Berücksichtigung einer Eigentümerbriefgrundschuld beim geringsten Gebot im Rahmen der Teilungsversteigerung
ZVG §§ 10, 44, 109 Abs. 2, 180, 182
Berücksichtigung einer Eigentümerbriefgrundschuld beim geringsten Gebot im Rahmen der Teilungsversteigerung
I. Sachverhalt
M und F sind Eigentümer eines Grundstücks. Die Teilungsversteigerung wurde von M beantragt. F hat sich dem Antrag angeschlossen. Die Anordnung der Teilungsversteigerung ist im Grundbuch eingetragen. F möchte nun an ihrem Miteigentumsanteil eine Eigentümerbriefgrundschuld eintragen lassen. Ihr Anwalt habe ihr dazu geraten, um auf diese Weise aus dem Versteigerungserlös vorrangig befriedigt zu werden.
II. Frage
Wird die Eigentümerbriefgrundschuld bei der Erlösverteilung vorrangig berücksichtigt (wie der Anwalt behauptet) oder fällt sie lediglich, wie
III. Zur Rechtslage
1. Allgemein zur Teilungsversteigerung und Erlösverteilung
a) Teilungsversteigerung bei einer Miteigentümergemeinschaft
Miteigentümer eines Grundstücks bilden eine Gemeinschaft i. S. d.
b) Geringstes Gebot (
Das geringste Gebot ist in den
Das geringste Gebot (
2. Niedrigstgebots-Lösung des BGH bei unterschiedlicher Anteilsbelastung
Stellen bei einer Bruchteilsgemeinschaft mehrere bzw. alle Miteigentümer den Antrag oder schließen sie sich diesem an, bereitet die Feststellung des geringsten Gebots Schwierigkeiten, wenn die Anteile ungleich belastet sind (dazu Stöber/Kiderlen, § 182 Rn. 29 ff.). Es wurden zahlreiche Auffassungen dazu vertreten, welche Regelungen in diesem Fall für die Feststellung des geringsten Gebots gelten.
Der BGH hat im Jahre 2016 den Streit für die Praxis zugunsten der sog. Niedrigstgebots-Lösung entschieden. Bei der Teilungsversteigerung eines Grundstücks mit unterschiedlich belasteten Miteigentumsanteilen auf Antrag mehrerer Teilhaber ist für die Feststellung des geringsten Gebots i. S. d.
Die von F verfolgte Taktik wird in der Literatur vielfach beschrieben, insbesondere vor dem Hintergrund, die Zwangsversteigerung damit zu blockieren, dass der eigene Anteil hoch belastet wird, um das geringste Gebot so stark zu erhöhen, dass ein solches gar nicht mehr zustande kommt. Es war jedoch bereits vor der genannten BGH-Entscheidung anerkannt, dass eine solche Blockadetaktik im Ergebnis nicht erfolgreich sein darf (vgl. Storz/Kiderlen, Praxis des Zwangsvollstreckungsverfahrens, 13. Aufl. 2021, A.3.2.2 unter Ziff. 5. [S. 61] m. w. N.). Mit seiner Entscheidung hat der BGH dieser Taktik für den Fall mehrerer Antragsteller den Boden entzogen, da es auf den Anteil desjenigen Antragstellers ankommt, der am geringsten belastet ist.
In der genannten BGH-Entscheidung hatte eine Miteigentümerin ebenfalls – bereits während des Verfahrens – an ihrem Miteigentumsanteil eine Eigentümergrundschuld eintragen lassen. Diese Grundschuld wurde vom BGH bei der Feststellung des geringsten Gebots konsequenterweise nicht berücksichtigt, da auf den Anteil des Miteigentümers abzustellen war, der geringer – am geringsten – belastet war (
Damit gilt zusammenfassend: Es ist bei der Teilungsversteigerung von dem antragstellenden Miteigentümer auszugehen, dessen Anteil am geringsten belastet ist, wenn die Anteile der Miteigentümer unterschiedlich hoch belastet sind und mehrere Miteigentümer den Antrag stellen. Dies ist hier – soweit ersichtlich – der M. Eine Problematik im Hinblick auf
3. Weiteres Verfahren, Ausgleich
Auch im Rahmen des weiteren Verfahrens und insbesondere der Überschussverteilung bietet die Bestellung einer Eigentümergrundschuld seitens der F in der vorliegenden Sachverhaltskonstellation keinen Vorteil.
