24. August 2012
BGB § 167; BGB § 308 Nr. 4; BGB § 307; WEG § 13 Abs. 2

Zuweisung von Sondernutzungsrechten aufgrund Änderungsvollmacht in den Bauträgerverträgen; Grenzen der Zulässigkeit von Änderungsvollmachten; Widerruf einer Änderungsvollmacht

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G u t a c h t e n d e s D e u t s c h e n No t a r i n s t i t u t s Abruf-Nr.: 114351 l e t zt e A k t u a l i s i e r un g : 24. August 2012

BGB §§ 167, 307, 308 Nr. 4; WEG § 13 Abs. 2 Zuweisung von Sondernutzungsrechten aufgrund Änderungsvollmacht in den Bauträgerverträgen; Grenzen der Zulässigkeit von Änderungsvollmachten; Widerruf einer Änderungsvollmacht

I. Sachverhalt Der Bauträger B hat im Jahr 2007 ein Grundstück in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt. In der Gemeinschaftsordnung sind insb. Regelungen zu den Punkten ,,Mehrhausanlage" und ,,Errichtung in mehreren Bauabschnitten" enthalten. Inzwischen wurden sechs separate Gebäude errichtet. In der Folge wurden Bauträgerkaufverträge geschlossen. In diesen sind Vollmachten zur Änderung der Teilungserklärung enthalten, die den üblichen Formulierungsmustern in der Literatur entsprechen. Der Bauträger hat nunmehr in einem Nachtrag zur Teilungserklärung Sondernutzungsrechte begründet und zugewiesen, wobei er in Ausnutzung der Vollmacht des Bauträgerkaufvertrages auch für die bisherigen Käufer gehandelt hat. Es handelt sich hierbei u. a. um den im Aufteilungsplan mit ,,Haus V zur Bes.Verwendung" bezeichneten, im Gemeinschaftseigentum befindlichen Kellerraum im Haus V, der nunmehr einer Einheit im Haus I + II zugewiesen wurde. Der Nachtrag ist im Grundbuch noch nicht vollzogen, da derzeit die Zustimmung der Drittberechtigten eingeholt werden. Ein Käufer aus Haus V widersetzt sich nun dieser Sondernutzungsrechtsbegründung, indem er gegenüber dem Verkäufer und gegenüber dem Notar die erteilte Vollmacht widerruft und der Sondernutzungsrechtsbegründung widerspricht. Insb. beruft sich dieser Wohnungseigentümer auf die Entscheidung des OLG München vom 13.6.2006, Az.: 32 Wx 0796/06. II. Fragen 1. 2. Ist die Zuweisung des Sondernutzungsrechts grds. möglich? Wie wirkt sich der Widerruf der Vollmacht und der Widerspruch gegen den Nachtrag durch den Käufer aus? Wie ist in Bezug auf den Urkundsvollzug weiter zu verfahren?

