegangen, dass es sich bei Körperschaftswaldungen nicht um Mit- oder Gesamteigentum der einzelnen Teilhaber, sondern um Eigentum der Korporation als solcher handelt. Dementspreche nd führen auch v. Ganghofer/Weber, Kommentar zum Forstgesetz für das Königreich Bayern in der Fassung vom 17.6.1896, 4. Aufl. 1904, Art. 18 Anm. 3, S. 58 unter Hinweis auf eine Entscheidung des OLG München vom 11.12.1883 aus: ,,Ein Wald, der vom Staate an Forstberechtigte unter der Bestimmung abgetreten wurde, dass derselbe in seiner ganzen Ausdehnung stets als unteilbarer und unveräußerlicher Korporationswald erhalten und nachteilig bewirtschaftet werde, ist Korporationswald im Sinne des Art. 18 des Forstgesetzes und ist der Gesamtheit der Berechtigten als einer Personeneinheit, nicht den einzelnen derselben als Eigentum überlassen." (Zitiert nach BayObLG, MittBayNot 1971, 249). b) Auch die Rechtsprechung hat sich wiederholt mit der Frage nach dem Gemeinschaftsverhältnis und damit den Eigentumsverhältnissen bei Körperschaftswaldungen befasst. In einer Entscheidung vom 20.12.1907 (BayObLGZ 8, 570) hat das BayObLG für eine Körperschaftswaldung im Bereich des Amtsgerichts Eltmann ausgeführt, dass bei einer sich aus einer Markgenossenschaft herleitenden Realgemeinde die den Gegenstand der Anteilsberechtigung bildenden Grundstücke nicht im Miteigentum der Beteiligten stünden, sondern der Realgemeinde als Körperschaft gehörten (a. a. O., 575). Diese Auffassung liege auch dem Begriff der Körperschaftswaldung im Sinne des Art. 18 des Forstgesetzes zugrunde (a. a. O., 575). Doch hätten derartige Verbände im Laufe der Zeit verschiedene Entwicklungen genommen. Daher sei die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass die Anteilsberechtigten ausnahmsweise nicht Mitglieder einer als juristische

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Person anzusehenden Körperschaft seien, sondern in einem Miteigentumsverhältnis stünden. Maßgebend sei insoweit, ob die Waldungen bisher als Körperschaftswaldungen unter der Oberaufsicht des Forstamts bewirtschaftet oder ob den Beteiligten hierbei, wie Eigentümern von Privatwaldungen, freie Hand gelassen worden sei. Im letzteren Fall sei es nicht ausgeschlossen, dass eine Körperschaftswaldung im Laufe der Zeit dadurch zu einer im Miteigentum zur Berechtigten stehenden Privatwaldung geworden sei, dass die Berechtigten die Waldung während der zur Ersitzung erforderlichen Zeit ,,als in ihrem Miteigentum stehende Privatwaldung" besessen hätten (BayObLG, a. a. O., 576 f.). In einer Entscheidung vom 4.3.1910 (BayObLGZ 11, 150) hat das BayObLG zu einer Körperschaftswaldung des Würzburger und Ansbacher Güterwaldes ausgeführt, dass Eigentümer des Waldes die Körperschaften der Teilhaber, also die Korporationsverbände im Sinne des Art. 164 EGBGB, selbst seien; die einzelnen Mitglieder der Verbände seien nur zur Nutzung an den Körperschaftswaldungen berechtigt (BayObLGZ, a. a. O., 154). Schließlich hat das BayObLG in dem bereits mehrfach zitierten Beschluss vom 13.4.1971, MittBayNot 1971, 248, ebenfalls die Auffassung vertreten, dass es sich bei der dort behandelten Waldkorporation aus dem Bereich Herzogenaurach um einen ,,ähnlichen Verband" im Sinne des Art. 164 EGBGB, also eine privatrechtliche Vereinigung ehemaligen Forstberechtigten handele, denen die Waldgrundstücke als gemeinsames Eigentum überlassen worden sind, nicht jedoch als Bruchteilseigentum der einze lnen Berechtigten. Den Berechtigten stünden nur die Nutzanteile zu (BayObLG, a. a. O., 250). 3. Wendet man diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall an, so dürfte u. E. keine Miteigentümergemeinschaft nach Bruchteilen, sondern eine Berechtigung vorliegen, bei der das Eigentum an den Waldgrundstücken ausschließlich der Körperschaftswaldung als solcher zusteht, während die einzelnen Teilhaber auf Nutzanteile beschränkt sind. Für diese Auslegung spricht insbesondere die vorgelegte Grundbucheintragung. Die Grundbucheintragung besagt ausdrücklich, dass das Eigentum ,,der Gesamtheit der Teilhaber (Körperschaft)" zustehe. Den einzelnen Teilhabern kommt nach dem Grundbucheintrag ausdrücklich ,,je ein Nutzanteil zu". Diese eindeutige Formulierung spricht dafür, dass es sich um eine Körperschaftswaldung im Sinne des Art. 164 EGBGB und Art. 18 BayForstG handelt, bei dem das Grundeigentum nur der Körperschaftswaldung als solcher zusteht,

