13. Februar 2017
ErbbauRG § 1 Abs. 4; ErbbauRG § 27

Optionsrecht auf Verlängerung des Erbbaurechts als dinglicher Inhalt des Erbbaurechts

DNotI Gutachten-Abruf-Dienst Deutsches Notarinstitut
Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 152581
letzte Aktualisierung: 13. Februar 2017

ErbbauRG §§ 1 Abs. 4, 27
Optionsrecht auf Verlängerung des Erbbaurechts als dinglicher Inhalt des Erbbaurechts

I. Sachverhalt
Es besteht ein Erbbaurecht, das bis zum Ablauf des 31.5.2015 befristet war. Im Erbbaurechtsvertrag
wurde „als Inhalt des Erbbaurechts“ vereinbart, dass der Erbbauberechtigte befugt ist,
innerhalb einer Frist von drei Monaten vor Ablauf des Erbbaurechts dessen Verlängerung um
fünf Jahre zu verlangen. Der Erbbauberechtigte hat diese Verlängerungsoption durch privatschriftliche
Erklärung fristgemäß ausgeübt.
Das Erbbaugrundstück ist in Abt. II mit einer Dienstbarkeit belastet. Die Dienstbarkeit war zum
Zeitpunkt der Bestellung des Erbbaurechts bereits im Grundbuch eingetragen; der Berechtigte
trat seinerzeit mit der Dienstbarkeit im Rang hinter das Erbbaurecht zurück.
Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigter wollen nun die Verlängerung des Erbbaurechts
aufgrund der bereits ausgeübten Option notariell vereinbaren und im Grundbuch eintragen lassen.
Es ist davon auszugehen, dass der Dienstbarkeitsberechtigte einer erneuten Eintragung des
Erbbaurechts und – sofern zu dessen Verlängerung seine Zustimmung erforderlich wäre – einer
Verlängerung des Erbbaurechts nicht zustimmen würde.

II. Fragen
1. Ist die Frage, ob das Optionsrecht auf Verlängerung dinglicher Inhalt des Erbbaurechts sein
kann, durch die Rechtsprechung geklärt?
2. Für den Fall, dass das Optionsrecht dinglicher Inhalt des Erbbaurechts ist:
a) Ist die Verlängerung durch die fristgemäße Ausübung der Option bereits eingetreten mit
der Folge, dass die notarielle Beurkundung der Verlängerung nur deklaratorischen Charakter
hat und die Eintragung nur eine Grundbuchberichtigung darstellt?
b) Besteht die Gefahr, dass das Erbbaurecht trotz fristgerecht ausgeübter Option mangels
notarieller Verlängerungsvereinbarung und Grundbucheintragung zum 31.5.2015 erloschen
ist, mit der Folge, dass die Verlängerungsvereinbarung materiell-rechtlich eine
Neubestellung darstellt.
c) Ist in den Fällen a) bzw. b) eine erneute Zustimmung des Dienstbarkeitsberechtigten zur
Eintragung der Verlängerung erforderlich?
3. Was ändert sich an der Beurteilung der in Ziffer 2. a) bis c) gestellten Fragen, wenn das Optionsrecht
nicht Inhalt des Erbbaurechts ist?