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III. Zur Rechtslage 1. Notwendigkeit von Änderungsvollmachten im Kaufvertrag Nachdem durch den BGH letztverbindlich festgestellt wurde, dass verdinglichte Ermächtigungen in der Gemeinschaftsordnung nicht zulässig sind (BGH DNotZ 2003, 538; BayObLG DNotZ 2002, 149; 2000, 466; 1998, 379; zusammenfassend Hügel, in: Würzburger Notarhandbuch, 2. Aufl. 2009, Teil 2, Rn. 1530), ist in der Gestaltungspraxis weitgehender Konsens, dass gerade für die Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum bei der abschnittsweisen Errichtung von Mehrhausanlagen eine Vollmacht zur Änderung der Teilungserklärung in den entsprechenden Kaufverträgen erforderlich ist (Böttcher, NotBZ 2007, 29; Häublein, DNotZ 2000, 442, 454; Roellenbleg, MittBayNot 2000, 552, 555; Basty, NotBZ 1999, 233, 238 f.; Kolb, MittRhNotK 1996, 254, 258; Krause, NotBZ 2002, 11, 14; Hügel, Würzburger Notarhandbuch, Rn. 1530; Rapp, in: Beck'sches Notar-Handbuch, 5. Aufl. 2009, A III Rn. 39; Schüller, RNotZ 2011, 203, 208). Durch derartige Änderungsvollmachten können insb. auch nachträglich Sondernutzungsrechte durch den Bauträger begründet werden (vgl. OLG München DNotZ 2008, 289, 290). 2. Wirksamkeitsvoraussetzungen a) Grundbuchrechtlicher Bestimmtheitsgrundsatz Ist im Kaufvertrag eine Vollmacht des Veräußerers zur Änderung der Teilungserklärung vorgesehen, so muss diese wegen der damit verbundenen Gestaltungsmacht zur Abgabe von zu einer Grundbucheintragung führenden Erklärung hinreichend bestimmt sein (BayObLGZ 1994, 244 = DNotZ 1995, 612, 614 f.; Basty, NotBZ 1999, 233, 236; Schaub, in: Bauer/v. Oefele, GBO, 2. Aufl. 2006, AT VII, Rn. 22; Vogel, ZMR 2008, 270 f.; Schneider, in: Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 5. Aufl. 2010, Rn. 327 f. m. entspr. Bsp.). Die Anforderungen an die grundbuchrechtliche Bestimmtheit sind von der Rechtsprechung im hier interessierenden Kontext präzisiert worden, wobei die Kasuistik sehr umfangreich und undurchsichtig ist (vgl. nur die Darstellung bei Schneider, in: Bärmann/Seuß, Rn. 328). Vor dem Hintergrund dieser ­ nicht immer vorhersehbaren ­ Rechtsprechung wird in der Literatur beinahe einhellig empfohlen, von Beschränkungen der Vollmacht im Außenverhältnis gänzlich abzusehen und eine Bindung des Bevollmächtigten lediglich für das Innenverhältnis vorzusehen (vgl. Basty, NotBZ 1999, 233, 237; ders., in: PIG 69, 2004, 1, 17; Böttcher, in: Meikel, GBO, 10. Aufl. 2009, Einl. I, Rn. 18; Kutter, in: Beck'sches Notar-Handbuch, A II, Rn. 39, 129; Rapp, in: Beck'sches Notar-Handbuch, A III, Rn. 154; Mayer, RNotZ 2006, 497, 502; Schüller, RNotZ 2011, 203, 208). Der gebotene Schutz des Erwerbers vor einer zu weitreichenden Ausübung der im Außenverhältnis unbeschränkten Vollmacht durch den Bauträger soll vielmehr dadurch erreicht werden, dass der mit dem Vollzug betrauten Notar zu überwachen hat, ob die im Innenverhältnis vereinbarten Grenzen eingehalten sind (Basty, NotBZ 1999, 233, 238; Krause, NotBZ 2002, 11, 14). Das grundbuchrechtliche Bestimmtheitserfordernis ist in diesem Fall gewahrt, wobei freilich die Frage aufgeworfen wird, ob der Erwerber dadurch nicht unangemessen benachteiligt wird (vgl. Armbrüster, Änderungsvorbehalte in der Teilungserklärung hinsichtlich der Aufteilung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum, in Hager [Hrsg.] Wohnungseigentümer und ihre Gemeinschaft, S. 27; Müller, Änderungen des sachenrechtlichen Grundverhältnisses der Wohnungseigentümer 2010, S. 259).