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während die Teilhaber auf Nutzanteile beschränkt sind. Sollte das der Fall sein, so steht dem Anteilsberechtigten u. E. kein Recht zu, die Auflösung der Körperschaftswaldung zu verlangen, da die Körperschaftswaldung in diesem Fall als juristische Person des (altrechtlichen) Privatrechts verselbständigt ist. Die Teilhaber können demzufolge nur die Nutzanteile veräußern, verpfä nden oder teilen. Ein Recht auf Aufhebung des Bestandes der Körperschaftswaldung selbst steht den Nutzungsberechtigten jedoch nicht zu. Ähnlicher Auffassung ist Haff (in: FS von Burckhard, 1910, S. 289, 291). Seiner Auffassung nach ist ein Sondervermögen vorhanden, das nur in Ausnahmefällen entweder mit Zustimmung aller oder einer besonderen Mehrheit geteilt werden kann. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die in Art. 164 EGBGB erwähnten Verbände als Gemeinschaften nach Bruchteilen oder als solche zur gesamten Hand zu charakterisieren sind (Haff, a. a. O., 301 f.). 4. Soweit es um die Frage der Vertretungsbefugnis bei diesen Körperschaftswaldungen geht, lassen sich ­ wie bereits erwähnt ­ keine allgemeinen Regeln aufstellen, weil die Rechtsnatur dieser Verbände im Einzelfall nicht mehr feststellbar ist. Nach Auffassung von Oberst (MittBayNot 1956, 151, 154) sei zu empfehlen, nach den Vorschriften der §§ 54, 709 ff. BGB zu verfahren, in Grundstücksangelegenheiten also sämtliche Verbandsmitglieder handeln zu lassen. Er bezieht sich dabei auf einen Erlass des Bayerischen Justizministeriums vom 22.5.1933 sowie auf die Entscheidung RGZ 127, 309 (Oberst, a. a. O., 158). Hiernach sollen einzelne Vorschriften über nicht rechtsfähige Vereine analog angewendet werden, weil man derartigen Verbänden nicht die rechtliche Stellung einer juristischen Person zubillige. Haff (FS von Burckhard, S. 305) hält es demgegenüber für denkbar, dass jedenfalls im Innenverhältnis auch ein Gesellschaftsvertrag vorliegen könne. Im Ergebnis hält auch er jedoch die Ansicht für vorzugswürdig, die betreffenden Verbände nicht als Gesellschaften des BGB, sondern als Vereine ohne Rechtsfähigkeit zu betrachten (Haff, a. a. O., S. 309 f.). Die Rspr. hat sich ­ soweit ersichtlich ­ mit dem Innenverhältnis solcher Verbände bislang noch nicht ausdrücklich auseinandergesetzt. Stets ging es in diesen Entscheidungen jeweils um das Außenverhältnis dieser Verbände (BayObLGZ 1991, 24, 31; BayObLG MittBayNot 1971, 248 ff.). Folgt man daher der Ansicht, auf derartige Verbände die Regeln über nicht rechtsfähige Vereine anzuwenden, so gelten die vereinsrechtlichen Vorschriften des BGB analog mit Ausnahme derjenigen, die die Rechtsfähigkeit des Vereins voraussetzen (Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl. 2001, § 54 Rn. 1, m. w. N.). Für die Mitgliederversammlung gilt daher insbesondere § 32 BGB. Die Vertretungsmacht des Vorstandes richtet sich grundsätzlich nach