III. Zur Rechtslage
1. Optionsrecht auf Verlängerung des Erbbaurechts als dinglicher Inhalt des Erbbaurechts?
Ob eine derartige Verlängerungsklausel bei einem Erbbaurecht unmittelbar dingliche
Wirkung hat, sodass es automatisch zu einer Verlängerung des Erbbaurechts kommt oder,
ob eine solche Klausel lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Verlängerung des
Erbbaurechts begründet, ist ungeklärt.
Soweit sich die Literatur mit der von König (MittRhNotK 1989, 261, 262 f.) vertretenen
Auffassung auseinandersetzt, wonach eine Vereinbarung zulässig ist, dass sich das Erbbaurecht
automatisch-dinglich um eine genau festgelegte Frist verlängert, wenn der Erbbauberechtigte
dies bis zu einer gewissen Zeit vor Ablauf des Erbbaurechts verlangt, lehnt sie
eine Gestaltung, wonach eine einseitige Verlängerungsoption des Erbbauberechtigten Inhalt
des Erbbaurechtes ist, als mit § 1 Abs. 4 ErbbauRG unvereinbar ab.
Winkler(Schlögel (in: von Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, 6. Aufl. 2016, § 2
Rn. 143) begründen dies damit, dass es sich in diesem Fall – anders als in der Entscheidung
des BGH vom 14.7.1969 (= NJW 1969, 2043, 2046 = DNotZ 1970, 32, 35) – gerade nicht
mehr um eine automatische Verlängerung handele und überdies ein dingliches Verlängerungsrecht
für den Erbbauberechtigten im Gesetz nicht vorgesehen sei. Für den Grundstückseigentümer
sei dies nur im Fall des § 27 Abs. 3 ErbbauRG geregelt. Gleichermaßen
führt Heinemann (in: MünchKommBGB, 7. Aufl. 2017, § 1 Rn. 71) aus, dass es sich – im
Unterschied zu dem vom BGH entschiedenen Fall (BGH NJW 1969, 2043, 2046) – nicht
mehr um eine zulässige aufschiebende Bedingung handele, sondern um ein
Gestaltungsrecht. Winkler/Schlögel (in: von Oefele/Winkler, § 2 Rn. 143) weisen jedoch
darauf hin, dass dies von einem (zulässigen) Anspruch auf Verlängerung des Erbbaurechts,
der durch Vormerkung im Grundbuch gesichert werden könne, zu unterscheiden sei (von
Oefele/Winkler, Rn. 5.152).
Nach dem Gebot des sichersten Weges ist u. E. daher davon auszugehen, dass das Optionsrecht
auf Verlängerung des Erbbaurechts nicht dinglicher Inhalt des Erbbaurechts sein kann.