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b) Inhaltskontrolle aa) Problemstellung Bei der Frage der Inhaltskontrolle ist zu berücksichtigen, dass der derzeitige Eigentümer in sehr weitreichendem Umfang bevollmächtigt wird, die Teilungserklärung zu ändern. Dadurch kann zumindest das Gemeinschaftseigentum in ganz erheblichem Umfang geändert werden und dem Verkäufer ermöglicht werden, den formularvertraglichen Änderungsvorbehalt im Hinblick auf seine Leistungsverpflichtungen gegenüber dem Erwerber sachenrechtlich und grundbuchmäßig umzusetzen (Müller, S. 253). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die einzelne Wohnung, sondern auch die entsprechende Beteiligung am Gemeinschaftseigentum verkauft ist. Insofern wird erwogen, ob eine derart weitreichende Ermächtigung des Bauträgers zur Änderung der Teilungserklärung nicht wegen Verstoßes gegen §§ 305 ff. BGB, namentlich wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 4 BGB, unwirksam ist, und ob sich diese Unwirksamkeit dann nicht auch auf die grds. von der zugrunde liegenden schuldrechtlichen Verpflichtung zu trennende Vollmacht auswirkt (Müller, S. 277). bb) Rechtsprechung des LG Düsseldorf bzw. LG Nürnberg-Fürth Das LG Düsseldorf (Rpfleger 1999, 217, 218) hat die oben beschriebene im Außenverhältnis uneingeschränkte Vollmacht wegen Verstoßes gegen § 307 BGB als unwirksam angesehen. Durch eine solche Vollmachtsklausel wäre der Erwerber in treuwidriger Weise unangemessen benachteiligt. Denn eine Beschränkung im Innenverhältnis, nach der der Notar den Gebrauch der Vollmacht zu überwachen habe und diesen nur dann zulassen dürfe, ,,als dies zum grundbuchlichen Vollzug erforderlich wird, zweckmäßig ist oder dass der Sondereigentumserwerber hiervon nicht unmittelbar nachteilig berührt wird", sei zu unbestimmt. Mögliche Regressansprüche gegen den Notar im Falle des unzulässigen Gebrauchs der Vollmacht seien unzureichend, um die Unzumutbarkeit der Klausel auszuschließen (LG Düsseldorf Rpfleger 1999, 217). Die Entscheidung des LG Düsseldorf erteilt somit der hier untersuchten Ausgestaltung als Änderungsvorbehalt mittels unbeschränkter Vollmacht im Außenverhältnis und Einschränkung im Innenverhältnis eine klare Absage. Diese Rechtsprechung ist lange ein Einzelfall geblieben. Insb. in der Literatur ist sie ausschließlich auf Kritik gestoßen (vgl. Basty, Der Bauträgervertrag, 6. Aufl. 2009, Rn. 198; Basty, NotBZ 1999, 233, 238; Basty, DNotZ 2003, 931, 935). Soweit in der Literatur nicht ausdrücklich Kritik an dieser Entscheidung geäußert wird, wird jedenfalls die Konstruktion über eine im Außenverhältnis unbeschränkt erteilte und im Innenverhältnis den entsprechenden Beschränkungen unterliegende Vollmacht weiterhin als zulässiger und praktikabelster Weg angesehen. Die Entscheidung des LG Düsseldorf findet dabei meist überhaupt keine Berücksichtigung (Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 5. Aufl. 2011, Rn. 112; Hügel, in: Würzburger Notarhandbuch, Rn. 1330; Weigl, NotBZ 2002, 325, 326; Kutter, in: Beck'sches Notar-Handbuch, A II, Rn. 129; Beck'sches Formularbuch-WEG/Hügel, 2008, S. 49). Auch die obergerichtliche Rechtsprechung beurteilt im Rahmen der Prüfungskompetenz der Grundbuchgerichte einen Verstoß einer Änderungvollmacht gegen §§ 307, 308 Nr. 4 BGB differenzierter und stellt maßgeblich darauf ab, dass die Prüfungskompetenz auf