a) Erlöschen der Grundschuld, Wertersatz
Rechte, die nach
Daher würde die Grundschuld der F an ihrem Miteigentumsanteil mit dem Zuschlag erlöschen (
b) Keine Relevanz des
Bei der Teilungsversteigerung zu beachten ist grundsätzlich auch
Die Norm des
Die Vorschrift kommt daher vor allem zum Zuge, wenn lediglich ein Miteigentümer den Antrag stellt und an seinem Anteil eine größere Belastung besteht als bei dem/den anderen Anteil/Anteilen (vgl. dazu Schneider/Becker, § 182 Rn. 14 ff. sowie Böttcher, § 182 Rn. 7, jew. mit Bsp.).
c) Überschussverteilung
Im Termin für die Teilungsversteigerung werden die Verfahrenskosten festgestellt und vorweg aus dem Erlös entnommen (
Damit wird der Zweck der Teilungsversteigerung – die Vorbereitung der Auseinandersetzung – erreicht, da auf diesem Wege das unteilbare Grundstück in einen teilbaren Erlösüberschuss umgewandelt wird und dieser Erlösüberschuss für die Beteiligten an die Stelle der bisherigen Berechtigung am Grundstück tritt (Stöber, ZVG-Handbuch, Rn. 746; Storz/Kiderlen, E.4.1. [S. 710]: Versteigerungserlös und damit Teilungsmasse als Surrogat für das Grundstück). An ihm setzt sich die Gemeinschaft der bisherigen Grundstückseigentümer fort. Die durch den Zuschlag erloschenen Grundstücksrechte – damit auch eine Eigentümergrundschuld – bestehen als Vorzugsrechte an dem Versteigerungserlös fort, sie werden im Versteigerungstermin befriedigt, soweit der Erlös ausreicht (vgl. Storz/Kiderlen, E.4.1. [S. 710]; Kindl/Meller-Hannich/Stumpe/Simon,
Da die Eigentümergrundschuld der F jedoch nur an ihrem Bruchteil des versteigerten Grundstücks lasten würde, würde ihr gegenüber auch nur ihr eigener Anteil am Versteigerungserlös haften (vgl. Stöber/Becker, § 92 Rn. 6; Stöber, ZVG-Handbuch, Rn. 754). Damit hätte die F nichts gewonnen, denn eine „vorrangige Befriedigung“ aus dem (gesamten) Versteigerungserlös gibt es nicht. Ihr bleibt als Miteigentümerin und Grundpfandrechtsgläubigerin nur der auf sie als Miteigentümerin entfallende Teil des Versteigerungserlöses, hier also der hälftige Teil. M hingegen erhält ebenfalls seinen hälftigen Anteil am Versteigerungserlös, sofern keine anderen als die im Sachverhalt geschilderten Belastungen bestehen.
4. Ergebnis
Eine Eigentümerbriefgrundschuld (nur) am eigenen Miteigentumsanteil fällt bei der Teilungsversteigerung – sofern der Anteil des ebenfalls antragstellenden Miteigentümers geringer belastet ist – weder in das geringste Gebot noch berechtigt sie zur vorrangigen Erlösverteilung. Es ist daher sogar mit gewissen finanziellen Risiken verbunden, den eigenen Miteigentumsanteil (hoch) zu belasten.
194809
Erscheinungsdatum:22.12.2022
RechtsbezugNational
Rechtsgebiete:Zwangsvollstreckung (insbes. vollstreckbare Urkunde und Vollstreckungsklausel)
Erschienen in: Normen in Titel:ZVG § 44; ZVG § 182; ZVG § 180; ZVG § 109 Abs. 2; ZVG § 10