13. August 2021
UStG § 4; GrEStG § 2

Verkauf möblierter Studentenapartments durch Bauträger; umsatzsteuerliche und grunderwerbsteuerliche Beurteilung des Inventars (Möbel, Schränke, Küchenzeilen)

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Gutachten des Deutschen Notarinstituts
Abruf-Nr.: 184252
letzte Aktualisierung: 13. August 2021

UStG § 4 Nr. 9a; GrEStG § 2
Verkauf möblierter Studentenapartments durch Bauträger; umsatzsteuerliche und
grunderwerbsteuerliche Beurteilung des Inventars (Möbel, Schränke, Küchenzeilen)

I. Sachverhalt

Ein Bauträger will voll möblierte Studentenapartments neu bauen und an Verbraucher zum
Zweck der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verkaufen. Zum Teil
werden dazu Möbel zugekauft, zum Teil werden z. B. Schränke, Küchenzeilen vom Schreiner
individuell gefertigt und eingepasst.

II. Frage

Es stellt sich die Frage, wie das mitverkaufte Inventar grunderwerbsteuerlich und umsatzsteuerlich
zu beurteilen ist?

III. Zur Rechtslage

1. Grunderwerbsteuerliche Beurteilung

Nach § 2 Abs. 1 S. 1 GrEStG sind unter Grundstücken i. S. d. GrEStG Grundstücke i. S. d.
bürgerlichen Rechts zu verstehen. Anknüpfend an das bürgerliche Recht ist dem Grundstück
alles zuzurechnen, was ihm nach Maßgabe der §§ 93-96 BGB untrennbar zugehört, es
sei denn, durch die Regelungen des § 2 Abs. 1 S. 2 bzw. § 2 Abs. 2 GrEStG ergeben sich
hiervon abweichende Beurteilungen.

Im Grundsatz ist aber davon auszugehen, dass für das GrEStG als Kriterium für die
Zugehörigkeit zum Grundstück dieselben Kriterien gelten wie auch im BGB. Dies
gilt auch für die Abgrenzung der Eigenschaft als Zubehör oder Gebäudebestandteil, insbes.
bei Einbaumöbeln. Wie auch im Zivilrecht (vgl. hierzu Palandt, BGB, 80. Aufl. 2021, § 93
Rn. 5 ff.) werden hierzu auch im Steuerecht unterschiedliche Auffassungen vertreten (vgl.
hierzu auch Boruttau, GrEStG, 19. Aufl. 2018, § 2 Rn. 46; Pahlke, GrEStG, 6. Aufl. 2018,
§ 2 Rn. 18). Für die Frage, ob Einbaumöbel wesentlicher Bestandteil i. S. d. § 93 BGB sind,
wird daher entscheidend sein, ob sie voneinander getrennt werden können, ohne dass der
eine oder andere Teil zerstört oder in seinem Wesen verändert wird. In Bezug auf Einbauküchenmöbel
sind z. B. nach der in der steuerlichen Literatur vorherrschenden Meinung
serienmäßig gefertigte Möbel, die nur entsprechend den Raummaßen angepasst werden,
keine wesentlichen Bestandteile (vgl. hierzu Boruttau, § 2 Rn. 46 m. w. N.). Anderer Ansicht
sind insoweit aber die nördlichen Finanzgerichte. Das FG Hamburg (FG Hamburg, Urt. v.
19.1.2006 – III 163/05 [juris]) und das FG Schleswig-Holstein (Urt. v. 24.3.1998 –
III 1096/79 [juris]) sind der Auffassung, dass beim Mitverkauf von Einbauküchen zumindest
in Norddeutschland Herd und Spüle als (wesentliche) Bestandteile zum Gebäude gehören.
Entsprechend seien speziell angepasste Arbeitsplatten und ähnlich angepasste Verblendungen
als Gebäudebestandteil zu behandeln.

Werden zusammen mit einem Grundstück Gegenstände veräußert, die nicht unter den
Grundstücksbegriff des § 2 GrEStG fallen (wie z. B. Zubehör oder Scheinbestandteile), ist
der Teil des Kaufpreises, der für diesen Erwerb anfällt, nicht zur Gegenleistung zu rechnen,
weil insoweit keine Leistung für den Erwerb des Grundstücks vorliegt.