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offensichtliche Unwirksamkeitsgründe beschränkt sei. Dies gelte für etwaige Verstöße gegen die §§ 305 ff. BGB, weil eine umfassende Überprüfung von allgemeinen Geschäftsbedingungen die Prüfungsmöglichkeiten des Grundbuchamtes, wie sie von der Grundbuchordnung vorgegeben sind, übersteigen (OLG München MittBayNot 2010, 129, 130; BayObLG DNotZ 2003, 51; zustimmend Basty, Bauträgervertrag, 7. Aufl. 2011, Rn. 198; Müller, S. 269ff.). Nunmehr ist die zum grundbuchrechtlichen Eintragungsverfahren ergangene Rechtsprechung des LG Düsseldorf aber im Rahmen einer Feststellungsklage eines Wohnungseigentümers über das Bestehen eines Sondernutzungsrechts ausdrücklich bestätigt worden (vgl. LG Nürnberg-Fürth MittBayNot 2010, 132). Demnach hält ein Vorbehalt des Inhalts, dass dem Urheber der Teilungserklärung ein weder in zeitlicher noch, jedenfalls im Außenverhältnis, in materieller Hinsicht begrenztes Änderungsrecht bezüglich der Grenzziehung zwischen Sondereigentum und Sondernutzungsrechten einerseits, dem Gemeinschaftseigentum andererseits, der Klauselkontrolle nach § 308 Nr. 4 BGB nicht stand. Die Beschränkungen der Vollmacht im Innenverhältnis ändere allein an der unangemessenen Benachteiligung nichts, da diese Bindung zu unbestimmt und zudem nicht geeignet sei, den dinglichen Rechtsverlust zu unterbinden. Mithin gelangt das LG Nürnberg-Fürth in dem dortigen Fall zu dem Ergebnis, dass eine in Ausübung der Vollmacht begründetes und im Grundbuch eingetragenes Sondernutzungsrecht nicht habe entstehen können (LG NürnbergFürth MittBayNot 2010, 132, 133). cc) Rezeption in der neueren Literatur Auch in der neueren Literatur wird mit Hinweis auf die vorgenannte Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth jedenfalls außerhalb des grundbuchrechtlichen Eintragungsverfahrens zugegeben, dass gänzlich uneingeschränkte Änderungsvollmachten angesichts der Rechtsprechung des BGH zu § 308 Nr. 4 BGB nicht unproblematisch sind (Basty, MittBayNot 2010, 131; Armbrüster, S. 30; i.E. auch Müller, S. 289 ff.; weiterhin großzügiger Schüller, RNotZ 2011, 203, 210). Im Hinblick auf die §§ 305 ff. BGB wird der Vertragspraxis empfohlen, die Voraussetzungen und Grenzen der Änderungsbefugnis (wohl auch im Außenverhältnis) möglichst exakt zu beschreiben (Basty, MittBayNot 2010, 129, 132; Armbrüster, S. 30; Schüller, RNotZ 2011, 203, 210), was für den Vertragsgestalter eine wiederum sehr wenig greifbare Vorgabe darstellt. Müller dagegen entwickelt in seiner Dissertation bestimmte Grundsätze, nach denen die Änderungsvollmacht bereits im Außenverhältnis eingeschränkt werden kann, ohne, dass ihre grundmäßige Verwendbarkeit Schaden nimmt. Dabei geht er von der Grundthese aus, dass eine Änderungsvollmacht, die allein der Anpassung der dinglichen Rechtslage an die vertragliche (durch entsprechende Vorbehalte legimierweise geänderte) Verpflichtung des Bauträgers dient, nicht gegen § 308 Nr. 4 BGB bzw. ­ nach seiner Auffassung ­ § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB verstößt (S. 287f.). Dabei sieht er (S. 289), dass die Vollmacht im Hinblick auf die grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsanfordernisse nicht auf diejenigen Fälle beschränkt werden kann, in denen ein vertraglicher Änderungsvorbehalt für den Bauträger legitim ist (also bei triftigem Änderungsgrund, vgl. hierzu Müller, S. 205ff.). Aus dem Gebot des Interventionsminimums entnimmt Müller sodann, dass die Vollmacht nach außen insoweit zu begrenzen ist, als Sinn und Zweck der Vollmacht sowie ihre