2. Folgen einer fristgemäßen Ausübung des Optionsrechts
a) Von Gesetzes wegen kennt das deutsche Recht keine zeitliche Begrenzung des Erbbaurechtes,
lässt aber eine solche zeitliche Begrenzung hinsichtlich eines Endtermines
durch die Parteien zu. Von dieser Möglichkeit wird auch überwiegend Gebrauch gemacht,
so dass das zeitlich befristete Erbbaurecht den Regelfall bilden dürfte (vgl. v.
Oefele/Winkler, § 2 Rn. 141; MünchKommBGB/Heinemann, § 1 ErbbauRG Rn. 70).
Der Regelung des § 27 Abs. 1 ErbbauRG ist zu entnehmen, dass bei Zeitablauf das Erbbaurecht
automatisch erlischt.
Soll – vor Eintritt des Erlöschungszeitpunktes – das Erbbaurecht verlängert werden, so
handelt es sich um eine Inhaltsänderung des Rechtes (BayObLG, Beschl. v. 22.12.1959,
NJW 1960, 1155 ff.). Notwendig ist für eine derartige Verlängerung des Erbbaurechtes
daher eine Einigung von Grundstückseigentümer und Erbbauberechtigtem über die Verlängerung
des Erbbaurechtes und die Eintragung der Verlängerung in das Grundbuch,
ggf. eine Zustimmung der dinglich Berechtigten am Erbbaurechtsgrundstück, nicht jedoch
der am Erbbaurecht dinglich Berechtigten, weil ihre Rechtstellung materiellrechtlich
nicht beeinträchtigt wird (vgl. hierzu Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl. 2006,
§ 27 ErbbauVO Rn. 3; MünchKommBGB/von Oefele/Heinemann, ErbbauRG, § 27
Rn. 10). Die Zustimmung dinglich Berechtigter ist zwar nur dann erforderlich, wenn
ihre Rechtstellung durch die Inhaltsänderung verschlechtert wird. Da die erste
Rangstelle des Erbbaurechts jedoch nicht abgeändert werden kann, macht eine Verweigerung
der Zustimmung nachrangig dinglich Berechtigter die Inhaltserweiterung (i.
S. e. Verlängerung des Erbbaurechts) unmöglich (vgl. BayObLG NJW 1960, 1155, 156 f.)
b) Da die Dauer des Erbbaurechtes bei einem befristeten Erbbaurecht zum Erbbaurechtsinhalt
gehört, muss sich eine Verlängerung des Erbbaurechtes aus dem Grundbuch ergeben.
Nachdem eine solche Eintragung im vorliegenden Fall bislang nicht erfolgte, ist
davon auszugehen, dass die im Grundbuch enthaltene Bestimmung Gültigkeit
beansprucht, dass das Erbbaurecht mit Ablauf des 31.05.2015 erloschen ist (vgl. hierzu
auch OLG Celle, Beschluss vom 30.6.1997, BeckRS 2014, 05969).
aa) Diese Überlegungen werden bestätigt durch die ganz herrschende Rechtsprechung
und Literaturauffassung im Bereich der Verlängerung eines Erbbaurechts nach § 27
Abs. 3 ErbbauRG: Im Zusammenhang mit dieser Vorschrift ist anerkannt, dass eine
Verlängerung nur dann wirksam ist, wenn nicht nur das Verlängerungsverlangen
vor Ablauf des Erbbaurechtes gestellt wurde, sondern auch die Verlängerung vor
Ablauf des Erbbaurechtes im Grundbuch eingetragen ist (vgl. BGH-Urteil v.
3.10.1980, NJW 1981, 1045 ff., Ingenstau/Hustedt, ErbbauRG, 10. Aufl. 2014, § 27
Rn. 29; BeckOK-BGB/Maaß, ErbbauRG, Stand: 1.11.2016, § 27 Rn. 7).
bb) Zwar könnten aus dem Urteil des BGH aus dem Jahr 1969 (BGH, Urt. v. 14.7.1969,
NJW 1969, 2043, 2046) hiergegen Bedenken erhoben werden, weil der BGH zum
einen eine Vereinbarung für zulässig erachtet hatte, nach der sich ein Erbbaurecht
automatisch um jeweils fünf Jahre verlängert, falls nicht Grundstückseigentümer
oder Erbbauberechtigter vor Ablauf der Verlängerung widersprächen und zum
anderen davon ausging, dass durch diese Regelung ein zeitlich unbefristetes
Erbbaurecht geschaffen wurde.
Im Gegensatz zu dem vom BGH entschiedenen Fall, ist vorliegend jedoch kein Automatismus
gegeben. Vielmehr beruht die Verlängerung auf einem Gestaltungsrecht
eines der Beteiligten. Hinzu kommt, dass in einem solchen Fall gerade kein
unbefristetes Erbbaurecht mehr vorliegt, sondern ein befristetes, das lediglich verlängert
werden kann. Dies bedeutet aber einen erheblichen konstruktiven Unterschied,
da bei einem befristeten Erbbaurecht immer die Vorschrift des § 27 Abs. 1
ErbbauRG im Hintergrund steht, also ein Erlöschen des Erbbaurechtes durch Zeitablauf droht.
Infolgedessen hätte der Erbbauberechtigte nach unserer Auffassung zur „wirksamen
Durchsetzung“ der Verlängerungsoption nicht nur die Verlängerungsoption ziehen,
sondern auch die Verlängerung des Erbbaurechtes vor dem 1.6.2015 als Inhaltsänderung
des Erbbaurechtes mit dem Grundstückseigentümer vereinbaren und im
Grundbuch zur Eintragung bringen müssen.
Da dies bislang offensichtlich nicht erfolgt ist, greift vorliegend die Befristung des
Erbbaurechtes ein; mit Ablauf des 31.5.2015 ist daher das Erbbaurecht gem. § 27
Abs. 1 ErbbauRG nach unserer Auffassung erloschen.
c) Folglich kommt nach unserer Auffassung zum jetzigen Zeitpunkt nur noch die Bestellung
eines neuen Erbbaurechts in Betracht. In diesem Sinne entschied auch das OLG
Celle (BeckRS 2014, 05969), wonach eine notariell beurkundete Verlängerung des Erbbaurechts
bei bereits erfolgtem Erlöschen des Erbbaurechts in die Vereinbarung eines
neu einzutragenden Erbbaurechts zu den gleichen wirtschaftlichen Konditionen umzudeuten
sei. Infolgedessen bedarf es hierzu der Zustimmung des Dienstbarkeitsinhabers
in Form eines Rangrücktritts um dem Erbbaurecht ersten Rang zu gewähren.

Gutachten/Abruf-Nr:

152581

Erscheinungsdatum:

13.02.2017

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Erbbaurecht

Normen in Titel:

ErbbauRG § 1 Abs. 4; ErbbauRG § 27