Wenn sich aus dem Kaufvertrag nichts anderes ergibt, wird für Grunderwerbsteuerzwecke
der Teil des Kaufpreises herausgerechnet, der nicht für den Erwerb des Grundstücks i. S. d.
§ 2 GrEStG gezahlt wird.

Werden den einzelnen Gegenständen Einzelpreise zugeordnet, so muss diese Zuordnung
u. E. auch grunderwerbsteuerlich nachvollzogen werden, wenn sie sich an den gemeinen
Werten orientieren. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass
die realen Wertverhältnisse im Grundsätzlichen verfehlt sind oder wirtschaftlich nicht haltbar
erscheinen und insoweit u. U. ein Gestaltungsmissbrauch i. S. v. § 42 AO angenommen
werden könnte. Insoweit ist u. E. die Auffassung des BFH zur vertraglichen Kaufpreisaufteilung
im Rahmen des Ertragsteuerrechts auch für das Grunderwerbsteuerrecht entsprechend
anzuwenden (BFH, Urt. v. 16.9.2015 – IX R 12/14, insbes. Rn. 20 und Rn. 23
[juris]).

2. Umsatzsteuerliche Beurteilung

Eine Grundstückslieferung stellt einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbaren Umsatz dar,
der aber nach § 4 Nr. 9 lit. a) UStG steuerfrei sein kann. Steuerfrei nach § 4 Nr. 9 lit. a)
UStG sind Umsätze, die unter das GrEStG fallen. Der sich für § 4 Nr. 9 lit. a) UStG maßgebende
Grundstücksbegriff ergibt sich aus § 2 GrEStG, nach welchem unter Grundstücke
i. S. d. Grunderwerbsteuerrechts solche i. S. d. BGB zu verstehen sind. Im Einzelnen verweisen
wir hierzu auf die Ausführungen unter Ziff. 1.
Fällt die Lieferung von Zubehör und Inventar nicht unter das GrEStG, unterliegt sie auch
nicht der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 lit. a) UStG und es handelt sich im Grundsatz um
einen umsatzsteuerpflichtigen Vorgang.

Eine andere Beurteilung könnte sich in diesen Fällen ggf. dann ergeben, wenn nach umsatzsteuerlichen
Kriterien eine einheitliche Leistung angenommen würde, mit der Folge, dass
dann die Lieferung des Zubehörs und Inventars das Schicksal
der Hauptleistung (steuerfreie Grundstücklieferung) teilen würde, d. h. auch umsatzsteuerfrei
wäre.

Im Umsatzsteuerrecht wird nach eigenständigen Kriterien beurteilt, ob ggf. eine einheitliche
Leistung vorliegt. Eine (umsatzsteuerlich) einheitliche Leistung liegt nach der Rechtsprechung
dann vor, wenn Einzelleistungen für den Kunden so eng miteinander verbunden
sind, dass sie objektiv einen einzigen untrennbaren wirtschaftlichen Vorgang bilden, dessen
Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (EuGH, Urt. v. 21.2.2013 – C-18/12;
Zamberk/Senftenberg, UR 13, 338; BFH, Urt. v. 21.2.2013 – V R 10/12, BFH/NV 13,
1635). Eine einheitliche Leistung wird auch dann angenommen, wenn ein oder mehrere
Teile die Hauptleistung bilden, andere Teile dagegen als eine oder mehrere Nebenleistun-
gen anzusehen sind, die das steuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen
(Sölch/Ringleb/Leipold, UStG, 90. EL Oktober 2020, § 4 Nr. 9 Rn. 9-12).

Bei der Lieferung von Zubehör und Inventar im Rahmen eines Grundstücksverkaufs handelt
es sich aber i. d. R. nicht um eine unselbständige Nebenleistung, die das Schicksal der
Hauptleistung (Grundstückslieferung) teilt (so FG München, Urt. v. 16.4.2013 –
2 K 3443/10 [juris]; Sölch/Ringleb/Leipold, § 4 Nr. 9 Rn. 11). Die Lieferung von Zubehör
und Inventar dürfte daher einen umsatzsteuerpflichtigen Vorgang darstellen.

Gutachten/Abruf-Nr:

184252

Erscheinungsdatum:

13.08.2021

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

Umsatzsteuer
Grunderwerbsteuer

Normen in Titel:

UStG § 4; GrEStG § 2