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grundbuchmäßige Verwendbarkeit unberührt bleiben (S. 290). Hieraus leitet er folgende Beschränkungsnotwendigkeiten im Außenverhältnis ab: Keine Änderung des vertragsgegenständlichen Sondereigentums (S. 290, 291); zeitliche Beschränkung der Vollmacht auf den Zeitpunkt der Umschreibung der letzten Einheit (S. 291); Beschränkung der Vollmachtausübung auf den beurkundenden Notar (S. 292 ff.) Nicht erforderlich soll es dagegen sein, die Vollmacht im Außenverhältnis auch in Bezug auf die Äbänderkeit der Miteigentumsanteile zu beschränken (S. 291; aA. Brambring DNotZ 1997, 478, 480). Für den Fall, dass die Änderungsvollmacht in vorbeschriebener Weise eingeschränkt wird, soll sie auch unter Berücksichtigung der Beschränkungen im Innenverhältnis nicht gegen § 308 Nr. 4 BGB bzw. ­ nach Müllers Auffassung ­ § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB verstoßen (S. 296 f.). dd) Isolierte Unwirksamkeit des Grundverhältnisses? Ist somit nach der im Vordringen befindlicher Auffassung die Vereinbarung einer im Außenverhältnis unbeschränkten Änderungsvollmacht im Hinblick auf § 308 Nr. 4 BGB problematisch, so ist innerhalb dieser Meinungsgruppe aber wiederum umstritten, ob ein etwaiger Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB neben der Unwirksamkeit des Grundverhältnisses (hier der Änderungsvorbehalt im Kaufvertrag) auch auf die grds. abstrakte Änderungsvollmacht durchschlägt. Nach Basty ist die Vollmacht AGB-rechtlich völlig isoliert von der Klausel zu betrachten, in der sich der Veräußerer die Änderung, zu deren Durchführung er sich der Vollmacht bedienen möchte, im Kaufvertrag ausdrücklich vorbehält (Basty, MittBayNot 2010, 131; Basty, 7. Aufl., Rn. 202). Die Gegenauffassung verweist darauf, dass die Vollmacht den Veräußerer in die Lage versetzt, den Kaufgegenstand zu verändern, so dass für die Vollmacht § 308 Nr. 4 BGB als Kontrollmaßstab heranzuziehen sei (Böttcher, ZNotP 2007, 298, 302; Kolb; MittRhNotK 1996, 254, 258; so auch LG Nürnberg-Fürth, MittBayNot 2010, 132, 133; zustimmend Armbrüster, S. 31). ee) Jedenfalls hinreichende Beschränkungen im Innenverhältnis erforderlich Abschließend bleibt festzuhalten, dass nach dem derzeitigen Meinungsstand nicht mehr als gesichert angesehen werden kann, dass im Außenverhältnis unbeschränkte Änderungsvollmachten, deren Ausübung lediglich im Innenverhältnis eingeschränkt ist, noch dem Kontrollmaßstab des § 308 Nr. 4 BGB standhalten. Jedenfalls muss durch entsprechende Vereinbarung im Innenverhältnis der Anforderung des § 308 Nr. 4 BGB entsprochen werden. Danach genügen interne Bedingungen für die Ausübung der Änderungsvollmacht nur dann dieser Vorschrift, wenn die beabsichtigten Änderungen dem Erwerber zumutbar sind, ein triftiger Grund besteht und ein Rahmen vorgegeben wird, innerhalb dessen die Vollmacht ausgeübt werden darf (OLG Frankfurt Baurecht 2000, 1204 m. w. N.; Basty, Der Bauträgervertrag, 6. Aufl. 2008, Rn. 196; Kolb, MittRhNotK 1996, 254, 258). Danach ist es jedenfalls unzumutbar, wenn Lage, Größe oder Umfang des veräußerten Sondereigentums mehr als unwesentlich verändert werden (Basty NotBZ 1999, 233, 237; ders. PIG 69, 2004, 1, 15). Darüber hinaus können jedoch auch weitreichende Änderungen des