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§ 26 BGB (Palandt/Heinrichs, § 54 Rn. 6; s. hierzu auch Staudinger/Mayer, Art. 164 EGBGB Rn. 44). Für die Mitgliederversammlung als auch für die Abstimmung in derselben gelten auch für den nicht eingetragenen Verein gewohnheitsrechtlich die Vorschriften über den eingetragenen Verein. Wie beim eingetragenen Verein kommt deshalb ein Beschluss der Mitgliederversammlung des nicht rechtsfähigen Vereins durch Zus timmung der Mehrheit der erschienenen Mitglieder zustande, § 32 Abs. 1 S. 3 BGB (Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 8. Aufl. 2000 Rn. 1255; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 7. Aufl., 1998 Rn. 2489 f.). Voraussetzung für eine gültige Beschlussfassung ist ebenso eine ordnungsgemäße Einberufung aller Mitglieder unter Bekanntgabe der Tagesordnung. Im Einzelnen ist hierfür die Vereinsverfassung maßgebend. Die Satzung kann die Mitteilung der Tagesordnung abbedingen. Im Übrigen gelten die Vorschriften zum rechtsfähigen Verein entsprechend (Reichert, Rn. 2489; Stöber, Rn. 1257). Die Mitgliederversammlung wird vom zuständigen Organ, im Zweifel dem Vorstand, einberufen. Möglich ist auch eine Einberufung auf Verlangen einer Minderheit bzw. eine gerichtliche Einberufung nach § 37 BGB (Stöber, Rn. 1257 f. m. w. N.). Bei der Einberufung der Mitgliederversammlung muss sichergestellt werden, dass die Einladung alle Mitglieder erreicht (Reichert, Rn. 857 f.). Möglich ist insoweit entweder eine öffentliche Einladung bzw. eine individuelle Einladung. Dabei ist wichtig, dass diese alle teilnahmeberechtigten Mitglieder erhalten. Die Einladung ist an die dem Verein zuletzt bekannte Anschrift zu richten. Ist ein Vereinsmitglied unerreichbar, so kann eine öffentliche Zustellung nach §§ 132 Abs. 2 BGB, 204 ZPO in Betracht kommen (Reichert, Rn. 862). 5. Ob ein solchermaßen bestellter Vorstand jedoch auch berechtigt ist, den dem Verband gehörenden Körperschaftswald zu veräußern, erscheint u. E. fraglich. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass Eigentümerin eines solchen Korporationswaldes die Gesamtheit der Mitglieder der Korporation ist. Das BayObLG spricht von einem ,,Gesamthandseigentum landesrechtlicher Art" (MittBayNot 1971, 248). Auch wenn zwar der Verband als solcher im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist, würde mit einer Veräußerung durch den vertretungsberechtigten Vorstand des Verbandes gleichzeitig das Nutzungsrecht bzw. die Nutzungsanteile der Berechtigten ihrer Grundlage entzogen. Insoweit heißt es im Grundbuch auch, dass das Eigentum der Gesamtheit der Teilhaber ,,Körperschaft" zusteht. Eine Veräußerung des Grundeigentums, für den der ,,Waldverband" als Eigentümer eingetragen ist, ist