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Gemeinschaftseigentums, z. B. eine erhebliche Verkleinerung des Eingangsbereichs eines Bürogebäudes zugunsten eines Sondereigentums, für die übrigen Eigentümer unzumutbar sein (Kolb, MittRhNotK 1996, 254, 258). Umgekehrt kann etwa bei Mehrhausanlagen auch eine weitreichende Änderung der weiteren Bauabschnitte dem Erwerber von Wohnungen des ersten Abschnitts zumutbar sein (vgl. Basty, NotBZ 1999, 233, 237; Armbrüster, Änderungsvorbehalt in der Teilungserklärung hinsichtlich der Aufteilung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum, a. a. O.). Teilweise wird in der Literatur vertreten, dem Erwerber sei eine Veränderung der zu seinem Sondereigentum gehörenden Räume, des Kostenverteilungsschlüssels oder eine Verringerung der zum Gemeinschaftseigentum gehörigen und zu Mitgebrauch berechtigten Flächen oder Räume etwa durch die zusätzliche Begründung von Sondereigentumseinheiten oder Sondernutzungsrechten unzumutbar i. S. v. § 308 Nr. 4 BGB (vgl. Pause, Rn. 112). Diese Literaturauffassung hält die Durchführung der an sich unzumutbaren Änderung (zusätzliche Belastung des Gemeinschaftseigentums durch Begründung von Sondernutzungsrechten) immerhin für diskussionswürdig, wenn sie im Bauträgervertrag konkret als mögliche Änderung ­ unter Angabe des Ortes, der Art. usw. ­ beschrieben und zugleich eine Regelung für einen Ausgleich der damit verbundenen Nachteile vorgesehen ist (Pause, a. a. O.). Im Übrigen besteht ein materiell-rechtliches Bestimmtheitsgebot (Schüller, RNotZ 2011, 203, 210; Vogel, ZMR 2008, 270, 271). Eine Änderung ist dem Erwerber umso eher zumutbar, je genauer ihre Voraussetzungen und ihr Umfang beschrieben sind (OLG München ZWE 2011, 264, 265; Krause, NotBZ 2002, 11, 13; Kolb, MittRhNotK 1996, 254, 258). Schließlich kann sich die Regelung auch deswegen als unzumutbar erweisen, weil keine angemessene zeitliche Beschränkung vorgesehen ist (Schüller, RNotZ 2011, 203, 211; Armbrüster, S. 30). ff) Vorliegender Fall Ob vor dem Hintergrund des Vorgesagten die verwandte Änderungsvollmacht den Anforderungen der §§ 307 Abs. 2, 308 Nr. 4 BGB entspricht, kann im Rahmen dieser Begutachtung nicht festgestellt werden. Denn das DNotI beurteilt nach seinen Leistungsgrundsätzen in der Fassung vom 1.7.2004 (DNotI-Report 6/2011) keine Vertragsentwürfe, erarbeitet keine Vertragsklauseln und begutachtet bzw. entwickelt auch keine Vertragsgestaltungen. Letztlich muss jedoch wohl festgehalten werden, dass weder die Vereinbarkeit einer im Außenverhältnis unbeschränkten Änderungsvollmacht mit § 308 Nr. 4 BGB noch die Zumutbarkeit einer Neubegründung von Sondernutzungsrechten in Bezug auf vorher dem Erwerber zur Nutzung zur Verfügung stehenden Räumen des Gemeinschaftseigentums abschließend geklärt erscheint. Insgesamt ist die Rechtslage daher als unsicher zu bezeichnen. Ob im vorliegenden Fall eine abweichende Beurteilung deshalb angezeigt ist, weil hinsichtlich des betreffenden Kellerraums von vornherein eine Nutzung ,,zur BES.Verwendung" vorgesehen war, erscheint zweifelhaft, da nur dieser Umstand zumindest nach der Auffassung von Pause (Bauträgerkauf und Baumodelle, Rn. 112) die Unzumutbarkeit der Begründung von Sondernutzungsrechten nicht beseitigt (von einer wesentlichen Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums durch die Begründung eines Sondernutzungsrechtes geht auch OLG München DNotZ 2007, 41, 42 aus).

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Widerruflichkeit der Änderungsvollmacht Da der Bauträger die für ihn günstigste Rechtsposition dann erhält, wenn die Vollmacht als unwiderruflich ausgestaltet ist, wird in der Literatur überwiegend empfohlen, die Unwiderruflichkeit ausdrücklich in der Vollmacht klarzustellen (Schüller, RNotZ 2011, 203, 2011; Basty, Der Bauträgervertrag, Rn. 209). Fraglich ist, was hinsichtlich der Widerruflichkeit der Änderungsvollmacht gilt, wenn diesbezüglich keine ausdrücklichen Regelungen getroffen worden sind. Die Rechtsprechung will zum Teil auch ohne entsprechende ausdrückliche Ausgestaltung von einer Unwiderruflichkeit einer entsprechenden Vollmacht ausgehen (BayObLG DNotZ 2002, 149, 153; OLG München MittBayNot 2010, 129, 130). Dabei wird argumentativ auf die herrschende Meinung Bezug genommen, die Vollmachten allgemein für unwiderruflich hält, wenn Sie im alleinigen Interesse des Vollmachtnehmers erteilt werden (vgl. BGH WM 1985, 646; BayObLG NJW-RR 1996, 848; BayObLG DNotZ 2002, 149). Da die entsprechende Änderungsvollmacht sichtlich dem Vorteil des Bauträgers als Vollmachtnehmers dienen soll, geht auch die Literatur mehrheitlich von einer Unwiderruflichkeit auch ohne ausdrückliche Erklärung aus (vgl. Hügel, DNotZ 2003, 517, 526; Müller, Änderungen des sachenrechtlichen Grundverhältnisses der Wohnungseigentümer ­ insbesondere durch den bevollmächtigten Bauträger, 2010, S. 263; F. Schmidt, ZWE 2002, 118, 119). Ist somit im Regelfall auch bei fehlender ausdrücklicher Festlegung von einer Unwiderruflichkeit der Änderungsvollmacht im Bauträgervertrag auszugehen, so darf dabei nicht aus dem Blick geraden, dass auch unwiderruflich erteilte Vollmachten aus wichtigem Grund widerrufen werden können (OLG Stuttgart MittBayNot 1997, 370 m. Anm. Munzig; KG NJW-RR 1995, 1228). Für das Grundbuchamt ist dabei der Widerruf maßgeblich, wenn ein wichtiger Grund nahe liegt, ihm also ein erheblicher Grad von Wahrscheinlichkeit zukommt (OLG Stuttgart MittBayNot 1997, 370; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, Rn. 102). Die Rechtsprechung geht dabei davon aus, dass auch ein die Beschränkungen im Innenverhältnis widersprechender Gebrauch der Vollmacht einen wichtigen Grund i. d. S. darstellen kann (vgl. OLG München MittBayNot 2010, 129, 131). Ob vorliegend die Zuweisung des Kellerraumes als Sondernutzungsrecht zugunsten der Einheit im Haus I + II gegen die Beschränkungen der Änderungsvollmacht im Innenverhältnis verstößt, ist vom DNotI mangels Kenntnis sämtlicher Sachumstände des Einzelfalles nicht abschließend zu beurteilen. Insbesondere kann von uns nicht eingeschätzt werden, inwieweit dadurch Verkehrs- und Gemeinschaftsflächen, die für die Nutzung durch den Käufer von Interesse sind, wesentlich verkleinert werden. Im Ergebnis wird die Frage des Vorliegens eines besonderen Grundes für die Widerruflichkeit der Vollmacht jedoch genau hiervon abhängen.

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Folgen der Widerrufserklärung Hinsichtlich der Folgen einer Widerrufserklärung durch den Vollmachtgeber teilen wir im Ergebnis die Einschätzung, dass ein entsprechender Widerruf die Vollmacht nur ex nunc beseitigen kann und ein mittels der Vollmacht vorgenommenes Rechtsgeschäft weiterhin wirksam bleibt (vgl. nur Reetz, in: Beck'sches Notar-Handbuch, F Rn. 62). Auch hinsichtlich des Vollzuges der bereits beurkundeten Änderung der Teilungserklärung dürfte der erfolgte Widerruf der Änderungsvollmacht keine unmittelbare Auswirkungen haben. Insofern ist zu berücksichtigen, dass sämtliche Bewilligungen bzw. Anträge im Hinblick auf die Änderung der Teilungserklärung vom Bauträger als Eigentümer abgegeben werden und die bisherigen Erwerber von Wohnungseigentum, die im Grundbuch durch Vormerkung gesichert sind, lediglich analog §§ 877, 876 BGB den entsprechenden Änderungen der Gemeinschaftsordnung zuzustimmen haben (vgl. BayObLGZ 1974, 217, 219; 1985, 124, 127; DNotZ 1994, 233, 234 m. Anm. Röll; Staudinger/Gursky, BGB, Neubearb. 2008, § 877 Rn.