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nach unserer Auffassung daher nur mit Zustimmung sämtlicher Nutzungsberechtigter möglich (ebenso Oberst, MittBayNot 1956, 151, 154). 6. Nach der hier vorliegenden Grundbucheintragung sind die Nutzanteile der Berechtigten ,,frei veräußerlich und teilbar". Bei diesen Nutzungsrechten handelt es sich daher um sog. ,,walzende Nutzungsrechte" (Sprau, Justizgesetze in Bayern, 1988, Art. 40 EGGVG Rn. 26 ff.). Anerkannt ist, dass auf solche walzende Nutzungsrechte die für Grundstücke maßgebenden Bestimmungen des BGB anwendbar sind, mithin also die §§ 873, 925 BGB (Oberst, MittBayNot 1956, 151, 156; Sprau, Art. 40 EGGVG Rn. 35; Staudinger/Mayer, BGB (1997), Art. 164, EGBGB Rn. 48). Ob neben den §§ 873, 925 BGB auch die Vorschrift des § 313 BGB bei der Übertragung von Nutzanteilen anwendbar ist, wird ­ soweit ersichtlich ­ nirgends erörtert. Allgemein heißt es lediglich, dass es sich bei diesen walzenden Nutzungsrechten um grundstücksgleiche Rechte handelt (Sprau, Art. 40 AGGVG Rn. 24). Insoweit könnte die Auffassung vertreten werden, dass ähnlich zur Rechtslage bei Erbbaurechten nach § 11 ErbbauVO alsdann auch die Übertragung von Nutzungsrechten der Formvorschrift des § 313 BGB unterliegt. Wird ein solches Nutzungsrecht übertragen, so führt dies gleichzeitig zum Verlust der Eigentumsrechte (Miteigentumsanteil bzw. Gesamthandsanteil in dem in Rede stehenden Grundbesitz; Oberst, MittBayNot 1956, 151, 156). 7. Die Frage, ob Nutzungsberechtigte im Wege des Aufgebotsverfahrens nach § 927 BGB ausgeschlossen werden können, ist unklar. Rspr. oder Lit. liegt ­ soweit ersichtlich ­ nicht vor. Nach unserer Auffassung kommt es bei dieser Frage entscheidend darauf an, ob die mit dem Nutzungsrecht verbundenen Eigentumsrechte Gesamthandseigentum bzw. bloßes Miteigentum darstellen. Nur im letzteren Fall ist ein Aufgebotsverfahren nach § 927 zulässig. Für den einzelnen Anteil an einer Gesamtheit gilt § 927 BGB dagegen nicht, weil kein sachenrechtlich fassbarer Anteil vorhanden ist, der herrenlos werden könnte (Staudinger/Pfeiffer, BGB, 1995, § 927 Rn. 5; Palandt/Bassenge, § 927 Rn. 1; LG Aurich NJW-RR 1994, 1170). Soweit demgegenüber altrechtliche Nutzungsanteile bloßem Miteigentum nach Bruchteilen vergleichbar ist, kann ein Aufgebotsverfahren durchgeführt werden (Palandt/Bassenge, § 927 Rn. 1 unter Hinw. auf LG Flensburg SchlHA 1962, 246). In dem hier vorliegenden Fall ist nach unserer Auffassung jedoch davon auszugehen, dass ein solches Aufgebotsverfahren nach § 927 BGB nicht möglich ist. Ausweislich des Grund-

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buchs steht das Eigentum der ,,Gesamtheit der Teilhaber" zu. Dies spricht u. E. dafür, dass es sich insoweit um Gesamthandseigentum handelt.

Gutachten/Abruf-Nr:

11212

Erscheinungsdatum:

01.01.2001

Rechtsbezug

National

Normen in Titel:

BayGO Art. 83 Abs. 4; EGBGB Art. 164; GBO § 47