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47). Allein auf diese Zustimmungserklärung bezieht sich dann auch das Gebrauchmachen von der Änderungsvollmacht, so dass eine Unterbevollmächtigung des Notars zum Vollzug eigener Anträge bzw. Bewilligungen der Vollmachtgeber nicht erforderlich ist. Somit stellt sich das Problem, welche Auswirkungen ein Widerruf der Hauptvollmacht für die erteilte Untervollmacht hat (vgl. hierzu Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl. 2008, Rn. 3565; Schaub, in: Bauer/v. Oefele, GBO, AT VII Rn. 35; Staudinger/Schilken, BGB, Neubearb. 2009, § 167 Rn. 68 jew. m. w. N.) im vorliegenden Fall nicht. 5. Möglichkeit eines notariellen Vorbescheides Die §§ 4 BeurkG, 14 Abs. 2 BNotO zielen ihrem Regelungsgehalt nach darauf ab, dass der Notar die Unrechtmäßigkeit bzw. Unredlichkeit der von ihm begehrten Amtshandlung von vornherein erkennt, so dass der Notar also von Anfang an nicht tätig wird. Soweit der Notar nachträglich Kenntnis von diesen Ablehnungsgründen erhält, also nachdem er bereits tätig geworden ist, ist nach allgemeiner Meinung aus diesen Regelungen herzuleiten, dass der Notar alles versuchen muss, um den schädigenden Erfolg zu verhindern oder wenigstens zu verringern (BayObLG ZNotP 1998, 122, 123; OLG Zweibrücken MittBayNot 1995, 162; OLG Frankfurt DNotZ 1998, 196; Winkler, BeurkG, 16. Aufl. 2008, § 4 Rn. 44). Dies bedeutet für den Notar, den Vertrag also nicht weiter durchzuführen, über die drohende Gefahr aufzuklären sowie die Erteilung von Ausfertigungen, vollstreckbaren Ausfertigungen, Abschriften oder die Vorlage von Anträgen an Gerichte und Behörden zu verweigern (OLG Jena DNotI-Report 1999, 169; LG Düsseldorf MittBayNot 1977, 252). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, was gilt, wenn der Notar zu dem Ergebnis kommt, dass die bereits beurkundete Änderung der Teilungserklärung zwar grundsätzlich möglich ist, dennoch aber gewisse Restzweifel hinsichtlich der Wirksamkeit der verwendeten Änderungsvollmacht verbleiben. Durch entsprechenden Vollzug der Änderung im Grundbuch würden insofern vollendete Tatsachen geschaffen. Daher könnte es sich möglicherweise empfehlen, einen sog. notariellen Vorbescheid zu erlassen. Es ist mittlerweile anerkannt, dass der Notar grundsätzlich im Wege eines sog. Vorbescheids die weiteren beabsichtigten Verfahrensschritte ankündigen und den Beteiligten eine Frist setzen darf, innerhalb derer sie gegen die Entscheidung des Notars Beschwerde nach § 15 BNotO erheben oder die Frage vor dem Prozessgericht klären lassen können. Nach einhelliger Auffassung ist auch nach Inkrafttreten des FamFG noch ein notarieller Vorbescheid möglich (Reithmann, in: Schippel/Bracker, BNotO, 9. Aufl.2011, § 24 Rn. 47 ff.; Sandkühler, DNotZ 2009, 595; Reithmann, ZNotP 2009, 370). Allerdings kann die Beschwerde gem. § 64 Abs. 1 FamFG wohl nur beim Notar eingelegt werden (Müller, Magdeburg, ZNotP 2009, 216). Auch im Übrigen empfiehlt es sich, die Voraussetzungen der Beschwerdefrist sowie die Rechtsmittelbelehrung nach dem FamFG auszurichten (vgl. den Formulierungsvorschlag bei Heinemann, FamFG für Notare, 2009, Rn. 630). Nicht zuletzt aus haftungsrechtlichen Gründen dürfte es sich in den meisten Fällen empfehlen, einen solchen Vorbescheid zu erlassen, in dem den Beteiligten mitgeteilt wird, wie sich der Notar in dieser Angelegenheit zu verhalten gedenkt. Wird hierbei auf die Möglichkeit hingewiesen, gegen diesen Vorbescheid im Wege der Beschwerde vorzugehen (am besten unter Fristsetzung und Mitteilung des zuständigen Gerichts), so wäre u. E. die Nichteinlegung dieses Rechtsbehelfs schuldhaft i. S. d. § 839 Abs. 3 BGB.

Gutachten/Abruf-Nr:

114351

Erscheinungsdatum:

24.08.2012

Rechtsbezug

National

Rechtsgebiete:

AGB, Verbraucherschutz
WEG
Vollmacht, Genehmigung, Ermächtigung

Normen in Titel:

BGB § 167; BGB § 308 Nr. 4; BGB § 307; WEG § 13 Abs. 2